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Im Hinblick auf den „Weg des sinnvollen Lebens“

Präsident Ikedas Rede über Lew Tolstoi

(1) Leiden ist eine Antriebkraft zur „Menschlichen Revolution“

Das Leben ist ein „Drama“, und „ich“ bin dessen Protagonist.

Es gibt Aufgaben, die nur für „mich“ allein bestimmt sind!

Das Leben ist eine Reise.

Es gibt weite grüne Felder und Berge im Schneesturm, steil aufragende Wände und schroff abfallende Kliffe. Im gewissen Sinne besteht das Leben womöglich aus fortgesetztem Leiden.

Man leidet unter den zwischenmenschlichen Beziehungen, unter finanzieller Not, unter dem Familienleben wie auch unter sich selbst. Zudem ist die Veränderung der Zeit heftig. „Direkt vor unserer Nase ist es stockfinster“ – das scheint wohl eine Realität des Lebens zu sein. Jedoch, wie tief die Finsternis auch immer sein mag, gibt es keine Nacht, der nicht der Morgen folgt. Je strenger die Kälte des Winters ist, desto größer wird die Freude über die Wärme des Frühlings.

Ein Berg und dann der nächste Berg erheben sich im Leben, die Berge, die ein jeder Mensch zu überwinden hat, bereiten uns eine Reise, durch die jeder einzelne Mensch sein wahres Selbst zu entdecken hat. Es ist eine Reise, während der er seine eigene Aufgabe erfüllen kann.

Dies galt genauso für Lew Tolstoi.

Er ist ein großer russischer Schriftsteller, dessen Werke ich seit meiner Jugendzeit besonders gern gelesen habe. Von tiefer Sehnsucht erfüllt, kann ich mich an den Besuch von Tolstois Haus in Moskau erinnern. (1981)

Mir gefällt besonders sein Gesicht der späteren Jahre. Das ist ein siegreiches Antlitz, das manifestiert, dass er an stürmischen Tagen sowie an Schneetagen auf seinem eigenen Weg unentwegt voranschritt.

Es ist ein wirklich beeindruckendes Gesicht.

Wie konnte so ein Ausdruck entstehen?

Während wir seinen wechselvollen Lebenswegen nachgehen, wollen wir gemeinsam über den „Weg des sinnvollen Lebens“ nachdenken, um im einundzwanzigsten Jahrhundert mutig zu leben.

Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi wurde am 28. August 1828 geboren.

Es war eine Zeit, in der nach dem Sieg über Napoleons Armeen das Volksbewusstsein der Russen erstarkte und die Stimmen nach modernen Reformen immer lauter wurden. Tolstoi entstammte einer Adelsfamilie, deren Gut Jasnaja Poljana in Tula – was soviel wie „herrliche Wiese im Wald“ bedeutet – ungefähr 200 Kilometer südlich von Moskau entfernt lag.

Man erzählte mir, dass schon seit langer Zeit eine direkte Bahnverbindung (zwischen Moskau und Tula) besteht. Diese Bahn, liebevoll „Tolstoi-Express“ genannt, verbindet die beiden Städte innerhalb von drei Stunden. Viele Touristen aus dem Ausland besuchen auch heute noch rege seinen Geburtsort, was auf die ungebrochene Beliebtheit des Schriftstellers schließen lässt.

In Moskau gibt es ebenfalls ein Tolstoi Museum. Der Direktor des Museums, Herr Remisov, kennt sich in der humanistischen Bewegung der Soka Gakkai Internationale gut aus und ließ mir neulich durch den Direktor des Fuji Museums in Tokio, Herr Noguchi, folgendes ausrichten: „Ich möchte mit Ihnen und allen Mitgliedern der Soka Gakkai Internationale, die die Ideale von Tolstoi teilen, gemeinsam für den Weltfrieden Hand in Hand voranschreiten.“

Lew (Leo) Tolstoi war der vierte Sohn und das zweitjüngste von fünf Kindern. Sein Vorname Lew bedeutet „Löwe“. Das wohlhabende Familienleben, in dem es scheinbar an nichts mangelte, könnte nach einer Berechnung heute mit einem Familienhaushalt verglichen werden, der ein Gesamtjahreseinkommen von acht Millionen Euro betragen würde.

Kurz vor seinem zweiten Geburtstag starb seine Mutter plötzlich (1831). Deshalb wurde er von seiner Tante großgezogen, die auch die Vormundschaft übernahm. Im Kindesalter spielte er oft mit seinen Geschwistern ein liebevolles Spiel, das sie „Ameisen-Brüder“ nannten. Dabei erzählte ihm sein älterer Bruder Nikolai:

„Unweit unseres Haus liegt ein ‚grüner Stock’ vergraben, auf dem über die Art und Weise geschrieben steht, wie alle Menschen glücklich werden können.“

In späteren Jahren schrieb Tolstoi in Erinnerung an diese Geschichte: „Ich glaube heute noch fest daran, dass es eine Wahrheit gibt, die es allen Menschen ermöglicht, glücklich zu werden.“

Während seiner Kindheit malte er sich in seinem Herzen ein großes Ideal aus, und dieses Ideal ließ Tolstoi sein ganzes Leben lang niemals aus der Hand.

Es kommt darauf an, was man auf die noch unberührte Leinwand des jugendlichen Herzens malt. Die vor Freude überschäumenden und mit warmem Kolorit erfüllten Herzen sind von Glück beseelt. Gerade aus diesem Grund wollen wir Erwachsenen auf die allen Kindern innewohnende „Zukunft“ hin Mut und Hoffnung zusprechen.

Ich will mein Lebensziel herausfinden!

Als Lew Tolstoi acht Jahre alt wurde, zog seine Familie nach Moskau. Ein halbes Jahr später brach sein Vater auf der Straße zusammen und verstarb kurz darauf (1837).

„Mein Vater ist nicht mehr in dieser Welt!“

An diese Tatsache konnte der kleine Lew lange Zeit nicht glauben.

Zusammen mit seinen Geschwistern zog er zu seiner Tante in das weitentfernte Kasan, ein Ort, der ihm völlig unbekannt war. Kasan ist heute die Hauptstadt der Teilrepublik Tatarstan.

Im Frühling, als er fünfzehn Jahre alt war, nahm er erstmals an der Aufnahmeprüfung der Universität Kasan teil, fiel jedoch durch. Im Herbst wiederholte er die Prüfung und konnte sie mit Mühe und Not bestehen.

Er bekam jedoch keine guten Zeugnisse, denn er mochte keine Fächer, in denen man den Stoff hauptsächlich auswendig lernen musste.

Und im Frühling, als er achtzehn Jahre alt war, wurde er krank und musste lange im Krankenhaus behandelt werden. Schließlich brach er sein Studium ab.

Kurz nachdem er ins Krankenhaus eingeliefert worden war, begann er ein Tagebuch zu führen. Er schrieb: „Falls ich in meinem Leben kein Ziel, kein nützliches Ziel herausfinden könnte, das ich mit anderen Menschen gemeinsam teilen kann, dann müsste ich wohl unter allen Menschen der unglücklichste Mann sein.“ (aus „Tagebuch“, sinngemäße Rückübersetzung)

Wozu lebt man?

Um diese Zeit befand er sich auf der tiefen Suche nach dem „Ursprünglichen“, das über die von Menschen geschaffene Gesellschaft hinaus geht.

In meinen jungen Jahren habe auch ich ein Tagebuch geschrieben. Da mein Körper durch die Tuberkulose geschwächt war, spornte ich mich immer wieder selbst an. Trotz vieler Schwierigkeiten glühte mein Herz voller Hoffnung. Es steht folgendes darin geschrieben:

„Ich habe das ‚Tagebuch’ von Tolstoi fertig gelesen. Selbst das ganze Leben des großen Schriftstellers bestand aus fortgesetztem Leiden. Ich merke, es hat in mir ein Gefühl der tiefen Überlegung hervorgerufen.“ (18. Sept. 1950)

Das war ein Auszug aus meinem Tagebuch inmitten der Zeit, in der Toda Senseis Geschäfte in Not geraten waren und ich auch deshalb mit voller Widmung erbittert kämpfte.

Die Jugend inmitten des Sturms – erst dadurch, dass sie eine ganze Reihe von Leiden durchbricht, öffnet sich der große Weg des Lebens.

Habt stets neue Ziele!

Der achtzehnjährige Tolstoi kehrte in seine Heimat Jasnaja Poljana zurück (1847). Er begann als junger Gutsherr Landwirtschaft zu betreiben, die ihm trotz all seiner Mühen nicht gelingen konnte. Sowohl in Moskau als auch in Petersburg unterwarf er sich immer neuen Planungen und Vorsätzen, von denen aber die meisten scheiterten. Als er bis zum Hals in Schulden steckte, tadelte er sich selbst in einem Brief an einen seiner Brüder:

„Dumm! Dumm! Eine unerträgliche Dummheit!“

Dennoch ließ er sich von nichts entmutigen.

Er marschierte vorwärts; er schritt voran!

Immer weiter nach vorne!

Ohne sich zu fürchten!

In seinem Tagebuch listete er die Fachgebiete auf, mit denen er sich intensiv beschäftigte: Französisch, Russisch, Deutsch, Englisch, Italienisch und Latein, des weiteren Jura, Medizin, Landwirtschaft und ferner Geschichte, Geographie, Statistik, Mathematik, Musik, Kunst und darüber hinaus noch Naturwissenschaften.

Eine Herausforderung nach der anderen!

Er setzte sich immer und immer wieder neue Ziele. So begann er zu dichten und Texte zu verfassen. Das alles diente dem Unterfangen, um sein Selbst, dem bislang alles misslungen war, erneut zu betrachten.

Gerade Herausforderungen gelten als das Privileg der Jugend.

Wichtig ist, dass Sie sich Ziele setzen und dafür beten, sie zu erreichen.

Das Gebet wird Ihnen als Rückenwind helfen. Und Ihre mutigen Taten ermöglichen Ihnen, eine unzerstörbare Geschichte zu schreiben.

Die jugendliche Frische ist allen überlegen, ihr können selbst Könige und Kaiser nicht widerstehen, und in ihr sind Schönheit, Glanz und Energie enthalten.

Wenn Sie leiden, dann ist das der Beweis dafür, dass Sie sich entwickeln. Der Buddhismus Nichiren Daishonins lehrt: „Irdische Begierde ist (soku) Erleuchtung“ Erst dadurch, dass Sie mit dem Feuer des Glaubens das Brennholz der Leiden anzünden, wird das Licht von Glück und Weisheit erstrahlen.

Erst dann können Sie zu einem herausragenden Menschen werden, wenn Sie sich mehr bemühen und mehr leiden als andere; nur dann können Sie sich zu einer großen Führungspersönlichkeit entwickeln, die das Herz des anderen verstehen kann. Leiden ist daher eine Triebkraft zur Menschlichen Revolution.

Den Glauben in die jungen Herzen einprägen!

Es war im Frühling (1851), als Lew Tolstoi 22 Jahre alt war.

Nikolai, sein älterer Bruder, der sich im Militärdienst befand, machte Fronturlaub und kam nach Hause zurück. Er war im kaukasischen Schlachtfeld stationiert, das in der Enge zwischen dem Schwarzen und Kaspischen Meer lag. Als sein Bruder wieder zu seinem Einsatzort zurückkehren wollte, nahm Lew seine spontane Idee wahr, seinen Bruder zu begleiten. Zuerst diente er als freiwilliger Soldat, später wurde er in die Armee aufgenommen.

Dem Leben drohte stets der Tod. Es gab auch Tage, in denen die Soldaten ihre Gedanken mit allerlei privaten Beschäftigungen abzulenken versuchten. Er erblickte klar und deutlich den tiefen Herzensgrund der Menschen, sowohl ihre Stärke als auch ihre Hässlichkeit sowie ihre Erhabenheit.

In dieser Zeit las er nochmals die Werke des französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau (1712-1778). Insbesondere „Emil oder über die Erziehung“ beeindruckte ihn sehr. Es war das Lieblingsbuch seiner jung verstorbenen Mutter. Diese ernste Überlegung, bei der er sich mit Leben und Tod auseinander setzte, wurde zur Grundlage seines Glaubens. Obwohl sie noch nicht ausreichte, um zu einer ernstlichen Ausübung des Glaubens zu gelangen, wurde doch in seinem jugendlichen Herzen ein entscheidender „Samen“ eingepflanzt.

Tolstoi schrieb in sein „Tagebuch“: „Das Gewissen ist der höchste, gütigste Wegführer. (...) Das Ziel des Lebens ist das Gute. Dieses Gefühl gehört zum Ureigensten unserer Seele.“ (aus „Tagebuch“, sinngemäße Rückrübersetzung)

Einen Glauben zu haben und gemäß dem eigenen Gewissen zu leben, führt uns zu dem Weg, unser Leben rein und wahrhaft menschlich zu führen. Um so mehr ist das Mystische Gesetz eine Gesetzmäßigkeit, die das ganze Universum und das Leben durchdringt, und gilt als Bahn des höchsten Guten.

Im wesentlichen lässt es sich klar erkennen, dass jeder einzelne Mensch selbst derjenige ist, der die Ursache für Unglück setzt oder Glück aufbaut. Der richtige Glaube ist dafür da, dass die Menschen sich soweit stabilisieren, dass sie trotz aller Schwierigkeiten unerschütterlich bleiben, sich selbst menschlich revolutionieren, um ein starkes Selbst sowie ein unbesiegbares Selbst zu schaffen, und schließlich ein siegreiches Leben gewinnen.

Mit den Worten, die in den Herzen der Menschen widerhallen

Unweit des Kriegsfelds begann Tolstoi, sich ins Schreiben der Romane zu vertiefen. Er fühlte sich aber noch nicht sicher. Deshalb gab er sich Mühe, strengte sich noch mehr an und setzte sein Bestreben immer weiter fort.

Er schrieb, sich an seine Leser wendend: „Auch beim Singen: Wenn man mit dem Hals singt, kann es zwar geschmeidig klingen, aber der Gesang kann in der Seele keinen Widerhall finden. Singt man jedoch aus der Brust, tönt es viel stärker, auch wenn es noch so grob klingt. Das gilt ebenso für die Literatur. Ich habe mich immer darum bemüht, sie nicht mit dem ‚Kopf’, sondern nur mit dem ‚Herzen’ zu schreiben.“

Der Roman „Kindheit“ war eine Kristallisation seines zähen inneren Ringens. Nachdem er das Manuskript mehrmals ausgefeilt hatte, entschloss er sich, es an einen Verleger zu schicken. Er wurde sehr gelobt. Die Veröffentlichung dieses Erstlingswerks in der Zeitschrift „Sovremennik (Zeitgenosse)“ verschaffte ihm erhebliche Beachtung. Das Echo der Leser war groß. Tolstoi war erst 24 Jahre alt, als er als Schriftsteller anerkannt wurde. Er begann, auf dem Weg seiner Aufgabe einen großen Schritt zu markieren.

Das Leben ist wie ein Drama, dessen Protagonist ist jedes „Individuum“, und der „Ort, an dem sich jeder einzelne Mensch befindet“, ist eine Bühne, auf der jeder seine Aufgabe erfüllt. Es gibt mit Sicherheit Aufgaben, deren Durchführung nur für jeden einzelnen bestimmt ist. Nein, ich würde sogar sagen: Wer keine Aufgabe hat, ist nicht auf die Welt gekommen.

Dass jeder so strahlt, wie es zu seinem Wesen passt – das wird im Buddhismus Nichiren Daishonins als Prinzip „Die vollkommene Manifestation der individuellen Wesenheit (Jitai-kensho)“ bezeichnet.

Wie sah der junge Tolstoi den Kampf zwischen dem kaukasischen Bergvolk und der Großmacht Russland?

In seinem Roman „Überfall“ stellte er Fragen:

„Man behauptet, die Gerechtigkeit ist auf der Seite Russlands. Ist das wirklich wahr?

Liegt die Gerechtigkeit wirklich in den russischen Offizieren, denen nur daran lag, ihre eigene Tapferkeit unter Beweis stellen zu wollen, obwohl sie eigentlich keinen Grund besaßen, gegen das Bergvolk zu kämpfen?

Oder ist die Gerechtigkeit auf der Seite der kaukasischen Männer, die voller Zorn denken: ‚Alles Glück, was wir bislang aufgebaut haben, wird jetzt geraubt’. Sie werfen sich verzweifelt in die Gewehre russischer Soldaten, wenn sie mit ihren Augen sehen, was den kaukasischen Frauen, Müttern und Kindern durch die gegnerischen Soldaten widerfährt?“

Unabhängig davon, auf wessen Seite die Gerechtigkeit zu finden ist – „einfache alte Männer in abgewetzten Hosen“ werden gefangen genommen und „junge liebenswürdige Unteroffiziere“ sterben blutverschmiert – das war die Realität.

„Krieg? Was ist das für ein unverständliches Phänomen!“ so schrieb Tolstoi.

Tolstoi, dessen Weg sich nun als Schriftsteller anbahnte, reichte seine Kündigung beim Militär ein. Genau zu diesem Zeitpunkt brach der Krimkrieg aus. Das war ein großer Krieg, in dem die Türken und ihre Alliierten – Großbritannien, Frankreich und Sardinien mit den russischen Armeen zusammenstießen. Tolstoi nahm seine Kündigung sofort zurück, machte sich auf den Weg zur Krim und gelangte schließlich zur Festung in Sewastopol, wo am heftigsten gekämpft wurde.

Dort sah er deutlich die äußerst grausame Realität des Kriegs: Es gab Frauen, deren Füße durch Bomben abgerissen worden waren, als sie ihren Männern das Essen bringen wollten; es gab viele zu Skeletten abgemagerte alte Soldaten ohne Arme; es gab ebenso zahlreiche Verwundete, die unter ihren unerträglichen Schmerzen ächzten und nur noch auf den Tod warteten.

Der Kriegszustand verschlimmerte sich immer weiter. Vielen zukunftversprechenden Jugendlichen wurde das Leben genommen. In den Tälern, die sonst mit Blüten bedeckt waren, häuften sich nun unzählige Leichen.

Tolstoi musste schreiben: „Das Christentum lehrt Liebe und Selbstopferung. Sowohl Feinde als auch Freunde sehen genau, was sie selbst angerichtet haben. Aber warum sind sie nicht in der Lage, sich mit einem Gefühl der Reue auf die Knie zu werfen? Und warum wollen sie nicht mit Tränen von Freude und Glück als Brüder aufeinander zugehen?“ (aus „Sewastopol“, sinngemäße Rückübersetzung)

Dies wurde zu der Frage, die sein ganzes Leben durchdrang.

Nach mehrmaligen heftigen Angriffen und verzweifelten Verteidigungsschlachten war die Festung der russischen Armee gefallen. Es waren vier Jahre vergangen, seitdem er zum ersten Mal nach Sewastopol abkommandiert worden war.

Tolstoi kehrte in sein Heimatland zurück. Selbst wenn er wollte, konnte er die Erlebnisse, die sich tief in sein Gedächtnis eingeprägt hatten, nicht vergessen.

Er fragte sich ständig:

„Was überhaupt ist denn Krieg, bei dem sich Menschen gegenseitig umbringen?“

Wurde es nur herausgestellt, dass Großbritannien und Frankreich, die sich mit der Türkei verbündet hatten, lediglich in bezug auf die Kapazität, Menschen zu töten, (Russland) überlegen waren?

Was also bedeutet Zivilisation?

Das waren scharfsinnige Fragen, die er der Zeit und der Gesellschaft ununterbrochen stellte. Ohne vor der kolossalen Realität zurückzuschrecken, richtete er seinen Blick geradewegs auf das Glück der Menschen.

(aus „Seikyo Shimbun“ vom 15. Dezember 2002)

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