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Dr. Victor Kazanjian,
Mitbegründer von „Ausbildung als Umwandlungsprojekt“ in den USA
Wofür ist die Universität?
Wie weit ist der Weg, den man im Leben zu gehen hat?
„Er geht . . .“, so zeigte ein Stammesvater der Ureinwohner Amerikas, „von hier bis dahin, nur vom Kopf bis ins Herz.“ (aus „Mein Herz ist eins mit der Erde“)
„Wofür existiert die Universität?“
Herr Kazanjian war von Zorn erfüllt. Weil er davon wusste, dass viele elitäre Menschen den Reichtum ihres Landes aufpickten, indem sie die Schwächeren sich aufopfern ließen, als sei es ihr Recht. Ohne die Leiden der Kranken, Armen, Alten und Kleinkinder zu beachten, . . . wie habgierig sie sind!
Ist das Wissen, das man sich zu eigen machte, lediglich dazu da, mehr Geld zu verdienen? Oder nur dazu da, eine Karriere zu machen? Oder dient es nur als ein Mittel, um Erfolg, Macht und Reichtum zu erwerben? Wenn das der Fall wäre, ist die akademische Ausbildung dann dafür zweckdienlich, die Menschheit noch glücklicher werden zu lassen? Existieren Universitäten sowie Hochschulen nicht dafür, die Welt zu verbessern?
„Studium, das nur dazu dient, einem die Technik zu vermitteln, um mehr Gewinne zu erzielen, und Ausbildung, die nur dafür da ist, eine Karriere zu machen. Das ist eine soziale Tragödie!“
Sein Aufschrei rührt mein Herz. Der Grund, warum ich die Soka Universität gründete, liegt ebenso in meinem tiefen Wunsch, dass sie dazu beitragen möge, das alte Übel der Gesellschaft zu durchbrechen, wo man die einfachen Menschen als Opfer darbringt und sich dafür nicht im geringsten schämt.
Lehrt, den Menschen zu dienen!
Bevor er zum Wellesley College, seinem jetzigen Arbeitsplatz, kam, hatte Dr. Kazanjian als Priester in der Episcopal Kirche seine wohltätigen Aktivitäten für „die Menschen der untersten Gesellschaftsschicht Amerikas“ fortgesetzt. Davon erzählte er mir: „Ich habe zwar gesagt, ihnen gedient zu haben, in Wirklichkeit aber habe ich vielmehr von ihnen gelernt.“ (am 3. Nov. 2000 an der Soka Universität)
In Southbronx, einem Stadtteil von New York, waren Menschen ansässig, die von der Gesellschaft ausgeschlossen, vergessen und vereinsamt waren; allein lebende ältere Menschen, kranke und Kinder, denen es an Nahrung mangelte, Mütter, die ihre Kinder verloren hatten und fürchterlich weinten, allein gelassene Krebskranke, die selbst vom Arzt kein Stück Barmherzigkeit erhielten, und Obdachlose.
Der 1959 geborene Victor Kazanjian lief Tag und Nacht durch die Stadt und erlebte: „Die Menschen, die alles verloren hatten, entdeckten nicht nur eine Möglichkeit, zu überleben, sondern sahen am Abgrund den Sinn des Lebens wieder und standen auf. Ich war tief beeindruckt. Sie haben mich mit ihrem Leib gelehrt, was es bedeutet, mit Hoffnung zu leben. Gerade diese liebenswürdigen Menschen wurden meine Lehrer und Führer.“
Schaut! Wozu ist ein Studium – solche verehrungswürdige Menschen außer acht lassend – vonnöten?
Sein Herz ist von einem tiefen Gefühl erfüllt: „Offen gesagt, stotterte ich bis Mitte Zwanzig sehr stark. Sobald ich versuchte, etwas zu sprechen, verzog sich mein Gesicht und ich stotterte. Ich fühlte mich gedemütigt. Dieses Gefühl meiner sprachlichen Behinderung begleitete mich ständig. Allerdings ist es möglich, dass mein Mitgefühl anderen Menschen gegenüber gerade dadurch, dass ich selbst in meinem Gefühl verletzt wurde, gestärkt worden ist. ... Ich möchte mich zu einem Menschen entwickeln, der lernt. Erst dadurch, dass man von anderen lernt, kann eine Partnerschaftsbeziehung entstehen.“
Dr. Kazanjian ist ein hochbegabter Geist, der sein Studium an der Harvard Universität absolvierte. Wie alle wahren Intellektuellen ist er stetig darum bemüht, von einfachen Menschen offen und aufrichtig zu lernen und ihnen zu dienen.
Das Wellesley College wird zu einer der renommiertesten Hochschulen für Frauen in den USA gezählt. Unter den Graduierten sind Song Qing-Ling (1892-1981), die Ehegattin von Sun Yat-Sen (1866-1925), der Vater der chinesischen Revolution genannt, und Frau Hillary, die Ehefrau des früheren US-Präsidenten Bill Clinton, zu zählen. Das Ziel des College lautet: „Alle zu Führungspersönlichkeiten zu erziehen, die zur Veränderung der Welt beitragen.“
Das Wellesley College konzipierte ein neues Projekt, das seinen Studenten ermöglichen sollte, ihr geistiges Leben zu beleben. Um diesen Plan in die Wege zu leiten, wurde Dr. Kazanjian als Dekan der Fakultät „religiöses und spirituelles Leben“ berufen.
Das war eine epochale Herausforderung. Hierzu sagt Dr. Kazanjian: „Die meisten der Universitäten in den USA sind auf der Basis des Christentums gegründet. Aber im Laufe der Zeit, in der sich die Glaubensrichtungen der Studenten vervielfachten, wurde eine Überprüfung des christlichen Unitarismus durchgeführt und Gebetsstunden im Campus eingestellt. Die Verweltlichung schritt fort, und Bildung und Religion wurden voneinander getrennt. Als Folge davon ging der Erziehung die Spiritualität verloren. Es veränderte sich so weit, dass Schulbildung nichts anderes als ein Mittel zum weltlichen Erfolg geworden ist.“
„Kopf und Herz“ wurden getrennt, „Intellekt und Menschenliebe“ abgeschnitten. Kluger Kopf, aber kaltes Herz. Wissen ist mannigfaltig, aber es wird böswillig ausgenutzt. Man hat in seinem Fach tiefe Kenntnis, zeigt aber an der gesamten Bewegung der Gesellschaft kein Interesse. Wie wäre es denn, falls solche Menschentypen immer weiter zunehmen würden?
„Es wird ernst, wenn wir jetzt nichts unternehmen, um für die Bildung auch die Spiritualität wiederzubeleben.“
Darüber machte sich eine Gruppe von Menschen tief Gedanken, dennoch verstärkte sich nunmehr eine Tendenz, dass eine solche Behauptung, auf die Spiritualität einen größeren Wert zu legen, als weder objektiv noch wissenschaftlich, missverstanden und zurückgewiesen wurde.
„Der Objektivismus wurde zur herrschenden Ideologie, und mit der Zeit ähnelte seine Exklusivität einem Fundamentalismus.“
Als er mit seinen Kollegen innerhalb des Wellesley College sprach, wie wichtig die Spiritualität in der Bildung ist, erntete er zuerst eine kühle Reaktion. Manche von ihnen zeigten sich verlegen oder gar verärgert.
Mit tiefer Sympathie zitiert Dr. Kazanjian die Worte des englischen Dichters Thomas S. Eliot (1888-1965): „Wohin ist das Wissen gegangen, das in Informationen verschwand? Wohin ist die Weisheit gegangen, die in Wissen verschwand?“
Wiewohl zeitweilige, unaufhaltsame Informationen überschäumen, dienen sie jedoch nicht als solides Wissen, um den Kern der Dinge und Geschehnisse korrekt zu erfassen, und auch wenn wir Wissen angehäuft haben, mangelt es uns an Weisheit, es zum Werteschaffen vollständig einzusetzen.
Gegenwärtig herrscht eine Situation, dass sich einzelne Informationen und Wissen, wie ein Puzzle völlig durcheinander, vermehren. Das ist „lebloses Wissen“, das von der „Gesamtheit Leben“ abgetrennt ist. Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, deshalb heißt es in Wirklichkeit, dass man sich in Sachen Bäume doch nicht auskennt.
Der Schweizer Denker Max Picard (1888-1965) nannte solche modernen Menschen „atomisierte Menschen“ und verglich deren inneres Leben mit einem Radio, heute möglicherweise mit einem Fernseher, wenn er sagt: „Alles, was man vom Radio hört, ist just zusammenhanglos. ... Um 6:00 Uhr: Morgengymnastik. Um 6:10 Uhr: Konzert. Um 7:00 Uhr: Nachrichten. Um 8:00 Uhr: Kurs über die Morsealphabete. Um 9:00 Uhr: Morgendlicher Religionsunterricht.“ Damit meint er, dass diverse Dinge ohne jeglichen Zusammenhang zerstückelt angeboten werden und im Verlaufe der Zeit allmählich in Vergessenheit geraten. (aus „Das Geräusch und die atomisierte Welt“)
Und ebenso in der Bildung, sagte er, „wird ein Haufen zusammenhangloser Lehrmaterialien zwangsweise in die Köpfe der Menschen hineingestopft. ... In dieser Art und Weise werden Studenten dazugehend geführt, dass sie sich selbst – wie aus diversen Teilen bestehendes Lehrmaterial, dem ein Mittelpunkt fehlt – lediglich als zusammenhanglose Fragmente, in denen nirgendwo ein Mittelpunkt enthalten ist, erfassen können.“ (aus „Hitler, in uns selbst“, Max Picard)
Bildung, durch die ein derartiger inkonsistenter „Mensch mit augenblicklichem Genuss“ heranwuchs, ermöglichte Hitler, aufzustehen, so erläutert Picard. Auch heute gibt es hochrangige Beamte, Politiker und Gelehrte, die versuchen, nur den Schein zu wahren, dass, wenn es um einfache Menschen geht, sie sich über sie Gedanken machten. Gleichermaßen solche Wissenschaftler, die sich davon nicht stören lassen, obschon ihre eigenen Forschungen zur Umweltzerstörung angewendet werden oder für Waffen, Menschenleben „effizient“ zu rauben, eingesetzt werden.
Menschen, die psychisch zerstückelt sind, werden herzlos, wenn sie ihr menschliches Band mit den anderen verlieren, und stumpfsinnig, wenn sie ihre Bindung mit der Natur verlieren. „Trennung von Kopf und Herz“ zerstört das „Innere“ eines Menschen und verursacht als Folge davon in der „äußeren Welt“ eine verheerende Verwüstung.
Jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, wundere ich mich über die herausragende Einsicht des Vaters der Werteschaffenden Pädagogik, Tsunesaburo Makiguchi (1871-1944). Er predigte eine Erziehung, Werte zu schaffen, indem er die „Vereinigung von Lernen und Leben“ betonte, und er schlug bereits vor, dass man Kindern verschiedenes Wissen, mit ihrer hautnahen Realität verbunden, im Fach „Heimatkunde“ beibringen sollte. (aus „Die Forschung Heimatkunde als Zentrum der Vereinigung bei Unterricht“)
Dr. Kazanjian glaubt fest daran: „Bildung muss eigentlich über eine Kraft verfügen, die Welt zu verändern.“ Hierzu machte er eine Basiserfahrung, in der er diese Kraft mit Leib und Seele spürte.
Sein Großvater mütterlicherseits war Dr. Harald C. Case, der fünfte Rektor der Boston Universität (1951-1967). Im Jahr 1953 lud er den afroamerikanischen Theologen Dr. Howard Thurman (1900-1981) als Dekan in seine Universität. Er wurde als erster afroamerikanischer Dekan in eine traditionsreiche Universität berufen, es war eine Berufung, die Dr. Case trotz vieler Widerstände durchsetzte. Sie gilt aber heute noch als „Entscheidung von nationaler Wichtigkeit“.
Zuvor ereignete sich ein Vorfall mit Dr. Thurman, der in den vierziger Jahren an einer Konferenz teilnahm, in der er diskriminierend geschmäht wurde. Dr. Case, der diese Konferenz mit veranstaltete, entschuldigte sich dafür bei Dr. Thurman von tiefem Herzen und versprach ihm: „Um die Rassendiskriminierung zu durchbrechen, werde ich unbedingt in Aktion treten!“
Unter der Leitung des Dekans Dr. Thurman studierte auch der junge Martin Luther King Jr. (1929-1968). Für seine Vorlesung wurden Gandhis Werke zum Lehrmaterial. Im Jahr 1936 reiste Dr. Thurman auch nach Indien und traf Mahatma Gandhi (1869-1948). Dr. Thurman fragte Gandhi: „Haben Sie eine Botschaft an die USA?“
Seine Antwort lautete: „Ich bedaure heute, ich hätte mir noch mehr Mühe geben müssen, um unser gewaltfreies Potential international umso bemerkbarer zu machen. Da es mir aber misslungen ist, denke ich, dass es die Schwarzen in den USA doch schaffen können.“
Die Idee, die aus diesem Gespräch hervorging und mit der sich Dr. Thurman tiefgründig auseinander setzte, wurde durch die Aktivitäten seines Schülers Dr. Martin Luther King Jr. in die Tat umgesetzt und blühte als „Bürgerrechtsbewegung“, um Diskriminierungen vollständig abzuschaffen, auf. Rektor Dr. Case, Dr. Thurman und der junge King hielten „um der Gerechtigkeit willen“ zusammen.
„Alle Drei standen mir, der ich noch jung war, sehr nah. Selbst Dr. King war für mich kein Prominenter, sondern vielmehr der Freund meines Großvaters, und Dr. Thurman ein großartiger netter Onkel. Wie sie die Bürgerrechtsbewegung organisierten, sah ich mit meinen eigenen Augen. Bei Dinnern, an denen mein Großvater teilnahm, ging es ausschließlich um das Thema ‚Die Bewegung’. Da mein Vater denjenigen, die sich für die Unabhängigkeitsbewegung afrikanischer Länder einsetzten, beistand, versammelten sie sich ebenso oft bei ihm zuhause. Das alles bedeutete für mich sowohl Spiritualität denn auch Religiosität in meiner Kindheit, und diese war mit Gerechtigkeit und Frieden innerhalb sowie außerhalb meines Heimatlandes eng verbunden.“
Zu jener Zeit waren sich die Menschen dessen bewusst: „Wozu?“ Es war, um die Welt zu verändern. Lasst uns dafür die Welt kennen lernen! Lasst uns uns selbst erkennen! Lasst uns uns über die Gegner informieren! Lasst uns den Weg zum Sieg erforschen! Wie von Gier besessen, studierten sie. Alles Wissen, das sie erlangten, konnte während des Kampfes um Menschenrechte in vollem Zuge angewandt werden.
„Bildung ist Potenzial, die Welt zu verändern“ – davon überzeugte sich der junge Victor Kazanjian mit Leib und Seele. Aber wie, dachte er, steht die Universität gegenwärtig dazu? Wo bleibt jener Geist meines Großvaters?
Die Mauer war dick. Studium ist Studium, und Geist ist Geist – ein solcher Gedanke herrschte vor. Hierzu sagt Dr. Kazanjian: „Die ‚religiöse Freiheit’ verwandelte sich in Wirklichkeit in die ‚Befreiung von Religion’. Obwohl die ‚religiöse Freiheit’ eigentlich als eine grundlegende Philosophie für den Kampf gegen Diktatur und religiöse Autorität gegolten hatte, stellte sie jetzt eine gegenteilige Funktion dar. Die Bereitschaft für Dialoge zwischen Religion und Gesellschaft ist verloren gegangen.“
Nichtsdestotrotz hatte kaum jemand vor, den einstigen christlichen Unitarismus wiederzubeleben. Im Campus, auf dem aus aller Welt viele Studenten zusammenkamen, fanden sich Islamisten wie auch Buddhisten. Während man die religiöse, kulturelle Vielfalt wertschätzte, musste man darauf abzielen, eine über Religion sowie Konfession hinausgehende allgemeine Spiritualität wiederzubeleben.
Dr. Kazanjian weist auch darauf hin, dass, wenn sich der christliche Unitarismus mit dem Nationalismus verbindet, seine Exklusivität eine dogmatische Abneigung gegen Ausländer mit sich bringe. Es gäbe keine größere Tragödie, als wenn die spirituelle Wiederbelebung in Richtung, den Nationalismus zu verstärken, missbraucht werden würde. Geschweige denn, wenn ein Staat selbst seinen Bürgern diese „Spiritualität“ zu seinen Gunsten aufdrängt! Solche Bildung, staatsgehorsame Menschen zu erziehen, bedeutet keine „spirituelle Wiederbelebung“, sondern im Gegenteil eine „spirituelle Unterdrückung“, den freien kritischen Geist von Menschen zu töten.
Was Dr. Kazanjian vorschlägt, ist eine „Spiritualität“, die entgegengesetzt zur nationalistischen Richtung positioniert ist und die man als offener und weit aufgeschlossener Weltbürger beherzigen sollte.
Rektor Kazanjian setzte sich dafür ein, seine Studenten zu interviewen: „Haben Sie einen solchen Augenblick erlebt, in dem Ihre Seele zitterte?“
Dabei bat er sie darum, über ihre Erfahrungen zu erzählen, wie sie durch das Studium an der Universität den Sinn des Studiums spürten oder Bewunderung und Freude erlebten. Unabhängig von den Studienfächern, die sie auswählten, machten sie Erfahrungen.
Ein Student aus der Fakultät für Molekularbiologie sagte: „Eines Tages ist mir eingefallen, dass eine Zelle, die kleinste Form eines Lebens, und die biologische Umgebung in einem Planeten, die maximale Existenz, in Wirklichkeit zusammen verbunden sind.“ Das war der Moment, in dem seine Seele zitterte.
Ein anderer Student erzählte von seiner Freude, die er bei seiner Reise in Mexiko erlebte: „Die Politikwissenschaft, die ich studierte, war für mich sehr nützlich, um den Kern der komplizierten Umstände korrekt zu erfassen.“ Erlebnisse vieler Studenten wie zum Beispiel die Bewunderung, die daraus erwuchs, dass sie sich mit englischen Gedichten zum ersten Mal tief befassten, oder die Faszination, die man durch afrikanische Musik gewann, wurden ihm vorgetragen.
Auch Lehrkräfte, die sich zunächst der „Spiritualität“ gegenüber distanziert verhielten, veränderten ihre Reaktion, als er ihnen mitteilte: „Durch Ihre Vorlesungen haben Ihre Studenten solche Erfahrung gemacht . . .“ Das heißt, sie wurden von der Tatsache bewegt, dass ihre Studenten aufgrund ihrer Vorlesungen eine Verbindung zwischen der Welt und sich selbst entdeckten und ihre Augen erstrahlten.
Mit der Zeit, erfuhr ich, fingen viele Professoren an, an Dialogen teilzunehmen und von ihren eigenen „Augenblicken, in denen ihre Seele zitterte“, zu erzählen. Die Spiritualität kann nicht durch Aufdrängen wiederbelebt werden, sondern es ist ausschließlich durch Dialog und Aufklärung möglich.
Im Herbst 2000 stattete Dr. Kazanjian der Soka Universität einen Besuch ab und verlieh mir den „Verdienstpreis für Ausbildung als Umwandlung“, indem er dies begründete: „Die Geschichte der menschlichen Bildung, die seit der Zeit von Herrn Makiguchi andauert, ist für die Welt ein Vorbild.“
Bei dieser Gelegenheit zitierte er die Worte des irischen Dichters Willian Butler Yeats (1865-1939): „Bildung heißt nicht, einen Bottich zu füllen, sondern Feuer anzuzünden.“
Das Programm „Ausbildung als Umwandlungsprojekt“, dessen Mitbegründer er ist, verbreitet sich heute in 350 Universitäten und Hochschulen der ganzen USA. Er ist fest davon überzeugt, dass sich die Perspektive der „Veränderung amerikanischer Ausbildung in den nächsten Jahrzehnten“ in dieser Richtung öffnet.
Die Veränderung, die von Hochschulen wie Universitäten in Japan verlangt wird, sollte nicht unbedingt in Reaktionen auf „Veränderungen industrieller Gesellschaft“ liegen. Ein Japan-Kenner übt herbe Kritik, wenn er sagt: „Das eigentliche Ziel der Universität liegt darin, ihren Studenten den Geist, der Gesellschaft zu dienen, nämlich eine Art ethische Anschauung beizubringen.“ Dennoch wird dies in höchsten Bildungsinstitutionen Japans überhaupt nicht in die Tat umgesetzt, und er fügt hinzu: „Nach amerikanisch-europäischem Standard sind sie nicht ein Garten für das Studium, sondern ein Friedhof für das Studium.“ (aus „Hunde und Dämonen – Geschichten von der dunklen Seite Japans“, Alex Kerr)
Dekan Kazanjian führt einen Plan durch, seine Studenten alljährlich im Januar nach Indien zu begleiten und dort dreiundhalb Wochen lang gemeinsam wohltätige Aktivitäten zu machen. Für die meisten Studenten, erzählte er mir, bietet das Leben in einem fremden Land die Möglichkeit, einen Kulturschock zu erleben und vom Leben Gandhis und vom Volk in der untersten Sozialschicht zu lernen.
Durch diese Erlebnisse scheinen die Studenten zu beginnen, darüber nachzudenken: „Was können wir für solche Menschen machen? ... Jetzt und hier leben wir auf dem selben Globus. Inwieweit ist mein Studium nützlich, um diese Welt in einen noch besseren Ort zu verwandeln? Wie kann ich es dafür einsetzen?“
Diese Fragen selbst, denke ich, müssten der größte Erfolg gewesen sein, den man überhaupt ernten kann.
Sobald man aufhört, sich selbst die Frage „Wozu“ zu stellen, wird der Geist stagnieren und wird trüb. Erst im Augenblick, in dem man das „Wozu“ erkannt hat, wird man lebhaft und dynamisch. Talent entfaltet sich und Charakter öffnet sich, während das Wissen sich in Nährstoff für die Weisheit verwandelt.
Hier möchte ich sein „Gebet anlässlich einer Abschlussfeier“ zitieren, obwohl es etwas lang ist: „Ich bete dafür, dass wir durch die Liebe zum Studium lieben lernen. Wir haben über unsere persönlichen Ziele hinaus in unserem Leben und Studium ein noch größeres Ziel.
Dieses Ziel ist die Liebe.
Wir studieren, um andere lieben zu können. Weil das Studium nur dann seine Bedeutung findet, solange es das Leben anderer betrifft.
Mögen wir, durch das Studium, uns selbst noch besser verstehen können!
Mögen wir, durch das Studium, die Menschen, die mit einem eine Verbindung herstellen, noch besser verstehen können!
Mögen wir, durch das Studium, diese Welt noch besser verstehen können!
Und mögen wir, durch das Studium, anfangen können, uns selbst, andere und die Welt zu lieben!
Weil, wenn sowohl zu studieren als auch zu lehren kein Ausdruck der Liebe sein sollte, dies nicht aus jener inneren Tiefe, in der die Wahrheit wohnt, hervorgeht.
Nun, lasst uns beginnen, in dieser Schule das Wissen, das Sie sich zu eigen machten, in Ihre Liebe zu verwandeln!
Und lasst uns die Liebe in dieser Welt praktizieren!“
Gegenwärtig ist diese „Bewegung, Intellekt und Charakter zu vereinigen“ im Begriff, sich in den ganzen USA solid zu verbreiten.
Gerade jetzt möchte ich mit Stolz darauf, dass die Worte, die ich vor über 30 Jahren der Soka Universität widmete, richtig waren, diese ewigen Richtlinien wiederholen:
„Wozu poliert man seine Weisheit?
Du, vergiss dies niemals!“
(aus „Seikyo Shimbun“ vom 24. November 2003)
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