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Es war im dreizehnten Jahrhundert. In Europa wurde eine „Seele der Gerechtigkeit“ geboren, Dante Alighieri (30.5.1265-14.9.1321). Gerade er war der große Dichter, der die „Göttliche Komödie“, eines der herausragendsten Werke der Menschheitsgeschichte, schrieb. Gerade er war ein „Revolutionär des Spirituellen“, der durchweg gegen die verdorbene religiöse Macht kämpfte. Er wurde aus Florenz vertrieben und konnte nie wieder in seine Heimat zurückkehren. Dante, der auf die Gerechtigkeit gestützt aufstand, seine Seele wird von den Gerechten übernommen und erstrahlt glänzend über alle Zeiten hinaus.
Im Jahr 1865 wurde in Florenz, der Heimatstadt von Dante, eine Jubiläumsfeier anlässlich seines 600. Geburtstags veranstaltet. Es ist wohl bekannt, dass Victor Hugo (26.11.1802-22.5.1885), der große französische Schriftsteller, der genauso wie Dante gezwungen war, 19 Jahre lang im Exil zu leben, zu diesem Anlass ein Schreiben höchster Belobigung schickte. Darin appellierte er an das italienische Volk:
„Italienisches Volk! Liebt, pflegt und respektiert eure voller Licht strahlende Stadt (Florenz) ebenso wie ihr Dante verehrt! Eure Stadt (Florenz) war seine Vaterstadt und Dante war deren Seele.“ (Rückübersetzung)
Über das Leben und die Werke des großen Dichters Dante habe ich bislang oft in meinen verschiedenen Reden den Mitgliedern der Jugendabteilung im Ausland sowie im Buch „Gespräche über die Weltliteratur“ erzählt. Trotz mancher Wiederholungen erlaube ich mir, zum „Jahrhundert der Jugend“ auf einige wichtige Punkte bezogen nochmals über ihn zu sprechen.
Es war eine Zeit, in der unmittelbar nach Beendigung des letzten Weltkriegs Chaos herrschte, als ich die Werke Dantes zum ersten Mal las. Obwohl ich arm war, achtete ich vor allem Bücher als höchste Schätze. Zu dieser Zeit gründete ich mit meinen Freunden, die gerne Bücher lasen, einen Klub, in dem wir fast jeden Abend über verschiedene Themen des Lebens sprachen. Denn alle suchten nach etwas, das die „Leere des Spirituellen“ erfüllen sollte. Jedoch konnte ich keine klare Antwort finden.
„Als ich auf halbem Weg stand unsers Lebens,
Fand ich mich einst in einem dunklen Walde,“
Weil ich vom rechten Weg verirrt mich hatte;
(aus „die Hölle“, erster Gesang)
Genau wie der Anfangssatz der „Göttlichen Komödie“ irrten die meisten Jugendlichen im „dunklen Wald“ des Lebens umher. Es war gerade um die Zeit, als ich meinem Meister Josei Toda (11.2.1900-2.4.1958) zum ersten Mal begegnete (14.8.1947). Ich war 19 Jahre alt.
Der Ort der Begegnung war in einem einfachen Haus, das in Kita-Kojiya, Kamata in Tokio vom Luftangriff zum Glück verschont stehen blieb. Das Haus, in dem eine Versammlung stattfand, war nicht nur von Jugendlichen, sondern auch Männern im mittleren Alter, Hausfrauen und betagten Männern besucht. Es war jedoch mit einer unsagbaren Dynamik erfüllt. Tief in der Mitte im hinteren der beiden Zimmer saß Toda Sensei, der eine Brille mit einem schwarzen Gestell trug.
####### „Sensei, was ist das rechte Leben und wie sollte es überhaupt sein?“
Ungeachtet der ersten Begegnung brachte ich die Überlegung in meinem Inneren direkt zum Ausdruck und stellte Toda Sensei diese Frage. Er antwortete auf die Frage eines jungen Mannes, den er noch gar nicht kannte, freundlich und aufrichtig. Außerdem erkannte er instinktiv, dass ich gesundheitlich geschwächt war, und machte sich große Sorgen darum. Toda Sensei war jemand, der zwei Jahre lang eingekerkert war, weil er dem Krieg trotzte. Eben aus diesem einen Grund konnte ich mich voll auf ihn verlassen.
Während des Krieges wurden in meiner Familie meine vier älteren Brüder zum Kriegsdienst eingezogen; mein ältester Bruder ist gefallen. Und weil mein Vater auch kränklich war, ruhte die ganze Last der Familie allein auf meinen Schultern. Ganz Japan wurde von dummen Führern an der Nase herumgeführt. Inmitten solch einer tobenden Zeit wurde Toda Sensei verfolgt, weil er sich gänzlich dafür einsetzte, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, um den Frieden und das mystische Gesetz zu beschützen. Es ist sicher nicht etwas, das man mit gewöhnlicher Überzeugung ausführen kann. Wer das richtigste sagte, wurde als der böseste (Unpatriot) deklariert.
Es ist, wie Dante den Zusammenhang, auf die Worte eines Philosophen bezogen, scharf aufzeigte:
„Unter der böswilligen Politik sind gutherzige Menschen böse Bürger.“
(aus „Über die Monarchie“, Teil I, Kapitel 12: Rückübersetzung)
Ich beschloss, Herrn Josei Toda zu meinem Meister zu machen. Seit der Zeit existiert mein Leben stets mit Toda Sensei.
Dantes „Göttliche Komödie“ ist auch eine Geschichte von Meister und Schüler. Darin reist er in den drei Welten, nämlich in der Hölle, im Fegefeuer (Läuterungsberg) und im Paradies. Unterdessen stellen die Hölle und der Läuterungsberg einen Wanderweg voller Leiden dar, auf dem der altrömische große Dichter Vergilius (Publius Vergilius Maro: 15.10.70-21.9.19 v. Chr.), Vergil genannt, für Dante als Führer fungiert.
In der schauderhaften furchtbaren Welt marschieren die beiden, während Meister Vergil seinen Schüler Dante ermutigt und schilt.
„Fürchte nichts, denn rauben kann uns niemand
Den Weg, den uns ein Mächtiger gewähret.
Doch harre meiner hier und tröst und nähre
Den abgespannten Geist mit guter Hoffnung.“
(aus „die Hölle“, achter Gesang)
„Lass keinen Schritt jetzt weichen, (...)
O lieber Sohn, bis hierher schlepp dich!“
(aus „der Läuterungsberg, vierter Gesang)
Der Meister zieht an der Hand seines Schülers, der vor Angst entsetzt ist, oder schiebt zuweilen den erschöpften Schüler am Rücken. Und der Meister ermahnt wiederholt seinen Schüler:
„Geize mit der Zeit!“
„Drum auf! Dein Herz besiege die Erschöpfung,“
(aus „die Hölle“, vierundzwanzigster Gesang)
„Bedenk, dass dieser Tag nie wieder aufgeht.“
(aus „der Läuterungsberg, zwölfter Gesang)
Ich durfte direkt von Toda Sensei zehn Jahre lang lernen und Wissen in allen Bereichen ansammeln. Es mag sein, dass er wusste, wie viel Zeit ihm noch blieb, denn er geizte mit der Zeit und trainierte mich, seinen Schüler, äußerst streng.
„Im Glauben bin ich kein bisschen besiegt“
Mit Anfang Zwanzig ging ich der größten Auseinandersetzung in meinem Leben entgegen, weil die Geschäfte von Toda Sensei in eine Sackgasse gerieten. Um ihn zu beschützen, arbeitete ich allein sehr hart. Selbst im Winter besaß ich keinen Mantel, meine Krawatten und Schuhe waren völlig abgenutzt, so dass ich wirklich arm dastand. Damals war Toda Sensei der einzige, der mich und meine Leiden kannte. Das war schon genug für mich.
Selbst in höchster Notlage, die gewöhnliche Menschen kaum ertragen können, blieb Toda Sensei unerschütterlich, indem er sagte:
„Im Laufe der Zeit kann es auch passieren, dass man sich erkältet. Bis jetzt stolperte ich öfter im Geschäftsleben. Aber schau, ich bin jedes Mal davon gekommen und wieder aufgestanden!“ Und: „Im Glauben bin ich kein bisschen besiegt.“
Er war der Meister, der dem Berg Fuji gleicht, der unerschütterlich steht. Gerade der Weg von Meister und Schüler ist der große Weg der rechten Lebensführung. Wer auf dem Weg von Meister und Schüler ausharrt, siegt. Wer zum Schluss siegt, ist jemand, der sich an unsichtbaren Stellen viel Mühe gegeben hat. All das verwandelt sich in dauerhaften Nutzen und Wohltaten für unser Leben. Das ist das Prinzip des Buddhismus.
In meinem Tagebuch der Jugendzeit habe ich einmal geschrieben:
„Jugend, steh auf! Jugend, schreite voran!
Jugend, geh vorwärts, immer nach vorn!
Weder Gesteine noch hohe Wellen zu fürchten!
Wie Rossi, und wie Bruno! [aus dem Roman von Hall Caine (1853-1931) „Die ewige Stadt“]
Wie Napoleon, und wie Alexander (der Große)!
Wie (Walt) Whitman, und wie Dante!“
(aus „Tagebuch der jungen Tagen“, 21. Februar 1951, 23 Jahre alt)
Die Jugend soll von der „verborgenen Beobachtung (buddhistischer Götter)“ überzeugt voranschreiten!
Weder zu fürchten noch zu zögern.
Wie Dante! Nach vorne, und nur vorwärts!
„Erzeugt hat mich und auferzogen
Die große Stadt an Arnos schönem Strome.“
(aus „die Hölle“, dreiundzwanzigster Gesang)
Dante wurde im Frühsommer 1265 in Florenz, einer attraktiven Stadt in Italien, geboren. Er lebte etwa im gleichen Zeitalter wie Nichiren Daishonin (16.2.1222-13.10.1282) und wirkte einflussreich. Vom Alter her war Dante 43 Jahre jünger als der Daishonin. Im Jahr 1264, dem Jahr vor Dantes Geburt, widerfuhr dem Daishonin eine Verfolgung in Komatsubara.
Gegenwärtig sind in Florenz, der Heimatstadt Dantes, über 4000 Mitglieder der Soka Gakkai Internationale aktiv, indem sie den Buddhismus Nichiren Daishonins aufrecht beibehalten und zum Frieden vital und energisch beitragen. Das Kulturzentrum, das sich in Florenz befindet, habe ich bis jetzt zwei Mal, 1992 und 1994, besucht. Das waren für mich unvergessliche „goldene Erinnerungen“.
Was für eine Jugendzeit verbrachte er? Dantes Familie gehörte, schlicht und einfach gesagt, zum armen Adel. Sein Vater betrieb eine Art Geldinstitut und ernährte somit seine Familie. Seine Mutter starb bereits, als Dante noch jung war. Dennoch wuchs er aufrecht. Wie es in einer internationalen Stadt wie Florenz üblich war, schaute er Schachspiele, die aus Arabien eingeführt wurden, oder beschäftigte sich eifrig mit dem Kegeln. In der Grundschule lernte er die lateinische Grammatik, die Rhetorik und die Ethik. In der weiteren Schule erlernte er die Geometrie, die Mathematik, die Musik und die Astronomie. Er besuchte auch eine Schule, die zur Kirche gehörte.
Zum großen Kummer von Dante, der sehr wissgierig war, gab es nur wenige Bücher. Zu jener Zeit wurden alle Bücher, die zur Verfügung standen, nur von Hand abgeschrieben. Sie waren sehr teuer, so dass man für den Kauf selbst eines Buches Traubenfelder verkaufen musste. Er begann, alle Bücher, die es in der Schule gab, eins nach dem anderen fertig zu lesen. Und er schloss sich einem Klub an, in dem die Mitglieder Gedichte schrieben, und erweiterte seine Freundschaft. Dante sagt:
„Ohne Freunde vermögen wir kein vollkommenes Leben zu führen.“
(aus „Das Gastmahl“, Teil IV, Kapitel 25: sinngemäße Rückübersetzung)
Mit etwa 20 Jahren fing er an, in der Universität in Bologna, die als die älteste Universität der Welt bekannt war, zu studieren. Die Universität in Bologna ist für mich auch eine Universität voller Erinnerung. Ich wurde gebeten, dort einen Vortrag zu halten. (1.6.1994)
[Der Vortrag wurde unter dem Titel „Die Augen von Leonardo (da Vinci, 1452-1519) und das Parlament der Menschheit – über die Zukunft der Vereinten Nationen“ gehalten, und bei dieser Gelegenheit wurde Präsident Ikeda, als der zweiten Person in der Welt, von der Universität, ein Doktor-Ring verliehen, der die Ehrendoktorwürde bezeugt]
In der Universität befand sich auch Dantes Büste, in die der Jahrgang „1287“, als er noch Student war, eingraviert ist. Damals sollten hier aus der ganzen Welt etwa 10.000 Studenten versammelt gewesen sein.
Dante sagt:
####### „Dass minder nicht mich Zweifeln freut als Wissen.“
(aus „die Hölle“, elfter Gesang)
Indem er sich selbst fragte, „Warum?“ schritt er im Reich des Wissens völlig frei.
Im September vor 33 Jahren (1969) traf ein Brief bei mir ein. Der Absender des Briefes war Dr. Arnold Joseph Toynbee (14.4.1889-22.10.1975), der große englische Historiker. Darin stand geschrieben: „Ich habe Ihre Werke und Reden gelesen. Ich möchte mich mit Ihnen herzlichst zusammen unterhalten.“ Damals war er bereits 80 Jahre alt, und ich 41 Jahre alt.
Die aufrichtige Attitüde von Dr. Toynbee, dem großen Gelehrten, der schrieb – „ich habe bislang mein theoretisches Wissen bereichert, dennoch möchte ich von Ihnen, einem Ausübenden des Buddhismus, über den Kern des Lebens lernen.“ – beeindruckte mich sehr stark. Die Dialoge mit Dr. Toynbee kamen im Mai 1972, also drei Jahre später, zustande, dadurch, dass ich ihn in London besuchte.
[Dieses Jahr ist das 30jährige Jubiläum seit dem ersten Treffen. Die Gespräche, die alle Themenkomplexe wie Politik, Philosophien, Religionen und soziale Probleme enthalten, wurden als Buch bis heute in 24 Sprachen, darunter in die deutsche Sprache „Wähle das Leben!“, übersetzt]
Ich habe Dr. Toynbee einmal gefragt: „apro pos, welchen Schriftsteller mögen Sie?“
Er antwortete sofort darauf, indem er den Namen „Dante“ nannte.
Warum? Er erklärte:
„Dante war aus zwei Gründen ein sehr unglücklicher Mensch. Der eine liegt darin, dass er von seiner Geliebten Abschied nehmen musste. Und der andere war, dass er aus Florenz, seinem geliebten Heimatstaat, ungerechterweise vertrieben wurde. Aber, wenn er diese beiden Leiden nicht hätte ertragen müssen, wäre meines Erachtens seine ‚Göttliche Komödie’ niemals entstanden. Dante konnte sein persönliches Unglück dadurch, dass er eine große Kunst hervorbrachte, in Segen (unerwartetes Glück) für unzählige Menschen in der Welt verwandeln. Aus dem Grund respektiere ich seinen Charakter voll und ganz.“
Ein Onkel Dr. Toynbees war ein namhafter Dante-Forscher, der ein Lexikon über Dante verfasste. Diese Einschätzung Dr. Tonybees war recht scharfsinnig.
Die erste Probe, auf die Dante gestellt wurde, war der durch den Tod bedingte Abschied von Beatrice Portinari (1266-1290), der Frau, nach der er sich ewig sehnte. Als er 9 Jahre alt war, begegnete er dem etwa gleichaltrigen Mädchen Beatrice und begann, nach ihr zu schmachten. Später, als er 18 Jahre alt war, traf er sie in der Stadt wieder. Seit der Zeit begann er, sein Gefühl der Sehnsucht nach ihr jedem einzelnen der Gedichte, die er schrieb, Ausdruck zu verleihen. So entstand „Vita Nuova (Neues Leben)“, das aus Gedichten und Prosa besteht.
Obwohl er nicht dazu kam, mit ihr eine feste Beziehung einzugehen, gelang es Dante, sich als Dichter einen Namen zu machen. Beatrice, die einen namhaften Bankier heiratete, verstarb bereits, als sie Mitte zwanzig war.
Dante quälte sich und litt; Was ist Tod? Was ist Leben? Wozu leben Menschen?
Dante begann, inmitten der Verzweiflung nach einem „Licht“ in der Philosophie zu suchen. Er las nacheinander viele Bücher wie „Trost der Philosophie“ von Anicius Manilius Severinus Boëthius (480-524), dem altrömischen Philosophen und Politiker, „Laelius (Über die Freundschaft)“ von Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.), „Äneis“ von Vergilius, „Ars poetica (Über die Dichtung)“ von Quintus Horatius Flaccus (65-8 v. Chr.) usw..
Darüber hinaus besuchte er drei Jahre lang eine „philosophische Debatte“, die den Bürgern öffentlich zur Verfügung stand. In der damaligen Stadt Florenz entstand eine neue Bürgerklasse, und sie versuchte, seitens der Bürger die Politik zu reformieren. Es war genau um diese Zeit, in der eine „Verordnung der Gerechtigkeit“, die Teilnahme der Bürger an politischen Aktivitäten fördern sollte, verabschiedet wurde. Von der frischen Brise der „Zeit der Reform“ inspiriert, begann Dante, den Weg seiner Aufgabe herauszufinden.
1295, als Dante 30 Jahre alt war, wurde er zum Politiker in seinem Stadtstaat Florenz. Dante, der bereits einen Ruf als Dichter gewonnen hatte, wurde im politischen Kreise auch als Mitglied einer wichtigen Konferenz gewählt und machte sich als führende Persönlichkeit schnell bemerkbar.
Das „Ziel der Politik“, das er sich vorstellte, war „Weltfrieden“. Und dabei dachte er, dass, um eine gerechte Politik zu machen, neben den guten Verordnungen und Regelungen „hervorragende Politiker“ unentbehrlich sind, und bemühte sich um eine „Politik durch Philosophen“ als sein Ideal.
Er schreibt:
„Je mehr gerechte Menschen Einfluss nehmen, desto größer wird die Gerechtigkeit in ihren Tätigkeiten.“ (aus „Über die Monarchie“, Teil I, Kapitel 11: sinngemäße Rückübersetzung)
Seine politische Überzeugung war „für das Volk“. Er appellierte laut und stark an alle:
„Politiker müssen für die Bürger und der König für das Volk existieren.“ Und weiter:
„Politiker sowie König sind zwar vom Prozess aus gesehen Herrscher des Volkes, aber vom Ziel aus gesehen müssen sie doch Diener des Volkes sein.“
(aus „Über die Monarchie“, Teil I, Kapitel 12: sinngemäße Rückübersetzung)
Für sich selbst – das ist die Politik der Macht.
Für das Volk – das ist die Politik der Gerechtigkeit.
Dante schritt auf dem Weg der Gerechtigkeit voran. 1300, also fünf Jahre, nachdem er in die Politik eintrat, erlangte er die höchste Stelle als Führer von Florenz. Jedoch Dante, der zur Höhe der Macht aufstieg, wurde von der größten Gefahr heimgesucht. Er wurde in den Strudel der Konflikte und Eifersucht in seinem Heimatstaat verwickelt, so dass er wegen falscher Anschuldigungen aus Florenz vertrieben wurde. Das war die „zweite Probe“, auf die er gestellt wurde.
Warum Dante, der sein ganzes Leben für das Wohlergehen des Staates einsetzte, doch vertrieben wurde? Dass „Menschen der Gerechtigkeit“ verfolgt werden – gerade darin liegt das ewige Problem der Menschheit.
Wiewohl Nichiren Daishonin ebenfalls die „höchste Gerechtigkeit“ durchsetzte, widerfuhr ihm die „größte Verfolgung“. Nebst zweimaliger Verbannung auf die Halbinsel Izu und die Insel Sado, die der Todesstrafe gleich kam, wurde der Daishonin durch das Schwert verletzt und mit dem Stock geschlagen. Manche seiner Schüler wurden auch eingekerkert oder gar getötet.
Warum? In der Gosho stellt der Daishonin das „Paradigma der Verfolgung“ eindeutig dar. Bei dieser Gelegenheit möchte ich eine Stelle aus der Gosho „Brief aus Sado“ vorlesen:
„Wer zu der Zeit, in der ein böser Herrscher versucht, zusammen mit Priestern irreführender Lehren im Bund den Weisen zu verbannen, um das Wahre Gesetz zu vernichten, das Herz wie das des Löwenkönigs hervorbringt, wird sicherlich die Buddhaschaft verwirklichen – so wie ich, Nichiren.“ (Gosho Band I, Seite 167; Japanische Gosho, Seite 957)
Hier erklärt der Daishonin, dass „ein böser Herrscher (Machthaber des Bösen)“ und „Priester irreführender Lehren (Klerus des Bösen)“ „im Bund (vereint)“ versuchen, den „Weisen (Menschen der Gerechtigkeit)“ zu besiegen.
Das gleiche geschah auch zu Lebzeiten Shakyamunis, wie der Daishonin in einer anderen Gosho erwähnt: „wie sich Devadatta und der König Ajatashatru zusammenschlossen,“
(Gosho Band II, Seite 221; Japanische Gosho, Seite 1537)
Nun machen wir uns kurz darüber Gedanken, welch bösartige Intrigen in Florenz ausgedacht wurden. Die damaligen Städte in Italien besaßen als „Stadtstaat“ ihre eigene starke Autonomie und regierten selbstständig. Insbesondere stand Florenz als ein wichtiger Stützpunkt des Außenhandels mit überseeischen Ländern in voller Blüte. Es wird gesagt, dass ein ambitionierter Klerus, Bonifacius VIII (1235-1303), auf den Reichtum der Stadt abgezielt, darauf lauerte, die Herrschaft über Florenz zu gewinnen, um seine Macht auszuüben.
Zu jener Zeit gab es in Florenz zwei namhafte Familien, die, miteinander konkurrierend, ihren Einfluss erweiterten, um die Stadt zu regieren. Diese beiden Familien spalteten sich schließlich in die „weiße“ Partei und in die „schwarze“ Partei und übten die polische Macht über die Stadt aus. Nun war es Corso Donati, der Führer der schwarzen Faktion, auf den der Papst Bonifacius VIII abzielte.
Donati, sagte man, war intelligent und scharfsinnig, dennoch war er ein Mann, der starke Machtgier besaß und sich grausam verhielt, sodass er die Menschen gefühllos verraten konnte. Bonifacius VIII, der damit begann, Donati zu kirren, schmiedete Intrigen, in Florenz große Verwirrung zu stiften, die Spaltung zwischen der weißen Faktion und der schwarzen zu vertiefen und schließlich den Staat zu entzweien. Dabei beabsichtigte er, von den beiden Faktionen, sowohl von der weißen als auch von der schwarzen, als Schlichter empfangen zu werden.
Die Bösen verschwören sich, um die Guten auseinander zu treiben
„Abspaltung“ ist ein wohl konventionelles Mittel, das die Bösen anwenden. Zu Lebzeiten des Daishonin war es genau so. Zum Beispiel: Wie war die teuflische Methode, als Ryokan (1217-1303), der Hauptpriester des Tempels Gokuraku-ji, die Brüder Ikegami (Munenaka und Munenaga), Schüler des Daishonin heimsuchte? Das war eine intrigante Versuchung, die „Beziehung zwischen Eltern und Kindern“ zu durchtrennen. Der Daishonin, der Ryokans Hinterlist durchschaute, schickte dem jüngeren Bruder Munenaga einen Brief und erklärte folgendes:
„Mir ist berichtet worden, dass Ryoka-bo (Ryokan) intrigiert, indem er anderen empfiehlt, eine Million Nembutsu Anrufungen zu rezitieren, was die Bindung der Menschen zur Abspaltung führt, um die Samen des Lotos-Sutras zu zerstören.“
(Gosho Band II, Seite 266; Japanische Gosho, Seite 1093)
„Was die Bindung der Menschen zur Abspaltung führt“ – die bösen Menschen versuchen, die Herzen der Menschen mit rhetorischer Gewandtheit zu beeindrucken und sodann Misstrauen, Eifersucht und Hass zu schüren. Oder sie versuchen andererseits, unter den Menschen Unruhe zu stiften, indem sie diese einschüchtern, um die freundschaftliche Beziehung der Menschen zu zerstören. Deshalb: Was dabei von großer Wichtigkeit ist, dass die Guten sich vereinigen. Die Eintracht zu schaffen, ist größte Kraft.
In Florenz mussten sich die Menschen gerade jetzt stark vereinigen. Es ging nicht darum, welcher Faktion, der weißen oder der schwarzen, die Menschen angehören sollten. Alle hätten eigentlich eine Partei, die die Interessen aller Florentiner vertrat, bilden müssen. Jedoch stießen die beiden Faktionen in Florenz, ausgelöst durch einen unbedeutenden Krach, heftig zusammen, so entwickelte sich die Lage fast zum totalen Krieg (Mai 1300).
Das zum Vorwand nehmend, trat Bonifacius VIII auf, um sich umso stärker in die Angelegenheiten der Stadt Florenz einzumischen. Genau zu diesem Zeitpunkt erhob sich jemand, um den Heimatstaat zu beschützen, das war Dante.
In Florenz stießen die weiße Faktion und die schwarze Faktion heftig zusammen, sodass sie die Funken überallhin sprühten. Genau zu dieser Zeit, in der sich die Heimat in Gefahr befand, wurde Dante zu einem der Anführer, dem höchsten Führer, in der Stadt Florenz gewählt.
[Die Amtsübernahme im Juni 1300; er gehörte zum sechser Gremium, und die Amtsdauer war zwei Monate]
Damals regierte die weiße Faktion, Dante gehörte auch dazu. Um Konflikte zwischen den beiden Faktionen zu Ende zu bringen und in der Stadt wieder Ordnung zurückzugewinnen, ging er gegen die Funktionäre beider Faktionen unparteiisch vor. Zudem schloss er mit Bologna, ein Stadtstaat wie Florenz, auf den Pabst Bonifacius VIII gleichermaßen lauerte, ein Bündnis ab, um den gegenseitigen Schutz zu verstärken. Im weiteren ist es auch bekannt, dass er die intriganten Pläne des Pabsts, die Stadt Florenz durch andere Stadtstaaten angreifen zu lassen, aufspürte und Gegenmaßnahmen ergriff, um rechtzeitig vorzubeugen. Die Priester, die wegen der Dante initiierten Protektionen schwer verdrossen wurden, begannen, nach allen möglichen Mitteln zu greifen. Schließlich entschied der Pabst, alle Minister der weißen Faktion zu exkommunizieren.
Exkommunikation der weißen Faktion ließ die schwarze Faktion aufleben. Und darüber hinaus verursachte sie innerhalb der weißen Faktion Gegensätze und Disharmonie. Die Bankiers, die innerhalb der weißen Faktion großen Einfluss hatten, fingen an, sich davor zu fürchteten, dass als Folge der Exkommunikation den Geschäften geschadet werden würde, und sich von Dante und seiner Gruppe langsam zu distanzieren, die von ihrer Idee fest überzeugt waren.
„Dann, wenn es so ist!“ Dante, der mutige, machte den Weg nach Rom, um ihn direkt zu konsultieren. Aber während der knappen Zeit, in der Dante die Stadt verlassen hatte, marschierte Charles de Valois, der jüngere Bruder des Königs von Frankreich, mit seiner Armee als Schlichter in Florenz ein.
Dieser Mann, der Charles de Valois hieß, war, obwohl er zum Schlichter ernannt wurde, in Wahrheit der Befürworter und Unterstützer der schwarzen Faktion und unter der Herrschaft des Pabsts Bonifacius VIII nichts anderes als dessen Handlanger. Zu der Zeit, hieß es, erklärten nur die Mitglieder der Genossenschaft der Bäcker, Vertreter der einfachen Bürger, entschieden: „Es ist nicht notwendig, ihn, der beabsichtigt, die Stadt zu zerstören, zu empfangen noch ihm Achtung zu erweisen.“
Was danach geschah: Die Mitglieder der schwarzen Faktion tobten, indem sie allerlei Vergehen wie Plünderung, Brandstiftung, Zerstörung usw. begingen, um die politische Verwirrung noch zu verschlimmern. An vielen Ecken der Stadt Florenz brach Feuer aus. Die Mitglieder, die bis dahin der weißen Faktion angehörten, jedoch die für sie immer ungünstigere Lage schnell zur Kenntnis nahmen, wechselten wie eine Lawine zur schwarzen Faktion über.
Diese Lage beschreibt Dante folgendermaßen:
„Stolz, Neid und Habsucht, das sind die drei Funken,
Woran der Bürger Herzen sich entzündet.“
(aus „Die Hölle“, sechster Gesang)
„Doch jenes Volk, so undankbar und boshaft, (...)
Wird dir zum Feind ob deines Rechttuns werden,“
(aus „Die Hölle“, fünfzehnter Gesang)
Dantes Lager wurde vollständig in die Flucht geschlagen. Anschließend fand in Florenz ungeachtet der Abwesenheit von Dante eine Gerichtsverhandlung gegen die Funktionäre der weißen Faktion statt. Dante wurde für schuldig erklärt. Die Bezeichnungen der Straftaten, die ihm untergeschoben wurden, waren Unterschlagung öffentlicher Gelder, Behinderung des jüngeren Bruders des Königs von Frankreich usw., obwohl ihm dies alles völlig unbekannt war. Das wurde offensichtlich manipuliert.
Im nachhinein wurde über ihn die Todesstrafe verhängt, und zwar sollte er, sobald er gefunden würde, auf dem Scheiterhaufen lebend verbrannt werden.
[Das Urteil wurde am 10 März 1302 getroffen]
Dante Alighieri, der sich allein um Florenz willen der Gefahr des Angriffs aussetzte: Als ob er hinterrücks gestochen würde, wurde ihm das Gerichtsurteil über die Todesstrafe vorgehalten. Er war 36 Jahre alt. In den darauffolgenden 19 Jahren war es ihm nicht möglich, in seine Heimat zurückzukehren.
Unbegangenes Vergehen zu manipulieren und gerechte Menschen zu beseitigen – kann man sagen – ist eine bekannte Methode, die Machthaber im allgemeinen anwenden. Nichiren Daishonin wurde falsch angeschuldigt, in Gefahr gebracht und verfolgt. In seiner Gosho zeigt er uns klar auf, wer, aus welchem Grund und welcherart gelogen hat:
„Es hat sich bereits klar herausgestellt, dass die Lehre, die der Priester Ryokan verbreitet, die Menschen irreführt und unvermeidbar war, die Kritik von mir, Nichiren, auf sich zieht. Aus dem Grund haben er und seine Leute, um ihre eigenen Untaten zu verbergen, den Regenten, Grafen und Beamten der Länder angestachelt und ihnen vorgetragen, dass Nichiren und seine Schüler die Statuen des Amida-Buddhas verbrennen oder ins Wasser werfen würden, und dass wir daher für sie große Feinde seien.
Und weil er sie zusammen mit seinen Leuten aufgefordert hat, Nichiren und seine Schüler zu enthaupten oder aus dem Ort zu vertreiben, habe ich, Nichiren, mir am Leibe Wunden zugezogen, und mehrere Hunderte meiner Schüler sind umgebracht worden.
Das ist einzig und allein aus den großen Lügen entstanden, die viele angesehene Priester wie Ryokan, Nen-Amidabutsu, Do-Amidabutsu u.a. angestiftet haben. Die vernünftigen Menschen werden sich, wenn sie davon erfahren, sicher unvorstellbar wundern und sich davor fürchten.“
(Japanische Gosho, Seite 182)
Das heißt, weil der Daishonin Gerechtigkeit gepredigt und die irreführenden Lehren getadelt hat, ist die Missetat der Priester allmählich klar und deutlich geworden. Aus dem Grund haben sie versucht, ihre eigenen Untaten möglichst zu verbergen und ein böses Bild über den Daishonin auszubreiten, um die einfachen Menschen in der Gesellschaft aufzuhetzen. Die Lügen derer, die Priester genannt werden und somit in der Gesellschaft eine hohe Anerkennung genießen, verursachen umso größeren Schaden, weil umso mehr Menschen daran glauben und dadurch unglücklich werden.
Dante schreibt:
„So kannst du sehn denn, wie die schlimme Führung, (...)
Der Grund ist, drum die Welt so böse geworden.“
(aus „Der Läuterberg“, sechzehnter Gesang)
Die Art und Weise der Unterdrückungen, die der Soka Gakkai in den letzten Jahren zugefügt wurden, ist genau gleich gewesen. Die durch und durch verdorbenen Geistlichen und diejenigen, die ihren Glauben an die Lehre des Daishonin aufgaben, schlossen sich zusammen, um die eigenen Missetaten zu verbergen, und griffen die Soka Gakkai mit verlogenen Anschuldigungen an, obwohl sie der Gakkai eigentlich unvorstellbares zu verdanken haben. Die Soka Gakkai ist in keiner Weise schuldig. Da die Soka Gakkai in jeder Beziehung recht hat und ihre Mitglieder in wunderbarer Harmonie arbeiten, hegten sie Neid und Groll, so dass sie hinterlistige Pläne schmiedeten, um die Soka Gakkai zu zerstören. Alles, was bis jetzt geschah, trat ein, wie der Daishonin voraussagt, und beweist, dass die Soka Gakkai die Rechtmäßigkeit des Buddhismus Nichiren Daishonins weiterträgt.
Lügen sind bis zum Ende nichts anderes als Lügen. Sie scharf zu durchschauen und sie mittels der Rede der Gerechtigkeit zurückzuschlagen, das ist die Aufgabe der Jugend. Eben gerade dafür, wünsche ich mir sehr, muss die Jugend die Lehre des Daishonin mit fester Entschlossenheit und Aufrichtigkeit studieren. Denn darin werden die Wege gezeigt, dass wir das Auftreten aller teuflischen Funktionen besiegen können.
Die Gosho des Daishonin ist ein scharfes Schwert, das Böse zu zerschneiden und das Recht sowie das Licht der Weisheit, vom Bösen klar und eindeutig zu unterscheiden.
Es würde auch genügen, jeden Tag eine Seite oder gar eine Zeile zu lesen.
Ich wünsche, dass Ihr, die Mitglieder der Jugendabteilung, die Gosho inmitten der täglichen Aktivitäten aufschlagen und lesen werdet. Und damit sollt Ihr die letzte Entscheidung, durch die Gerechtigkeit gewonnen zu haben, in aller Welt zeigen.
An jenem Tag schien in Florenz der strahlende Sonnenschein glitzernd. Am
Florenz: eine Stadt, die viele herausragende Kulturmenschen wie Johan Wolfgang von Goethe (1749-1832), George Gordon Byron (1788-1824), Henri Stendhal (Beyle: 1783-1842), Hermann Hesse (1877-1962), Joseph Mallord William Turner (1775-1851), Jean Baptiste Camille Corot (1796-1875) u.a. bezauberte.
Wenige Schritte vom Zentrum der Stadt entfernt, stand das steinerne Haus Dantes. In die Wand des Hauses war Dantes Büste eingefügt, die kein hübsches jugendliches Antlitz erkennen ließ. Es kam mir sogar vor, als seien seine Augen irgendwie kummervoll und sein Gesicht tief betrübt.
Dante muss wohl einsam gewesen sein, durch das Todesurteil, das während seiner Abwesenheit in Florenz plötzlich über ihn verhängt wurde. Obwohl er von Ort zu Ort wanderte, dachte er an seine Vaterstadt. Glorreiche Tage, die er als Dichter und Politiker erlebte, tauchten in ihm auf und verschwanden. Mit seinen Freunden der weißen Faktion, die genau wie er vertrieben wurden, versuchte er, Florenz wieder zurückzugewinnen. Aber, als ihnen das Unterfangen missling, richteten sich alle Kritik auf Dante.
„Ich glaube, Dante ist von der schwarzen Faktion bestochen worden.“
„Deshalb habe ich euch schon früher gesagt, dass er gefährlich ist.“
Schließlich wurde Dante auch von seinen Freunden als Verräter gebrandmarkt. Er wurde in der Tat ganz allein gelassen.
„Verlassen wirst du all die lieben Dinge,
Die dir am teuersten, und dieser Pfeil wird
Der erste sein von der Verbannung Bogen.“
(aus „Das Paradies“, siebzehnter Gesang)
Die Verbannung nahm Dante alles weg; Ruhm, Reichtum, Familie, Arbeit, Freunde und auch noch Ort, wo er sicher leben konnte. Die herzlosen Menschen, nehme ich an, mögen ihn, der in der Gesellschaft mittellos wurde, mit den Worten der Verachtung übergossen und verhöhnt haben. Er wanderte von einer Stadt zur anderen umher, wie ein steuerloses Schiff, das dem Sturm preisgegeben wird.
Er schreibt:
„In der Tat war ich wie ein Schiff, das ohne Mast und Steuer, wie vom trockenen Wind verweht, der aus der unsagbaren Armut hervorgerufen wurde, zwischen diesem Hafen und jenem Hafen, zwischen der Meeresenge und dem Strand hin und her getrieben wurde.
(aus „Das Gastmahl“, Teil I, Kapitel 3, sinngemäße Rückübersetzung)
Es gab auch Menschen, die ihm während der Wanderung ein Patronat anboten. Jedoch war das Leben, das er erlebte, genau wie folgt beschrieben:
„Erfahren wirst du, wie gesalzen schmecket
Das fremde Brot und wie so herb der Pfad ist,
Den man auf fremden Stiegen auf- und absteigt.“
(aus „Das Paradies“, siebzehnter Gesang)
Im späteren Zeitpunkt war Michelangelo Buonarroti (1475-1564), der große Meister der Renaissance in Italien, von Zorn beseelt und rief:
„Das stellt dar,
dass gerade der höchst Vollendete
mit der größten Verachtung behandelt wird.“
(sinngemäße Rückübersetzung)
„Je mehr die Wellen den Hindernissen begegnen, desto größer wird ihre Stärke.“
Das ist ein Motto, das ich seit meiner Jugendzeit bewahre.
Die Seele von Dante wurde genauso, je öfter sie den Stürmen der Prüfung begegnete, umso stärker trainiert.
Er wartete auf die Zeit und schaffte die Zeit.
Er lernte überall, wohin er ging – er lernte konsequent.
Für ihn bedeutete das Lernen das Leben.
„Ich lerne, auch wenn ich mit einem Fuß im Grabe stehe!“
[Die Worte von Lucius Annaeus Seneca (5 v. Chr.-65) aus „Das Gastmahl“, Teil IV, Kapitel 12, sinngemäße Rückübersetzung]
Und erst etliche 10 Jahre nach der Vertreibung gewann er allmählich Zeit und begann, seine ganze Seele einzusetzen, um die „Göttliche Komödie“ zu verfassen. Die „Ursache des Chaos“ in dieser Welt war klar und deutlich vor seinen Augen; der Mensch, der wahrhaft aufrichtig denkt und korrekt handelt, wird geschmäht, und es wird über ihn gelästert.
Im Gegensatz zu ihnen verhalten und benehmen sich die bösen Menschen, ihre Ambition und Begierde nach Ruhm und Reichtum geschickt verbergend, als ob sie die Gerechtigkeit verkörperten. Somit genießen sie von einer Schar von Menschen großen Respekt. Und die Menschen, die dazwischen platziert sind, fühlen sich nicht selbst betroffen, selbst wenn sie vor ihren Augen sehen, dass der Mensch der Gerechtigkeit wegen falscher Anschuldigung verfolgt wird.
Sogar argwöhnen sie, „Irgendetwas muss es ja mit ihm gegeben haben.“ Durch ihre derart einfache Denkweise sehen sie auf den Menschen der Gerechtigkeit noch mehr herab. Als Folge davon unterstützen sie selbst die Handlung der Bösen. Das ist das wahre Wesen, das der „demagogischen Gesellschaft“ über alle Zeiten hinweg unverändert zugrunde liegt.
Dante rief:
Die Gerechtigkeit wird als das Böse gebrandmarkt und das Böse wird als die Gerechtigkeit bezeichnet – diese „Verdrehung von Gerechtigkeit und Böse“ ist die Ursache für das „schlimmste Chaos in dieser Welt.“ (aus „Das Gastmahl“, Teil IV, Kapitel 1, sinngemäße Rückübersetzung)
Wenn dies unverändert bliebe, wäre es auch unvermeidbar, dass nicht nur der Mensch mit rechtem Denken und Handeln zum Grabe getragen wird, sondern auch viele Menschen werden den bösen Menschen blind gehorchen und schließlich in die Hölle fallen.
Das würde für alle ein unvorstellbares Unglück bedeuten! Dann muss ich diese Verdrehung korrigieren! Mit dieser Hand werde ich die trügerische Maske der Bösen herunterreißen! Und ich werde ihnen zeigen, dass es ein wahres gerechtes Urteil gibt!
Gerade dafür schrieb Dante die „Göttliche Komödie“.
In einem Brief, den er an seinen Freund adressierte, machte er den Grund bekannt:
„Das Ziel dieses Werks liegt darin, die Menschen von der elenden Situation, in der sie sich gegenwärtig befinden, zu entfernen und sie zum glücklichen Zustand zu führen.“
(Die Quelle unbekannt, sinngemäße Rückübersetzung)
Dantes „Göttliche Komödie“ erzählt die Geschichte in der Welt nach dem Tode. Darin stellte er die Geschichten, dass alle Menschen nach ihrem Tode der Wesenheit ihres Lebens gemäß eine Vergeltung hinnehmen, ausführlich dar, wie jeder sich vorstellen konnte, als ob sich das alles unmittelbar vor ihm ereignet hätte.
Unwahrscheinlich populären Politikern, berühmten Gelehrten und mit großem Verdienst ausgezeichneten Generälen wurden Plätze, wo sie sein sollten, je nach dem Inhalt ihrer Seele gerechterweise zugewiesen. Selbst die Geistlichen, bei denen die meisten Menschen vermuteten, sie hätten den Schlüssel fürs Tor zum Paradies, ließ Dante nacheinander in die Hölle fallen. Er behandelte sie erbarmungslos und zeigte kein Mitleid.
Vor dem Tod spielte alles, Berühmtheit, Reichtum, Stellung, Ehre und Schulausbildung in dieser Existenz, gar keine Rolle, sie sind völlig Unnutz. Was Dante fragte, war lediglich: „Wie hat man gelebt?“
Nichiren Daishonin beschreibt den Fortgang des Lebens eines Machthabers, der in die Hölle gefallen ist, wie folgt:
„Wenn jemand zu einem solch schlimmen Ort geht, wird der Thron des Königs oder die Stellung des Generals bedeutungslos und Unnutz. Die Art, wie er von den Wächtern der Hölle gequält wird, unterscheidet sich in keiner Weise von einem angebundenen Affen, der vom Affenführer zum Spiel gezwungen wird.“
(Gosho Band I, Seite 126; Japanische Gosho, Seite 1439)
Und jetzt: Warum können sie nur im vom Bösen gefärbten Zustand noch weiter leben, nachdem die Menschen dieses strenge Kausalgesetz gekannt haben!
Dadurch, dass Dante die Menschen die Welt nach dem Tod klar sehen ließ, zeigte er uns, wie wir leben sollten. Er wollte damit auf den Weg der Gerechtigkeit, den die Menschheit beschreiten soll, klar hinweisen. Von großer Wichtigkeit ist, welche Anschauung über Leben und Tod wir haben und entwickeln.
Was ist Tod? Wie werden Menschen nach dem Tod? – Leben, ohne diese Themen zu erforschen, scheint mir beispielsweise mit einem Studenten vergleichbar, der seine Tage und Jahre an der Universität verbringt, ohne sich Gedanken zu machen, was er nach Abschluss des Studiums machen möchte. Mit solch einer Einstellung kann kein Mensch die zuverlässige Bahn des Lebens bestimmen.
Der Zustand, dass die jetzige Gesellschaft in die Sackgasse geraten ist, denke ich, ist als Folge davon entstanden, dass die Menschen nur nach Befriedigung augenblicklicher, vorübergehender Begierde gesucht haben, ohne sich mit dem wichtigsten Thema in unserem Leben – Tod – auseinander zu setzen.
Dante verneinte vehement eine solche nihilistische Lebensanschauung: „Das verschwindet mit dem Tod.“ Hierzu schrieb er folgendes:
„Was innerhalb aller Missetaten die dümmste, abscheulichste und schädlichste ist, liegt im Glauben, es gebe nach dieser Existenz keine weitere.“
(aus „Das Gastmahl“, Teil II, Kapitel 9: sinngemäße Rückübersetzung)
„Göttliche Komödie“ – sie war ein Schreiben des Kampfes, der gegen alles, darunter Neid, Täuschung, Arroganz, Gewalt, Betrug, Verrat usw., gerichtet war, das die Menschen zum Unglück führt. Deswegen wurden Gegenangriffe von allen bösen Faktionen vorausgesehen.
Jedoch erhob sich Dante mit unerschütterlicher Entschlossenheit:
„Soviel indes will ich Euch offenbaren,
Dass, schilt mich anders nur nicht mein Gewissen,
Ich auf das Schicksal, wies’s auch sei, gefasst bin.“
(aus „Die Hölle“, fünfzehnter Gesang)
„Komm nach mir drein und lass die Leute reden,
Steh wie ein fester Turm, der trotz des Sausens
Der Stürme nimmermehr die Spitze schüttelt;“
(aus „Der Läuterungsberg“, fünfter Gesang)
Die „Göttliche Komödie“ – sie ist eine lange Epik, die aus den drei Teilen „die Hölle“, „das Fegefeuer (der Läuterungsberg)“ und „das Paradies“ besteht und insgesamt 14.233 Zeilen umfasst. Dante verfasste sie bis kurz vor seinem Tod und starb fast gleichzeitig mit der Beendigung des Werks.
Der Titel der „Göttlichen Komödie“ hieß ursprünglich „die Komödie“ bzw. „die Freudenmelodie“ (sinngemäße Rückübersetzung), da sie eine Geschichte mit glücklichem Ausgang gedacht war. Die Menschen in späteren Zeiten verliehen dem Titel aus Respekt den Ausdruck „göttlich“, und somit heißt das Werk jetzt „die Göttliche Komödie“.
In diesem Werk sind alles Wissen der damaligen Zeit, darunter die Klassik griechisch-römischer Zeit, die aus Arabien überlieferte modernste Naturwissenschaft, enthalten. Das ist der Grund, warum dies als ein Lexikon bezeichnet wird.
Der Protagonist im Werk ist Dante. In der Geschichte steigt er in die mörserförmige Hölle, die sich in einer Ecke der Erde befindet, lebend hinunter. Dann besteigt Dante den Läuterungsberg, der sich auf der Erde hoch erhebt, und zum Schluss fliegt er bis zum Gipfel des Paradieses, das sich im Universum erstreckt, empor. Alles, was er während seiner Reise gesehen, erfahren und gesprochen hat, hat er wie ein Tagebuch geschrieben; das ist die „Göttliche Komödie“.
„Lasst, die ihr eingeht, jede Hoffnung fahren.“
(aus „Die Hölle“, dritter Gesang)
An dem Gipfel eines Höllentores standen diese Worte geschrieben. Dante tritt, von seinem Meister Vergil (Vergilius: der altrömische Dichter) geleitet, durch das Tor ein. Bald hört er von irgendwoher die Menschen weinen und schreien. In der Vorhalle der Hölle befinden sich die Menschen, die weder Gutes noch Böses getan haben.
Sie sind überall am ganzen Körper von Wespen und Bremsen zerstochen; es blutet und es fließen Tränen. Das ist die Folge davon, dass sie um anderer Menschen willen weder Blut noch Tränen fließen ließen. Sie können weder ins Paradies noch in die Hölle gehen. Von allen Menschen verlassen, laufen sie in der Vorhalle der Hölle umher. Wer nicht wahrhaft gelebt hat, kann auch nicht wahrhaft sterben. Dort befinden sich die feigen Geistlichen, die im entscheidenden Moment nicht gekämpft haben, obwohl sie eigentlich in der Stellung gewesen sind, die Gläubigen beschützen zu müssen.
Dante schreibt:
„Denn wer die Not sieht und aufs Bitten wartet,
Der legt sich auch schon böslich aufs Verweigern.“
(aus „Der Läuterungsberg“, fünfter Gesang)
Deshalb: Du, tue das Gute aktiv! Werde nicht Beobachter! Das war Dantes Überzeugung.
Weiterhin schreibt Dante:
„Zu schweigen bedeutet,
eine niederträchtige, gemeine Handlung,
wie den Feind mit dem eigenen Körper zu verbinden.“
(aus „Gedichtsammlung“, sinngemäße Rückübersetzung)
Das Schweigen ist das Böse. Das Böse sehen, aber nicht zu handeln, als habe man es nicht gesehen, das kommt schließlich dem Bösen gleich.
Die Hölle, die Dante beschreibt, ist in die neun Kreise eingestuft. Je niedriger man geht, desto schwerer werden Strafen, und desto härter wird die Bestrafung. Vom ersten Kreis bis zum fünften Kreis werden die obere Hölle genannt. In diesen Kreisen müssen diejenigen, die ihre Straftaten wegen sittlicher Begierde, Habgier und Zorn begangen haben, ihren Taten entsprechend büßen.
In einem Ort (am Eingang des vierten Kreises) toben die Geizigen und Verschwender, indem sie Lasten mit Geld wälzen und aneinander stoßend schreien: „Was kargst du?“ und „Was machst du tollen Aufwand?“ Als Vergil das sieht, sagt er:
„Sie waren Pfaffen, ...
In denen Geiz sein Übermaß verübet.“
(aus „Die Hölle“, siebenter Gesang)
Sie (Vergil und Dante) betreten die noch niederen Höllenkreise, in denen die Grausamkeit herrscht (vom sechsten Kreis zum neunten Kreis). Der sechste Höllenkreis ist die Welt voller Flammen.
In der Gosho steht ebenfalls:
„Die Hölle ist zu fürchten, denn sie beruht auf Flammen.“
(Gosho Band I, Seite 126; Japanische Gosho, Seite 1439)
In diesem Höllenkreis müssen die Ketzer büßen.
Ferner im siebenten Kreis büßen die Gewalttätigen. Unter ihnen sind die Gewalttätigen gegen den Nächsten in den kochenden Blutstrom eingetaucht, mit der Begründung: „Bleibt ihr im Blut eingetunkt, wenn ihr so sehr Blut liebt!“
Im Buddhismus wird gelehrt:
“Das Leben, einen Tag zu erhalten, übersteigt alle Schätze des Universums.”
(Gosho Band I, Seite 83; Japanische Gosho, Seite 986)
Aufgrund dessen ist die Gewalt nie und nimmer gestattet.
Der nächste (achte) Kreis der Hölle ist das Reich aller Betrüger, die zur Missetat den Vertrauensbruch fügen. Der Betrug: Er ist das Grundübel, das die Gerechtigkeit gering schätzt und das Böse vergrößert. Die Sünder müssen noch härter und noch grausiger büßen.
Es gibt die Männer, die, vom Wächter der Hölle gefangen, in den kochenden blutigen Strom hineingeworfen worden sind; sie sind die Politiker, die das Volk verraten und sich bereichert haben. Die Wächter zielen demnächst auf den Führer einer Partei ab, der mit Geld und Ruhm verdorben den falschen Weg eingeschlagen hat.
Es gibt auch eine Frau, die sich durch die aus dem Inneren des Körpers herausströmende Hitze quält und aus dem der unerträgliche Gestank aufsteigt; sie ist diejenige, die gegen den Menschen von edlem Charakter Groll gehegt und eine Geschichte erdacht hat, um ihn anzuschuldigen.
Es gibt einen Mann, der für ewig brennt, indem er sich in der lohen Flamme krümmt und windet; er ist derjenige, der viele Menschen durch geschickte Erzählungen zur Übeltat aufgehetzt und Intrigen spannt.
Dante stellt klar fest:
„Dass er (Teufel) ein Lügner sei und Lügenvater.“
(aus „Die Hölle“, dreiundzwanzigster Gesang)
Dante bereitete im achten Kreis der Hölle zum Zeitpunkt der Erzählung einen reservierten Platz extra für den noch lebenden Erzfeind Bonifacius VIII vor, mit der Begründung: „Es ist schon entschieden, dass du in die Hölle gehst.“ In der Tat schien dieser Bonifacius VIII den Höhepunkt seines Ruhmes erreicht zu haben, nachdem er Dante aus Florenz vertrieben hatte. Aber bald danach gab es innerhalb seiner Mittäterschaft Abspaltungen, und seine engsten Mitarbeiter trennten sich von ihm. Schließlich, sagt man, geriet er in die Kritik und den Zorn der Bevölkerung und musste sterben, indem er alle beschimpfte.
Meister (Vergil) und Schüler (Dante) gelangen endlich in den neunten Höllenkreis. Wer sollte sich nach Dantes Vorstellung im Abgrund der Hölle befinden, welche Sünden muss er begangen haben? Es sind die Verräter; die Verräter an Verwandten, die Verräter an Freunden, für deren Unterstützung man dankbar sein sollte, und die Verräter an denen, die man eigentlich beschützen sollte. All solche Verräter sind in einem eisigen See bis zum Hals ewig eingefroren, wie die Frösche, die nur ihr Gesicht über dem Wasser zeigen.
Ferner im tiefsten Abgrund dieser Hölle befinden sich solche Menschen, die vom Herrscher der Hölle im eingefrorenen Zustand zerbissen sind. Sie sind die Verräter an demjenigen, dem man die Dankbarkeit erweisen sollte.
####### „Undankbar zu sein, ist das größte Vergehen, welches die Menschen jemals begehen!“
####### Das sind die berühmten Worte von Simón Bolívar (1783-1830), dem großen Führer, der Südamerika befreite.
Nichiren Daishonin erklärt die Ursache dafür, dass man in die acht Arten der Hölle fällt, wie folgt:
„Sie (die acht Arten der Hölle) sind die Hölle, in die solche Menschen fallen, die den anderen die Kleidung wegnehmen und ganz allein warm angekleidet Tag und Nacht verbringen, ohne das geringste zu unternehmen, obwohl sie sehen, dass ihre Eltern wie Meister zu frieren scheinen.“ (Japanische Gosho, Seite 1013)
Toda Sensei war gegen den Verrat ebenfalls sehr streng. Geschweige denn gegen die ehemaligen Mitglieder, die den Glauben aufgaben, sowie die bösen Priester der Nichiren Shoshu, die Makiguchi Sensei während des Zweiten Kriegs verrieten und ihn dazu führten, im Gefängnis zu sterben, war er schonungslos.
Im Jahr darauf, nachdem er aus der Inhaftierung freigelassen worden war (am 3. Juli 1945), verfasste er ein Schreiben mit dem Titel „Makiguchi Sensei“ und schloss wie folgt ab:
„Die Pfaffen, die von der Verfolgung, die Makiguchi Sensei widerfuhr, erschrocken waren, und ihn beschimpften! Die Feiglinge, die das mystische Gesetz aufgaben und Makiguchi Sensei im Stich ließen! Wenn ihr bereuen und eure Sünden büßen wollt, müsst ihr zu unserer Gemeinschaft (Soka Gakkai) zurückkommen, um Makiguchi Senseis Erbe zu beherzigen und der Lehre des Buddhas zu gehorchen.“ (1. 11. 1946)
Das war in Wahrheit ein Löwengebrüll der Gerechtigkeit gegen diejenigen, die Makiguchi Sensei durch und durch quälten.
Dante sagt genauso, dass diejenigen, die den Menschen verrieten, ab dem Augenblick des Verrates in die Hölle fallen, und ihre Seele, obwohl ihr Körper noch am Leben ist, in der Hölle streng gepeinigt wird.
Nachdem die beiden Wanderer (Vergil und Dante) ihre Reise in der Hölle beendet haben, gelangen sie durch den schmalen Gang, der von der untersten Höllentiefe empor führt, an den hellen Ort auf der Erde. Sie sind jetzt in der Welt des Fegefeuers.
„Und singen werd ich von dem zweiten Reiche,
Allwo sich reiniget der Geist des Menschen
Und würdig wird, zum Himmel aufzusteigen.“
(aus „Der Läuterungsberg“, erster Gesang)
Es ist nicht mehr die dunkle Welt der Hölle. Das Licht strahlt, es gibt Blumen und grüne Pflanzen sowie frische Luft. Vor ihnen erhebt sich der siebenstufige Läuterungsberg. Das ist der Berg, in dem die Menschen ihre Sünden büßen. Die Sünder büßen hier auch nicht leichter als in der Hölle, während sie in den Kreisen dieses Bergs steigen. Der Unterschied liegt aber darin, dass sie, wenn sie fertig gebüßt und somit ihr Leben gereinigt haben, irgendwann in das Paradies gelangen können.
Zu kennzeichnen ist, dass die Wanderer, im Gegensatz zum Wandergang in der Hölle, hier am Läuterungsberg immer weiter aufsteigen. Je höher sie steigen, desto geringer sind die Sünden zu büßen. Dante steigt mit seinem Meister Vergil diesen Läuterungsberg hoch und beschreibt dabei, wie leid- und mühevoll die Sünder büßen.
Im ersten Kreis begegnen sie (Dante und Vergil) den Menschen, die große Steine auf ihren Schultern tragen. Sie sind die Hochmütigen; sie müssen mit schweren Steinen auf den Schultern mehrere tausend Jahre lang im Kreise gebeugt laufen, bis sie ihren Hochmut vollkommen überwinden.
Im zweiten Kreis befinden sich die Neidischen. Bis ihr Neidgefühl ausgelöscht wird, bleiben ihre Augen mit dem Draht zugenäht. Das ist die Folge davon, dass sie das bessere Licht ungern sehen wollten.
Im dritten Kreis sieht Dante die Zornigen büßen; sie müssen erdulden, selbst wenn sie von der Schar der vor Wut tobenden Menschen gesteinigt werden.
Im vierten Kreis sieht Dante, dass die Trägen laufen, indem sie zu sich sagen, „Mach schnell! Beeile dich!“, um sich selbst zur Eile anzutreiben.
Im fünften Kreis liegen die Geizigen, mit Händen und Füßen gefesselt, am Boden. Sie sehen nur den Boden vor sich. Das ist die Folge davon, dass sie, lediglich von den Augenscheinlichen berauscht, nichts wertvolleres in der himmlischen Welt sehen wollten.
Im sechsten Kreis sieht Dante die Schlemmer büßen; sie sind durch das Fasten völlig ausgemergelt, und ihre beiden Augen sind hohl wie die Fassung eines Ringes, aus der ein Edelstein entfernt wurd.
Schließlich kommt Dante zum siebenten Kreis, in dem die Wollüstigen büßen. Sie reinigen sich von ihren Sünden, indem sie sich selbst dem Flammenkreis geben.
Im Gegensatz zu der Hölle und dem Paradies mag uns der Ausdruck „das Fegefeuer“, wie es im Christentum gelehrt wird, etwas fremd vorkommen. Dieses Wort „das Fegefeuer“ soll etwa tausend Jahre nach der Entstehung des Christentums zusammen mit dem Aufblühen der mitteleuropäischen Welt im zwölften Jahrhundert entstanden sein. Und die größten Teile der Themen im „Fegefeuer“ fasste Dante durch sein herausragendes Werk zu einer Symphonie zusammen. Das ist das Kapitel „das Fegefeuer (der Läuterungsberg)“.
Darin beschreibt Dante folgende Gespräche:
„Die Welt ist in der Tat also verödet
An jeder Tugend, wie du mir gekündet,
Und so geschwängert und bedeckt mit Bosheit.
Doch lass, bitt ich, den Grund davon mich wissen,“
(aus „Der Läuterungsberg“, sechzehnter Gesang)
Darauf wird geantwortet:
„Ihr, die ihr lebt, legt jede Ursache immer
Dem Himmel droben bei, ...
Wenn dem so wäre, würd in euch zerstört sein
Der freie Will und nicht Gerechtigkeit wär’s,“
(aus „Der Läuterungsberg“, sechzehnter Gesang)
Das heißt, Dante warnt uns davor, dem Himmel die Tatsache, dass unsere Menschenwelt verödet und beschmutzt ist, zuzuschreiben. Aber dann, wo suchte Dante den Grund? Er schreibt:
„Drum wenn die gegenwärtige Welt verirrt ist,
Liegt nur der Grund in euch, in euch nur sucht ihn;“
(aus „Der Läuterungsberg“, sechzehnter Gesang)
Der Grund liegt in uns selbst! Wenn das so ist, können sich die Menschen durch ihren eigenen Willen nicht nur von dem Bösen und der Verführung abtrennen, sondern auch die Umgebung, in der sie sich befinden, durch ihre eigenen Handlungen verändern. Die Sünder am Läuterungsberg stellen zu Recht Symbole dieser Aktionen dar.
Dante war von der Willenskraft überzeugt, wenn er schrieb:
„Und Willensfreiheit, die, wenn unermüdet
Den ersten Kampf sie mit dem Himmel aushält,
Dann, wohl genährt, auch alles überwindet.“
(aus „Der Läuterungsberg“, sechzehnter Gesang)
Inwieweit die Menschen selbst unter dem allmächtigen Gott ihre Lebensweise wählen können?
Dieses Thema über den „Freien Willen“ wurde im Christentum schon lange diskutiert.
Über dieses Thema habe ich mich mit Dr. Aurelio Pecci (1908-1984), dem italienischen Menschenrechtskämpfer gegen den Faschismus und zugleich dem Gründer des Club of Rom, der als Gehirn der Menschheit gepriesen wird, unterhalten.
Aufgrund seines Verständnisses, dass es im Buddhismus einen Begriff „das Karma“ gibt, das die Menschen einschränken, hat er mir bei einem Gespräch eine Frage gestellt, die lautet, in welcher Beziehung das Karma und der Wille der Menschen stehen.
Indem ich ihm von der Kernlehre des Buddhismus erzählt habe, dass die Menschen nicht nur vom seit der vergangenen Existenz angehäuften Schicksal beeinflusst existieren, sondern ihnen auch die Kraft innewohnt, allem selbst entschiedenen Karma zum Trotz zu stehen und es zu verändern, habe ich ihn wie folgt angesprochen:
„Dr. Pecci, Sie haben Ihre Jugendzeit inmitten des Sturms des Faschismus verbracht. Dennoch haben Sie nicht zum Faschismus beigetragen, sondern gegen ihn gekämpft und den Weg des Kämpfens gewählt, um die Würde der Menschen zu beschützen. Eine solche Lebensweise, das Schicksal zu erschließen, nennen wir die Menschliche Revolution.“
Dr. Pecci hat mir zugestimmt, indem er tief zugenickt hat.
Protagonist des Lebens
Die Menschen sind keinesfalls Sklaven ihres Schicksals!
Den Menschen wohnt die Kraft inne, ihr Leben subjektiv aufzubauen!
Gerade Menschen sind Protagonisten des Lebens!
Das war die Überzeugung, die Dante inmitten des Sandsturms der Vertreibung begriff. Er schreibt:
„Denn nicht löscht man, wenn er nicht will, den Willen,
Nein, dem Naturtrieb tut er’s gleich des Feuers,
Ob tausendmal Gewalt ihn ab auch lenke;
Drum, wenn er nachgibt, sei’s viel oder wenig,
So folgt er der Gewalt und so auch diese,“
(aus „Das Paradies“, vierter Gesang)
Dante war von der Erhabenheit der Menschen stark überzeugt. Seine Spiritualität führte schließlich zur Renaissance, die in Italien aufzublühen begann. Dante, sagt man, öffnete die Pforte der Renaissance.
Wie dem auch sei, ist das Leben ein Kampf; es ist eine Fortdauer von Herausforderung und Erwiderung.
Sieg oder Niederlage?
Wer dies entscheidet, ist nicht sonst jemand, sondern jeder einzelne von uns.
Demzufolge, Du, lasst dich niemals besiegen!
Gewinne den Kampf unbedingt!
Nur der Sieg beweist die Gerechtigkeit!
Wenn Du verlieren würdest, wärest Du unglücklich, und Deine Familie sowie Deine Gleichgesinnten würden darunter leiden müssen. Der Glaube, den wir ausüben, ist dafür da, dass wir siegen können, wie eine Stelle der Gosho besagt:
„Es steht fest, dass böse Kräfte, selbst wenn sie übermächtig sind, das eine Gute nicht besiegen können.“ (Gosho Band I, Seite 24; Japanische Gosho, Seite 1463)
Wenn wir einer Schwierigkeit begegnen, dann wollen wir ihnen mit der zehnfachen Kraft trotzen, und gegen die zehnfache Verfolgung wollen wir mit der hundertfachen Kraft kämpfen und sie besiegen. Vor demjenigen, der sich stets mutig herausfordert und das harte Schicksal in seine eigene Aufgabe verwandelt, bahnt sich der unendlich große, weite Weg.
Dante schrieb:
„Dem Sturme gleich wird dies dein Rufen wirken,
Der stets zumeist die höchsten Gipfel schüttelt,“
(aus „Das Paradies“, siebzehnter Gesang)
Dante, der den Gipfel des Läuterungsbergs besteigt, begegnet einer Person im weiten Wald; es ist Beatrice, die ewig ersehnte Frau, von der er sich in seiner Jugendzeit durch ihren Tod trennte. Von hier ab wandert Dante mit Beatrice anstelle von Vergil (Vergilius).
„Die Herrlichkeit des, der das All bewegt,
Durchdringt die Weltgesamtheit und erglänzet“
(aus „Das Paradies“, erster Gesang)
Dantes Paradies spielt sich im Universum ab. Der Schauplatz seines Paradieses besteht aus den neun Himmeln, die die Erde umgeben, und dem darüber existierenden höchsten Himmel. Dante wird von Beatrice geleitet und gelangt, nachdem er vom Wald auf der Erde zu den neun Himmeln emporfliegt, schließlich an den Höchsten Himmel. [Neun Himmel sind Mond-, Mars-, Merkur-, Venus-, Sonnen-, Jupiter-, Saturn-, Fixstern- und Kristallhimmel]
Im Paradies befinden sich die Seelen derer, die das Gute ausgeübt und für den Glauben und die Gerechtigkeit gekämpft haben. Der Ort wird wie folgt beschrieben:
„Und wenn der Stern sich wandelt und gelächelt,“
(aus „Das Paradies“, fünfter Gesang)
Und „die Scharen des Siegeszuges“ (aus „Das Paradies“, dreiundzwanzigster Gesang) marschieren mit. Das Paradies stellt eine Welt dar, die voller Licht, Gesang und Lachen erfüllt ist, als sei es eine Versammlung der Soka Gakkai, zu der viele Gleichgesinnte des Guten freudig kommen.
Die Seelen im Paradies sind gern bereit, anderen behilflich zu sein. Ihnen ist bewusst, dass, wenn sie etwas für andere tun, ihr Lachen und Glanz sich dementsprechend vermehren. Im Gegensatz zu ihnen:
„Vergeht das Lachen bald, denn schlecht fährt jener, der andrer Rechttun sich für Schaden achtet.“
(aus „Das Paradies“, siebenter Gesang)
Was die Versammlung angeht, sind die italienischen Freunde mit ihren tapferen Bemühungen glänzend. Die Zahl der Versammlungsteilnehmer hat ihr Ziel von dreißigtausend Teilnehmern überschritten. Ein Drittel davon sind die Jugendlichen. Gerade die Jugend ist die Triebkraft der Erweiterung. Außerdem habe ich erfahren, dass zur Generalversammlung, die anlässlich der Feier vom 16. März, dem Tag von Kosen-rufu, stattfand, 17.306 Jugendliche auf 94 Versammlungsorte in 52 Städten gekommen sind.
Zur großartigen Entwicklung der italienischen Jugendabteilung möchte ich meinen herzlichen Applaus schicken. Ich wünsche innigst, dass alle der jungen Löwen Italiens ihr Lieblingslied „Helden, die Jugendlichen“ singen und das Land der Sonne in der weltbesten Eintracht herrlich anführen mögen.
Nun zurück zu Dante, der sowohl in der Hölle als auch im Fegefeuer die Verderbtheit der Geistlichen scharf kritisierte: Auch auf der Versammlung im Paradies werden die Missetaten der Pfaffen noch schärfer getadelt.
Eine gute Seele durchschaut, dass die Pfaffen „auf der Welt zumeist entartet sind“. (aus „Das Paradies“, sechzehnter Gesang) Und sie klärt auf, die Tempel sind „Dort, wo tagtäglich Christus wird verhandelt“. (aus „Das Paradies“, siebzehnter Gesang)
Dante ruft auch:
„So dass er endlich wieder einmal zürne
Dem Kaufen und Verkaufen in dem Tempel,“
(aus „Das Paradies“, achtzehnter Gesang)
Zürne noch einmal! Das drückt den Geist aus, (den uns Toda Sensei vererbte): „Lasse in der Bemühung nicht nach, um die Verfolgungsjagd!“
Eine andere Seele stellt die Orte, in denen die Pfaffen wohnen, klar:
„Hat meine Ruhstatt zur Kloak entweihet,
Voll Bluts und Stanks, mit welchem der Verruchte,
Der hier herabfiel, drunten wird gesühnet.“
(aus „Das Paradies“, siebenundzwanzigster Gesang)
Selbst Beatrice drückt verrötet im Antlitz ihren Zorn aus:
„So Dass zum Kampf, den Glauben zu entzünden,
Als Lanz und Schild das Evangelium diente,
Doch jetzt legt man sich darauf, mit Spott und Scherzen
Zu pred’gen, und, wenn drob nur recht gelacht wird,
So bläht sich die Kapuz’, und mehr nicht sucht man.“
(aus „Das Paradies“, neunundzwanzigster Gesang)
Damit meint sie, dass jetzt nur lauter Pfaffen da sind, die der grundlegenden Heiligen Schriften keine Achtung schenken, ohne den suchenden Geist willkürlich reden und sich damit zufrieden stellen. Ihre Kritik ist fürwahr scharf; es gibt auch eine Szene, in der Beatrice ihre Wut über die Missetaten solcher Pfaffen ablässt, als sei das Weltall knallrot geworden.
Um das Böse zu tadeln, braucht man keine Rücksicht zu nehmen. Selbst Shakyamuni, der Lehrer der Menschheitsliebe, beschimpfte Devadatta, der ehrgeizig und ruhmsüchtig war, wie Nichiren Daishonin in seiner Gosho vorstellt:
„Zum Beispiel beschimpfte Shakyamuni Devadatta, indem er sagte: ‚Du bist ein Narr, der den Speichel anderer leckt!’“
(Gosho Band II, Seite 118; Japanische Gosho, Seite 205)
Ein junger Prinz fragte Shakyamuni etwas kritisch, warum der Buddha, der eigentlich die Menschen retten sollte, solche wilde Worte benutzt. Daraufhin stellte ihm Shakyamuni eine Frage, um den Zusammenhang zu erklären.
„Was würdest du machen, wenn dieses Kleinkind wegen deiner Unaufmerksamkeit oder wegen der Unvorsicht der Pflegemutter einen Stock oder einen Stein in den Mund genommen hätte?“ Denn auf dem Schoß des Prinzen saß ein niedliches Kind. (aus einem Sutra)
Der Prinz entgegnete:
„Sicher würde ich ihn aus seinem Mund herausholen. Mein Weltverehrter, falls mir dennoch nicht gelingt, ihn gleich herauszuholen, werde ich seinen Kopf mit meiner linken Hand festhaltend und den Finger meiner rechten Hand in seinen Mund einstecken, um den Stein herauszuholen, selbst wenn es daraus bluten würde. Der Grund dafür ist, dass ich diesem Kleinkind gegenüber großes Mitgefühl habe.“
Shakyamuni, der dies hörte, sagte ihm:
„Mein lieber Prinz, das ist genau richtig. ... Falls der Tathagata erkennt, dass seine Worte sowohl der Tatsache entsprechen als auch die Wahrheit offenbaren, den Nutzen bringen und anderen angenehm sind, wird er genauso den Zeitpunkt erkennen, die Worte zu benutzen, um den Sinn klar zu machen. Warum? Prinz, weil der Tathagata allen Lebewesen gegenüber großes Mitgefühl besitzt.“ (aus einem Sutra)
Diese Erzählung besagt, dass der Buddha, falls er genau wie die Eltern, die in bestem Willen versuchen, den Stein aus dem Mund des Kindes herauszuholen, erkennt, dass die Worte richtig sind und den Wert schaffen und andere Menschen zur Rettung führen können, nach Feststellung des korrekten Zeitpunktes entschieden sagen wird; das ist das Mitgefühl des Buddha.
Nichiren Daishonin erläutert den Unterschied zwischen den starken Worten und den weichen Worten wie folgt:
„Selbst wenn die Worte stark klingen mögen, sind sie doch die wahren, weichen Worte, falls sie die Menschen zum Glück führen. Im Gegensatz dazu sind die weichen Worte doch die falschen, starken Worte, falls sie den Menschen schaden.“
(Japanische Gosho, Seite 890)
Entscheidend ist, ob die Worte dazu dienen, die Menschen zum Glück führen oder nicht, und ob sie aus dem Mitgefühl eines Menschen stammen oder nicht. Obwohl sie in den Ohren der Menschen wohl klingen, sind solche Worte, die die Menschen zum Bösen treiben, doch die falschen Worte sowie die starken Worte.
Dem Feind des Buddhas gegenüber müssen wir unsere Position stark behaupten und ihre falsche Ansicht vehement widerlegen. Nur dadurch können wir die Menschen retten und zum Glück führen. Hierin liegt der grundlegende Geist unseres Dialogs der Gerechtigkeit.
Kanzo Uchimura: In Freude wie im Zorn bleiben die Japaner oberflächlich,
daher können sie weder Dante noch Milton richtig verstehen.
Im Allgemeinen tendieren die Japaner, das Gute und das Böse undeutlich darzustellen. Kanzo Uchimura (1861-1930), ein Christ in der Meiji Ära, war ein Mensch von Charakter, der dem im damaligen Japan stark vorherrschenden Nationalismus trotzte und aus dem Grund aus der Welt des Bildungswesens vertrieben wurde.
Er sagte: „Die Japaner können Dante nicht verstehen. ... Japaner sind ein oberflächliches Volk; sowohl in Freude als auch im Zorn sind sie oberflächlich. ... Wer nicht zürnt, kann weder Dante noch John Milton (1608-1674) und William Wordsworth (1770-1850) verstehen. ... Sie (die Japaner) können sich nicht ‚tiefgründig und ruhig’ ärgern. Wahrhaft verstehen sie nicht, wie richtig und erhaben ‚sich für ewig und abstrus ärgern’ ist. ... Aus ihnen kann nichts großartiges erscheinen.“ (aus der „Studie der Bibel“)
Zürne dem Bösen in alle Ewigkeit und gründlich! – hierin liegt auch Dantes Botschaft für das heutige Zeitalter. Zwar ärgern sich die Japaner einmal, vergessen aber gleich, und sie lassen das, was es war, schnellst in die Vergessenheit vertreiben. Dadurch kann man die Wurzel des Bösen nicht ausrotten.
Thomas Carlyle (1795-1881), ein englischer Historiker, stellte fest:
„Dante dringt mit seiner feurigen Feder in den Kern der Sache hinein.“
Dantes Feder zerschnitt das teuflische Wesen der Macht. Hochmut, Habgier, Neid und Menschenverachtung – diese Auswirkungen des teuflischen Wesens der Machthaber zerschnitt und zerschlug die Feder Dantes oft und mehrmals. Das hieß wiederum, dass er das schwache Leben, dem Bösen zu gehorchen, das sich in der Bevölkerung befindet, ab- und zerschnitt.
Das Volk, Erwache!
Das Volk, lasst euch nicht betrügen!
Dante, sagt man, ist der Vater der italienischen Sprache. Er schrieb die „Göttliche Komödie“ nicht in Latein, der Sprache des Wissens, sondern in Toskanisch, der Redesprache im Alltagsleben der Bevölkerung.
Dr. Toynbee schenkte auch diesem Punkt seine große Aufmerksamkeit, wenn er erläuterte:
„Dieser Punkt hat für die europäische Literatur in der darauffolgenden Epoche eine unvorstellbare Wichtigkeit. Denn nach der „Göttlichen Komödie“ hörten die Menschen der anderen Länder auf, auf Lateinisch zu schreiben, und fingen an, stattdessen in der jeweiligen Landessprache zu schreiben.
Dante sagte:
„Etwa einer von tausend Menschen versteht Latein. Wenn das der Fall ist, kann alles, was geschrieben worden ist, nur mit einem Schatz verglichen werden, der unter dem Boden vergraben ist. Das kann nur daran liegen, dass man damit mehr Geld verdienen will oder um des Ruhmes willen schreibt.“ (aus „Das Gastmahl“, Teil I, Kapitel 9: sinngemäße Rückübersetzung)
Er wünschte, dass so viele Menschen wie möglich, insbesondere Frauen und Kinder, seine Bücher lasen. Daher gab er sich viel Mühe, seine Gedichte nach einem geläufigen Rhythmus zu schreiben, sodass sie leichter gelesen werden konnten.
Der Daishonin sprach die Menschen mit leichtverständlicher Sprache an. Abgesehen von einigen Schriften, darunter das Schreiben der Ermahnung an den Machthaber „Über die Befriedung des Landes durch die Errichtung des wahren Gesetzes (Rissho Ankoku Ron)“, das in einem hohen Schreibstil der chinesischen Sprache geschrieben wurde, schrieb er fast alle Briefe an seine Schüler und Anhänger, indem er die leichtverständliche Schreibart, Kanji (chinesische Schriftzeichen) mit Hiragana gemischt, benutzte.
Nichtsdestotrotz konnten die Fünf Älteren Priester, die dem Daishonin den Rücken kehrten, das Herz des Daishonin, alle Menschen erretten und zum Glück führen zu wollen, nicht verstehen; sie verachteten die Gosho, die in der leichtverständlichen Schreibart geschrieben wurde, indem sie diese verbrannten oder das Papier zur weiteren Benutzung wiederherstellen ließen.
Im Gegensatz zu ihnen war Nikko Shonin (1246-1333) der einzige Schüler, der allen Schriftstücken große Achtung schenkte, indem er sich bemühte, so viele Schriften wie möglich zu sammeln, um sie für die spätere Generationen zu hinterlassen.
Sämtliche Schriften, die in der untrennbaren Einheit von Daishonin und Nikko Shonin für alle Menschen für die nächsten zehntausend Jahre hinterlassen wurden, sind in den „Gesammelten Werken Nichiren Daishonins“, die durch den Wunsch Toda Senseis anlässlich des 700jähigen Jubiläums zum 28. April 1952 herausgegeben wurden, restlos aufgenommen. Seit der Herausgabe dieser Gesammelten Werke begehen wir in diesem Monat (April 2002) just das 50. Jahr.
Unsere Bewegung, Dialoge für Kosen-rufu zu führen, ist eine Revolution durch Worte. Es ist die Friedensbewegung, in der wir anhand der Kraft der Worte das Herz der Menschen erschüttern, die Gesellschaft in Bewegung setzen und das Zeitalter verändern.
Dante nannte die italienische Sprache, die das einfache Volk benutzt, das neue Licht sowie die neue Sonne. Ich wünsche herzlichst, dass unsere Mitglieder der Jugendabteilung ebenfalls mit den neuen Worten und mit der neuen Aktion die Sonne der neuen Hoffnung strahlend aufsteigen lassen.
Beatrice und Dante, die zu den neun Himmeln im Paradies emporsteigen, gelangen endlich an ihren Zielort, den höchsten Himmel. Dort begegnen sie der höchsten Realität, somit wird die „Göttliche Komödie“ abgeschlossen.
Was wollte Dante zum Schluss der „Göttlichen Komödie“ darstellen? Das ist, wie darin steht:
„Wie sich gleichförmig dreht ein Rad, die Liebe,
Die da die Sonne rollt und andern Sterne.“
(aus „Das Paradies“, dreiunddreißigster Gesang)
Der Historiker Dr. Toynbee, der Dante so sehr liebte, erläutert, dass gerade diese Liebe, die da die Sonne und Sterne rollt, sich mit „der im Rücken des Universums existierenden letztendlichen Realität“, die sich Dr. Toynbee vorstellte, übereinstimmt.
Im Buddhismus wird erklärt, dass das Universum mit unserem Ego identisch (soku) ist und unser Ego wiederum das Universum beinhaltet (soku), und weiter dass die Gesetzmäßigkeit von Ichinen-Sanzen sowohl das Leben aller Lebewesen als auch das Universum durchdringt. Vom Standpunkt des Buddhismus aus gesehen könnte man sagen, dass Dante auf den großen Lebenszustand gezielt, der auf dieser Gesetzmäßigkeit zwischen dem Universum und unserem Ego basiert, voranschritt.
Dante machte die durch die Vertreibung entstandenen Leiden zum Sprungbrett, nahm den Kampf des Wertschaffens, die Dichtung, auf sich und erweiterte sein eigenes Leben grenzenlos. Und schließlich erschaffte er die „Göttliche Komödie“, eines der hervorragendsten Werke der Menschheit. Die Wanderung – vom Leiden (Hölle) über die Probe (Fegefeuer) bis zur Freude (Paradies) – das Thema der „Göttlichen Komödie“ stellt genau das Leben Dantes selbst dar.
Die von Dante konzipierte herrliche Welt, die aus drei Bereichen von der Hölle, dem Fegefeuer und dem Paradies besteht: Im Buddhismus wird gelehrt, dass auch solche Welten nicht von unserem eigenen Leben getrennt existieren. Der Daishonin schreibt:
„Nun, wenn man danach forscht, wo die Hölle und der Buddha existieren, erläutert ein Sutra, dass sich die Hölle unter Erde befinde, und ein anderes Sutra besagt, dass der Buddha im Westen sei. Wenn man jedoch sorgfältig erforscht, wird eindeutig erklärt, dass sie in unserem fünf Fuß großen Körper existieren.“
(Gosho Band I, Seite 59; Japanische Gosho, Seite 1491)
Das heißt, sowohl die Hölle als auch der Buddha sind in unserem augenblicklichen Leben enthalten. Der Daishonin sagt, dass wir durch unseren starken Glauben in der Lage sind, überall an jedem Ort, wo wir uns befinden, sofort in unserem eigenen Leben die Buddhaschaft, den unübertrefflichen Palast der Wohltaten, zu erschließen und zu erleben. Deshalb gibt es bei demjenigen, der das mystische Gesetz beibehält, keine Verzweiflung, selbst wenn er den unvorstellbaren Schwierigkeiten von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Es gibt für ihn auch keinen Grund, umherzuwandern, um nach dem Glück zu suchen.
apro pos, welche existenzielle Bedeutung hatte Beatrice für Dante, der mit ihr im Paradies wanderte. Als sie in jungem Alter starb, fasste Dante einen Entschluss. Das war ein Eid, „Eines Tages schreibe ich das beste Gedicht, das Beatrice ziemt.“ Das Gedicht seines Gelübdes kristallisiert sich als die „Göttliche Komödie“.
Beatrice, kann man sagen, ist ein Symbol der weiblichen Tugend, die Männer zum rechten Weg zu führen. Zu diesem Punkt war im Werk „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ebenfalls das Weibliche, das Faust zum Schluss rettete und in die Höhe hinaufzog. Die Schlussworte von „Faust“ sind:
„Das Ewigweibliche
Zieht uns hinan.“
Hier kann ich mich an die Gespräche mit Dr. Linus Pauling (28.2.1901-20.8.1994) erinnern, der einzig und allein in der Menschheitsgeschichte zwei Nobelpreise (1954 für Chemie, 1962 für Frieden) erhielt. Er war auch einer derjenigen, die mit den Büchern von Dante aufwuchsen. Einmal erzählte er mir sehnsüchtig: „Es war etwa mit zehn, als ich die Hölle von Dante im Buch mit der Illustration von Paul Gustave Doré (1833-1883), dem französischen Maler, las.“
Dr. Pauling war derjenige, der sich für die Friedensbewegung einsetzte und inmitten unvorstellbar stürmischer Kritiken und Verfolgungen auf seine Position gegen die Nuklearwaffen öffentlich beharrte. Bei einer Gelegenheit sagte er mir folgendes:
„Der Grund, warum ich die Friedensbewegung fortgesetzt habe, liegt darin, dass ich dachte, ich möchte von meiner Frau einen unabänderlichen Respekt gewinnen.“
Das Dasein seiner Ehefrau, Ava Helen Pauling, einer renommierten Persönlichkeit in der Friedensbewegung, führte Dr. Pauling als Mensch zum rechten Weg.
Das einundzwanzigste Jahrhundert ist das Jahrhundert der Frauen. Die Frauen, die auf dem korrekten Weg entschlossen voranschreiten, können natürlicherweise auch die Männer zum richtigen Weg führen.
Ich bin fest davon überzeugt – „Der Weltfrieden kann unfehlbar verwirklicht werden, wenn sich die Frauen, die den Frieden herzlich wünschen, wirklich solidarisieren.“
Den Frauen wohnt eine wunderbare Kraft, die gesamte Menschheit auf die richtige Bahn zu bringen, inne. Nichts ist edler als die Solidarität der Frauen, die jetzt in der von Krieg und Hass erfüllten Welt aufgrund der Philosophie, Mut und Liebe eng miteinander verbunden sind. Die Aufgabe aller Mitglieder in der Junge-Frauen und Frauenabteilung ist unvorstellbar groß.
Dante war Dichter, Philosoph und Politiker zugleich. Er war auch ein Friedensdiplomat. Zu seiner Zeit gab es im Norden Italiens einen Ort, in dem ein Krieg etwa hundert Jahre lang andauerte. Um das Besitzrecht auf ein bodenreiches Gebiet am Fluss Magra entlang stritten sich ein Erzbischof, der die Ortschaft regierte, und eine einflussreiche Adelsfamilie Maraspina, die dieselbe zurückzugewinnen versuchte, heftig.
Es war Dante, der diesen hundertjährigen Krieg durch Dialoge zum Ende führen konnte. Er befand sich bereits im Exil. Dennoch war er sowohl als Dichter, der die Sprache des einfachen Volks sprach, wie auch als fähiger Diplomat wohl bekannt. Dante, der 1306 von der Familie Maraspina beauftragt wurde, eine Friedensverhandlung zu führen, begab sich zur Burg des Erzbischofs. Er führte mehrere Male aufrichtige Gespräche, und es kam zur Einigung. Auf der Feier, bei der der Vertrag abgeschlossen wurde, sagt man, schüttelten Dante und der Erzbischof die Hände und umarmten sich.
[Im Dezember 2001 verlieh die Stadt Castelnuovo Magra, in der diese mühsamen Friedensverhandlungen durchgeführt wurden, dem SGI-Präsidenten ihren ersten „Dante Alighieri Friedenspreis“. Dieser Friedenspreis der Stadt wurde dafür errichtet, den Wert der Friedensbemühungen Dantes in die nächste Generation weiterzutragen und gleichzeitig solche Persönlichkeiten auszuzeichnen, die sich für den Frieden herausragend eingesetzt haben.]
Es war sechs Jahre vor Dantes Tod (1315). In die Hände Dantes, der schon im langen Exilleben unzählige Schwierigkeiten und Probleme überwand, gelangte von seinem Heimatstaat eine Nachricht, dass es ihm nun gestattet sei, wieder zurückzukehren. Jedoch war diese Erlaubnis von einer schmachvollen Voraussetzung begleitet: Er sollte, von einem großen Sack bedeckt und eine Kerze in der Hand, durch die Stadt laufen und zur Schau gestellt werden. Außerdem war er aufgefordert, vor der Kirche seine Schuld zu bekennen und Bußgeld zu bezahlen.
Dante lehnte dies entschieden ab. Die Menschen nannten es „große Absage“. Er begründete sie: Überall, wo ich mich befinde, kann ich doch die Sonne und Sterne sehen! Unabhängig davon, an welchem Ort in der Welt ich mich befinde, kann ich doch die Freude, die Wahrheit herauszufinden, von ganzem Herzen erleben!
Die Vertreibung nahm ihm zwar seinen „Heimatstaat“ weg, dennoch verwandelte Dante sich zu einem, der die Welt zu seiner Heimat macht. Die Verbannung brachte ihn zwar auf die Bühne der Tragödie, dennoch veränderte Dante seine persönliche Tragödie zum hehren Freudendrama der Menschheit! Das war seine „Göttliche Komödie“. Die edle Verbannung – so nannte Dante sein eigenes Unglück.
Der letzte Ort seiner Wanderung war die Stadt Ravenna, die im Norden Italiens an das Adriatische Meer angrenzt. Der Schlossherr von Ravenna war ein guter Befürworter von Dante. Es wird gesagt, dass Dante seine Kinder in diese Stadt herholte und die letzten Jahre seines Lebensabends glücklich verbringen konnte.
Sobald er die „Göttliche Komödie“ fertig geschrieben hatte, wurde er beauftragt, über ein diplomatisches Problem zu verhandeln und sollte sich als Bevollmächtigter der Stadt Ravenna nach Venedig begeben. Auf dem Reiseweg jedoch wurde er vom Fieber befallen. Nach Hause zurückgekommen, legte er sich aufs Bett wie gefallen. In Anwesenheit seiner Familienangehörigen und guten Freunde, die benachrichtigt wurden und zu ihm eilten, verstarb er ruhig.
Es war am 14. September 1321, Dante im Alter von 56 Jahren. Sein ganzes Leben lang setzte er seine Schritte in der Finsternis auf der Suche nach dem Licht unaufhörlich fort.
Dante siegte! Die Schurken, die Dante verfolgten, gingen zwischen den Wellen der Geschichte nieder. Dantes Geist der Gerechtigkeit strahlt nach 700 Jahren heute noch in Form eines Gedichts, der „Göttlichen Komödie“, in Gold glänzend. Der Sarg, in dem Dantes Leichnam aufbewahrt war, wurde von den Bürgern der Stadt Ravenna in die Kirche getragen und dort beigesetzt.
Nach Dantes Tod, sagt man, wurde von Florenz, seinem Heimatstaat, oftmals herzlichst darum gebeten, seinen Leichnam zurückzugeben. Jedoch lehnt die Stadt Ravenna fortgesetzt ab, denn sie will sich von Dante niemals trennen.
Dante siegte! Die Schurken, die Dante verbannten, werden von den Menschen heute noch verspottet. Es ist daraus zu ersehen, dass Dantes Seele der Freundesliebe in den Herzen der Menschen heute noch eine Flamme der Hoffnung anzündet.
An die Stelle des Sargs, in dem sich sein Haupt befand, sollte ein Lorbeerkranz gelegt worden sein, wie er es sich zu seiner Lebzeit wünschte. Der Lorbeerkranz bedeutet ein Symbol des Siegers, und er war ein Beweis für den gekrönten Dichter.
(aus „Seikyo Shimbun“, datiert am 11. 12. 13. 18. 20. 23. 24. 25. April 2002)
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