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Die Welt der Schriften Nichiren Daishonins

Gespräche über eine humanistische Religion

(1) Die Gosho ist die buddhistische Lehre für den Späten Tag des Gesetzes

Katsuji Saito, Verantwortlicher der Soka-Gakkai-Studienabteilung: Dieses Jahr feiern

wir das fünfzigste Jubiläum der Erstausgabe der Gesammelten Schriften Nichiren Daishonins durch die Soka Gakkai. Ich spreche sicher für alle Mitglieder der Studienabteilung, wenn ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringe, die Diskussionsreihe über die Gosho gerade zu diesem bedeutsamen Zeitpunkt abzuhalten. Hoffentlich trägt sie dazu bei, ein breites Licht auf die Lehren Nichiren Daishonins und die tatsächlichen Ereignisse seines Lebens zu werfen, wie sie in der Gosho beschrieben werden. Vielen Dank für diese wunderbare Möglichkeit.

Präsident Ikeda: Ganz meinerseits.

Mir scheint, dass es noch viele Aspekte der Lehren Nichiren Daishonins und seines

Charakters gibt, die nicht vollständig verstanden wurden. Es gibt auch eine ganze Reihe von Punkten in Zusammenhang mit seinen Lebensumständen, die erhellt werden müssen. Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass es den Menschen erst durch die Bemühungen der Soka Gakkai möglich wurde, verschiedenste Prinzipien, die der Daishonin lehrte, kennen zu lernen und in die Tat umzusetzen. So zum Beispiel die Verwirklichung einer friedlichen Gesellschaft durch die Verbreitung des wahren Buddhismus (Rissho Ankoku Ron) und die weltweite Verwirklichung von Kosen-rufu. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache ist nun die Zeit gekommen, unsere Bewegung in einer Weise auszudehnen, die dieser neuen Zeit in der wir leben, angemessen ist.

Zudem haben jüngere wissenschaftliche Untersuchungen über die Geschichte der Kamakura- Periode (1185-1333) und die Gosho als literarisches Werk zu neuen Erkenntnissen geführt. Diese Entdeckungen einbeziehend, möchte ich bei unserer Untersuchung die verschiedensten Blickwinkel ausloten. Manchmal werden wir unser Thema aus der Vogelperspektive betrachten, um dann wieder ganz ins Detail zu gehen.

Saito: Verantwortliche der Studienabteilung, unter ihnen auch Mitlieder der Jugendabteilung, werden im Wechsel an diesen Diskussionen teilnehmen. Bei unserem heutigen ersten Treffen werde ich diese Funktion übernehmen.

Die Gosho ist Dokument der lebenslangen Kämpfe des Daishonin

Saito: Zunächst möchte ich gerne allgemeine Fragen über die Gosho stellen.

Präsident Ikeda: Die Gosho ist die buddhistische Lehre für den späten Tag des Gesetzes.

Das Sutra "Große Sammlungen"1 beschreibt den späten Tag des Gesetzes als "ein Zeitalter

des Konflikts, in dem die reine Lehre vernebelt werden und verloren gehen wird." Es ist eine Zeit extremer Verwirrung über die verschiedenen Lehren Shakyamuni Buddhas, die ihre Kraft verlieren, die Menschen zur Erleuchtung zu führen. Das Sutra beschreibt auch den Späten Tag als ein Zeitalter nicht enden wollender Konflikte in der Gesellschaft. Kurz gesagt, es ist eine kritische Zeit, in der sowohl der Buddhismus als auch die Gesellschaft sich in einer Sackgasse befinden. Wenn man diesen Zustand nicht ändert, wird die Konfusion weiter

1 Das Sutra "Große Sammlungen" beschreibt fünfaufeinanderfolgende Fünfhundertjahr-Perioden nach Shakyamunis Tod. Die fünfte dieser Fünfhundertjahrperioden, der Anfang des Späten Tags des Gesetzes, wird als ein Zeitalter des Konflikts dargestellt, wenn das reine Gesetz vernebelt wird und verloren geht. {vgl. eng}. Gosho, S. 877)

wachsen und der Gesellschaft Zusammenbruch drohen.

Nichiren Daishonin betrachtete das Japan seiner Zeit als genaues Abbild des späten Tags des Gesetzes, wie er im Sutra dargestellt wird Deshalb suchte er nach einem Weg, die Menschen dieses Zeitalters zu befähigen, ihr Leben grundsätzlich zu ändern und absolutes Glück zu

erreichen, während sie gleichzeitig die Gesellschaft transformieren. Was er herausfand, ist direkt auf unsere heutige Zeit übertragbar.

Saito: Natürlich waren seine Studien nicht auf Schriften und Bücher begrenzt.

Präsident Ikeda: Da haben Sie recht. Es war ein Kampf, der ihn mit Haut und Haar in Anspruch nahm.

Das Leben des Daishonin war eine Abfolge von Kämpfen, um die Menschen im Späten Tag zur Erleuchtung zu führen. In der Gosho stoßen wir häufig auf Wendungen wie "Nichiren allein" und "zu Beginn des Späten Tags des Gesetzes". Beide sind Ausdruck des tiefen

Entschlusses, die Verantwortung für alle zu übernehmen und aufzustehen angesichts der

zehntausend Jahre und mehr des Späten Tags des Gesetzes. Nichiren Daishonin enthüllte und verbreitete zum ersten Mal das große Gesetz, das allen Menschen ermöglicht, ihr höchstes Potenzial zu entfalten.

Saito: Wirklich, die Worte des Daishonin sind erfüllt von seiner Entschlossenheit, die Schlüsselfigur der Bewegung zu sein, die alle zum wahren Glück führt.

Präsident Ikeda: Eine große Anzahl bekannter buddhistischer Konzepte entstanden aus den Kämpfen des Daishonin. Die drei Beweise (sansho), dokumentarischer (monsho), theoretischer (risho ) und tatsächlicher Beweis (gensho), sind Beispiele dafür.

Darüber sagte der Daishonin: "Wenn es um den relativen Vorzug einer buddhistischen

Doktrin geht, so halte ich, Nichiren, die Vernunft und den dokumentarischen Beweis für den besten Maßstab. Und noch wertvoller als Vernunft und dokumentarischer Beweis ist der

Beweis durch konkrete Tatsachen. (engl. Gosho, S. 599) Der Daishonin untersuchte und schuf nicht nur die Kriterien, nach denen sich bewerten ließ, ob eine buddhistische Lehre die Kraft hatte, die Menschen zur Erleuchtung zu führen; er verbreitete auch aktiv jene Lehre, auf die diese Kriterien zutrafen.

Saito: Dokumentarischer, schriftlicher Beweis (monsho) entsteht durch das Studieren der Sutras und anderer schriftlicher Quellen; der theoretische Beweis (risho) entsteht aus der Bewertung der buddhistischen Theorie und der tatsächliche Beweis (gensho) bedeutet praktische Anwendung. Nichiren Daishonin verfolgte jede dieser Beweislinien.

Präsident Ikeda: Anders ausgedrückt enthüllte der Daishonin die Lehre für den Späten Tag des Gesetzes, indem er sein ganzes Sein in diese Überlegungen und Handlungen einfließen ließ.

Ebenso sind die fünf Richtlinien der Verbreitung (die Lehre, die Aufnahmebereitschaft der

Menschen, die Zeit, das Land und die Abfolge der Verbreitung) auf den beständigen Kampf des Daishonin zurückzuführen, seine Lehre auch angesichts von Verfolgung weiterzugeben. Der Daishonin sagt: "Derjenige, der den Buddhismus verbreitet, sollte sich der fünf Richtlinien bewusst sein."

Als Ausübender des Lotos-Sutra zerbrach sich der Daishonin mehr als sonst irgendjemand

den Kopf darüber, wie er diese Richtlinien anwenden könnte. Jeden Blickwinkel voll Sorgfalt erwägend, strebte er danach, die Lehre zu verbreiten, die die Menschen im Späten Tag des

Gesetzes zum Glück führen würde. Das Ergebnis seiner Bemühung sind die fünf Richtlinien als Leitsatz.

Zusammengefasst ist die Gosho eine Aufzeichnung der harten Kämpfe des Daishonin im Laufe: seines Lebens. Um seine Aufgabe zu erfüllen, ertrug er große Verfolgungen und hinterließ eine monumentale Lehre. In der Gosho kristallisiert sich sein Geist, sein Handeln und seine Anleitung anderer heraus. Wir sollten sie daher als die Lehre für den späten Tag des Gesetzes verstehen und würdigen.

Der Humanismus des Buddhismus Nichirens

Saito: Kann man sagen, dass die Gosho und das Lotos-Sutra, der König der Sutras, untrennbar miteinander verbunden sind?

Präsident lkeda: Ja, denn der Daishonin hatte den größten Respekt für die Objektivität und die Allgemeingültigkeit des Lotos-Sutras. Auf dieses Sutra stieß er auf seiner Suche nach

einer Lehre, die alle Menschen im Späten Tag des Gesetzes zur Erleuchtung führen könnte. Er fand die Antwort in der Aussage, dass alle Menschen die Buddhaschaft erlangen können und nicht erst in einer weit entfernten Zukunft. Während die erste Hälfte des Sutras (theoretische Lehre) nur so weit geht, die Möglichkeit der Erleuchtung in einer zukünftigen Existenz zu beschreiben, wird im sechzehnten, dem Juryo-Kapitel, der zweiten Hälfte (wesentliche Lehre) erklärt, dass es den Menschen möglich ist, in diesem Leben Buddha zu werden.2

In einer Zeit, in der sowohl die Gesellschaft als auch die religiöse Welt von Chaos und Konfusion erfüllt sind, kann einzig eine Lehre alle Menschen zum Glück führen und zu einer Reformierung der Zeit führen, die dem Individuum die Kraft gibt, die ihm innewohnende Buddhaschaft hervorzubringen. Anders ausgedruckt: der einzige Weg für Menschen im späten Tag des Gesetzes, Glück und Frieden zu schaffen, besteht darin, dass sie ihr großes menschliches Potenzial hervorbringen. Eine echte Lösung der Probleme unserer Gesellschaft muss auf jeden Fall die Erhöhung unseres Lebenszustands miteinbeziehen.

Wenn wir uns tiefer mit der Idee befassen, die Menschen von ihrem Leiden zu erlösen, so wie sie im Lotos-Sutra behandelt wird, können wir sehen, dass sie von einem grundlegenden Geist der Humanität durchdrungen ist. Nichiren Daishonin erkannte ganz klar das wahre Wesen des späten Tags des Gesetzes und entwickelte daher die humanistischen Aspekte des Lotos-Sutras weiter.

Saito: Wir sprechen über ein Konzept, das den Menschen und die Entdeckung seines riesigen Potenzials als erste Priorität hat. Aus diesem Grund benutzen wir den Begriff \~umanität", oder? Ich glaube, dieser Begriff ist für viele mit dem westlichen Konzept verknüpft, dass die Menschen vernunftbegabte Wesen und Abbilder Gottes sind. Wie sollten wir diesen Unterschied betrachten?

Präsident lkeda: Buddhistischer Humanismus beruht nicht auf einem starren Konzept, sondern darauf, dass jeder Einzelne seine menschliche Revolution macht, indem er die ihm innewohnende Buddhaschaft hervorruft.

2 In der Gosho "Lehre, Ausübung und Beweis" heißt es: "Die wichtigste dieser zwanzig Aussagen

(herausragenden Prinzipien) ist die Offenbarung im Juryo-Kapitel, dass Shakyamuni die Buddhaschaft zum ersten Mal in Gohyaku-Jintengo erlangte. Die Menschen mögen sich fragen, was der Buddha damit wohl gemeint hat. Durch diese Enthüllung lehrte er, dass gewöhnliche Sterbliche wie wir selbst die seit der Zeit ohne Anfang in den Leiden von Geburt und Tod gefangen Sind und die noch nicht einmal davon träumen, das Ufer der Erleuchtung zu erreichen, von ihrem Wesen her einem Buddha entsprechen und ursprünglich mit den drei erleuchteten Eigenschaften ausgestattet sind. In diesem Sinne lehrte er die endgültige Lehre von Ichinen Sanzen. Aus dieser Perspektive sollten sie die Überlegenheit des Lotos-Sutras gegenüber allen anderen Lehren des Buddhas bekräftigen." (Dtsch. Gosho Bd. 4, S. 119.)

"Buddhanatur" meint ein Herz, das zum mystischen Gesetz erwacht ist. Es wird nicht behauptet, dass ausschließlich die Menschen mit einzigartigen Qualitäten ausgestattet sind.

Saito: Der unbeugsame Glaube, dass der Mensch alleine nobel und respektwürdig sei, kann leicht zu einem Anthropozentrismus führen, der andere Lebewesen abwertet und missachtet.

Präsident Ikeda: Alle Lebewesen sind Wesenheiten des mystischen Gesetzes und als solche gleichwertig. In diesem Sinne ist jede Form des Lebens mit dem mystischen Gesetz

verbunden und deshalb mit der Buddhanatur ausgestattet. Dies wird ausgedrückt in der buddhistischen Lehre des gegenseitigen Besitzes der zehn Welten. Dieses Prinzip erklärt, dass Lebewesen in allen zehn Welten die Welt der Buddhaschaft besitzen. Unter allen Lebensformen ist dem Menschen allein die Fähigkeit vorbehalten, die Kraft der Buddhaschaft durch seinen Charakter und seine Handlungen zu zeigen. Deswegen sind der Geist, das Herz am allerwichtigsten.

In seinen Schriften betont der Daishonin immer wieder die Wichtigkeit des Herzens in der buddhistischen Praxis. Auf der einen Seite lehrt er, dass Glaube und Mut Kräfte und Funktionen des Herzens sind, die uns ermöglichen, die Welt der Buddhaschaft in unserem Leben zu öffnen. Andererseits warnt er vor negativen Funktionen des Herzens wie Unglaube oder Feigheit, die uns von unserem Potenzial der Buddhaschaft abschneiden. Die Gosho ist eigentlich eine Lehre über das Herz.

Saito: Ich glaube, Sie, Präsident Ikeda, sind der Erste, der die Wichtigkeit des Herzens in den Lehren des Daishonin auf diese Weise erhellt hat. Tatsächlich, er schreibt: .,;Es ist das Herz allein, auf das es ankommt." (Engl. Gosho, S. 1000)

Präsident Ikeda: Der Schlüssel liegt darin, genau so zu praktizieren, wie es in der Gosho steht.

Saito: Das könnte man "praktischen Humanismus" oder "menschliche Revolution" nennen.

Präsident Ikeda: Wie auch immer man es nennt, es muss eine Praxis oder Handlungen beinhalten, die darauf ausgerichtet sind, sich und die anderen zu verändern. Buddhismus ist Handlung. In diesem Sinne sind die Handlungen von Bodhisattva Niemals Verachtend (Fukyo)3 ein perfektes Beispiel für den Humanismus, wie er im Lotos-Sutra vertreten wird.

Saito: Bodhisattva Niemals Verachtend begegnete jedem mit dem größten Respekt, indem er sagte: "Ich verehre Sie zutiefst, niemals würde ich wagen, Sie mit Verachtung oder Arroganz zu behandeln. Warum? Weil Sie alle den Bodhisattvaweg beschreiten und sicherlich die Buddhaschaft verwirklichen werden." (LS20, 266-67.)

Dieser Bodhisattva war nicht nur bemüht, seine Überzeugungen zu verbreiten, sondern ermutigte andere, dies auch zu tun.

Präsident Ikeda: Der Daishonin erläutert, dass die Handlung des Bodhisattvas Niemals Verachtend, alle Menschen zu verehren, "das Herz des Lotos-Sutras" und "der Grund des Erscheinens Shakyamunis in dieser Welt" ist.4 Er erläutert, dass die Essenz des Buddhismus der Respekt ist, den man anderen erweist. Dies ist von größter Wichtigkeit.

3 Bodhisattva Fukyo: eine vormalige Inkarnation Shakyamunis, die im Fukyo-Kapitel, dem zwanzigsten Kapitel des Lotos-Sutras, auftaucht. Obwohl er lächerlich gemacht und angegriffen wird wegen seiner Bemühungen, das Gesetz zu verbreiten, gab er niemals seinen Glauben auf und fuhr fort, seinen Angreifern Respekt zu erweisen. 4 In der Gosho "Die drei Arten von Schätzen" heißt es: "Der Schlüssel zu allen Lehren Shakyamunis ist das Lotos-Sutra, und der Schlüssel zur Ausübung des Lotos-Sutras wird im Fukyo-Kapitel gelehrt. Was bedeutet

Obwohl Bodhisattva Niemals Verachtend selbst verleumdet und verfolgt wurde, fuhr er in seiner Ausübung fort, andere zu verehren. Der Daishonin hielt es ebenso.5 Er hatte erkannt, dass der einzige Weg zur Erlangung der Erleuchtung für die Menschen im Späten Tag des Gesetzes darin liegt, die eigene Buddhaschaft hervorzubringen und dies auch anderen zu ermöglichen. Und er gab den Menschen Nam-Myoho-Renge-Kyo als das Mittel, mit dem man dies erreicht.

Da der Späte Tag des Gesetzes "zehntausend Jahre und mehr" währen soll, ist die Interpretation der Charakteristika dieser Zeit heute noch ebenso aktuell wie vor siebenhundert Jahren. Der Späte Tag des Gesetzes ist ein "Zeitalter des Konflikts", eine Zeit, in der Zwietracht unter den Menschen herrscht. Die Kraft, diesem Ansturm zu widerstehen, entspringt der starken Überzeugung, dass man selber und die anderen die Buddhaschaft besitzen. Andere wirklich konkret zu verehren, heißt nichts anderes, als aus dieser Überzeugung heraus zu handeln. Kosen-Rufu ist einfach nur die Erweiterung des Netzwerks derer, die diese Überzeugung teilen und sich demgemäss vorwärts bewegen. Nichiren Daishonin hat eine Gegenströmung zu den heranbrausenden Fluten des "Zeitalters des Konflikts" geschaffen.

"Je tiefer die Wurzeln, desto üppiger die Äste. Je weiter die Quelle entfernt ist, desto länger der Strom." (Aus: "Wie man seine Dankbarkeit erweist". Dt. Gosho, Bd. 4, S. 263.) Der Daishonin versichert, dass sein eigener Kampf die Wurzel und die Quelle ist, die die Menschen in den über zehntausend Jahren des Späten Tags des Gesetzes zum Glück führen wird.6 Er setzte den Strom von Kosen-Rufu auf grundlegendster Ebene in Gang, indem er die allem innewohnende Buddhaschaft anzapfte.

Kosen-rufu wird sich nur entwickeln, wenn wir durch starken Glauben an das mystische Gesetz über die fundamentale Dunkelheit siegen, die im Zentrum allen Konflikts steht. In der ganzen Gosho betont der Daishonin die Wichtigkeit des "großen Wunsches nach weiter Verbreitung", taigan, um die Weitergabe erst möglich zu machen.

"Der Große Wunsch nach weiter Verbreitung" ist das Herz der Gosho

Saito: Ich glaube, wir haben gerade das Thema unseres ersten Teils entdeckt. Darf jch Sie wohl bitten, noch etwas näher auf den "großen Wunsch", wie er in der Gosho beschrieben wird, einzugehen?

Präsident Ikeda: Der große Wunsch nach weiter Verbreitung ist das Herz der Gosho. Er ist auch die spirituelle Säule des Lebens Nichiren Daishonins. "Großer Wunsch" bezieht sich auf das grenzenlose Bestreben, das aus der Erleuchtung des Daishonin entsteht. Es ist der "ursprüngliche Wunsch unseres Lebens", der ausgedrückt wird durch das Herz des Buddhas, das zu der Wahrheit erwacht ist, dass das Leben selbst die Wesenheit des mystischen Gesetzes ist, das eine große Gesetz, das alle anderen umschließt. "zu erwachen" heißt, sich an diesen ursprünglichen Wunsch zu erinnern.

Bodhisattva Fukyos tiefe Achtung vor den Menschen? Die wahre Bedeutung des Erscheinens von Shakyamuni Buddha in dieser Welt lag in seinem Verhalten als Mensch." (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 258.)

5 In der Gosho "Ein Weiser erkennt die drei Existenzen des Lebens" steht: "Meine Schüler sollen wissen, dass ich, Nichiren, der Ausübende des Lotos-Sutras bin. Da ich in der Ausübung Bodhisattva Fuk-yo geleiche, werden die Schädel derjenigen, die mich verachten und verleumden, in sieben Stücke gespalten, wohingegen diejenigen, die an mich glauben, dauerhaftes Glück, so hoch wie der Berg Sumeru, anhäufen werden." (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 239.)

6 In der Gosho ." Wie man seine Dankbarkeit erweist" heißt es: "Wenn Nichirens Mitgefühl wirklich groß und

umfassend ist, dann wird sich Nam\~Myoho-Renge-Kyo mehr als zehntausend Jahre lang in alle Ewigkeit verbreiten, denn es besitzt die wohltuende Kraft, die blinden Augen eines jeden Lebewesens im Lande Japan zu öffnen, und es blockiert die Straße, die zur Hölle des unaufhörlichen Leidens fuhrt." (Dt. Gosho, Bd. 4, S. 263/264.)

Der Lebenszustand der Buddhaschaft und der große Wunsch nach weiter Verbreitung sind ein und dasselbe. Daraus folgt, dass dieser ungeheure Lebenszustand sich nur bei denen zeigt, die Kosen-rufu verwirklichen wollen. Wenn wir uns von dem Kampf entfernen, "die Bemühung von hundert Millionen Äonen in einem einzigen Augenblick hervorzubringen", (Jap. Gosho, S. 790), um dieses noble Ziel zu verwirklichen, können wir nicht unser höchstes Potenzial entwickeln. Dieser "eine einzige Augenblick" ist der "Buddha" oder der "So Gekommene". Der Buddhismus des Daishonin lehrt, dass das Leben des Buddhas Wirklichkeit ist. Deshalb drängt uns der Daishonin unser Leben dem großen Wunsch nach Kosen-rufu zu widmen. Die Leben derer, die sich diesen Wunsch zueigen machen und ernsthaft bemüht sind, ihn in die Tat umzusetzen, ohne im Glauben zurückzufallen, nähern sich immer mehr dem Leben des Buddhas an und bringen den Zustand der Buddhaschaft hervor.

Saito: Man kann also sagen, diesen großen Wunsch zu entwickeln bedeutet, den Weg zur Erlangung der Buddhaschaft zu beschreiten.

Präsident Ikeda: Dieser Weg besteht einzig und allein in der Herausforderung, die Lehren zu verbreiten und Menschen zum Glück zu führen. Das sagt Nichiren Daishonin ganz klar in "Die Wahl der Zeit". 7

Wie ich bereits erwähnte: Buddhismus ist Handlung. Das bedeutet, einen persönlichen Entschluss zu fassen und hartnäckig daran zu arbeiten, ihn umzusetzen, ganz egal, was auch für Hindernisse auftauchen mögen. Wenn wir uns nicht bemühen, einen Weg nach vorne zu öffnen, kann das, was wir machen, nicht buddhistische Ausübung genannt werden. Wir werden nm dann den Weg der Buddhaschaft einschlagen, wenn wir uns unermüdlich und mit derselben Entschlossenheit wie der Buddha bemühen.

Saito: Darum bestärkt der Daishonin seine Schüler darin, "einen großen Schwur zu leisten" und "ihr Leben dem großen Wunsch nach Kosen-rufu" zu widmen.

Präsident Ikeda: Ein Goshoabschnitt, den ich immer und immer wieder gelesen habe, lautet: "Das Leben ist begrenzt; wir sollten es nicht bereuen. Wonach wir wirklich streben sollten, ist das Buddhaland", (eng}. Gosho, S. 214). Nichiren Daishonin ermutigt uns, unser begrenztes Leben demselben großen Wunsch wie der Buddha zu widmen.

Saito: Die Erleuchtung selbst ist schwer mit Worten zu beschreiben. Aber einen Wunsch kann man leicht anderen mitteilen und an sie weitergeben. Schließlich sind die Menschen Experten in Sachen Wünsche!

Präsident Ikeda: Der große Wunsch nach dem Glück aller ist eine menschliche

Manifestation des Lebens des Buddhas. Deshalb können wir ihn verstehen und annehmen. Der Daishonin sagt: "Was auch geschehen mag, alle meine Schüler müssen den großen Wunsch in sich hervorbringen, die Erleuchtung zu erlangen. (...) Da das Sterben in jedem Fall das gleiche ist, sollten Sie bereit sein, Ihr Leben für das Lotos-Sutra zu geben. Betrachten Sie diese Gabe als einen Tropfen Tau, der in den Ozean fallt oder ein Staubkörnchen, das auf die Erde fällt."(Das Drachentor, Dt. Gosho, Bd. 1, S. 76). Unser Leben mag so flüchtig sein wie ein Tropfen Tau oder so unbedeutend wie ein Körnchen Staub, aber indem wir uns dem

7 In der Gosho "Die Wahl der Zeit" steht: "Als ich, Nichiren, den Glauben an das Lotos-Sutra annahm, war ich nur ein einziger Wassertropfen oder ein einzelnes Staubteilchen in ganz Japan. Doch später, wenn zwei, drei Menschen, dann zehn Menschen und schließlich zehntausend Milliarden anfangen, das Lotos-Sutra zu rezitieren und es anderen weitergeben, werden sie einen Berg Sumeru der wunderbaren Erleuchtung schaffen, einen großen Ozean des Nirvana! Suchen Sie keinen anderen Pfad, wenn Sie die Buddhaschaft erreichen wollen!" (Dt. I Gosho, Bd. 3, S. 175.)

"großen Wunsch" des Buddhas in dieser Existenz widmen, verschmilzt unser Leben mit dem des großen ewigen Meers des Lotos-Sutras. Es wird eins mit der Erde des mystischen Gesetzes, unzerstörbar und ewig. Uns wird der unglaubliche Lebenszustand des Buddhas versprochen.

Das Lotos-Sutra enthüllt den Schwur des Buddhas

Saito: Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Daishonin in diesem Abschnitt lehrt, wie unser Leben eins mit dem des Lotos-Sutras wird, wenn wir uns dem großen Wunsch nach Kosen-rufu anschließen.

Präsident Ikeda: Das Lotos-Sutra läßt sich als eine Schrift beschreiben, die nicht nur "den Wunsch des Buddhas" darstellt, sondern auch die "Ausübung des Buddhas", diesen Wunsch zu erfüllen.

Das zweite Kapitel des Lotos-Sutras ist der Kern der ersten Hälfte der theoretischen Lehre.

"Es enthüllt den Schwur des Buddhas, alle Menschen mir gleich zu machen, ohne irgendeinen Unterschied zwischen uns." (LS2, 36) Dies ist ein unumstößlicher Entschluss. Als Reaktion auf diesen Schwur formulieren später in der theoretischen Lehre eine Anzahl von Bodhisattvas und Wesen der zwei Fahrzeuge Lernen und Teilerleuchtung (Stimmen-Hörer und Pratyekabuddhas) ihre eigenen Schwüre.

Saito: Im elften Kapitel "Erscheinen des Schatzturms", wendet sich Shakyamuni an die Bodhisattvas mit der Bitte, nach seinem Tod das Lotos-Sutra zu verbreiten. Als Antwort darauf versprechen im dreizehnten Kapitel eine Unzahl von Bodhisattvas, nämlich achthunderttausend Millionen Nayutas, die Lehre nach seinem Tod zu verbreiten. Ihr Versprechen erhält die Form des ,,20-Zeilen- Verses", der das Erscheinen der drei starken Feinde voraussagt.

Präsident Ikeda: Der Kern der zweiten Hälfte des Lotos-Sutras, genannt "Wesentliche Lehre", ist das sechzehnte Kapitel "Lebensspanne des So Gekommenen". Darin erklärt der Buddha, dass all sein Handeln, seit er vor unermesslich langer Zeit in der entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte, einzig darauf ausgerichtet war, die Menschen in dieser konfliktreichen Saha- Welt zur Erleuchtung zu führen. Der Buddha, der in der entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte, ist Shakyamunis wahre Identität. Er wird bezeichnet als "Shakyamuni, der in der entfernten Vergangenheit die Erleuchtung erlangte". Ganz am Ende des Juryo-Kapitels erklärt der Buddha, dass er jeden Moment über nichts anderes nachdenkt als darüber, wie er alle lebenden Wesen zur Erleuchtung führen kann:

"In jedem Augenblick denke ich darüber nach: Wie kann ich allen Lebewesen dazu verhelfen, Zugang zum unübertroffenen Weg zu finden und schnell den Körper eines Buddhas zu erlangen?" (Daisaku Ikeda, Vorlesungen über das Lotos-Sutra, S. 296).

Seit der Zeit seiner Erleuchtung in der entfernten Vergangenheit erschien Shakyamuni in verschiedenster Form in dieser Welt, um das Gesetz zu predigen. Er benutzte auch seine unzähligen Tode, um zu lehren. Aber unabhängig davon, welche Form er annahm, sein Geist war einzig von dem mitfühlenden Wunsch geprägt, jeden Menschen so schnell wie möglich zu seiner Buddhanatur zu erwecken. So gesehen ist das Lotos-Sutra ein schriftlicher Eid, der klar den Wunsch des So Gekommenen ausdrückt, alle Lebewesen zur Erleuchtung zu führen.

Saito: Shakyamuni widmete die unermessliche Zeitspanne seit seiner Erleuchtung der Umsetzung dieses Schwurs.

Präsident lkeda: Der Buddha der Wesentlichen Lehre des Lotos-Sutra ist der Buddha der beständig das Gesetz erläutert und Menschen in der wirklichen Welt während zahlloser

Äonen zur Erleuchtung führt. Dies grenzt ihn ab von den Buddhas anderer Sutras, die über

das Erlangen der Erleuchtung die wirkliche Welt verlassen, um niemals zurückzukehren, oder die friedlich in gänzlich anderen Gefilden residieren.

Das Lotos-Sutra spricht vom ewigen Buddha, der in Übereinstimmung mit seinem Schwur in

der Saha- Welt lebt. Er ist der Buddha, der immer bemüht ist, alle Menschen in dieser

Wirklichkeit zur Erleuchtung zu führen. Das ewige Leben des So Gekommenen strahlt also in denen, die sich der Verwirklichung dieser noblen Sache inmitten der harten Realität der Gesellschaft widmen.

Saito: Die Leuchtkraft der Ewigkeit kommt im Charakter dieser Menschen zum Strahlen. "Sollen alle Götter mich verlassen"

Präsident lkeda: Wenn es wirklich das Lotos-Sutra ist, das die Existenz des "ewigen

Buddhas" vermittelt, dann sind diejenigen, die ihr Leben widmen, um den Schwur des So Gekommenen zu verwirklichen, wahre Ausübende des Lotos-Sutra.

In der Gosho "Das Öffnen der Augen" macht der Daishonin klar, dass er der Ausübende des Lotos-Sutras und der Buddha im Späten Tag des Gesetzes ist. Es ist eine Schrift unendlichen Mitgefühls, die den großen Wunsch nach Verbreitung offenbart, der das Leben des Daishonin durchdringt. Die Essenz dieser Gosho findet sich in dem Abschnitt, der beginnt mit: "Sollen

mich die Götter verlassen. Sollen alle möglichen Verfolgungen über mich kommen. Dennoch werde ich mein Leben für das Gesetz geben." (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 185)

Saito: Ja, in aller Ausführlichkeit heißt dieser Abschnitt folgendermaßen:

"Sollen mich die Götter verlassen. Sollen alle möglichen Verfolgungen über mich kommen. dennoch werde ich mein Leben für das Gesetz geben. Shariputra praktizierte 60 Äonen lang

den Weg der Bodhisattvas, jedoch verlor er diese hohe Position, weil er die Beschimpfung des Brahmanen nicht ertragen konnte, der um sein Auge gebettelt hatte. Von denen, die die Samen der Buddhaschaft in der Zeit von gohyaku-jintengo oder den Tagen von Daitsu Buddha (sanzen -jintengo) erhielten ,haben viele in späteren Zeiten die Samen aufgegeben und sind aus ihrem hohen Zustand gefallen und in der Hölle verblieben, weil sie bösen Begleitern folgten.

Ob man durch Gutes verführt oder von Bösem bedroht wird, wenn man das Lotos-Sutra

verwirft, bestimmt man sich selbst für die Hölle. Ich werde hier ein großes Gelübde ablegen. Selbst wenn man mir die Herrschaft Japans anbieten würde, wenn ich nur das Lotos-Sutra aufgeben und die Lehren des Kammuryoju-Sutras akzeptieren und mich auf die Wiedergeburt im Westlichen Reinen Land freuen würde, selbst wenn man mir sagen würde, dass mein Vater

und meine Mutter enthauptet würden, wenn ich nicht das Nembutsu rezitiere - was für

Hindernisse mir auch begegnen mögen, solange Menschen der Weisheit nicht beweisen, dass meine Lehren falsch sind, werde ich die Ausübungen anderer Sekten nie akzeptieren! Alle anderen Sorgen sind für mich nicht mehr als Staub im Wind

Ich werde die Säule Japans sein. Ich werde das Auge Japans sein. Ich werde das große Schiff Japans sein. Dies ist mein Schwur, und ich werde ihm nie entsagen!" (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 185/186.)

Präsident Ikeda: Hier erkennen wir den "Kampfgeist" Nichiren Daishonins, sich selbstlos

der Verbreitung des Gesetzes zu widmen, ohne sein Leben zu bereuen. Auch sagt er, dass es sein "großer Schwur" ist, der diesen Geist erhält. Die Konzepte von "Kampfgeist" und

"großem Schwur" sind die Essenz des Lotos-Sutra und das Fundament des Buddhismus Nichirens.

Saito: Bevor er in jener Gosho zu diesem Punkt kommt, beschäftigt sich der Daishonin

genauestens mit der Frage, ob er im Lichte des Sutras betrachtet ein Ausübender des Lotos- Sutra ist. Er tut dies, um die Zweifel derer zu zerstreuen, die sich fragen, warum er, wenn er doch der Ausübende ist, nicht den Schutz der im Sutra beschriebenen buddhistischen Götter erhält.

Präsident Ikeda: Die Absicht Nichiren Daishonins ist es, zu zeigen, was es wirklich heißt, ein Ausübender des Lotos-Sutras zu sein.

Saito: Die Schlussfolgerung aus dieser Untersuchung ist, dass er, gerade weil er den Verfolgungen durch die drei starken Feinde und zahlreichen anderen Hindernissen ausgesetzt

ist, wie sie im Sutra vorhergesagt werden, zweifellos ein Ausübender des Lotos-Sutras ist. Aber es werden Fragen bleiben: wenn er wirklich der Ausübende des Sutras ist, warum kann er sich nicht einer friedvollen und sicheren Existenz erfreuen? Warum muss der Ausübende des Lotos-Sutras Verfolgungen und Leiden begegnen? Und warum werden seine Verfolger nicht bestraft? Dies sind die Dinge, mit denen der Daishonin sich in seiner Schrift auseinandersetzt.

Präsident Ikeda: Sein tiefer Einblick in diese Belange beweist die Größe der buddhistischen Philosophie. Im Anschluss kommt, einem Sonnenaufgang gleich, die Passage: "Sollen die Götter mich verlassen...".

Der Titel der Gosho nimmt Bezug auf das Öffnen der Augen. Wenn wir den eben genannten Abschnitt lesen, können wir gar nicht anders, als unsere Augen zu öffnen für den großen Schwur des Daishonin. Die grundlegende Bedeutung von "Das Öffi1en der Augen" ist deshalb, "die Augen der Menschen für den großen Schwur des Daishonin zu öffnen".

Die Menschen im Späten Tag des Gesetzes, die ihr Leben demselben Schwur wie der Buddha des Späten Tags des Gesetzes widmen, sind selber Ausübende des Lotos-Sutras. Die Frage, ob man den Schutz der buddhistischen Götter genießt, ist zweitrangig.

Saito: Die Essenz des großen Schwurs, den der Daishonin leistete, lässt sich finden in der Aussage, er sei "die Säule, das Auge, das große Schiff Japans".

Präsident Ikeda: Wie wir bereits festgestellt haben, ist der "große Wunsch", der unbegrenzte Schwur des Buddhas, im Lotos-Sutra ausgedrückt. Es ist der Wunsch des Buddhas, allen Menschen zu ermöglichen, die Erleuchtung zu erlangen. Und der Schwur des Daishonin

beinhaltet, das große Gesetz zu verbreiten, um diesen Wunsch zu verwirklichen. Sein Eid, die "Säule Japans" zu sein, ist in völliger Übereinstimmung mit dem Schwur des Buddhas des Juryo-Kapitels.

Saito: Es gibt Auslegungen, die solche Aussagen dahingehend interpretieren, dass der Daishonin Japan besondere Bedeutung beigemessen habe. Aber das ist falsch.

Präsident Ikeda: Der Daishonin hielt Japan nicht für besonders wichtig. In Wirklichkeit lässt sein häufiger Gebrauch des Wortes "Jambudvipa", was "die ganze Welt" bedeutet, darauf

schließen, dass der wunderbare Nutzen, den der Nichiren-Buddhismus birgt, in keiner Weise auf das japanische Volk begrenzt bleibt.

Der Daishonin bezieht sich auf Japan als ein Land, das typisch ist für den "späten Tag des

Gesetzes" und auch, um zu zeigen, wie man die Menschen dieses Zeitalters zur Erleuchtung

führen kann. In anderen Worten, die Erleuchtung der Menschen von Japan ist

gleichbedeutend mit der Erleuchtung aller Menschen im Späten Tag. Zudem hängt es genau

mit seiner ziel gerichteten Entschlossenheit zusammen, leidenden Menschen inmitten der - harten Realität der Gesellschaft zu helfen, dass er ausgerechnet Japan nennt Dies ist das

Land, in dem er lebt. Daran können wir den wahren Charakter des Nichiren-Buddhismus als eine lebende Lehre erkennen, die mit dem konkreten Leben der Menschen befasst ist.

Der große Wunsch des Buddhas, wie er im Lotos-Sutra enthüllt wird, ist, dass alle lebenden Wesen die Erleuchtung erlangen. Auf dieser Grundlage schwört der Daishonin, die Menschen seiner Zeit und an dem Ort, wo er lebt, zu wirklichem Glück zu führen.

Saito: Es gibt auch Stimmen, die behaupten, der Daishonin sei mit der Sicherheit der japanischen Nation befaßt gewesen und seine Schriften als nationalistisch interpretieren.

Präsident Ikeda: Die einzige Absicht des Daishonin lag in der Realisation von Frieden und Sicherheit für die Menschen. Mehr als alles andere wollte er sie zum Glück führen. Da ist es

nur natürlich, dass er mit den Praktiken des Staates und der Machthaber befasst war, in deren Hand das Schicksal der Menschen lag. Um Frieden und Stabilität für die Menschen zu

sichern, wollte er den Staat stabilisieren. Dies zeigt die wahrhaft revolutionäre Sichtweise des Daishonin von Mensch und Staat.

Wenn der Daishonin von Japan spricht, meint er viel mehr als nur das Land, in dem die Leute wohnen und die Gesellschaft, in der sie leben. Sein erstes Augenmerk gilt nicht dem Staat als ein Gebilde, das von den Mächtigen kontrolliert wird.

Gandhis Entschluss

Saito: Bezieht man "Säule Japans" auf die drei Tugenden von Eltern, Lehrer und Herrscher, so wird der Ausdruck traditionellerweise der Tugend des Herrschers zugeordnet, "Auge Japans" der Tugend des Lehrers und "Großes Schiff Japans" der Tugend der Eltern.

Präsident Ikeda: Das sind die drei Tugenden des Buddhas. Da der große Wunsch des

Daishonin widerhallt vom Schwur des Buddhas, alle Menschen zur Erleuchtung zu führen, ist es nur natürlich, dass er mit den drei Tugenden des Buddhas übereinstimmt.

Aber der Buddha will nicht damit angeben, ein Buddha zu sein. indem er das sagt. Vielmehr möchte er, indem er seinen eigenen großen Schwur enthüllt, seinen Schülern den Weg zum Sieg zeigen. Ein großes Versprechen kreiert ein starkes Selbst. Zudem ermöglicht uns die Bemühung, an einem würdigen Ziel mitzuarbeiten, unsere Schwächen zu überwinden und wird eine solide Unterstützung darin, alle Schwierigkeiten herauszufordern.

Saito: Auch Gandhi gab ein Versprechen. Als er ein junger Anwalt in Südafrika war, wurde ein Gesetz herausgege.ben, das eine krasse Diskriminierung der Inder darstellte. Auf einem Protestmarsch erklärte Gandhi, wenn die Teilnehmer sich nun ein Ziel setzten, dann mit der Entschlossenheit, den endgültigen Sieg zu erringen, auch wenn alle anderen sich davon abwenden sollten. Er ging sogar so weit zu sagen, dass ein Versprechen, das halbherzig gegeben wird, besser gar nicht ausgesprochen wird. Er sagte:

"Wenn ihr nicht den Willen oder die Fähigkeit habt, auch dann Eurer Überzeugung treu zu bleiben, wenn ihr völlig isoliert seid, müsst Ihr nicht nur dem Versprechen entsagen, sondern auch bereits vor Bekanntgabe des Entschlusses Widerspruch einlegen. (...) Jeder muss seinem Schwur treu bleiben bis in den Tod, unabhängig davon, was die anderen machen."8

8 Louis Fischer, The Life of Mahatma Gandhi (New York: Harper & Brothers, Publishers, 1950, S. 76.)

Dieses Ereignis war der Ausgangspunkt für Gandhis lebenslangen Kampf für soziale Gerechtigkeit.

Präsident Ikeda: Egal auf welchem Gebiet: ein Versprechen ist die Grundlage, etwas Großes zu erreichen. Aus welchem Grund auch immer jemand auf halbem Weg aufgibt oder zurückweicht, seine Entschlossenheit kann nicht auf einem Versprechen basiert haben. Halbherziges Sehnen kann man nicht als Schwur betrachten.

Der Daishonin sagt: "Alle anderen Schwierigkeiten sind für mich nicht mehr als Staub im Wind." Wahrer Friede und Sicherheit existieren in einem starken Selbst Wenn wir ein

solches Selbst erschaffen indem wir einen großen Schwur leisten, öffnet sich vor uns der Weg zu wahrem Frieden und Sicherheit in diesem Leben.

Andererseits ermahnt der Daishonin uns sehr streng: "Ob man vom Guten verführt oder vom Bösen bedroht wird, wer das Lotos-Sutra aufgibt, gibt sich der Hölle preis." Das schwache Selbst, das von teuflischen Funktionen und inneren Hindernissen besiegt wird und vor dem Erreichen des Zieles aufgibt, jst eine Manifestation der Welt der Hölle. Leben heißt

Gewinnen. Daraus folgt, das auch Buddhismus gewinnen heißt. Zu gewinnen bedeutet, Gerechtigkeit zu erringen und wahres Glück zu erlangen.

Saito: Im "Öffnen der Augen" erhellt der Daishonin später, welche Wohltaten man erhält, wenn man sein Leben dem großen Schwur der weiten Verbreitung widmet, der Grundlage des Buddhismus Nichirens. Dieser Nutzen besteht aus der Erleichterung der karmischen Vergeltung und aus dem Erlangen der Erleuchtung in diesem Leben.

Präsident Ikeda: In dem Abschnitt, der beginnt: "Obwohl ich und meine Schüler...,,9, sagt

der Daishonin ganz klar, dass wir in diesem Leben Buddha werden können, wenn wir es dem großen Schwur der ausgedehnten Verbreitung widmen - sogar ohne aktiv danach zu suchen. Auf der Basis eines Versprechens zu leben, ist die Essenz unserer Menschlichkeit Wenn wir unser Leben auf der Grundlage des großen Schwurs des Buddhas leben wird es beschützt sein und wunderbar strahlen und leuchten was auch immer uns begegnen mag. Die Kraft, die entsteht, wenn man sein Leben im Einklang mit diesem Schwur führt, ist unverzichtbar für die Menschen, wenn sie ein wahrhaft würdiges Leben führen wollen in diesem bösen Zeitalter des Späten Tags des Gesetzes, das von den fünf Unreinheiten vergiftet ist.10

Fortsetzung folgt

9 In der Gosho "Das Öffnen der Augen 11" heißt es: "Obwohl ich und meine Schüler unterschiedlichen Schwierigkeiten begegnen mögen, werden wir gewiss die Buddhaschaft erlangen, wenn wir in unseren Herzen keine Zweifel hegen. Zweifeln Sie nicht, nur weil der Himmel Ihnen keinen Schutz gewährt. Lassen Sie sich nicht entmutigen, weil Sie in dieser Existenz kein leichtes und sicheres Leben genießen. Dies habe ich meine Schüler von morgens bis abends gelehrt, und dennoch beginnen sie zu zweifeln und geben ihren Glauben auf Törichte Menschen vergessen im entscheidenden Augenblick leicht die Versprechen, die sie gemacht haben." (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 191)

10 Fünf Unreinheiten: Unreinheit des Zeitalters, der Begierde, der Lebewesen, der Ansicht und des Leben selbst. Sie werden im zweiten Kapitel des Lotos-Sutra (.,Geeignete Mittel") genannt..

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