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Über die Lehre, die Auffassungsgabe der Menschen, die Zeit und das Land

Nichiren, der Shramana[^1] Japans

Was den ersten Punkt anbelangt, so besteht die Lehre aus allen von Shakyamuni Buddha verfaßten Sutras, Ordensregeln und Abhandlungen[^2] und umfaßt fünftausendachtundvierzig Bände in vierhundertundtachtzig Schriftrollenbehältern. Nachdem sich diese Lehren tausend Jahre lang in ganz Indien im Umlauf befanden, wurden sie tausendundfünfzehn Jahre nach dem Tode des Buddhas in China eingeführt. In der Zeitspanne von sechshundertvierundsechzig Jahren mit Beginn des zehnten Jahres der Yung-p’ing-Ära, dem Jahr mit dem zyklischen Zeichen Hinoto-U (67 n.Chr.) unter der Herrschaft des Kaisers Ming der Späten Han-Dynastie bis zum Ende des achtzehnten Jahres der K’ai-yüan-Ära, dem Jahr mit dem zyklischen Zeichen Kanoe-Uma (730 n.Chr.), das in die Regierungszeit des Kaisers Hsüan-tsung der T’ang-Dynastie fällt, gelangten all diese Lehren nach China.

Der Inhalt dieser Sutras, Ordensregeln und Abhandlungen kann in die Kategorien von Hinayana und Mahayana, sowie von vorläufigen und wesentlichen, als auch von exoterischen und esoterischen Sutras eingeteilt werden. Man sollte sorgfältig zwischen ihnen unterscheiden. Diese Bezeichnungen stammen nicht von den späteren Gelehrten und Lehrern des Buddhismus, sondern leiten sich von der Verkündung des Buddhas selbst ab. Daher müssen sie von allen Menschen der Welten der zehn Richtungen benutzt werden, und diejenigen, die das nicht tun, sollten als Nichtbuddhisten betrachtet werden.

Daß die Agon-Sutras gewöhnlich als Hinayana bezeichnet werden, geht auf die verschiedenen Mahayana-Sutras zurück, wie zum Beispiel das Hôdô-, das Hannya-, das Lotos- und das Nirwana-Sutra. Im Lotos-Sutra besagt der Buddha, daß er sich der Verschleierung der Wahrheit schuldig gemacht hätte, wenn er nur die Hinayana-Lehren und nicht auch das Lotos-Sutra gepredigt hätte. Darüber hinaus besagt das Nirwana-Sutra, daß denjenigen die Zunge im Mund verfaulen werde, die nur die Hinayana-Sutras annehmen, in denen behauptet wird, daß der Buddha durch die Vergänglichkeit charakterisiert sei.

Der zweite Punkt betrifft die Frage der Auffassungsgabe der Menschen. Jeder, der versucht, die Lehren des Buddhismus zu verbreiten, muß die Auffassungsgabe und den grundsätzlichen Charakter der Menschen verstehen, zu denen er spricht. Der ehrwürdige Shariputra versuchte, einen Schmied dadurch zu belehren, indem er ihm beibrachte, über die Unreinheit des Körpers zu meditieren[^3], während er einen Wäscher belehrte, indem er ihm beibrachte, während der Meditation die Atemzüge zu zählen[^4]. Obwohl er mehr als neunzig Tage mit diesen Schülern verbrachte, gewannen sie nicht das geringste Verständnis vom Gesetz des Buddhas. Sie machten sich ganz im Gegenteil verkehrte Ansichten zu eigen und wurden schließlich zu Icchantika, das heißt, zu Menschen mit einem unverbesserlichen Irrglauben.

Der Buddha hingegen unterwies den Schmied darin, während der Meditation seine Atemzüge zu zählen, und den Wäscher darin, über die Unreinheit des Körpers zu meditieren, mit dem Ergebnis, daß beide in kürzester Zeit in der Lage waren, die Lehre zu verstehen. Wenn nun schon selbst Shariputra, der unter den bedeutendsten Schülern des Buddhas als der Weiseste galt, es nicht verstand, die Auffassungsgabe derjenigen einzuschätzen, die er unterwies, wieviel schwerer muß es dann in diesem Späten Tag des Gesetzes für gewöhnliche Lehrer sein, ein solches Verständnis zu besitzen! Gewöhnliche Lehrer, denen es an Verständnis für die Auffassungsgabe anderer mangelt, sollten ihre Schüler ausschließlich das Lotos-Sutra lehren.

Frage: Wie steht es mit dem Abschnitt des Lotos-Sutras, in dem es heißt, man solle dieses Sutra nicht unter den Unwissenden predigen?[^5]

Antwort: Wenn ich von der Auffassungsgabe spreche, dann beziehe ich mich auf die Verkündung des Gesetzes durch einen weisen Menschen. Jedoch sollte man [selbst wenn man die Auffassungsgabe seiner Zuhörer richtig einzuschätzen weiß] denen, die das Gesetz verleumden, einzig und allein das Lotos-Sutra predigen, damit sie mit ihm eine sogenannte "Gifttrommel-Beziehung“[^6] eingehen können. In dieser Hinsicht sollte man dem Beispiel des Bodhisattwa Fukyô folgen.

Spricht man jedoch zu Menschen, von denen man weiß, daß sie die Anlage zur Weisheit besitzen, dann sollte man sie zuerst in den Hinayana-Lehren unterweisen, um sie dann in die vorläufigen Mahayana-Lehren einzuweihen, und sie zum Schluß im wesentlichen Mahayana unterweisen. Weiß man jedoch, daß man es mit unwissenden Menschen von geringer Auffassungsgabe zu tun hat, dann sollte man sie als erstes im wesentlichen Mahayana unterweisen. Auf diese Weise werden sie auf jeden Fall den Samen der Erleuchtung erlangen, ungeachtet dessen, ob sie sich dazu entscheiden, an die Lehre zu glauben oder sie zu verleumden.

Der dritte Punkt betrifft die Berücksichtigung der Zeit. Jeder, der die buddhistischen Lehren gerne verbreiten möchte, muß sich vergewissern, daß er ein Verständnis von Zeit besitzt. Bestellt ein Bauer zum Beispiel seine Felder im Herbst und im Winter, dann wird seine Aussaat einen großen Verlust und nicht den geringsten Gewinn bringen, obwohl das Saatgut sowie der Boden und die Bemühungen des Bauern die gleichen sind wie sonst auch. Bestellt der Bauer nur ein kleines Stück Land auf diese Art und Weise, dann wird er auch nur einen kleinen Verlust erleiden. Bestellt er hingegen viele Morgen Land auf diese Art und Weise, dann erleidet er einen großen Verlust. Pflügt und sät er jedoch im Frühling und im Sommer, dann wird jedes Feld von hervorragender, mittlerer oder schlechter Qualität seine entsprechende Ernte hervorbringen.

Mit der Verkündung des buddhistischen Gesetzes verhält es sich ähnlich. Verbreitet man das Gesetz, ohne ein Verständnis von Zeit zu besitzen, dann erhält man keine Wohltaten, sondern fällt ganz im Gegenteil in die bösen Pfade der Existenz. Als Shakyamuni Buddha in dieser Welt erschien, war er entschlossen, das Lotos-Sutra zu verkünden, und obwohl seine Zuhörer möglicherweise bereits die rechte Auffassungsgabe besaßen, war die geeignete Zeit jedoch noch nicht gekommen. Deshalb ließ er mehr als vierzig Jahre vergehen, ohne das Lotos-Sutra zu verkünden. Im Lotos-Sutra selbst erklärt er, daß dies geschah, "weil die Zeit zur Verkündung noch nicht gekommen war[^7]".

Mit dem Tage nach dem Tode des Buddhas beginnt der tausendjährige Zeitabschnitt, der als der Frühe Tag des Gesetzes bekannt ist, in dem viele Menschen die Vorschriften einhalten, während nur wenige sie brechen[^8] Mit dem Tag nach dem Ende des Frühen Tages des Gesetzes beginnt der tausendjährige Zeitabschnitt, der als der Mittlere Tag des Gesetzes bekannt ist, in dem viele Menschen die Vorschriften brechen, während nur wenige gar keine Vorschriften kennen. Am Tag nach dem Ende des Mittleren Tages des Gesetzes beginnt der Zeitabschnitt von zehntausend Jahren, der als der Späte Tag des Gesetzes bekannt ist, in dem nur wenige Menschen die Vorschriften brechen, während viele gar keine Vorschriften kennen.

Im Frühen Tag des Gesetzes sollte man sich von denjenigen abwenden, die die Vorschriften brechen oder die gar keine Vorschriften kennen, und nur denen Almosen geben, die die Vorschriften einhalten. Im Mittleren Tag des Gesetzes sollte man sich von denjenigen abwenden, die keine Vorschriften kennen, und nur denen Almosen geben, die die Vorschriften brechen. Im Späten Tag des Gesetzes sollte man denen Almosen geben, die keine Vorschriften kennen, und man sollte sie genau so behandeln, als wären sie der Buddha selbst.

Man sollte jedoch weder im Frühen, noch im Mittleren oder Späten Tag des Gesetzes denjenigen Almosen geben, die das Lotos-Sutra verleumden, ungeachtet dessen, ob sie die Vorschriften einhalten, sie brechen oder sie gar nie gelehrt bekamen. Bringt man den Verleumdern des Lotos-Sutras Almosen dar, dann wird das Land, in dem dies geschieht, unfehlbar von den drei Unglücken und sieben Katastrophen heimgesucht werden, und die Menschen, die solche Almosen darbringen, werden mit Sicherheit in die große Zitadelle der Hölle der unaufhörlichen Leiden fallen.

Verhängt ein Ausübender des Lotos-Sutras Worte der Verdammung über die vorläufigen Sutras, dann ist das so, wie wenn ein Herrscher seine Untertanen oder ein Vater seine Söhne oder ein Lehrer seine Schüler bestraft. Verhängen aber die Ausübenden der vorläufigen Sutras Worte der Verdammung und Verleumdung über das Lotos-Sutra, dann ist das so, als ob Untertanen versuchten, eine Strafe über ihren Herrscher zu verhängen oder als ob Söhne versuchten, ihren Vater, oder als ob Schüler versuchten, ihren Lehrer zu bestrafen.

Es sind jetzt mehr als zweihundertundzehn Jahre vergangen, seitdem der Späte Tag des Gesetzes begonnen hat. Man sollte sehr sorgfältig abwägen, ob jetzt die Zeit gekommen sei, die vorläufigen Sutras oder die Nembutsu-Lehren zu verbreiteten, oder ob es an der Zeit ist, das Lotos-Sutra zu verbreiten!

Der vierte Punkt betrifft die Berücksichtigung des Landes. Bei der Verbreitung der buddhistischen Lehren muß man unter allen Umständen berücksichtigen, in welchem Land man dies tut. Es gibt kalte Länder, heiße Länder, arme Länder, reiche Länder, zentrale Länder und periphere Länder[^9], große Länder und kleine Länder, Länder, in denen viel geraubt und getötet wird, und Länder, die dafür bekannt sind, daß in ihnen Eltern von ihren Kindern nicht respektiert werden. Darüber hinaus gibt es Länder, die vollkommen die Hinayana-Lehren angenommen haben, und Länder, die vollkommen die Mahayana-Lehren angenommen haben, sowie Länder, in denen sowohl Hinayana als auch Mahayana ausgeübt wird. Im Falle Japans muß man sorgfältig abwägen, ob es sich um ein Land handelt, das ausschließlich für Hinayana oder ausschließlich für Mahayana geeignet ist, oder ob es sich um ein Land handelt, in dem Hinayana und Mahayana ausgeübt werden sollte.

Der fünfte Punkt betrifft die Reihenfolge der Verbreitung. In einem Land, in dem die buddhistischen Lehren niemals zuvor eingeführt wurden, ist natürlich niemand mit dem Buddhismus vertraut. In einem Land hingegen, in dem der Buddhismus bereits eingeführt wurde, wird es Menschen geben, die an das buddhistische Gesetz glauben. Deshalb muß zuerst in Erfahrung gebracht werden, welche Art von Buddhismus bereits in einem bestimmten Land verbreitet wurde, bevor man dort selbst den Versuch unternimmt, den Buddhismus zu verbreiten.

Sind die Hinayana- und vorläufigen Mahayana-Lehren bereits verbreitet worden, dann sollte man unter allen Umständen die wesentliche Mahayana-Lehre verkünden. Wurde die wahre Mahayana-Lehre jedoch bereits verbreitet, dann darf man weder die Hinayana- noch die vorläufigen Mahayana-Lehren verkünden. Schutt und zerbrochene Ziegel räumt man beiseite, um darunter Gold und Edelsteine hervorzuholen, aber man räumt nicht Gold und Edelsteine beiseite, um darunter Ziegel und Schutt hervorzuholen.

Berücksichtigt man bei der Verkündung des buddhistischen Gesetzes die eben dargestellten fünf Überlegungen, dann kann man ganz sicher zu einem Lehrer für die gesamte japanische Nation werden.

Man besitzt dann ein richtiges Verständnis der Lehre, wenn man verstanden hat, daß das Lotos-Sutra der König unter den Sutras darstellt, und daß unter all den verschiedenen Sutras das Lotos-Sutra an erster Stelle steht. Dennoch behaupteten der Priester Fa-yün[^10] vom Kuang-che-ssu-Tempel und der Priester Hui-kuan[^11] vom Tao-ch’ang-ssu-Tempel, daß das Nirwana-Sutra dem Lotos-Sutra überlegen sei. Der Hohepriester Ch’eng-kuan[^12] vom Berge Ch’ing-liang und Kôbô vom Berge Kôya behaupteten, daß das Kegon- und das Dainichi-Sutra dem Lotos-Sutra überlegen seien. Der Priester Chi-tsang[^13] vom Chia-hsiang-ssu-Tempel und der Priester K’uei-chi[^14] vom Tz’u-en-ssu-Tempel behaupteten, daß die beiden Sutras, die unter den Namen Hannya und Jimmitsu bekannt sind, ebenfalls dem Lotos-Sutra überlegen seien. Einzig und allein der Große Lehrer Chih-che vom Berge T’ien-t’ai behauptete nicht nur, daß das Lotos-Sutra über allen anderen Sutras stünde, sondern verlangte auch entschieden, daß jeder, der behauptet, es gäbe ein höheres Sutra als das Lotos-Sutra, ermahnt und in der richtigen Sichtweise unterwiesen werden müsse. Er sagte, einem solchen Menschen würde in seinem gegenwärtigen Leben die Zunge im Mund abfaulen, wenn er bei seiner falschen Behauptung bliebe, und er würde nach seinem Tode in die Avichi-Hölle gelangen. Jemand, der in der Lage ist, unter all diesen verschiedenen Meinungen Wahres von Falschem zu trennen, kann als jemand erachtet werden, der ein richtiges Verständnis der Lehre besitzt.

Von den tausend oder zehntausend Gelehrten unserer Zeit ist mit Sicherheit jeder Einzelne über diesen Punkt verunsichert und in diesem Fall gibt es mit Sicherheit nur sehr wenige, die ein richtiges Verständnis der Lehre besitzen. Besitzt nun aber niemand ein richtiges Verständnis der Lehre, dann wird auch niemand das Lotos-Sutra lesen. Liest nun aber niemand das Lotos-Sutra, dann kann auch niemand als Lehrer der Nation agieren. Gibt es nun niemanden, der als Lehrer der Nation agieren kann, dann wird jeder innerhalb der Nation verunsichert sein über die Unterscheidungen, die innerhalb der Gesamtheit aller Sutras getroffen werden, wie zum Beispiel zwischen den Hinayana- und Mahayana-Sutras, den vorläufigen und den wesentlichen und den exoterischen und den esoterischen Sutras. Kein Einziger wird den Leiden von Geburt und Tod entkommen können, und am Ende wird jeder zum Verleumder des Gesetzes werden. Es werden mehr Menschen aufgrund der Verleumdung des Gesetzes in die Avichi-Hölle fallen, als es Staubkörner auf der Erde gibt, während diejenigen, die das Gesetz annehmen und dadurch von den Leiden von Geburt und Tod befreit werden, weniger sein werden als das bißchen Erde, das auf einem Fingernagel Platz hat. Wie erschreckend das ist, wenn man darüber nachdenkt!

In den mehr als vierhundert Jahren, die seit der Zeit Kaiser Kammus vergangen sind, besaßen alle Menschen in Japan die Gabe, die Erleuchtung ausschließlich durch das Lotos-Sutra zu erlangen. Sie sind wie diejenigen, die acht Jahre lang auf dem Adlergipfel der Verkündung des Lotos-Sutras beiwohnten und ihre Gaben entsprechen der reinen und vollkommenen Lehre [Man findet dies bestätigt in den Aufzeichnungen[^15] des Großen Lehrers T’ien-t’ai, des Kronprinzen Shôtoku, des Hochangesehenen Priesters Ganjin, des Großen Lehrers Dengyô und der Hochangesehenen Priester Annen und Eshin.] Dies zu verstehen bedeutet, die Auffassungsgabe der Menschen zu verstehen.

Dennoch sagen die buddhistischen Gelehrten unserer Zeit, die Auffassungsgabe aller Japaner reiche lediglich dazu aus, den Namen Amida Buddhas, d.h. das Nembutsu, zu rezitieren. Sie verhalten sich wie Schariputra in der Geschichte, die ich vorhin erzählte; als er sich hinsichtlich der Auffassungsgabe der Menschen, die er unterwies, irrte, und sie schließlich zu Icchantika bzw. zu Menschen von unverbesserlichem Irrglauben werden ließ.

Gegenwärtig ist nun in Japan etwa zweitausendzweihundertundzehn Jahre nach dem Tode Shakyamuni Buddhas, in der letzten der fünf Fünfhundertjahr-Perioden nach seinem Tode[^16] die Stunde gekommen, Myôhô-Renge-Kyô in großem Umfang zu verkünden. Dies zu verstehen bedeutet, ein Verständnis von Zeit zu besitzen.

Dennoch gibt es heute in Japan buddhistische Gelehrte, die das Lotos-Sutra verwerfen und sich statt dessen ausschließlich der Anrufung des Namens von Amida Buddha widmen. Es gibt auch andere, die die Hinayana-Vorschriften lehren und verächtlich von den hochrangigen Priestern des Berges Hiei sprechen. Dann gibt es auch solche, die eine Lehre verkünden, die sie als besondere Überlieferung außerhalb der Sutras[^17] beschreiben und die somit das Wahre Gesetz des Lotos-Sutras herabsetzen. Solche Leute besitzen ganz gewiß kein Verständnis von Zeit! Sie sind wie der Mönch Shôi[^18], der Bodhisattwa Kikon verleumdete, oder wie der Gelehrte Gunaprabha[^19], der Bodhisattwa Miroku mit Verachtung behandelte und dadurch die furchtbaren Leiden der Avichi-Hölle auf sich zog.

Japan ist ein Land, das ausschließlich zur Lehre des Lotos-Sutras in Beziehung steht, so wie das Land Shravasti[^20] in Indien einzig und allein zu den Mahayana-Lehren in Beziehung stand. In Indien gab es Länder, die sich vollkommen den Hinayana-Lehren, und Länder, die sich vollkommen den Mahayana-Lehren widmeten, als auch Länder, die sowohl die Hinayana- als auch die Mahayana-Lehren praktizierten. Japan ist ein Land, das ausschließlich für die Mahayana-Lehren geeignet ist, und unter diesen sollte es sich ausschließlich dem Lotos-Sutra widmen. [Diese Feststellung wird sowohl in der Yuga-Ron[^21], als auch in den Schriften des Seng-chao[^22] sowie in den Aufzeichnungen des Kronprinzen Shôtoku, des Großen Lehrers Dengyô und des Priesters Annen[^23] bestätigt.] Dies zu verstehen bedeutet, ein Verständnis für das Land zu besitzen.

Dennoch gibt es in unserer Zeit buddhistische Lehrer, die sich an die Menschen in Japan lediglich mit der Unterweisung der Hinayana-Lehren richten, oder die versuchen, sie alle zu Anhängern des Nembutsu zu machen. Das ist so, als würde man "verdorbenes Essen in ein kostbares Gefäß füllen“. [Dieser Vergleich mit dem kostbaren Gefäß stammt aus der Shugo Kokkai Shô des Großen Lehrers Dengyô.]

Während des Zeitraums von mehr als zweihundertundvierzig Jahren, seit Beginn der ersten Einführung des Buddhismus aus dem koreanischen Königreich Paekche unter der Herrschaft Kaiser Kimmeis bis zur Herrschaft Kaiser Kammus, wurden in ganz Japan nur die Hinayana- und die vorläufigen Mahayana-Lehren verbreitet. Obwohl man das Lotos-Sutra in Japan kannte, war seine Bedeutung noch nicht klargestellt worden. Die Situation war ähnlich wie Jahre zuvor in China, wo das Lotos-Sutra bereits seit über dreihundert Jahren existierte, bevor seine Bedeutung geklärt wurde.

Zur Zeit Kaiser Kammus wies der Große Lehrer Dengyô die Lehren des Hinayana und des vorläufigen Mahayana zurück und verdeutlichte die wahre Bedeutung des Lotos-Sutras. Seit dieser Zeit hörten die entgegengesetzten Auffassungen auf, und jeder richtete seinen Glauben zielgerichtet an das Lotos-Sutra. Auch jene Gelehrten der sechs früheren buddhistischen Schulen[^24], die die Lehren des Hinayana und Mahayana wie zum Beispiel das Kegon-, das Hannya- das Jimmitsu- und das Agon-Sutra studierten, betrachteten das Lotos-Sutra als die höchste Autorität. Dies traf natürlich in noch größerem Maße auf die Gelehrten der Tendai- und der Shingon-Schule und natürlich auch auf die Laiengläubigen des Buddhismus zu, die kein besonderes Wissen über dieses Thema besaßen. In seiner Beziehung zum Lotos-Sutra war das Land wie das K’un-lun-Gebirge[^25], in dem kein einziger wertloser Stein zu finden ist, oder wie die Berginsel P’eng-lai[^26], auf der kein giftiger Trank bekannt ist.

In den mehr als fünfzig Jahren seit der Kennin-Ära (1201-1203) haben die Priester Dainichi und Kakuan[^27] die Lehren der Zen-Schule verbreitet und all die anderen unterschiedlichen Sutras verworfen, sowie die Existenz einer Doktrin begründet, die außerhalb der Schriften überliefert ist. Gleichzeitig begründeten Hônen und Rykan[^28] die Jôdô-Schule oder Schule des Reinen Landes, die im Widerspruch zu den Lehren des wesentlichen Mahayana steht, und sie errichteten Schulen, die auf den vorläufige Lehren basieren. Damit räumen sie tatsächlich Edelsteine zur Seite und sammeln statt dessen Steine auf. Sie verlassen den festen Boden unter ihren Füßen und versuchen, in die Luft hinaufzuklettern. Menschen wie sie wissen nichts über die Reihenfolge, in der die verschiedenen Lehren verkündet werden sollen. Der Buddha warnte vor solchen Menschen mit den Worten: "Es ist besser, einem rasenden Elefanten zu begegnen als einem bösen Freund“![^29]

Im Kanji-Kapitel des Lotos-Sutras wird berichtet, daß in der letzten Fünfhundertjahrperiode, bzw. etwa zweitausend Jahre nach dem Tode des Buddhas, drei Arten von Feinden[^30] des Lotos-Sutras auftreten werden. Unsere gegenwärtige Zeit entspricht dieser letzten Fünfhundertjahrperiode. Wenn ich, Nichiren, über die Wahrheit dieser Worte des Buddhas nachsinne, dann begreife ich, daß diese drei Arten von Feinden wirklich existieren. Wenn ich sie nicht dazu bringe, in Erscheinung zu treten, dann bin ich kein wahrer Ausübender des Lotos-Sutras. Bringe ich sie jedoch dazu, in Erscheinung zu treten, dann ist es fast sicher, daß ich Tod und Verderben auf mich lade.

Im vierten Band des Lotos-Sutras steht: "Da Haß und Eifersucht gegen dieses Sutra sogar schon zu Lebzeiten des Buddhas im Übermaß vorhanden sind, um wieviel schlimmer wird es dann in der Welt nach seinem Tode sein“?[^31] Im fünften Band heißt es: "Die Menschen werden voller Feindseligkeit sein, und es wird äußerst schwierig sein, zu glauben[^32].“ Im selben Band ist zu lesen: „Der Einsatz unseres eigenen Lebens ist uns nicht zu hoch. Wir schätzen nur den höchsten Weg[^33].“ Und im sechsten Band heißt es: „Sie geben ihr Leben gern[^34]“. Im neunten Band des Nirwana-Sutras steht: "Wird zum Beispiel ein Gesandter, der sehr wortgewandt ist und sich raffinierter Mittel zu bedienen weiß, im Auftrag seines Herrschers in ein fremdes Lang geschickt, dann verhält er sich richtig, wenn er die Worte seines Herrschers übermittelt, ohne irgendeines davon zurückzuhalten, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte. Ein weiser Mann sollte bei der Verbreitung des Buddhismus genauso handeln und sich unter die einfachen Menschen mischen, in der Bereitschaft, sein Leben hinzugeben und unbeirrt (...) die Mahayana-Sutras zu verkünden.“ Der Große Lehrer Chang-an kommentiert die Worte "ohne irgendeines davon zurückzuhalten, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte“ folgendermaßen: "Der eigene Körper ist unbedeutend, das Gesetz aber ist das höchste Gut. Man sollte sein Leben hingeben, um das Gesetz zu verbreiten[^35].“\ Nach dem Studium dieser Abschnitte weiß ich, daß ich kein wahrer Ausübender des Lotos-Sutras sein werde, wenn ich diese drei Feinde des Lotos-Sutras nicht hervorrufe. Nur indem ich sie in Erscheinung treten lasse, kann ich ein wahrer Ausübender sein. Dennoch werde ich fast mit Sicherheit mein Leben verlieren, wenn ich das tue. Ich werde wie der ehrwürdige Aryasimha[^36] oder wie Bodhisattwa Aryadeva[^37] sein.

Nichiren

Am zehnten Tag des zweiten Monats

Hintergrund

Im Juli 1260 überreichte Nichiren Daishonin dem ehemaligen Regenten Hôjô Tokiyori seine Abhandlung "Risshô Ankoku Ron“ (Über die Sicherung des Friedens im Lande durch die Verbreitung des Buddhismus). Hôjô Tokiyori war, obwohl er sich von seinem Amt zurückgezogen hatte, noch immer das einflußreichste Mitglied des regierenden Clans der Hôjô. Dies war Nichiren Daishonins erstes Protestschreiben an die Regierung sowie der offizielle Beginn seiner Bemühungen, für den Frieden und das Glück der Gesellschaft seinen Buddhismus zu verbreiten, eine Aufgabe, die er sein ganzes Leben lang verfolgte.

Eine Gruppe von Nembutsu-Gläubigen, die erbost war über die Kritik, die der Daishonin in dieser Abhandlung an der Schule des Reinen Landes übte, griff seine Wohnstätte in Matsubagayatsu, Kamakura, an und versuchte, ihn umzubringen. Der Daishonin entkam mit knapper Not und floh zur Residenz von Toki Jônin in der benachbarten Provinz Shimôsa. Als er im Frühjahr 1261 wieder in Kamakura erschien und die Verbreitung des Gesetzes wieder aufnahm, verhaftete ihn die Regierung und verbannte ihn ohne Untersuchung nach Ito auf die Halbinsel Izu. Er blieb vom 12. Mai 1261 bis zu seiner Begnadigung im Exil auf Izu und kehrte am 22. Februar 1263 nach Kamakura zurück. Während seines Exils schrieb der Daishonin diese Gosho "Über die Lehre, die Auffassungsgabe der Menschen, die Zeit und das Land“, in der er im Lichte der von ihm so benannten fünf Richtlinien der Verbreitung erneut die Rechtmäßigkeit seines Buddhismus darlegt. Außerdem bestätigt diese Gosho von neuem seine eigene Aufgabe unter dem Aspekt der Prophezeiungen des Lotos-Sutras, daß der Ausübende im Späten Tag des Gesetzes verschiedenen Verfolgungen durch die drei starken Feinde ausgesetzt sein wird.

Das Datum der Gosho lautet einfach "am zehnten Tag des zweiten Monats“. Man weiß zwar, daß sie während des Exils auf Izu geschrieben wurde, aber das genaue Jahr ist nicht bekannt. Im Text heißt es: "Es sind jetzt mehr als zweihundertundzehn Jahre vergangen, seitdem der Späte Tag des Gesetzes begonnen hat“ und: "Gegenwärtig befinden wir uns in Japan etwa zweitausendzweihundertundzehn Jahre nach dem Tode Shakyamuni Buddhas...“ Die Zeitgenossen des Daishonin stimmten weitgehend darin überein, daß das Jahr 949 v. Chr. Shakyamunis Todesdatum sei und somit wäre das Jahr 1261 das zweitausendzweihundertundzehnte Jahr im Anschluß an dieses Ereignis. Da der Daishonin erst im Mai 1261 auf Izu eintraf, und da er am 22. Februar 1263 bereits begnadigt worden und nach Kamakura zurückgekehrt war, nimmt man allgemein an, daß diese Gosho am 10. Februar 1262 geschrieben wurde.

Frühere buddhistische Gelehrte hatten verschiedene Kriterien festgelegt, die man bei der Verbreitung des Buddhismus verstehen und berücksichtigen muß. Nichiren Daishonin brachte diese Kriterien in ein einheitliches System und legte die "fünf Richtlinien der Verbreitung“ als Maßstab für die vergleichende Bewertung der verschiedenen buddhistischen Lehren fest. In der vorliegenden Gosho erläutert er diese fünf Richtlinien und demonstriert anhand jeder einzelnen dieser Richtlinien, warum das Lotos-Sutra die höchste Lehre sei. Es ist zwar in dieser speziellen Gosho nur vom "Lotos-Sutra“ die Rede, doch dürfen wir dies im Lichte der anderen Schriften des Daishonin als das Lotos-Sutra des Späten Tages des Gesetzes auffassen, das heißt, als Nam-Myôhô -Renge-Kyô der drei Großen Esoterischen Gesetze, das in den Tiefen des Juryô-(16.)-Kapitels des Lotos-Sutras enthalten ist.

Auf der Grundlage dieses Verständnisses lassen sich die fünf Richtlinien in Kürze wie folgt erklären:

(1) Richtiges Verständnis der Lehre. Das bedeutet, die Unterschiede zwischen den vielen buddhistischen Lehren zu erkennen und sie nach ihrer relativen Tiefgründigkeit zu unterscheiden. Zu diesem Zweck wurden Systeme vergleichender Klassifizierung geschaffen, wie zum Beispiel der fünffache Vergleich. Letzten Endes bedeutet ein Verständnis der Lehre zu besitzen, zu erkennen, daß das Lotos-Sutra den höchsten Platz unter allen Sutras einnimmt, und daß Nam-Myôhô-Renge-Kyô der drei Großen Esoterischen Gesetze, das in den Tiefen des Juryô-Kapitels verborgen liegt, die tiefgründigste Lehre ist, die alle Menschen im Späten Tag befähigt, die Buddhaschaft zu verwirklichen.

(2) Richtiges Verständnis der Auffassungsgabe der Menschen. Deren Auffassungsgabe umfaßt mehrere Faktoren, wie z.B. ihre Lebenstendenz, die Art ihrer Verbindung zum Buddhismus (oder das Fehlen dieser Verbindung), sowie ihre Fähigkeit, die buddhistischen Lehren zu verstehen und an sie zu glauben. Die Auffassungsgabe der Menschen zu verstehen, heißt ganz einfach nur zu wissen, durch welche Lehre sie die Buddhaschaft verwirklichen können. Die Menschen zur Zeit Shakyamunis und im Frühen und Mittleren Tag des Gesetzes hatten den Samen der Buddhaschaft bereits in der entfernten Vergangenheit von ihm erhalten, und ihn während vieler vorangegangener Existenzen durch buddhistische Ausübung genährt. Daher war für sie das Lotos-Sutra Shakyamunis die geeignetste Lehre, da sie ihnen ermöglichte, die Ernte ihrer Erleuchtung einzubringen. Die Menschen im Späten Tag des Gesetzes dagegen haben den Samen der Buddhaschaft noch nicht erhalten und können daher durch die Ausübung des Buddhismus des Erntens nichts gewinnen. Sie müssen vielmehr den Samen der Erleuchtung direkt durch die Ausübung des Buddhismus des Säens erhalten, das heißt, durch den Buddhismus von Nam-Myôhô-Renge-Kyô. Dies zu erkennen, heißt die Auffassungsgabe der Menschen zu verstehen.

(3) Richtiges Verständnis von Zeit. Die Entwicklung des Buddhismus nach dem Tode Shakyamunis wird eingeteilt in die drei Perioden des Frühen, Mittleren und Späten Tag des Gesetzes. Der Frühe Tag ist die Zeit, in der der Geist von Shakyamunis Buddhismus unverfälscht überliefert wird und seine Lehre viele Menschen zur Erleuchtung führt. Der Mittlere Tag ist die Zeit, in der Shakyamunis Lehre mit der Zeit immer undurchsichtiger wird, auf Äußerlichkeiten reduziert wird und immer weniger Menschen Nutzen bringt. Im Späten Tag verliert sie jegliche Kraft, die Menschen zur Erleuchtung zu führen. Das Lotos-Sutra offenbart, daß im Späten Tag des Gesetzes Bodhisattwa Jôgyô erscheinen wird, um das Gesetz zu verkünden, das den Kern des Sutras darstellt. Nichiren Daishonin definierte dieses Gesetz als Nam-Myôhô-Renge-Kyô. Zu erkennen, daß jetzt der Späte Tag des Gesetzes gekommen ist, in dem Nam-Myôhô-Renge-Kyô verbreitet werden sollte, heißt, ein Verständnis von Zeit zu besitzen.

(4) Richtiges Verständnis des Landes. Das bedeutet, das Wesen einer bestimmten Nation oder die Verbindungen der Gesellschaft zum Buddhismus zu erkennen. Der Daishonin stellt fest, daß einige Länder das Wahre Gesetz aktiv verleumden, einige überhaupt nichts darüber wissen, einige ausschließlich Beziehungen zum Hinayana, andere nur zum Mahayana und wieder andere Beziehungen zu Hinayana und Mahayana besitzen. Japan ist ein reines Mahayana-Land, das voll von Menschen ist, die das Wahre Gesetz verleumden. Daher sollte in Japan das Mystische Gesetz verbreitet werden, um alle Menschen sowie auch diejenigen zu retten, die sich dem Gesetz entgegenstellen.

(5) Richtiges Verständnis der Reihenfolge der Verbreitung. Der springende Punkt bei diesem Kriterium ist, daß man keine Lehre verkünden sollte, die den bereits verbreiteten Lehren unterlegen ist, da dies das buddhistische Gesetz herabsetzt. Die Lehre, die verkündet werden soll, muß denjenigen überlegen sein, die bis dahin vorgeherrscht haben. In Japan, wo die theoretische Lehre des Lotos-Sutras bereits im Mittleren Tag des Gesetzes durch den Großen Lehrer Dengyô eingeführt wurde, sollte die wesentliche Lehre des Lotos-Sutras, insbesondere das Wahre Gesetz, auf das im Juryô-Kapitel hingewiesen wird, verbreitet werden. Dies zu erkennen, heißt ein Verständnis der Reihenfolge der Verbreitung zu besitzen.

Diese kurze Abhandlung besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil erklärt der Daishonin jede der fünf Richtlinien und definiert die wahren Lehrer des Buddhismus als diejenigen, die das buddhistische Gesetz mit einem richtigen Verständnis dieser Richtlinien verkünden. Als nächstes erklärt er anhand dieser fünf Richtlinien, warum das Lotos-Sutra verkündet werden soll und weist die irrigen Ansichten der Schulen zurück, in denen im Hinblick auf diese fünf Kriterien Unklarheit besteht. Im dritten Abschnitt erklärt er, daß diejenigen, die das Lotos-Sutra im unheilvollen Späten Tag des Gesetzes ausüben und verbreiten, dazu bestimmt sind, den drei mächtigen Feinden zu begegnen, wie im Kanji-(13.)-Kapitel des Lotos-Sutras vorhergesagt wird.

[^1]: ) Shramana: "Einer, der sich bemüht, den Weg zu suchen". In Indien ursprünglich jeder Asket, Einsiedler, Bettelmönch oder ein anderer religiös Praktizierender, der der Welt entsagt hat, um den Weg zu suchen. Später bezeichnete das Wort hauptsächlich jemanden, der der Welt entsagt hat, um den Buddhismus auszuüben.

[^2]: ) Sutras, Ordensregeln und Abhandlungen: die drei Teile des buddhistischen Kanons (Tripitaka), die die Gesamtheit der buddhistischen Lehre bilden: die Sutras, die die Lehren des Buddhas wiedergeben; die Vinaya oder Ordensregeln, die der Buddha entweder selbst festlegte oder die der buddhistische Orden nach seinem Tode auf der Grundlage seiner Lehren und seines Verhaltens aufstellte; und die Abhidharma oder Abhandlungen über die Sutras und die Vinaya, die später von den Schülern des Buddhas oder von buddhistischen Gelehrten geschrieben wurden, um die Lehren des Buddhas zu interpretieren und zu erklären. Da sich alle drei Teile des Kanons von der Lehre Shakyamunis herleiten, erklärt der Daishonin, daß sie von „Shakyamuni Buddha verkündet wurden“.

[^3]: ) Meditation über die Unreinheit des Körpers: eine der fünf Meditationen, durch deren Beherrschung man nach den Hinayana-Lehren eine bestimmte Stufe, Shômon (Welt des Lernens), erreichen kann. Die fünf Meditationen bestehen aus der Meditation über die Unreinheit des Körpers, über die Barmherzigkeit für alle Wesen, über die gegenseitige Bedingtheit aller Wesen und Phänomene, über die rechte Unterscheidung und über das Zählen der Atemzüge. Die Meditation über die Unreinheit des Körpers zielt darauf ab, die Unreinheit aller vergänglichen Phänomene wahrzunehmen, und sich aus der Abhängigkeit von ihnen lösen zu können.

[^4]: ) Das Zählen der Atemzüge während der Meditation: eine der fünf Meditationen. Es handelt sich um eine Methode, bei der man atmet und seine Atemzüge zählt, um den Geist für die Kontemplation ruhig werden zu lassen.

[^5]: ) Diesen Befehl richtet Shakyamuni im Hiyu-(3.) Kapitel des Lotos-Sutras an Shariputra. Er bedeutet, daß Shariputra das Lotos-Sutra nicht denjenigen verkünden sollte, die ein oberflächliches, selbstzufriedenes Verständnis oder starke Bindungen an irdische Begierden besitzen.

[^6]: ) „Gifttrommel-Beziehung“: andere Bezeichnung für negative Beziehung (Jap. Gyakuen) , d.h. eine Verbindung mit dem Lotos-Sutra, die durch Widerstand oder Verleumdung entstanden ist. Das bedeutet, selbst wenn jemand wegen der Verleumdung des Lotos-Sutras in die Hölle fallen sollte, er wegen der Beziehung, die er mit dem Sutra eingegangen ist, sei sie auch negativ oder verkehrt, schließlich doch in der Lage sein wird, die Buddhaschaft zu verwirklichen. Der Ausdruck „Gifttrommel“ stammt aus dem Nirwana-Sutra, in dem es heißt: „Wenn die Gifttrommel geschlagen wird, werden alle, die sie hören, sterben, ganz gleich, ob sie geneigt sind, ihr zu lauschen oder nicht.“ Entsprechend werden bei der Verkündigung des Lotos-Sutras, sowohl diejenigen, die es annehmen, als auch diejenigen, die sich dagegen stellen, gleichermaßen den Samen der Buddhaschaft erhalten.

[^7]: ) Lotos-Sutra, Kap. 2.

[^8]: ) Nach der traditionellen Theorie der drei Perioden läßt die Einhaltung der Vorschriften im Laufe der Zeit nach. Im Frühen Tag des Gesetzes halten die Menschen sie weitgehend ein, aber im Mittleren Tag sind es schon weitaus mehr, die sie übertreten, und im Späten Tag gibt es niemanden, der sie noch befolgt. Vom Standpunkt der Lehre des Daishonin aus kann dies auch als eine Frage der Entwicklung des Buddhismus betrachtet werden. Der Frühe Tag ist die Zeit der Verbreitung des Hinayana, der großen Wert auf die Vorschriften legt, während sich im Mittleren Tag die vorläufigen Mahayana-Lehren ausbreiten, die in diesen Vorschriften nur einen ersten Schritt der Ausübung sehen, den man schließlich hinter sich lassen muß. Im Späten Tag kann man die Erleuchtung unmittelbar erlangen, indem man das Gesetz von Nam-Myôhô-Renge-Kyô annimmt und beibehält, ohne besondere Vorschriften einzuhalten.

[^9]: ) Zentrale Länder und periphere Länder: Länder mit großem kulturellem Einfluß (wie z.B. China), die ihr Wissen und ihre Errungenschaften in großem Umfang an die umliegenden Länder weitergeben, und die kulturell weniger fortgeschrittenen Länder, die diese fremden Einflüsse aufgreifen, importieren und sich aneignen.

[^10]: ) Fa-yün (467-529): ein Priester im China der Liang-Dynastie, der durch seine Vorlesungen über das Lotos-Sutra und das Vimalakirti-Sutra berühmt wurde. Im Jahre 508 wurde er von Kaiser Wu zum Hauptpriester des Kuang-che-ssu-Tempels ernannt, und im Jahre 525 hatte er das Hauptordinariat der Mönche inne, den höchste Rang, den es in der Priesterschaft gab.

[^11]: ) Hui-kuan (368-438): ein Priester zur Zeit der Nördlichen und Südlichen Dynastien. Er wurde im Jahr 401 Schüler von Kumarajiva und nahm an der Übersetzungsarbeit des Meisters teil. Es heißt, nach Kumarajivas Tod habe er Buddhabhadra bei dessen Übersetzung des Kegon-Sutras geholfen. Er überarbeitete auch die beiden bestehenden chinesischen Übersetzungen des Nirwana-Sutras und stellte die Nambon Nehangyô oder „südliche Version“ des Sutras her.

[^12]: ) Ch’eng-kuan (738-839): der vierte Hohepriester der Kegon-Schule im China der T’ang-Zeit. Im Jahre 775 praktizierte er unter Miao-lo die Meditation nach T’ien-t’ai und studierte später bei vielen Lehrern verschiedener Schulen. Schließlich wurde er der Nachfolger des dritten Kegon-Hohepriesters Fa-tsang und verbreitete die Kegon-Doktrinen. Er hielt am Ta-hua-yen-ssu-Tempel Vorlesungen über das Kegon-Sutra und verfaßte eine Reihe von Kommentaren; darunter die Kegongyô-Sho.

[^13]: ) Chi-tsang (549-623): ein Priester der Sanron-Schule in China; der manchmal als der erste Hohepriester der Schule bezeichnet wird. Man nannte ihn auch Chia-hsiang, weil er im Chia-hsiang-ssu-Tempel lebte. Er studierte die drei San-lun-Abhandlungen (jap.: Sanron), die auf der Grundlage der Hannya-Sutras geschrieben wurden, und gründete die Sanron-Schule.

[^14]: ) K’uei-chi (632-682): der Begründer der chinesischen Hossô-Schule. Man nannte ihn auch Tz’u-en, weil er im Tz’u-en-ssu-Tempel lebte. Die Grundlagentexte der Schule umfassen sechs Sutras und elf Abhandlungen, darunter das Jimmitsu-Sutra. Siehe Glossar unter: Tzú-en

[^15]: ) Aufzeichnungen: In T’ien-t’ais Hokke Mongu steht: „In der fünften Fünfhundertjahrperiode wird sich das Mystische Gesetz ausbreiten und der Menschheit bis weit in die Zukunft Wohltaten erweisen.“ Möglicherweise bezieht sich Nichiren Daishonin auf diese Stelle. Shôtoku (574-622), der zweite Sohn Kaiser Yômeis und Regent während der Herrschaft der Kaiserin Suiko, führte wichtige Reformen durch und regierte sowohl innen- wie außenpolitisch sehr weise im Geist des Buddhismus. Die Shôtoku Taishi Denryaku (Biographie des Prinzen Shôtoku) zitiert ihn folgendermaßen: „ Zweihundertundfünfzig Jahre nach meinem Tode wird ein Kaiser erscheinen, der das buddhistische Gesetz verehrt ... und die mystische Schrift bewahrt.“ Dies könnte die Stelle sein, auf die sich der Daishonin bezieht. Ganjin (Chin.: Chien-chen, 688-763), ein chinesischer Priester zur T’ang-Zeit, gründete in Japan die Ritsu-Schule. Der Daishonin meint vermutlich die Stelle in der Tôdaiwajô Tôsei Den (Leben des Großen Priesters der T’ang-Zeit, der in den Osten kam), wo es heißt: „Dies habe ich gehört... In Japan erwies Prinz Nagaya (ein Enkel Kaiser Temmus) dem Buddhismus Ehre und ließ tausend Priestergewänder anfertigen... Japan ist wahrlich ein Land, das mit dem Aufstieg des Buddhismus in Verbindung steht.“ Dengyô, der Gründer der japanischen Tendai-Schule, schreibt in seiner Shugo Kokkai Shô: „Der Frühe und der Mittlere Tag des Gesetzes sind fast vergangen, und der Späte Tag steht nahe bevor. Jetzt ist wahrlich die Zeit, in der das Eine Fahrzeug, das im Lotos-Sutra gelehrt wurde, beweisen wird, wie vollkommen es den Möglichkeiten aller Menschen angemessen ist.“ Durch das Zitieren von Annen (841-889?), eines Priester der Tendai-Schule, bezieht sich der Daishonin wahrscheinlich auf die Stelle seiner Futs Ju Bosatsukai Kôshaku (Umfassende Interpretation der allgemein geltenden Vorschriften für Bodhisattwas), die lautet: „Alle in meinem Land Japan glauben an das Mahayana.“ Eshin (942-1017), der auch Genshin genannt wird, war ein Priester der Tendai-Schule in Japan. In seiner Ichijô Yôketsu (Grundzüge der Lehre vom Einen Fahrzeug) steht: „Die Auffassungsgabe aller Menschen in Japan ist nur auf die vollkommene Lehre vom Einen Fahrzeug ausgerichtet.“

[^16]: ) Die letzte der fünf Fünfhundertjahr-Perioden nach Shakyamunis Tode. Siehe Glossar unter: Fünfhundertjahr-Periode

[^17]: ) Eine Anspielung auf eine Doktrin der Zen-Schule, nach der die Erleuchtung nicht in den buddhistischen Schriften zu finden ist, sondern wortlos von einem Geist zum anderen übertragen wird.

[^18]: ) Shôi: ein Mönch, der im Shohô-Mugyô-Sutra erwähnt wird und der im Späten Tag des Buddhas Shishionnô lebte. Es heißt, er sei in die Hölle gefallen, weil er Bodhisattwa Kikon verleumdete, der die Lehre vom wahren Aspekt der Wirklichkeit lehrte.

[^19]: ) Gunaprabha: ein indischer Gelehrter, der zunächst Mahayana studierte, sich aber nach der Lektüre der Daibibasha Ron dem Hinayana zuwandte und große Mengen an Kommentaren verfaßte. Nach der Daitô Saiiki Ki (Bericht über die Westlichen Gebiete) stieg er in den Tushita-Himmel hinauf, um seine Zweifel im Hinblick auf Hinayana und Mahayana aufzulösen. Dort begegnete er Bodhisattwa Miroku, dem er aber keine Achtung erwies, weil Miroku kein ordinierter Mönch war. So hielt ihn seine Arroganz davon ab, von Miroku zu lernen.

[^20]: ) Shravasti: antiker Name des Königreichs Kosala in Zentralindien. Shravasti war eigentlich der Name der Hauptstadt, aber auch das Königreich selbst wurde Shravasti genannt.

[^21]: ) Yuga Ron: Abkürzung für die Yugashiji Ron (Abhandlung über die Stufen der Yoga-Ausübung). Das Werk wird Maitreya oder Asanga zugeschrieben und wurde von Hsüan-tsang ins Chinesische übersetzt. In der Yuga Ron selbst wird dieser Punkt nicht erwähnt; allerdings zitiert Annen in seiner Bodaishingi Shô aus der Yuga Ron die Worte: „ein kleines Land im Osten, dessen Menschen eine Beziehung ausschließlich zum Mahayana besitzen“. Es ist daher denkbar, daß sich in der ursprünglichen Version der Yuga Ron eine solche Stelle befand, die bei späteren Abschriften aber aus irgendeinem Grunde weggelassen wurde.

[^22]: ) Seng-chao (384-414): ein Priester der späteren Ch’in-Dynastie und einer der wichtigsten Schüler Kumarajivas. Der Daishonin bezieht sich auf dessen Hokke Hongyô no Kôki (Kommentar zu Kumarajivas Übersetzung des Lotos-Sutras), in der berichtet wird, wie Shuryasoma, der in den Mahayana-Sutras sehr bewandert war, Kumarajiva das Lotos-Sutra mit den Worten übertrug, es beziehe sich auf ein Land im Nordosten.

[^23]: ) Aufzeichnungen des Kronprinzen Shtoku, Dengy und Annen: vermutlich dieselben Quellen wie in Anmerkung 15. Darüber hinaus sagte Dengyô in seiner Hokke Shku: „Die Verbreitung der Wahren Lehre beginnt dann, wenn der Mittlere Tag des Gesetzes endet und der Späte Tag beginnt, in einem Land östlich von T’ang und westlich von Katsu, mitten unter Menschen, die von den fünf Unreinheiten befleckt sind und in einer Zeit des Konflikts leben.“ „Östlich von T’ang und westlich von Katsu“ entspricht der Lage Japans auf antiken Landkarten.

[^24]: ) Sechs Schulen: sechs buddhistische Schulen, die in Nara, der Hauptstadt Japans während der Nara-Periode (710-794) ihre Blütezeit erlebten. Es sind die Kegon-, Sanron- und Hossô-Schule, die auf Mahayana-Sutras basieren, und zwar auf dem Kegon-Sutra, den Hannya-Sutras und dem Jimmitsu-Sutra; sowie die Kusha-, Jôjitsu- und Ritsu-Schule, die sich auf Hinayana-Lehren gründen, und zwar auf den Agon-Sutras, der Jôjitsu Ron und der Shibun Ritsu. Sie ähnelten eher philosophischen Schulen als eigenständigen religiösen Schulen, und in jedem der sieben größeren Tempel in Nara wurde gewöhnlich mehr als ein System studiert.

[^25]: ) K’un-lun-Gebirge: Gebirgsregion, die den Pamir, Tibet und die mongolischen Hochebenen umfaßt. Laut dem Shih Chi (Aufzeichnungen des Historikers) glaubte man früher, dort seien Juwelen zu finden.

[^26]: ) P’eng-lai: legendäre Berginsel vor der chinesischen Ostküste, wo laut der Shih Chi und anderen Quellen in einem Palast aus Gold und Edelsteinen ein Unsterblicher lebt, der das Elixier unvergänglicher Jugend und des ewigen Lebens besitzt.

[^27]: ) Dainichi und Kakuan: japanische Zen-Priester. Dainichi (Lebensdaten unbekannt) verbreitete die Zen-Lehren noch vor Eisai (1141-1215), dem Begründer der Rinzai-Schule. Er wurde auch Nônin genannt. Weil man ihm vorwarf, daß er seine Lehren nicht von einem Meister erhalten habe, schickte er im Jahre 1189 zwei seiner Schüler nach China, um seine Lehren von einem Zen-Meister namens Cho-an vom Berge Yü-wang bestätigen zu lassen. Danach nannte er seine Schule „Nihon Daruma“ (Japanische Bodhidharma-Schule). Kakuan, einer seiner Schüler, verbreitete die Lehren des Zen in der Provinz Yamato.

[^28]: ) Rykan (1148-1227): Begründer der Chôraku-ji-Schule der Schule des Reinen Landes. Er studierte zunächst die Tendai-Lehre, wurde aber, fasziniert von der Lehre des Reinen Landes, ein Schüler von Hônen. Er vertrat die Doktrin des vielmaligen Rezitierens, die besagt, man sollte das Nembutsu so häufig wie möglich rezitieren, um sich die Wiedergeburt im Reinen Land zu sichern.

[^29]: ) Nirwana-Sutra

[^30]: ) Die drei Arten von Feinden: Siehe Glossar unter : Drei mächtige Feinde

[^31]: ) Lotos-Sutra, Kap. 10.

[^32]: ^3^2) Lotos-Sutra, Kap. 14.

[^33]: ) Lotos-Sutra, Kap. 13.

[^34]: ) Lotos-Sutra, Kap. 16.

[^35]: ) Nehangyô Sho, Bd. 12.

[^36]: ) Aryasimha: der letzte von Shakyamunis vierundzwanzig Nachfolgern. Er lebte im sechsten Jahrhundert in Zentralindien. Die Überlieferung besagt, daß während seiner Verbreitung des Buddhismus in Kaschmir (Nordindien), König Dammira, der ein Feind des Buddhismus war, viele buddhistische Tempel und Stupas zerstörte und mehrere Priester ermordete. Schließlich enthauptete er Aryasimha, aber man sagt, daß statt Blut reine weiße Milch aus seinem Hals hervorschoß.

[^37]: ) Aryadeva: der fünfzehnte von Shakyamunis vierundzwanzig Nachfolgern. Er wurde im dritten Jahrhundert in Südindien in eine Brahmanenfamilie geboren und studierte unter Nagarjuna die Lehre von der Nicht-Stofflichkeit (Ku). Man nannte ihn auch Kanadeva, weil er ein Auge verloren hatte (Kana bedeutet „ein Auge“). Er widerlegte in einer religiösen Debatte in Pataliputra brahmanistische Lehrer und wurde von einem ihrer Schüler getötet.

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