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(7) Der Ausübende des Lotos-Sutra
- der Praktizierende der wahren Lehre, der durch das
„Aushalten von Verfolgungen“ und „tiefes Mitgefühl“ herausragt
Indem Nichiren Daishonin zum Zeitpunkt der Verkündung seiner Lehre die großen Verfolgungen, die ihm widerfahren sollten, voraussah, legte er seinen „tiefen Schwur, innigsten Wunsch“ (Seigan) ab, wie er schreibt: „Jetzt, zum letzten Mal, habe ich mir gelobt, einen beharrlichen, suchenden Geist nach der Erleuchtung aufzubringen und im Glauben nie zurückzufallen.“ (DG Band II, Seite 106; JG, Seite 200) Und mit diesem festen Entschluss stand er als Ausübender des Lotos-Sutra auf. Diesen Punkt habe ich in meiner letzten Vorlesung ausführlich behandelt.
Die Kämpfe, die nach der Gründung seiner Schule auftraten, waren durch eine ununterbrochene Fortsetzung unzähliger Verfolgungen gekennzeichnet, welche sich ereigneten, wie der Daishonin voraussah und wie sie in den Sutras klar gepredigt wurden.
Dazu sagt der Daishonin wie folgt:
„Bereits mehr als 20 Jahre habe ich diese Lehre gepredigt, währenddessen türmen sich Verfolgungen Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr. Die Zahl der geringfügigen Verfolgungen, die mir zustießen, ist unbekannt, aber die bedeutenden Verfolgungen ereigneten sich vier Mal.“ (DG Band II, Seite 106; JG, Seite 200)
„Die bedeutenden Verfolgungen ereigneten sich vier Mal“ – die großen Verfolgungen, wobei dem Daishonin selbst Schaden zugefügt und gar sein Leben in Gefahr gebracht wurde und zudem das Fortbestehen des Ordens des Daishonin gefährdet wurde, ereigneten sich in den mehr als 20 Jahren nach der Errichtung seiner Schule vier Mal. Obwohl es nicht unbedingt notwendig ist, wiederholt zu erwähnen, sind das die Verfolgung in Matsubagayatsu, die Verbannung auf die Halbinsel Izu, die Verfolgung in Komatsubara und die Verfolgung in Tatsunokuchi und die unmittelbar darauffolgende Verbannung auf die Insel Sado.
Die Verfolgung in Tatsunokuchi sowie die direkt anschließende Verbannung nach Sado waren die großen Verfolgungen, die durch die Staatsgewalt in höchstem Maße verübt wurden; bei der Verfolgung in Tatsunokuchi wurde der Daishonin sogar zur Hinrichtung überführt. Darüber hinaus wurden in diesem Zuge die meisten seiner Schüler und Anhänger wie Aufrührer behandelt. Die Strafmaßnahmen wurden konsequent durchgeführt und reichten sogar soweit, dass auch solche, die der Predigt des Daishonin nur zufälligerweise beiwohnten, schwer bestraft wurden.
Die großen Verfolgungen dieser Art, könnte man sagen, enthüllten die „böse, schlechte Absicht“ und „Grausamkeit“ der Verfolger, die intrigierten, um den Daishonin aus der Welt zu schaffen und dadurch seinen Orden zugrunde zu richten.
Zu allen anderen Verfolgungen, die ihm widerfuhren, sagt der Daishonin: „Geringfügige Verfolgungen sind unzählig.“ Dazu gehörten Beschimpfungen, Verunglimpfungen, falsche Anschuldigungen, Schikanen und nicht zuletzt Vertreibungen seiner Schüler sowie das Entrichten überhöhter Bußgelder. Solche Verfolgungen gibt es „unzählig“. Das zeigt wahrhaft die „Hartnäckigkeit“ der Verfolger auf.
Indem er alle Verfolgungen, die ihm selbst widerfuhren, zusammenfasst, schafft es der Daishonin allmählich, anhand vieler Zitate aus Sutras und deren Kommentaren das wahre Wesen dieser Verfolger hervorzuheben.
Das Charakteristikum ihrer menschlichen Natur zeigt sich als „Onshitsu“. Der japanische Ausdruck „Onshitsu“ hat zwar eine konnotative Bedeutung, nämlich das „Gefühl, andere feindselig zu betrachten“, weist aber nach den zusammengesetzten zwei chinesischen Schrift-zeichen „On“ und „Shitsu“ auf ein recht kompliziertes, gemischtes Gefühl hin, das die beiden Bedeutungen von „Groll zu hegen“ (On) und „Eifersucht zu empfinden“ (Shitsu) beinhaltet.
Priester und Anhänger der damals etablierten buddhistischen Schulen empfanden auf den Daishonin, der sich als Ausübender des Lotos-Sutra gänzlich der Verbreitung der wahren Lehre widmete, eine pechschwarze Eifersucht. Und zudem hegten sie, weil der Daishonin Fehler ihrer Schulen sowie Irrtümer ihres Glaubens scharf enthüllte, immer mehr Groll.
Hierbei zitiert der Daishonin aus dem Lotos-Sutra die folgenden Aussagen: „Dieses Sutra ruft, selbst während der Tathagata gegenwärtig weilt, viel Hass und Eifersucht hervor. Umso heftiger in der Zeit nach seinem Tod.“ (aus dem zehnten Kapitel „Lehrer des Gesetzes“, Seite 362) „Diese (Verleumder) erniedrigen und verachten, hassen und beneiden.“ (aus dem dritten Kapitel „Gleichnis und Parabel“, Seite 199) „In allen Welten sind Leute, die Groll hegen, zahlreich, und es fällt ihnen schwer, daran (an das Lotos-Sutra) zu glauben.“ (aus dem vierzehnten Kapitel „Friedlich, freudige Ausübung“, Seite 443) Und anhand dieser Zitate zeigt er klar auf, dass das Gefühl von „Groll und Eifersucht“ (Onshitsu) gegen den Ausübenden des Lotos-Sutra den Verfolgungen, die sich im Späten Tag des Gesetzes ereignen, zugrunde liegt.
Außerdem zählt der Daishonin Texte aus dem Lotos-Sutra und dem Nirwana-Sutra auf, welche solche Phänomene der aus „Groll und Eifersucht“ (Onshitsu) herrührenden niederträchtigen Verfolgungen predigen, die Maßnahmen seitens der Verfolger beispielsweise, die die Gläubigen durch Beschimpfungen, Verunglimpfungen und falsche Anschuldigungen oder durch die direkte Ausübung von Gewalt voneinander trennen.
Ferner zitiert er zahlreiche Kommentare aus Werken von Tiantai (538-597), Miaole (711-782), Chih-tu (unbekannt), [Schüler von Miaole], Dengyo (767-822) usw. und stellt klar fest, dass die Verfolgungen, die dem Daishonin selbst und seinen Schülern widerfuhren, aus „Groll und Eifersucht“ (Onshitsu) hervorgehen.
Der Grund, warum die Ausübenden des Lotos-Sutra im Späten Tag des Gesetzes so vehement und hartnäckig verfolgt werden, liegt tatsächlich darin, dass das Gefühl von „Groll und Eifersucht“ im Leben der Verfolger wütet.
Die Grundlage des Gefühls von „Groll und Eifersucht“ (Onshitsu) liegt in der „fundamentalen Dunkelheit des Lebens“, und zwar sowohl in der Unwissenheit über das mystische Gesetz als auch im Unglauben daran.
Wie ich in meiner letzten Vorlesung erwähnt habe, zeigt sich das Charakteristikum der Zeit „der Späte Tag des Gesetzes“ in der Gesellschaft, in der Unglaube an das wahre Gesetz einerseits und Verleumdungen des wahren Gesetzes andererseits wütend toben. Sobald der Ausübende des Lotos-Sutra die wahre Lehre predigt, beginnt die fundamentale Dunkelheit des Lebens, als böse Dämonen zu wirken. Wir leben in einer derartigen Gesellschaft, die aus Menschen besteht, „in deren Körper böse Dämonen eingedrungen sind“. (aus dem dreizehnten Kapitel „Aufforderung zum Beibehalten“, Seite 419)
Ein Abschnitt der Gosho besagt: „Die fundamentale Dunkelheit des Lebens offenbart sich als Teufelskönig des sechsten Himmels.” (DG Band 3, Seite 276; JG, Seite 997) Nach dieser Definition des Daishonin tritt das Leben der Dunkelheit hervor und wirkt als Funktion des Teufelskönigs im sechsten Himmel. Und nachfolgend steht: „Böse Dämonen hassen gute Menschen.” (DG Band 3, Seite 276; JG, Seite 997) Wie es heißt, versuchen die Menschen, in deren Körper böse Dämonen eingedrungen sind, denjenigen, die das wahre Gesetz annehmen und beibehalten, Schaden zuzufügen.
Hierzu sagt der Daishonin auch folgendes: „Die Menschen in Japan allesamt hassen mich, Nichiren … alle, vom Herrscher bis zum einfachen Volk, geraten in Wut von einem in aller Welt noch nie dagewesenen Ausmaß. Das ist darauf zurückzuführen, dass die gewöhnlichen Sterblichen, die von der ‚Illusion der Gedanken und Gemüter’[^1] noch nicht befreit sind, die fundamentale Dunkelheit des Lebens hervorrufen.“ (DG Band 3, Seite 278; JG, Seite 998)
Gerade im Späten Tag des Gesetzes, der voller Verleumdungen des Gesetzes ist, treten die drei Hindernisse und vier Teufel noch viel stärker hervor als in der Zeit, in der Tiantai und Dengyo lebten. Das kommt daher, weil die grundlegendsten Begierden „Habgier, Ärger und Dummheit“, von der Dunkelheit des Lebens aufgrund der Erfüllung der Verleumdungen des wahren Gesetzes stark geschürt, vehement hervortreten. Daher wächst das Gefühl von „Groll und Eifersucht“ gegen den Ausübenden des Lotos-Sutra umso stärker.
Der Kern dieses Vorgangs wird in „Über das Öffnen der Augen“ folgendermaßen erläutert: „Wird ein kleiner Junge der ‚Moxa-Behandlung’[^2] unterzogen, wird er seine Mutter gewiss hassen; wenn man einem Schwerkranken gute Medizin verabreicht, wird dieser sich über ihre Bitterkeit ganz sicher beklagen.“ (DG Band 2, Seite 109; JG, Seite 202)
Gerade auf den Ausübenden des Lotos-Sutra, der die wahre Lehre korrekt verbreitet, reagiert die Emotion der Menschen heftig, die nicht bereit sind, die wahre Lehre zu akzeptieren.
Deshalb sagt der Daishonin: „Wenn Teufel nicht wetteifernd erscheinen, sollte man sie (die Lehre) nicht als wahre Lehre anerkennen!“ (DG Band 1, Seite 111; JG, Seite 1087)
„Wird ein kleiner Junge der Moxa-Behandlung unterzogen, wird er seine Mutter gewiss hassen; wenn man einem Schwerkranken gute Medizin verabreicht, wird dieser sich über ihre Bitterkeit ganz sicher beklagen. Von Lebzeiten des Buddhas ganz zu schweigen, umso härter wird der Widerstand im Mittleren sowie Späten Tag des Gesetzes und sogar in einem weit entlegenen Land (Japan). So wie sich Berge türmen und Wellen auf Wellen folgen, tragen Verfolgungen zu Verfolgungen bei, und Kritiken vermehren Kritiken. … Jetzt sind über 200 Jahre vergangen, seit der Späte Tag des Gesetzes begann. Weil dies als Vorzeichen seiner Voraussage „Umso heftiger in der Zeit nach seinem Tod“ und zum Beginn der Welt voller Konflikte und Streitigkeiten werden sollte, werden unvernünftige Dinge vorrangig zugelassen. Und als Beweis für eine unreine Welt wurde mir keine Gelegenheit gegeben, mit anderen [über die Korrektheit der Lehren] zu debattieren, sondern statt dessen wurde ich verbannt, und mein Leben ist sogar großen Gefahren ausgesetzt.“ (DG Band 2, Seite 109; JG, Seite 202)
Ein Mensch, der auch nicht im geringsten Fehler begangen hat,
aber immer wieder großen Verfolgungen begegnet
Die Methode, welche die Menschen von großer Arroganz anwenden, um den Personen von Gerechtigkeit eine Falle zu stellen, ist Verunglimpfung. Solche Menschen vermeiden, offene Dialoge zu führen, und nehmen dabei niederträchtige Verunglimpfungen und Lügen als Methode der Wahl, um ihre eigene Affektiertheit zu befriedigen. Und sie verleumden gerade ausgerechnet die Personen von Gerechtigkeit, indem sie diese als Bösewichte abstempeln.
Im dreizehnten Kapitel des Lotos-Sutra „Aufforderung zum Beibehalten“ wird erläutert, dass ein „Falscher Heiliger mit der sich aufbauschenden Arroganz“ (Sensho-Zojoman) sich an einflussreiche Persönlichkeiten in der Gesellschaft, wie zum Beispiel Könige und Minister, wendet und über die Ausübenden des Lotos-Sutra Lügen erdichtet. Außerdem steht im Nirwana-Sutra geschrieben, dass die Bramahnen zu Ajatashatru, König von Magadha, gingen und ihm vortrugen, Shakyamuni sei „gierig nach Profit und Unterstützung“ und habe Zauberkunst verwendet, also dass sie solche Lügen erdichteten, die in völligem Gegensatz zur Wahrheit standen, und den Buddha als „großen Bösewicht“ bezeichneten.
In einer Gesellschaft, in der Verstand und Vernunft geschätzt werden, erscheinen in der Regel Führungspersönlichkeiten, die solche Art von Lügen durchschauen können. Hierzu sagt der Daishonin, dass die Zeiten, in denen Tiantai sowie Dengyo lebten, aus buddhistischer Sicht zum Mittleren Tag des Gesetzes gehörten, und dass, obwohl ihnen beiden zwar verschiedene Verfolgungen zustießen, ihnen keine noch größeren Verfolgungen widerfuhren, weil Könige wie Herrscher des Landes letztlich weise Entscheidungen trafen.
Aber im Gegensatz dazu lebte der Daishonin im Späten Tag des Gesetzes sowie in einer Gesellschaft, in der die Lehren des Buddhas einerseits durch Priester, in deren Körper Dämonen eingedrungen waren, verdreht wurden und Führern des Landes andererseits sowohl Fähigkeit, Geschehnisse wie Umstände korrekt zu erfassen und zu entscheiden, als auch der Wille, das Land zu befrieden, abgingen. Daher sagt der Daishonin, dass den Herrschern des Landes die Fähigkeit zu einer vernünftigen Politik fehlte, wie es heißt: „ …, werden unvernünftige Dinge vorrangig zugelassen. … wurde mir keine Gelegenheit gegeben, mit anderen [über die Korrektheit der Lehren] zu debattieren …“ (DG Band 2, Seite 109; JG, Seite 202) Und ohne dem Daishonin gerechterweise die Gelegenheit zu geben, über seine Lehren Rechenschaft abzulegen, verfolgten die Herrscher den Daishonin, indem sie ihn willkürlich zur Todesstrafe und dann zur Verbannung verurteilten.
Die „Herrscher des Landes, die weder befähigt noch willens sind, die Wahrheit zu erkennen“, könnte man in der modernen Zeit der Demokratie weitgehend mit einer Gesellschaft vergleichen, in der man Lügen einfach zulässt und ihnen müßig zusieht.
Sollte man jeglicher Lüge freien Lauf lassen, so bleibt sie schließlich im Herzen der Menschen tief abgelagert zurück. Deshalb geht eine Gesellschaft, die nicht in der Lage ist, gegen Lügen anzukämpfen, zugrunde, denn ihre Spiritualität gerät mit der Zeit in Verfall und verkümmert. Aus diesem Grund wird für die Verwirklichung von Kosen-rufu unweigerlich der entschlossene Kampf der Dialoge notwendig, mit denen wir die fundamentale Dunkelheit des Lebens bekämpfen und die Verleumdung des wahren Gesetzes scharf zurechtweisen, welche das Grundlegendste der Spiritualität der Menschen zerstört. Denn nur bedingt durch diesen Kampf können wir für unsere Gesellschaft den gesunden Geist zurückgewinnen.
Bezogen auf ein Beispiel mit Lügen, habe ich soweit versucht, den Zusammenhang der Dinge klarzustellen. Auf jeden Fall ist es durchaus nicht leicht, in einer verdrehten Gesellschaft die Menschen zur Gerechtigkeit aufzurufen. Vielmehr sieht die Lage so aus, dass der Sturm der Verfolgungen umso wütender tobt, je ernsthafter man die Wahrheit hervorhebt. Zum Beispiel kommt dies der Tat eines Menschen gleich, der inmitten einer Gesellschaft, in der alle an das ptolemäische Weltbild durch und durch glauben, ganz allein das heliozentrische Weltbild propagiert.
Die Menschen von Gerechtigkeit werden unerklärlicherweise hartnäckig verfolgt. Und das beweist sie als Menschen von Gerechtigkeit.
Der Daishonin schreibt über die Voraussetzungen derjenigen, die das Lotos-Sutra im Späten Tag des Gesetzes ausüben, wie folgt:
„Gerade denjenigen, der auch nicht im geringsten Fehler begangen hat und dem aber immer wieder größere Verfolgungen [als die zu Lebzeiten des Buddhas] widerfahren, sollte man als wahren Ausübenden des Lotos-Sutra in der Zeit nach dem Tod des Buddhas erkennen.“ (DG Band IV, Seite 177/178; JG, Seite 297)
Obwohl der Ausübende des Lotos-Sutra in keiner Weise schuldig ist, suchen ihn große Verfolgungen heim. Dieses Phänomen zeigt sich klar und deutlich, wie es der Daishonin in „Über das Öffnen der Augen“ beschreibt: „So wie sich Berge türmen und Wellen auf Wellen folgen, tragen Verfolgungen zu Verfolgungen bei, und Kritiken vermehren Kritiken.“ (DG Band 2, Seite 109; JG, Seite 202) Es ist keine weitere Beschreibung vonnöten.
Obwohl er sich der Paradigma, wie sich große Verfolgungen ereignen und ihm zustoßen, eigentlich bewusst war, stand der Daishonin als Ausübender des Lotos-Sutra allein auf. Und nach großen Kämpfen, die er über 20 Jahre unaufhörlich durchführte, verkündet er auch jetzt auf der Insel Sado, dem Verbannungsort, die Lehre der Gerechtigkeit mit dem Brüllen des Löwen.
Verkörperung des Gesetzes aufgrund der Kraft von
„Aushalten der Verfolgungen“ (Nin’nan) und „tiefem Mitgefühl“ (Jihi)
Der Daishonin erwähnt seinen eigenen Lebenszustand als Ausübender des Lotos-Sutra:
„Folglich: Obwohl mein, Nichirens, Verständnis über das Lotos-Sutra auch nicht ein Tausendstel oder Zehntausendstel dessen, worüber Tiantai sowie Dengyo verfügen, zu erreichen scheint, werden sie vor meinem Vermögen, Verfolgungen auszuhalten, und vor der Überlegenheit meines Mitgefühls sogar Furcht empfinden.“ (DG Band 2, Seite 110; JG, Seite 202)
In diesem Abschnitt sagt der Daishonin in bezug auf die Tiefe des Verständnisses über das Lotos-Sutra, dass, wenn auch das Verständnis von Tiantai und Dengyo über das Lotos-Sutra dem des Daishonin überlegen sei, er jedoch in bezug auf „Aushalten der Verfolgungen“ (Nin’nan) und „tiefes Mitgefühl“ (Jihi) den beiden weit überlegen ist.
Selbstverständlich ist es in unseren Bemühungen, die wahre Lehre des Daishonin für den Späten Tag des Gesetzes zu verbreiten, auch von großer Wichtigkeit, die Lehren und Prinzipien des Lotos-Sutra logisch und vernünftig zu erklären. Selbst wenn der Daishonin den beiden großen Gelehrten Tiantai und Dengyo bedeutende Verdienste um die theoretischen Erklärungen zugesteht, heißt es jedoch nicht, dass er deren Notwendigkeit verneint.
Nichtsdestotrotz gibt es noch wichtigere Dinge. Das sind „Aushalten der Verfolgungen“ und „tiefes Mitgefühl“, um in dieser realen, unreinen Welt im Späten Tag des Gesetzes die wahre Lehre zu verbreiten und dadurch die Menschen, die am meisten leiden, von Grund auf zu retten und zum Glück zu führen.
Diese Eigenschaften „Aushalten der Verfolgungen“ und „tiefes Mitgefühl“ bilden die beiden Seiten einer Medaille. Gerade weil das Mitgefühl zur Rettung der einfachen Menschen so tief ist, kann das Vermögen, Verfolgungen auszuhalten und die wahre Lehre zu verbreiten, ebenso überragend sein.
„Verfolgungen auszuhalten“ bedeutet hierbei keinesfalls, dass man alles einseitig passiv erdulden muss. Der Späte Tag des Gesetzes charakterisiert ein Zeitalter, in dem das „Böse“ sich dominant behauptet. Und ganz egal wer, also ein jeder, der sich seiner Lebensaufgabe bewusst geworden ist, dieses Böse des Lebens zu durchbrechen und den Menschen zu ermöglichen, zu ihrer eigenen Aufgabe zu erwachen, wird eine feste Überzeugung und einen unerschütterlichen Entschluss erfordern, um gegen Hindernisse und Verfolgungen unaufhörlich anzukämpfen. Diesen Handlungen liegt jedoch das strenge „väterliche“ Mitgefühl zugrunde, welches die Menschen im Späten Tag des Gesetzes daran hindert, blindlings auf dem Weg der Verleumdungen des wahren Gesetzes zu gehen. Und nichts anderes als dieses aus der strengen Liebe herrührende Herz verbindet sich unmittelbar mit der Handlung, alle Menschen im Späten Tag des Gesetzes zu erretten.
Glaube voller Freude, der auf dem Prinzip
„Karma wird vom Wunsch bekleidet“ (Ganken-ogo) basiert
„Tiefes Mitgefühl“ ist eine Antriebskraft des „Aushaltens der Verfolgungen“, während „Aushalten der Verfolgungen“ ein Beweis für „tiefes Mitgefühl“ ist. Um diesen Zusammenhang klar und deutlich aufzuweisen, erwähnt der Daishonin hier das buddhistische Prinzip „Karma wird vom Wunsch bekleidet“ (Ganken-ogo).
„Meine Lebensführung stimmt mit den Prophezeiungen der Sutras völlig überein. Daher, je mehr Verfolgungen mir zustoßen, desto größer wird meine Freude. Dies ist beispielsweise mit Bodhisattwas der Hinayana-Lehren vergleichbar, die von den drei Illusionen noch nicht befreit sind, sich aber von Herzen wünschen, in schlimme Umstände hineingeboren zu werden, um anderen zu helfen, wie es „Karma wird vom Wunsch bekleidet“ heißt. Um dies zustande zu bringen, erschaffen sie ein Vergehen, das sie eigentlich gar nicht erzeugen wollen. Wenn diese Bodhisattwas einmal sehen, dass ihre Eltern und andere in die Hölle gefallen sind und dort furchtbar leiden, schaffen sie absichtlich das entsprechende gleichgemusterte Karma und wünschen dabei, auch in die Hölle zu fallen und sich ihre Leiden anstatt jener aufzuerlegen, und gerade diese Handlung nehmen sie zu ihrer eignen Freude an. Dies trifft gleichermaßen auf mich zu. Obwohl ich Prüfungen, denen ich gegenwärtig begegne, kaum aushalten kann, ist es für mich eine Freude, wenn ich daran denke, dass ich mich in der Zukunft von einem bösen Pfad befreien kann.“
(DG Band 2, Seite 112/113; JG, Seite 203)
An dieser Stelle sagt der Daishonin, dass die großen Verfolgungen, die ihm höchst persönlich widerfahren, in Wirklichkeit dem buddhistischen Prinzip „Karma wird vom Wunsch bekleidet“ sinngemäß gleichkommen, welches eine Eigenschaft der Bodhisattwas ausmacht, die die Leiden der Menschen auf sich nehmen, um die Menschen zu erretten. Und wie die Bodhisattwas darin ihre große Freude sehen, dass sie sich die Leiden der Menschen an derer Stelle auferlegen und ertragen, sagt der Daishonin ebenso, dass es für ihn eine große Freude ist, wenn er an die vom bösen Pfad befreite Zukunft denkt, obwohl er jetzt die Leiden, die großen Verfolgungen genannt, erträgt.
Seine Aussage, dass das Prinzip „Karma wird vom Wunsch bekleidet“ in seinem eigenen Leben zu erfahren seine große Freude ist, stimmt mit dem Abschnitt als Fazit, der am Ende dieser Abhandlung steht, vollkommen überein.
„Da meine, Nichirens, Verbannungsstrafe ein nur kleines Leid in diesem Leben bedeutet, ist es nicht beklagenswert, und weil mir jedoch in meinem nächsten Leben großes Glück zuteil wird, ist es für mich eine große Freude.“ (DG Band 2, Seite 198/199; JG, Seite 237)
Das Prinzip „Karma wird vom Wunsch bekleidet“ stellt in bezug auf die Theorie „Änderung des Schicksals“ im Buddhismus die korrekte Schlussfolgerung dar. Konkret gesagt, zeigt es eine Lebensweise, „Schicksal in die Lebensaufgabe zu verwandeln“.
Alles Geschehen in unserem ganzen Leben hat unbedingt seine spezifische Bedeutung. Und diese ausfindig zu machen und zu erkennen, das ist eigentlich die Art und Weise der Lebensführung der wahren Buddhisten. Nichts ist bedeutungslos. Jedes Schicksal hat bestimmt einen tiefgründigen Sinn.
Das bleibt nicht einfach in der Ebene geistiger Haltung, sondern die Veränderung unseres augenblicklichen Herzens löst die Veränderung der Welt aus. Das ist eine buddhistische Formel. Das starke „augenblickliche Herz“ (Ichinen), welches das Schicksal in eine Aufgabe verwandelt, kann die reale Welt, in der wir leben, ebenso von Grund auf verändern. Und aufgrund der Veränderung dieses augenblicklichen Herzens verwandeln sich alle Leiden, alle Probleme und alle Hindernisse in die Urquelle der Freude, mit der wir unser eigenes Leben trainieren und heranbilden können. Gerade in der Bemühung, selbst Kummer und Trauer zur Urquelle des Werteschaffens zu verändern, liegt die Art und Weise der Lebensführung der Praktizierenden im Buddhismus Nichiren Daishonins.
Es ist nichts anderes als sein eigenes Verhalten, wodurch uns der Daishonin als Ausübender des Lotos-Sutra essentiell zeigt, wie wir unser Leben führen sollten. Das „Herz, zu kämpfen“ ist zugleich der direkte Weg zum „Glück“.
Inmitten des Kampfes lässt sich unser Leben erst richtig trainieren, und dadurch wird ein wahrhaft schöpferisches Leben aufgebaut. Und gerade dadurch, dass wir unseren Glauben an das wahre Gesetz unerschütterlich beibehalten, ganz gleich, welche Härte auf uns zukommen möge, können wir auf die Bahn des Glückes kommen, das ewig über die drei Lebensexistenzen andauert. Die „Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben“ bedeutet nichts anderes, als dass wir diese Bahn in unserem eigenen Leben, das wir gegenwärtig führen, fest errichten.
Gerade der Praktizierende, der um des wahren Gesetzes willen fortgesetzt kämpft, ist meines Erachtens das letztendliche Menschenbild, welches uns der Daishonin durch das Lotos-Sutra klar aufzeigt.
Wenn unsere Haltung auf diesem tiefen Lebenszustand basiert, können wir uns dessen bewusst werden, dass jedes Hindernis, mit dem wir uns intensiv auseinandersetzen, uns ermöglicht, die wahre Grundlage des Menschwerdens zu befestigen. „Wenn Teufel nicht wetteifernd erscheinen, sollte man sie (die Lehre) nicht als wahre Lehre anerkennen!“ (DG Band I, Seite 111; JG, Seite 1087) Wer mit diesem Bewusstsein und Entschluss alle Hindernisse und Verfolgungen aushält und die wahre Lehre verbreitet, kann in seinem Leben das wahre Wesen des Mystischen Gesetzes bestimmt verkörpern. Und dieser kann sein Leben auf dem erhabenen Lebenszustand basierend führen, den der Daishonin folgendermaßen erklärt: „Erst durch das Hervortreten von Verfolgungen sollten wir gewiss sein können, Frieden und Freude errungen zu haben.” (JG, Seite 750) Und: „Sollten große Verfolgungen hervortreten, freut er (Ausübender des Lotos-Sutra) sich wegen seines starken Glaubens umso mehr.“ (DG Band 1, Seite 53; JG, Seite 1448)
Dadurch, dass er durch die Abhandlung „Über das Öffnen der Augen“ seinen Schülern und allen Menschen in Japan seinen erhabenen Lebenszustand würdevoll zeigte, wollte der Daishonin die blinden Augen, die Unwissenheit der Menschen, öffnen. Und er erzählt über die Essenz aller Freuden, die der Ausübende des Lotos-Sutra überhaupt erleben kann, so können wir mit Ehrfurcht ersehen.
(Fortsetzung folgt)
(aus „Daibyakurenge“, November 2004)
[^1]: ^1^ „Illusion der Gedanken und Gemüter“ (Kenji-waku): Diese ist die erste der drei Arten von Illusionen, wobei Tiantai alle Illusionen der Menschen wie folgt kategorisiert. „Illusion der Gedanken und Gemüter“ (Kenji-waku); „Illusion der Gedanken“ weist auf die Illusionen hin, die sich in aposteriorisch und intellektuell gebildeten Gedanken und Maximen der Menschen zeigen, während „Illusion der Gemüter“ die aus apriorisch mitgebrachten und instinktiven Wahrnehmungen und Gemütern der Menschen herrührenden Illusionen bedeutet. Sie hängen mit den grundlegenden Begierden der Menschen wie Habgier, Ärger, Dummheit und Arroganz eng zusammen. Diese ist unter den drei Arten von Illusionen am oberflächlichsten. Daher kann sie noch in der Anfangsphase der buddhistischen Ausübung ausgelöscht werden. „Illusion wie Staub und Sand“ (Jin’jya-waku); diese weist auf unzählige Hindernisse hin, die erscheinen, wenn sich Bodhisattwas des Mahayana-Buddhismus dazu entschließen, die wahre Lehre zu verbreiten und dadurch alle Menschen zu erretten. „Illusion der Dunkelheit des Lebens“ (Mumyo-waku); diese ist die grundlegendste Illusion, aus der alle Begierden und teuflische Funktionen hervorgehen und die einen daran hindert, zur Wahrheit zu erwachen.
[^2]: ^2^ Moxa-Behandlung: Eine dünne Schicht einer Paste wird auf die Haut aufgetragen, darauf wird eine Art getrocknete Kräuter gelegt und angezündet. Es soll das Gift um diese Körperstelle zusammenziehen.
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