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W a g e

z u

g l a u b e n

Wage zu glauben

Wage zu glauben,

dass in deinem Herzen ein Lied wohnt,

wage an deine Träume zu glauben.

Solange du den Mut hast zu glauben

Wird dich nichts daran hindern können

zu sein, wer du sein möchtest.

Zu viele Menschen verwirklichen ihre Träume nicht

Weil sie kurz vor deren Erfüllung aufgeben.

Zu viele Menschen enden auf falschen Wegen,

aus der rechten Bahn geworfen

durch ein Körnchen Zweifel.

Man kann sein Schicksal ändern

auch wenn die Sonne hoch steht,

auch wenn der Tag schon längst begonnen hat.

Zu viele behaupten dass alles gut gehe

und verstehen nicht

warum man sich ändern sollte.

Zu viele begraben ihren Glanz

unter Felsen des Leidens.

Wir dürfen unser Haupt nicht beugen!

Lasst uns stattdessen aufstehen,

ein Lied der Freude singend.

Ich werde unaufhaltsam fortschreiten,

jetzt da ich weiß, etwas gefunden zu haben

das zu mir gehört.

Josei Toda

\

Glück in dieser Welt

Es gibt kein größeres Glück für die Menschen, als Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten. Das Sutra sagt: „Die Menschen dort (in meinem Land) sind glücklich und fühlen sich wohl.”^1^ „Glücklich sein und sich wohl fühlen” bedeutet hier die Freude, die aus dem Gesetz kommt. Sie gehören offensichtlich zu den „Menschen”, und „dort” bezeichnet die ganze Welt, zu der Japan gehört.

„Glücklich sein und sich wohl fühlen” heißt zu erkennen, dass unser Leben, d.h. Körper wie Geist, wir selbst wie auch unsere Umgebung, das Wesen von Ichinen sanzen und der Buddha der absoluten Freiheit sind. Es gibt kein größeres Glück, als an das Lotos-Sutra zu glauben. Es, das Lotos-Sutra, verspricht uns „Frieden und Sicherheit in diesem Leben und gute Umstände für das nächste”^2^. Lassen Sie sich nicht von den Schwierigkeiten der Gesellschaft stören. Schließlich kann niemand Problemen ausweichen, selbst Heilige und Weise nicht.

Chanten Sie einfach Nam-Myoho-Renge-Kyo, und wenn Sie Sake trinken, bleiben Sie zu Hause bei Ihrer Frau. Leiden Sie, worunter man leiden muss, und freuen Sie sich, worüber man sich freuen kann. Betrachten Sie Leiden und Freude als Tatsache des Lebens und chanten Sie unter allen Umständen weiter Nam-Myoho-Renge-Kyo. Dann werden Sie die grenzenlose Freude des Gesetzes erleben. Verstärken Sie Ihren Glauben mehr denn je.

Mit tiefer Hochachtung

Nichiren

Der siebenundzwanzigste Tag des sechsten Monats

im zweiten Jahr von Kenji (1276)

^1^ Lotos-Sutra, Kapitel 1 6

^2^ Ebd., Kapitel 5

Quelle: Deutsche Gosho, Band I, Seite 23

\ G l ü c k i n d i e s e r W e l t

Gosho-Erläuterung von Daisaku Ikeda

Wir praktizieren unseren Glauben, um wirklich glücklich zu werden

Wir praktizieren unseren Glauben, um unser Leben zu genießen, um ein wirklich glückliches Leben zu führen. Die Gosho „Glück in dieser Welt“^1^, die wir nun studieren möchten, erläutert die „geheime Lehre“, die dies möglich macht. Es ist ein kurzer Brief, der aber eine vollständige Erläuterung der grundlegenden Prinzipien des Glaubens enthält. Wenn wir diese Gosho tief verstehen, haben wir das Geheimnis des Glaubens und des Lebens verinnerlicht.

Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten ist die größte Freude

„Es gibt kein größeres Glück für die Menschen als Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten.“

Es hat eine wirklich große Bedeutung, wenn so­fort zu Beginn der Gosho von „Menschen“ gespro­chen wird. Es bedeutet die ganze Menschheit. Die Lehren des Daishonin sind ohne Ausnahme für das Wohl aller Menschen.

Der Buddhismus ist eine Lehre, die für alle Menschen da ist, nicht nur für die Japaner oder die Menschen aus einem bestimmten Land oder einer bestimmten ethnischen Gruppe. Letztendlich, so erklärt Nichiren Daishonin, gibt es für alle Men­schen - egal ob sie reich oder arm, berühmt oder unbekannt, mächtige Politiker oder einfache Bürger, Künstler oder Wissenschaftler sind - kein wahres Glück, keine wahre Freude oder Erfüllung im Leben bis auf das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo. Wenn wir Daimoku chanten verschmilzt unser Leben mit dem des Buddhas und ermöglicht es uns, dessen unbegrenzte Kraft hervorzuholen, um unsere Menschliche Revolution zu machen und anderen zu helfen, dasselbe zu tun.

Ruhm, Reichtum oder sozialer Status allein garantieren kein Glück. Viele reiche Menschen leiden unsagbar in ihren Villen. Einige Menschen sind von ihrer Eitelkeit so gefangen, dass sie keine innere Ruhe (seelischen Frieden) finden. Viele be­rühmte Menschen sind unglücklich, sobald sie nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses stehen. Nehmen wir als Beispiel zwei Menschen, die in der gleichen Firma arbeiten, die selbe Arbeit haben und deren materielle Situation und sozialer Status ähnlich sind. Einer von ihnen ist glücklich, der andere aber ver­zweifelt. Solche Unterschiede zwischen Menschen, die sich oberflächlich nicht wesentlich unterschei­den, sind nicht sehr ungewöhnlich. Der Unterschied liegt im Herzen der Menschen, ihrem inneren Zustand. Man kann auch nicht sagen, dass der Fort­schritt in der Wissenschaft oder die ökonomische Entwicklung automatisch Glück bringen. Ob wir glücklich oder unglücklich sind, hängt letzten Endes von uns selbst ab. Wir können kein wahres Glück finden, ohne unseren Lebenszustand zu erhöhen. Aber wenn wir unseren inneren Zustand erneuern, verändert sich unsere ganze Welt. Das Mittel um eine solche Veränderung vorzunehmen, ist das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo.

„Das Sutra sagt: ,Die Menschen dort (in meinem Land) sind glücklich und fühlen sich wohl.’^2^ “

Dieser Abschnitt ist aus dem Jigage-Teil des 16. Kapitels des Lotos-Sutras. Er bedeutet, dass diese Welt ein Ort ist, wo die Menschen ein glückliches und erfülltes Leben führen sollten. Wir rezitieren diesen Abschnitt jeden Morgen und Abend, wenn wir Gongyo machen.

Wir werden in diese Welt geboren, um das Le­ben zu genießen. Wir werden nicht geboren, um zu leiden. Dies ist der Ausgangspunkt des Lotos-Sutras. In dieser Welt „glücklich zu sein und sich wohl­zufühlen“ bedeutet, in seiner Arbeit und seinem Familienleben Freude zu empfinden und sich gerne zu bemühen, anderen durch unsere buddhistischen Aktivitäten zu helfen. Wenn wir einen wirklich ho­hen Lebenszustand haben, dann können wir, auch wenn unschöne Dinge passieren, sie als interessante Bereicherung unseres Lebens betrachten, so wie eine Prise Salz den Geschmack einer Süßspeise verbes­sern kann. Wir können wirkliche Freude im Leben empfinden, was auch geschehen mag.

Dieser Abschnitt versichert uns, dass wir in jedem Fall eine solch starke Lebenskraft entwickeln können. Und er ermutigt uns, uns in der buddhisti­schen Praxis auf dieses Ziel hin zu bemühen.

„ ;Glücklich sein und sich wohlfühlen’ “ bedeutet hier die Freude, die aus dem Gesetz kommt.

„Die Freude, die aus dem Gesetz kommt“ zu erfahren heißt, das ewig unveränderte Mystische Gesetz zu genießen und die Kraft und Weisheit, die daraus kommen, zu erleben. Im Gegensatz zu dieser Freude können wir von der Freude sprechen, die aus der Erfüllung diverser Wünsche stammt. Obwohl sie wie echte Freude erscheinen mag, ist solche Freude immer zeitlich begrenzt und oberflächlich. Sie kommt nicht aus der Tiefe des Lebens, und bald folgt ein Gefühl von Freudlosigkeit und Unzufriedenheit.

Der Glaube ermöglicht es uns, ewige Freude aus dem Gesetz zu holen. Wir sollten es in unserem Herzen eingravieren, dass wir selbst diese Freude erfahren. Deshalb hängt unser Glück nicht von anderen ab. Niemand kann uns glücklich machen, nur durch unsere eigenen Bemühungen können wir glücklich werden.

Es gibt deshalb keinen Grund, auf andere neidisch zu sein. Es ist nicht notwendig, gegenüber anderen Groll zu hegen oder unser Glück von ande­ren Menschen abhängig zu machen. Wir selbst haben die Kraft, unserem Leben jede Richtung zu geben, die wir wünschen. Sich von anderen Menschen oder der Umgebung herumzerren zu lassen, ist nicht die Art zu leben, die das Lotos-Sutra lehrt. Wahres Glück heißt nicht, einen Moment glücklich zu sein und schon im nächsten unglück­lich. Die Neigung zu überwinden, andere Menschen oder unsere Umgebung für unsere Leiden verant­wortlich zu machen, wird es uns ermöglichen, unseren Lebenszustand merklich zu erhöhen.

In letzter Konsequenz ist der Glaube für uns selbst, nicht für jemand anderen. Wir praktizieren natürlich für uns selbst und für andere, und für die Verwirklichung von Kosen-rufu, doch wir selbst sind die Empfänger aller unserer Bemühungen im Glauben. Alles was wir tun, trägt zu unserer Entwicklung und zur Erhöhung unseres Lebens­zustandes bei und zur Errichtung der „Welt der Buddhaschaft“ in unserem Leben. Wenn wir mir dieser Entschlossenheit praktizieren, verschwinden unsere Leiden. Die „Welt der Buddhaschaft“, die von dem Staub der Leiden verdeckt wurde, beginnt zu leuchten, und wir können frei und unbeschwert die Freude genießen, die aus dem Gesetz kommt.

Wahrer „Frieden und Sicherheit“ ist der Mut, Schwierigkeiten zu überwinden

„Sie gehören offensichtlich zu den ‚Menschen’und ‚dort’ bezeichnet die ganze Welt, zu der Japan gehört.

‚Gliicklich sein und sich wohlfühlen’ heißt zu erkennen, dass unser Leben, d.h. Körper wie Geist, wir selbst wie auch unsere Umgebung, das Wesen von Ichinen sanzen und der Buddha der absoluten Freiheit sind.“

Der Daishonin sagt, dass dieser Abschnitt „Die Menschen dort (in meinem Land) sind glücklich und fühlen sich wohl“ sich auf Sie (die Zuhörer) bezieht. Doch egal wie oft wir diese Gosho lesen oder studie­ren, wir haben leider immer noch die Tendenz zu denken: „Das mag für andere zutreffen, aber meine Situation ist anders.“ Besonders wenn wir mit Schwierigkeiten von allen Seiten zu kämpfen haben, wenn es scheint, als ob unser Herz vor Kummer zer­brechen wird, denken wir „Aber für meine Leiden gibt es keine Hilfe“. In diesem Abschnitt sagt uns der Daishonin, dass dies in jedem Fall nicht wahr ist.

Shijo Kingo, der Empfänger dieses Briefes, war von seinen Kollegen verleumdet und verschiedener Vergehen angeklagt worden. Sein Lehnsherr hatte ihm deshalb seine Gunst entzogen. Dies alles geschah durch den Neid seiner Kollegen. Kingo hatte das Vertrauen seines Lehnsherren genossen, aber wenn es notwendig war, sagte er direkt, was er dachte. Damit hatte er sich viele Feinde geschaffen.

Es ist vielleicht ein Teil der menschlichen Natur, schon auf Kleinigkeiten neidisch zu sein. Die Menschen bemühen sich, jemanden, auf den sie neidisch sind, zu übertrumpfen, und freuen sich dann über das Unglück des anderen. Wir sollten uns von dieser erbärmlichen Tendenz nicht besiegen lassen. Es ist wirklich sinnlos, sich in einem solchen emotionalen Wirbelsturm fangen zu lassen und von einem Hochgefühl in einem Moment zu tiefer Niedergeschlagenheit im anderen zu schwanken.

Wie in dem Abschnitt „die Freude, die aus dem Gesetz kommt (selbst zu erfahren)“ schon angedeu­tet wird, ist der Schlüssel, eine solche innere Stärke zu entwickeln, dass wir allem, was uns begegnet, vom Standpunkt der Buddhaschaft, dem Lebenszu­stand des absoluten Glücks, begegnen können. Wie der Daishonin sagt, ist es das konstante Daimoku-Chanten, das uns in die Lage versetzt, dies zu tun.

Wie der Daishonin mit dem Absatz ‚unser Leben, d.h. Körper wie Geist, wir selbst wie auch unsere Umgebung’ schon andeutet, ist der Buddhis­mus keine abstrakte Theorie, die nur unseren Geist betrifft. Er sagt auch nicht, dass wir unsere subjek­tive Betrachtung von anderen Menschen und unserer Umgebung ändern müssen. Die Wohltaten und guten Ursachen, die wir in der Tiefe unseres Lebens an­sammeln, werden sowohl auf der materiellen Ebene wie auch in unserer Umgebung sichtbar. In unserem Körper und Geist, unserem Selbst und unserer Um­gebung, unserer Einstellung zum Glauben, die unsichtbar ist, verändert sich alles mit großer Kraft und Stärke in die bestmögliche Richtung - für unser Glück und die Erfüllung unserer Wünsche.

Jemand, der dieses Prinzip in die Praxis umsetzt, ist der „Buddha der absoluten Freiheit“. Für den Moment wollen wir eine detaillierte Diskussion dieses Begriffs beiseite lassen. Es genügt im Moment zu sagen, dass der Buddha der absoluten Freiheit ein Buddha ist, der, während er ein gewöhn­licher Mensch bleibt, die unbegrenzte Freude, die aus dem Gesetz kommt, erhält und genießt. Genauer gesagt ist der Buddha der absoluten Freiheit Nichi­ren Daishonin. Im weiteren Sinn bezieht sich dieser Begriff auch auf die Menschen, die sich bemühen, Kosen-rufu zu verwirklichen und eine direkte Glaubensverbindung mit dem Daishonin haben.

Der Daishonin interpretiert „absolute Freiheit“ als „die Fähigkeit frei zu erhalten und zu benutzen.“ „Die Fähigkeit frei zu erhalten und zu benutzen“ ist das Prinzip von Ichinen sanzen“.^3^

Josei Toda, der zweite Präsident der Soka Gakkai, erklärte, dass der Gohonzon ein uner­schöpflicher Schatz von Wohltaten sei. Nichikan Shonin erklärte: „Wenn Sie den Glauben an diesen Gohonzon auch nur für kurze Zeit annehmen und Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten, wird kein Gebet unbeantwortet, kein Vergehen ungesühnt bleiben, alle Wohltaten werden erscheinen und die ganze Richtigkeit des Gesetzes wird bewiesen.“^4^

In welchem Umfang wir die tiefe und uner­messliche Freude, die aus dem Gesetz kommt, „erhalten“ und ,,genießen“ können, hängt nur von unserem Glauben ab. Schöpfen wir nur ein kleines Glas Wasser aus dem Ozean oder füllen wir einen großen Swimmingpool damit auf? Können wir reichlich davon empfangen und immer mehr benutzen? Dies wird nur von unserem Glauben entschieden.

Wenn Sie in Ihrem Herzen entschieden haben, „ich allein bin nicht in der Lage, glücklich zu werden“ „nur meine Leiden werden für immer ungelöst bleiben“, dann wird dieser Teil Ihres Geistes oder Ichinens Ihre Wohltaten blockieren.

Deshalb will Nichiren Daishonin in diesem Abschnitt Shijo Kingo, der unter großen Schwierig­keiten litt, sagen: „Auch Sie können in jedem Fall so glücklich werden, wie es das Sutra sagt.“ Er unter­streicht das große Mitgefühl des Daishonin.

„Es gibt kein größeres Glück, als an das Lotos-Sutra zu glauben. Es verspricht uns ‚Frieden und Sicherheit in diesem Leben und gute Umstände für das nächste’^5^.

Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Ein kleines Herz gewöhnt sich an Leiden und wird gefügig, während ein großes Herz sich über das Unglück erhebt.“ Wahres Glück ist nicht die Abwesenheit von Leiden; man kann nicht jeden Tag einen blauen Himmel haben. Wahres Glück bedeutet ein Selbst (ein Ich) aufzubauen, das würdevoll und unbe­zwingbar wie ein großer Palast jeden Tag erlebt, ob es regnet, schneit oder stürmt.

Einen Zustand von „Frieden und Sicherheit in diesem Leben“ zu erreichen bedeutet nicht, ein Leben zu führen, das frei von allen Schwierigkeiten ist. Es bedeutet, dass wir den unerschrockenen Mut und die Überzeugung aufbringen können, gegen jede Schwierigkeit, die auftreten mag, zu kämpfen und sie zu überwinden, ohne davon auch nur ein wenig ins Schwanken zu geraten. Das ist der Zustand von „Frieden und Sicherheit in diesem Leben“. Wie schon in dem Satz „und wenn Sie verstehen wollen, was sich in der Zukunft zeigen wird, dann betrachten Sie die Umstände, die in der Gegenwart existieren“^6^ angedeutet wird, einen großen Zustand von Glück und Sicherheit in diesem Leben zu errichten, ist der Beweis, dass wir in der Zukunft die Wirkung der guten Umstände erleben werden, d.h. an einem Ort geboren werden, der für unser weiteres Wachstum förderlich ist.

Einige Religionen lehren, dass die Menschen nach dem Tod glücklich werden, selbst wenn ihr jetziges Leben sehr unglücklich ist. Dies ist nicht die Lehre des Lotos-Sutras, die erläutert, dass wir so­wohl die Gegenwart als auch die Zukunft voll genie­ßen können. Dies ist die Essenz des Buddhismus. Um ein solches Leben aufbauen zu können, müssen wir durch das Chanten von Daimoku eine starke Lebenskraft entwickeln und die Realitäten unseres Lebens herausfordern. Durch solche Bemühungen können wir „Frieden und Sicherheit in diesem Le­ben“ und „gute Umstände für das nächste“ erfahren.

„Lassen Sie sich nicht von den Schwierigkeiten der Gesellschaft stören. Schließlich kann niemand Problemen ausweichen, selbst Heilige und Weise nicht.“

Der Daishonin sagt, dass selbst Heilige und Weise den Problemen nicht ausweichen können. Die Menschen in der Gesellschaft nehmen an, dass wenn jemand herabgesetzt und verfolgt wird, diese Person wohl schlecht oder böse sein muss. Vom Standpunkt des Buddhismus aus gesehen, ist es möglich, dass Menschen verbal attackiert werden und Schwierig­keiten begegnen, selbst wenn sie schuldlos sind. Die Menschen können einen guten Menschen verleum­den oder über ihn schreiben, er wäre schlecht, Lügen als wahr und die Wahrheit als Lüge darstellen. Dies ist eine Tatsache in der Gesellschaft.

Auch Shijo Kingo litt unter Schmähungen. Aber der Daishonin sagt ihm: „Lassen Sie sich nicht von den Schwierigkeiten des Lebens stören.“ Wer sich zu verleumderischen Anschuldigungen herablässt, hat als Mensch verloren, nichts ist niedriger oder gemeiner. Wir sollten uns von solchen verächtlichen Dingen nicht im geringsten beirren lassen. So wie man keinen Dreck in den Mund nimmt, so darf man solchen Schmutz nicht in sein Herz lassen. Der Daishonin rät Shijo Kingo, das feige Verhalten seiner Ankläger aus seinem Gedächtnis zu verbannen, Der römische Philosoph Seneca schrieb, dass der Pfeil der Verleumdung das Herz einer weisen Person nicht treffen kann.

Viel menschliches Unglück kommt von Men­schen, die an Dingen verzweifeln, die durch Ver­zweiflung nicht verändert werden. Wir sollten uns nicht über Dinge Sorgen machen, die nicht dadurch gelöst werden können. Wichtig ist, einen goldenen Palast der Freude im Herzen zu errichten, den nichts erschüttern kann - ein Lebenszustand wie ein klarer blauer Himmel über dem Sturm, eine Oase in der Wüste, eine Festung über den hohen Wellen.

Es ist wichtig, dass wir gegen Ungerechtigkeit mit einem erhabenen und beherzten Geist kämpfen. Während Nichiren Daishonin einen entschiedenen Kampf gegen das Böse führte, der ihn beinahe das Leben kostete, rief er (zu Shijo Kingo, der ihn zum Hinrichtungsort Tatsunokuchi begleitete): „Sie soll­ten über dieses große Glück hocherfreut sein.“^7^ Und er sah voller Überzeugung voraus, dass seine Schü­ler „sich zusammenschließen würden und ihm fol­gen“^8^ Selbst ein kleines Staubkorn von ,Bösem’, das Menschen unglücklich macht, sollte nicht geduldet werden. „Frieden und Sicherheit in diesem Leben und gute Umstände für das nächste“ zu erreichen, liegt in dem Kampf mit dem Glauben unerschütter­lichen Mutes.

„Chancen Sie einfach Nam-Myoho-Renge-Kyo, und wenn Sie Sake trinken. bleiben Sie zu Hause bei Ihrer Frau.“

In dem Moment, in dem Shijo Kingo einen Fuß vor seine Tür setzte, war er in Gefahr, von seinen Feinden angegriffen zu werden. Der Daishonin warnt ihn, nicht unvernünftig zu handeln, sondern zu Hause zu bleiben und Daimoku zu chanten und rät ihm, dass er und seine Frau sich gegenseitig ermutigen sollen. Er lehrt seinen Schüler mit ande­ren Worten die Wichtigkeit des Glaubens, um eine glückliche und harmonische Familie aufzubauen. Der Daishonin drängt Shijo Kingo, glücklich in der Gegenwart zu leben, ohne über Geschehnisse in der Vergangenheit zu brüten oder darüber zu grübeln, was in der Zukunft geschehen mag. Glück liegt nicht weit weg in der Ferne. Es liegt im Hier und Jetzt.

„Leiden Sie, worunter man leiden muss, und freuen Sie sich, worüber man sich freuen kann. Betrachten Sie Leiden und Freude als Tatsachen des Lebens und chanten Sie unter allen Umständen weiter Nam-Myoho-Renge-Kyo. Dann werden Sie die grenzenlose Freude des Gesetzes erleben.“

In Zeiten des Leidens, chanten Sie Daimoku. In Zeiten der Freude, chanten Sie Daimoku. In der Lage zu sein, zu chanten, ist in sich selbst Freude. Im Leben gibt es sowohl Zeiten des Leidens als auch Zeiten der Freude. Es sind alles unersetzbare Szenen im Drama des Lebens. Ohne Leiden könnten wir die Freude nicht schätzen. Ohne sowohl Freude als auch Leiden zu kennen, könnten wir die Tiefe des Lebens nicht erfahren.

„Leiden Sie, worunter man leiden muss,“ sagt Nichiren Daishonin. Leiden ist im Verlauf des Lebens unvermeidlich. Deswegen müssen wir uns auf diese harten Zeiten vorbereiten und die innere Stärke haben, über unseren Gefühlen von Sorge und Angst zu stehen.

Wir müssen das „ruhige Licht des Mondes der Erleuchtung“^9^ - die Welt der Buddhaschaft - in unse­rem Leben scheinen lassen. Dann werden irdische Begierden in Erleuchtung verwandelt, und wir können alles, was in unserem Leben passiert, benutzen, um unser Glück zu nähren.

„Freuen Sie sich, worüber man sieh freuen kann“ heißt, die „mystische Lotus-Blume in unserem Herzen“^10^ strahlend erblühen zu lassen, mit einem Gefühl von Wertschätzung und Freude. Jemand, der Freude finden kann, der etwas wertschätzt, erlebt eine Hochstimmung und Freude im Leben, die stän­dig weiter wächst. Das ist die Aufgabe des Herzens.

Selbst wenn sich die Wellen auf der Oberfläche kräuseln, ist der Ozean in seiner Tiefe ruhig und unveränderlich. Es existiert Freude und Leiden im Leben; deshalb müssen wir ein tiefes und unzerstör­bares Selbst entwickeln, das von diesen Wellen nicht berührt wird. Jemand, der dies erreicht, erlebt die Freude, die aus dem Gesetz kommt. Auf der Reise von Kosen-rufu werden die Dinge nicht immer glatt gehen. Aber wir sind ewige Freunde. Menschen, die sich in guten Zeiten zusammenfinden, aber sich im Stich lassen, wenn es schwierig wird, sind keine Freunde. Für das Leiden anderer blind zu sein und zu sagen, „das geht mich nichts an“ ist kein freund­schaftlicher Geist. Wahre Freunde teilen sowohl Leiden als auch Freude.

Wir leiden zusammen, freuen uns zusammen und lassen zusammen unser Leben erblühen. Wir betrachten sowohl Leiden als auch Freude als Tatsa­chen des Lebens und chanten weiter Nam-Myoho-Renge-Kyo, was auch geschieht. Diese Freundschaft und diesen Zusammenhalt im Glauben aufrechtzuer­halten, ist die ewige Richtlinie für uns, die wir auf Kosen-rufu zugehen. Lassen Sie uns mit einer starken Einigkeit im Glauben vorangehen.

„ Verstärken Sie Ihren Glauben mehr denn je.“

Als Nichiren Daishonin zur Exekution nach Tatsunokuchi geführt wurde, rannte Shijo Kingo sofort an seine Seite. Er nahm die Zügel des Pferdes, auf dem der Daishonin ritt, und stand ihm mutig bei. Er schwor, sich selbst zu töten und dem Daishonin in den Tod zufolgen. Er war ein Mensch mit sehr starkem Glauben, der auf dem Weg von Meister und Schüler kühn voran ging. Selbst zu Shijo Kingo, der einen solch starken Glauben besaß, sagt der Daisho­nin: „Verstärken Sie Ihren Glauben mehr denn je.“ Was wir in der Vergangenheit getan haben, ist eine Sache. Was wir von jetzt an tun aber zählt. Alles hängt von der Stärke unseres Glaubens ab. Glaube ist Stärke. Es ist die größte Kraft, die die Menschen haben.

Wir erhalten die Kraft des Buddhas und die Kraft des Gesetzes, verkörpert im Gohonzon in Übereinstimmung mit unserer Kraft des Glaubens und der Praxis. Glaube ist die „geheime Kunst“, um unser tägliches Leben mit der innewohnenden Kraft des Universums zu verschmelzen.

Shijo Kingo bemühte sich im Glauben so, wie es der Daishonin lehrte. Nachdem seine Schwierig­keiten vorüber waren, zeigte er den tatsächlichen Beweis des Mystischen Gesetzes durch die Rück­gewinnung des Vertrauens seines Lehnsherren und die Verdoppelung seines Lehens. Seine Kollegen, die ihn verfolgt hatten, erlebten höchst bedauerliche Konsequenzen.

So zu praktizieren, wie der Daishonin es lehrte, ist der grundlegende Geist der SGI. Wir gehen voran in genauer Übereinstimmung mit den Lehren der Gosho. Solange wir diesen Punkt nicht vergessen, können wir einen großen Sieg im Leben und in unse­ren Bemühungen für Kosen-rufu erreichen.

Die Gosho ist eine ewige Lehre, und wir sollten dankbar sein, sie zu haben. Weil wir dieser Lehre begegnet sind, können wir ein wunderbares Leben des ewigen Sieges führen.

^1^ Deutsche Gosho, Band 1‚ Seite 23

^2^ Lotos-Sutra, Kapitel 16

^3^ Japanische Gosho, Seite 759

^4^ aus seinem „Kommentar des Wahren Objekts der Verehrung“

^5^ Lotos-Sutra, Kapitel 5

^6^ Deutsche Gosho, Band 2, Seite 183

^7^ Deutsche Gosho, Band 1‚ Seite 189

^8^ Deutsche Gosho, Band 1, Seite 185

^9^ Japanische Gosho, Seite 1262

^10^ Japanische Gosho, Seite 978

Quelle: FORUM November/Dezember 1998

Der Reichtum des Lebens

Heute widme ich mein Leben erneut für Kosen-rufu:

Um stark zu sein, so dass nichts\ meinen inneren Frieden beunruhigen kann

um jedem Menschen, dem ich begegne,\ Gesundheit, Glück und Hoffnung zuzusprechen

um meine Freunde fühlen zu lassen,\ dass es etwas Gutes und Schönes in ihnen gibt

um die sonnige Seite der Dinge zu sehen\ und im Leben optimistisch zu sein

um immer das Beste zu denken und danach zu streben,\ das Beste zu tun und zu erwarten

um die Fehler der Vergangenheit zu vergessen\ und größere Errungenschaften in der Zukunft voranzutreiben

um soviel Zeit für die eigene Vervollkommnung zu geben,\ dass ich keine Zeit habe, andere zu kritisieren

um zu stark für Angst, zu freundlich für Ärger\ und zu glücklich für Sorgen zu sein

um mein Herz im Glauben jeden Tag zu erheben,\ damit der Gohonzon in meinem Leben sichtbar wird.

Daisaku Ikeda

Die Buddhaschaft

Betrachte nur den Gohonzon, verschmelze mit ihm, ohne irgend etwas zu suchen, ohne an irgend etwas zu denken.

Die Gedanken fließen, aber Du suchst sie nicht, Du folgst ihnen nicht. Wenn sie kommen ist es gut, wenn sie nicht kommen ist es gleichermaßen gut. Wenn Du auf diese Art und Weise in Einklang (Syntonie) zu praktizieren beginnst, stören Dich die Gedanken nicht mehr und Du wirst komplett gesammelt sein.

Wenn Dir viele Gedanken während der Ausübung kommen, bekümmere Dich nicht deswegen, denn es genügt schon das kleinste Bedürfnis, dass Du Dich von ihnen befreien willst, und der Kampf beginnt.

Es ist ein natürlicher Vorgang: so wie die Blätter an den Zweigen zum Vorschein kommen, so erscheinen die Gedanken im Geist. Da ist wahrlich nichts Schlechtes dabei.

Bleibe ein unparteiischer Beobachter und bewerte nichts. Beschränke Dich darauf, den Gohonzon zu fixieren und fahre fort mit der Ausübung.

Je konzentrierter Du ihn betrachtest, umso weniger sind Dir die Gedanken lästig, umso mehr wirst Du eins mit ihm, umso näher kommst Du der Buddhaschaft.

Aber was gewinnen wir dabei, wenn wir Buddha werden?

Nichts! Im Gegenteil, vieles verliert sich: die Angst, der Ehrgeiz, der Hass, die Gewalt, die Passivität. Jede der 10 Welten wird erleuchtet. Dummheit, Animalität und Ärger verschwinden und die Buddhaschaft bleibt.

Daisaku Ikeda

Ermutigung an einen jungen Menschen

Schätzt man die Kraft von Daimoku zu gering ein und sucht nur nach anderen Auswegen oder Methoden, verliert man den Kampf. Durch den Kampf mit ganzer Kraft und Konzentration, als ginge es um das eigene Leben, kann man das Glück (Fuku'un) ansammeln. Wenn das Gebet von allen vereint wird, wird der Kampf zu einer grossen Welle.

Egal, wer etwas sagt, nichts ist stärker als Daimoku. Ohne Handeln kein Glaube. Der Gohonzon durchschaut alles.

Wenn man in der Welt des Glaubens von ganzem Herzen ernsthaft praktiziert, geschieht es mystisch, dass man tausend oder zehntausend mal mehr Wohltaten erhält, als bisher.

Wenn man durch und durch Daimoku chantet, entwickelt der Glauben die Kraft, eiserne Türen zu öffnen. Es ist unmöglich, dass man sein Karma dadurch nicht überwinden kann.

In der Welt des Glaubens sollte man mit vielen zusammen wie ein Sturm Daimoku chanten.

Daimoku ist alles. Daimoku ist für alles. Daimoku ist effektiver als Millionen Führungen, Millionen Bücher mit Führungen. Chantet bitte viel Daimoku. Betet und habt Wünsche. Alles wird sich in diese Richtung bewegen, und der Weg zum Sieg wird sichtbar; Es kommt darauf an, wie viel Daimoku Du gechantet hast. Wenn man viel chantet, ändert sich auch der Bereich des Berufs.

Du wirst sicherlich auch mal schwer leiden. Auch wirst Du traurige Ereignisse erleben. Mal musst Du nachts Tränen weinen. Mal empfindest Du tiefe Verletzung im Herzen. Zu solch einer Zeit, klopf an die Tür meines Herzens. Mein Herz ist für Dich offen. Mit diesen meinen Ohren höre ich Dir zu, und wir weinen gemeinsam.

Wenn Du Dich freust, brauchst Du es mir nicht zu sagen, denn ich sehe es an Deinem Gesicht. Du kannst mir alle traurigen, unangenehmen Dinge erzählen. Ich trage die Hälfte Deines schweren Körpers.

Lass uns zusammen gehen.

Daisaku Ikeda

Zur Einstellung vor dem Gohonzon

von Dr. Eiji Yamazaki

Vor dem Gohonzon sollte man eine Grundhaltung haben wie wenn man im Urlaub ist. Es ist notwendig, dabei die Arbeit, den Alltag, hinter sich zu lassen.

Das ist wichtig, um sich zu erfrischen, frei zu sein von Anspannung, gelöst zu sein. Wenn die buddhistische Praxis eine Verlängerung des sozialen Lebens im Alltag ist, ist sie nicht effektiv.

Bei der Zeremonie in der Luft (Gongyo) erhebt man sich über der Erde. Wenn Ihr aber vor dem Gohonzon beherrscht seid von Euren Problemen, wird nichts Gutes zum Vorschein kommen. Es ist nötig, sie beiseite zu lassen, sich somit einen besonderen Moment zu gestalten, entspannt. Das ist die Zeremonie von „Ku. Ich bin Buddha vor dem Gohonzon!“

Der Gohonzon ist wie ein Spiegel, so dass es unnötig ist, sich zu bedrängen, oder unterwürfig, überheblich, schuldig, wertlos oder arrogant zu sein, um in die Welt des Gohonzon eintreten zu können. Man muss gleichgültig gegenüber seinen Gedanken sein. Man kämpft nicht vor dem Gohonzon, sondern ist locker und entspannt, als befände man sich in der Luft, in der es keine Grenzen gibt. Mit diesem Geist von Ichinen fünfzehn Minuten lang ... das ist genug.

Verändere vom ersten Daimoku an die Welt, fühle das Universum, spüre „Ku, Ke und Chu“! (Ku = die Welt des Buddhas, Ke = man selbst, Chu = die Stärke und Weisheit des Universums.)

Man kann die ganze Kraft des Universums für sich nutzen: Die Weisheit, zuzuhören, zu glauben, nachzudenken und Entscheidungen zu treffen. Verwerft Eure eigene Arroganz, damit Eure Weisheit erscheint, geht durch Zeit und Raum und entgiftet Euch vor dem Gohonzon. Es gibt nichts, das morgens und abends unerreichbar ist - wenn wir Buddha sind. Wir müssen das Vertrauen haben, die Bedeutung der Zeremonie in der Luft zu verstehen und die Überzeugung haben, dass wir der Buddha des ewigen Lebens, der Buddha von Ichinen sanzen und der Buddha der Zuversicht und der Freude sind!

FÜHRUNG VON VIZEPRÄSIDENT TSUJI

In dem Moment, wo wir den Vorsatz gefasst haben, mit einer wunderbaren Möglichkeit Erfolg zu haben ... , müssen wir unsere innere subjektive Welt vor den Angriffen und unterschwelligen Einschmeichelungen negativer Stimmen schützen. „Nichts wird sich ändern, es wird immer so bleiben, wie es ist.“ Solange wir davon verführbar sind - wie die meisten von uns, bis wir stark genug sind, diese Stimmen automatisch zu zerstreuen - hören wir auf sie. Und wir erlauben ihnen, uns zu beeinflussen. Je länger wir ihnen zuhören, desto mehr erschüttern sie unsere Gebete. Wir ersetzen sie innerlich damit. Irgendwann stimmen wir mit den negativen Stimmen überein, weil wir es bisher so gewohnt waren.

Zu diesen Zeitpunkt hat unser Gebet KEINEN Erfolg! Wenn Du Daimoku chantest, wird das, was Du denkst und fühlst, in das Universum projiziert. Weil das Gesetz unparteiisch ist, haben wir einen freien Willen. Es ist wie ein Spiegel. Wenn wir also unser Gebet unbewusst verändern, wird das vom Gesetz akzeptiert als unser Wunsch. Es verurteilt nicht. Unsere Verantwortung liegt also darin, dass wir, wenn wir etwas wollen, uns an unser Gebet halten und den negativen Stimmen nicht erlauben, uns zu beeinflussen. Wenn wir schon vorher anfangen, Kompromisse zu schließen, haben wir bereits aufgegeben. Sobald wir also einen Vorsatz gefasst haben - keine Kompromisse! Buddhismus heißt gewinnen oder verlieren. Kompromisse gibt es nicht. Kompromisse sind wir unser Leben lang eingegangen.

Nimm also Deinen Vorsatz und chante Daimoku dafür. In dem Moment, in dem Du einen Vorsatz gefasst hast, liegt die Verantwortung, in welcher Weise er verwirklicht wird, bei Gohonzon. Unsere Verantwortung liegt darin, an den Gebeten festzuhalten, ohne innerlich oder äußerlich abzuschweifen oder zu schwanken.

Es ist wichtig, jeden Morgen dafür zu chanten, die Buddhaschaft zu manifestieren. Das ist der wichtigste Punkt, denn wenn wir unsere Buddhaschaft nicht manifestieren können, werden unsere Gebete wenig Effekt haben. Wenn wir diesen Punkt nicht verstehen, verbringen wir unsere Zeit nur damit, für das zu chanten, was wir wollen.

Genauso wichtig ist es, zu wissen, dass wir die Buddhaschaft besitzen. Leben selbst ist Buddha. Alle Dinge, die in diese Welt geboren sind, sind Buddha. Wir dürfen nicht darein verfallen, die Buddhaschaft als etwas außerhalb von uns anzunehmen. Es ist ein und dasselbe, unzertrennlich. Der Gohonzon ist ein Objekt außerhalb von uns, aber er ist ein Katalysator, der die Buddhaschaft aus der Tiefe des Lebens hervorholt. Die Buddhaschaft in uns und die, die der Gohonzon verkörpert, ist ein und dasselbe. Es sieht so aus, als wären es zwei verschiedene Dinge, aber die unveränderliche ewige Wahrheit ist Buddha, ist das Leben selbst. Du bist Buddha in diesem Augenblick! Wenn Du das erkennst, beginnst Du die Würde und die Kraft und die unbegrenzten Möglichkeiten Deines Lebens zu erkennen und zu schätzen.

Das bedeutet, dass Du der Buddha bist, der Dein eigenes Leben auflädt. Niemand sonst. Du kannst daraus machen, was Du willst; nicht das, was Deine Umgebung daraus macht. Wenn Du begreifst, dass Dein Leben Buddha ist, wenn Du dieses Wissen fühlen kannst ... das ist Ichinen sanzen. Dann kannst Du die Kraft aufbringen, alles in ein Buddhaland zu verwandeln, in dem Du lebst, oder es zu erschaffen. Und das ist nicht irgendwo oder in der Zukunft.

Die Zukunft ist nichts als reine Vorstellung. Weder eine positive noch eine negative. Sie existiert nicht als solche oder aus sich heraus. Die Essenz des Lebens, die in MYO liegt, ist ewig und unveränderbar; je mehr Du in Deinem Leben Buddha erkennst, desto mehr Zutrauen wirst Du in Deine Daimokus haben.

Das grenzenlose Ichinen des Gohonzons ist dazu da, dass die Menschen jeglicher Welt sich selber treu werden. Das ist der Grund für das Erscheinen des Buddhas; um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, den Palast ihrer eigenen Erleuchtung und Weisheit zu öffnen. Wenn wir das nicht verstehen, chanten wir wie Bettler. Und irgendwann wird der Gohonzon die Antwort auf unsere Gebete verweigern, denn wenn wir den alten Weg weitergehen, können wir die Erleuchtung nicht erlangen. Wir verpassen den eigentlichen Punkt. Das Gefühl, das Du zum Gohonzon hast, kannst Du in dem in Dir lebenden Gohonzon spüren. Buddhismus ist vertikal. Dieser Moment ist unbegrenzt, unendlich.

Der Zeitpunkt wird kommen, an dem Du bewusst an Deiner eigenen Erleuchtung arbeiten musst, Du kannst nicht nur so dahingleiten. Du kannst Dein ganzes Leben lang von einem falschen Blickwinkel aus chanten. Aber wenn Du ganz aufmerksam bist, kannst Du erkennen, dass unser Leben selbst Buddha ist. Du musst den Sinn Deines Lebens erkennen. Wenn Du das nicht begreifst, wirst Du jedes Mal leiden, wenn ein Problem auftaucht. Du fühlst Dich hoffnungslos und hilflos. Aber wenn wir begreifen, dass unser Leben Buddha ist, werden wir, wann immer ein Problem auftaucht, großes Vertrauen und die Überzeugung haben: „Weil mein Leben Buddha ist, kann ich dieses Problem in Nutzen umwandeln.“ Wenn Du die Überzeugung vertiefen kannst, dass unser Leben die Wesenheit von Buddha ist - und zwar im jetzigen Zustand, nicht erst, wenn wir „perfekt“ geworden sind - werden wir, sobald irgend etwas auftaucht, weder Furcht noch Angst spüren - es wird nur eine neue Gelegenheit sein, diese Situation ihn eine größere Wohltat und Leiden in Freude zu verwandeln.

Die größten Optimisten haben keine Angst vor der Zukunft und kein Bedauern über das Vergangene. Ihr Leben ist Buddha, sie können alles umwandeln und in jeder Situation die vorhandene Buddhaschaft manifestieren. Sogar im Zustand der Hölle, denn sie haben die tiefe Überzeugung, dass ihr Leben selbst Buddha ist. Sie schreiben diese Überzeugung fest und die diesem Phänomen oder der Situation angeborene, innewohnende Buddhaschaft erscheint und passt sich der Überzeugung an.

Über den Glauben, mit dem man keine Wohltaten erhalten kann

(Führung von Herrn Kawai, einem Studienverantwortlichen Japans)

Eine Frau chantete 10 Millionen Daimoku, aber ihr Problem wurde nicht gelöst. Sie wurde wütend auf den Gohonzon. Äußerlich wirkte sie, als hätte sie starken Glauben, doch ihr Herz war nicht vom Glauben erfüllt, sondern voller Misstrauen. Sie chantete Daimoku, ohne wirklich zu beten.

Wie sollte man chanten, um deutliche Wohltaten zu erleben? Es ist wichtig, im Gebet sein Ziel konkret auszudrücken. Es bringt nichts, wenn man Daimoku mit dem Mund ausspricht, als ob ein Goldfisch nach Luft schnappt. Ohne Gebet kein Ergebnis.

Jemandem geht es vielleicht schlecht, obwohl er schon eine Million Daimoku gechantet hat. Eine Frau macht viele Aktivitäten, ihre negative Situation ändert sich trotzdem nicht. Eine andere ist sehr bemüht, aber ihr Problem bleibt bestehen.

Viele praktizieren lediglich, um sich anzustrengen. Wozu sind Glaube und Praxis da? Wir praktizieren, um etwas zu ändern. Aber ändern wir uns in eine bessere oder in eine schlechtere Richtung? Unser Glaube ist dafür da, uns besser entwickeln zu können.

Am wichtigsten ist es, erst einmal den Entschluss zu fassen, sich zu entwickeln. Das wahre Glück besteht darin, sich stetig zu entwickeln. Was ändert sich? Unser tägliches Leben und unser Lebenszustand.

Um den Lebenszustand zu ändern, reicht es nicht, sich nur anzustrengen. Es genügt nicht, nur zu machen, was uns andere sagen. Wir sollten aus eigenem Antrieb entscheiden, uns zu ändern. Im täglichen Leben entscheiden wir, wohin wir gehen. Dafür machen wir Pläne, nach denen wir dann handeln. Das ist kein Spaziergang ohne Ziel.

In Tokyo ist es verboten, dass LKW tagsüber fahren. Deshalb fahren sie nachts mit erhöhter Geschwindigkeit. Sie fahren so schnell, um ihr Ziel möglichst schnell zu erreichen. Außer LKW fahren nachts auch viele junge Menschen auf Motorrädern. Sie treiben wilde Raserei ohne Ziel.

Wer praktiziert und Aktivitäten nur um ihrer selbst willen ohne Zielsetzung ausübt, provoziert sein Schicksal in Raserei ohne jede Lebensplanung.

Wir sollten uns unser Ziel, wohin wir wollen, möglichst konkret setzen, damit zum Gohonzon beten und entsprechend handeln. Das bringt uns eine Wirkung.

Wir sollten uns nicht nur für ein Ergebnis unserer Aktivitäten entschließen, sondern uns für die eigene Änderung entscheiden.

Sich nur Mühe geben reicht nicht. Nicht die Kausalität der Handlungen, sondern die Kausalität von "Ichinen" ist entscheidend. Es kommt darauf an, mit welchem Ichinen wir uns anstrengen. Wenn wir entscheiden, uns selbst und die Situation zu ändern und dann dafür chanten, wird bestimmt alles geändert.

Wir alle machen gleichermaßen Aktivitäten und sind fleißig. Da unsere Ichinen anders sind, sind auch die Ergebnisse bei jedem anders.

Das nach vorne gerichtete Ichinen ist ein fortschreitender Glaube (Vorwärtsgang im Auto).

Die Praxis aus Gewohnheit und Pflicht ist ein seitwärts gerichteter Glaube (Leerlauf).

Jemand, der mit Misstrauen im Herzen und Groll gegen ein Mitglied praktiziert, hat den rückwärts gerichteten Glauben (Rückwärtsgang).

Fortschreiten im Glauben bedeutet, sich zu entwickeln.

1000 (Bemühungen) x 0 (Unglaube, Beschwerde, Klage) = 0 (Wohltaten)

1000 (Bemühungen) x -0,1 (Onshitsu = Groll oder Hass gegen ein Mitglied) = 0 (Wohltaten)

Auch wenn der andere uns wirklich schlecht vorkommt und wir deshalb über ihn klagen, gibt es so keine Wohltaten. Selbst wenn wir Recht haben und richtig praktizieren, bekommen wir keine Wohltaten, solange wir über ein Mitglied schlecht sprechen. Machen wir Onshitsu, sollten wir deshalb lieber nicht mehr praktizieren, denn wir setzen durch solche Handlung schlechte Ursachen. Es gibt entweder Wohltaten durch die Praxis oder negative Wirkungen durch Onshitsu.

Diese Regel gilt auch in der Familie. Auch wenn ein Mann wirklich schlecht ist, ändert er sich nicht, wenn seine Frau einfach nur Groll gegen ihn hegt. Männer sind manchmal faul und wirklich nicht gut, aber sie leiden nicht darunter. Ihre Frauen leiden darunter, also sollten sie für sie (ihre Männer) chanten.

Wenn Frauen sich über ihre Männer beklagen, bleiben Wohltaten aus, auch wenn sie von Tatsachen sprechen. Es geht nicht darum, ob sie Recht haben, entscheidend ist, dass sie sich selbst verbessern.

Es ist besser, nach vorn zu sehen als umherzuschauen.

Es ist besser, sich nicht zu beschweren, sondern Daimoku zum Gohonzon zu chanten.

Gibt es Probleme, dann sollten wir uns an den Gohonzon wenden und konkret beten. Nam bedeutet sich widmen. Wenn wir uns beim Chanten vor dem Gedanken machen wie: "Vielleicht geht es doch nicht. Ich glaube schon, dass es doch nicht geht", dann wird diese Vorstellung realisiert. Der Gedanke der Verneinung wird erfüllt.

Weil uns etwas unmöglich ist, chanten wir Daimoku. Weil etwas nach unserem gesunden Menschenverstand unmöglich scheint, beten wir zum Gohonzon. Weil wir keine bessere Methode haben, beten wir zum Gohonzon.

Eine Frau fragte mich: "Wird die Krankheit meines Mannes geheilt?"

Ich antwortete: "Das weiß ich nicht."

Wenn sie anfängt, ernsthaft mit Daimoku zu beten, weil es keine andere Methode mehr gibt, als sich an den Gohonzon zu wenden, dann kann er geheilt werden, habe ich gesagt. Das gilt für alle Krankheiten. Nur die Namen der Krankheiten sind verschieden.

Toda Sensei sagte: "Weil Krankheit geheilt werden kann, deshalb empfehle ich euch sehr, zu chanten." Die Frage ist nicht, ob die Krankheit geheilt wird oder nicht, sondern ob Du sie heilen willst oder nicht. Eine Krankheit wird nicht verschwinden, nur weil man praktiziert, sondern man sollte sich dafür entscheiden, gesund zu werden.

Eine Frau hatte starke rheumatische Schmerzen und kam von vielen Frauen gestützt zur Versammlung. Ihr Arzt soll ihr gesagt haben, dass das Rheuma sich nicht bessern würde. Sie glaubte ihm. Sie war überzeugt, nicht gesund werden zu können.

"Nam-Myoho-Renge-Kyo ist wie das Brüllen des Löwen", steht in der Gosho, es steht dort nicht "jedoch mit der Ausnahme von Rheuma."

Wenn Sie Wohltaten vom Gohonzon haben möchten, sollten Sie aufhören, sich zu beschweren. Fragen Sie mich nicht, ob Ihre Krankheit geheilt wird oder nicht. Fragen Sie sich selber, ob Sie gesund werden wollen oder nicht und wenn ja, dann bis wann. Sie müssen selber entscheiden, und zwar bevor Sie chanten.

Ein Fischermeister klagte über den schlechten Fischfang. Kaum Lachse seien gefangen worden. Sie seien einfach nicht mehr gekommen. Ich sagte ihm: "Aber sie sind da, nicht wahr?" Er antwortete: "Ja, sie sind da, aber sie kommen nicht hierher." Dann musst Du sie mit Daimoku herbeilocken", sagte ich ihm. Er lockte Lachse mit Daimoku an. Sie kamen in Scharen aus einer anderen Richtung als sonst. In einem Netz waren je ca. 300 Lachse gefangen, obwohl normalerweise höchstens 20 darin waren.

Wegen der wirtschaftlichen Flaute erleide seine Firma ein großes Defizit, klagte ein Mitglied der Männerabteilung. "Du hast ja wohl Deine Eltern, die Dir helfen können", fragte ich ihn. Nein, er habe keine Eltern mehr, antwortete er. Ich staunte: "Aber Du bist ein Buddhakind, nicht wahr? Wer sind also Deine Eltern?" Er ging dann zum Gohonzon und überwand die Krise seiner Firma. Bald machte eine seiner Konkurrenzfirmen Pleite. Sein Geschäft blüht.

Zum Gohonzon sollten wir wie zu unseren Eltern beten, aber nicht etwa wie "Du gibst mir sowieso nichts", oder "ach, Du hast ja sowieso kein Geld dafür". Solch ein Kind ist lieblos, so dass die Eltern zögern würden, seinem Wunsch sofort zu entsprechen. Wir sollten ganz stark beten und dabei von der Erfüllung des Wunsches überzeugt sein.

Ein anderer Geschäftsmann erzählte mir, dass seine Firma letztes Jahr einen Umsatz von 90 Millionen Yen erzielt hätte, aber dieses Jahr wegen der Flaute kaum Gewinn zu erwarten sei. Ich sagte ihm: "Das kann doch nicht wahr sein. Das ist kein Glaube. Setzen Sie sich bitte ein konkretes Ziel und beten Sie dafür. Beten Sie gezielt für Ihr Geschäft?" Er antwortete mir, er habe nicht dafür gechantet. Er soll dabei sehr sauer auf mich geworden sein, erfuhr ich später. Trotzdem setzte er sein Ziel nun auf 150 Millionen Yen. Das hat er in dem Jahr tatsächlich erreicht.

"Es besteht ja sowieso keine Möglichkeit der Verbesserung", "Weil die Konjunktur schlecht ist..." usw. Solche Ansichten haben mit unserem Glauben nichts zu tun. In unserem Glauben heißt es so: Weil es unmöglich ist, können wir dafür zum Gohonzon chanten. Weil wir genau wissen, dass es unmöglich ist, deshalb beten wir zum Gohonzon. Wir setzen uns ein Ziel, entscheiden, dies zu erreichen und beten dann dafür. So werden zuerst die Weisheit und die Lebenskraft hervorgebracht, so dass wir am effektivsten planen und handeln können. Dadurch werden wir von den Schutzgöttern in unserer Umgebung völlig beschützt, so dass Unmögliches möglich wird.

Wer schwankt, sucht nach Methoden. Wer richtig glaubt, zweifelt nicht.

Die Erfahrungen mit dem Gohonzon werden zu einem Gewicht, das unseren Glauben nicht mehr schwanken lässt. Unser Glaube ist keine Pflicht, sondern ein Recht, glücklich zu werden. Wir handeln richtig, aber der Gang ist manchmal nicht richtig eingestellt. Wir sollten viele Wohltaten erhalten. Viele Erlebnisse mit dem Gohonzon sollten wir haben. Solch glücklichen Beweis, dass alle anderen uns bewundern, sollten wir daher zeigen. Wir sollten uns und die Situation tatsächlich ändern.

Wenn ein Auto schnell fährt, ändert sich gleichzeitig auch die Landschaft. Wenn die Frau sich geändert hat, ändert sich sowohl ihr Mann als auch ihre Kinder. Diesen Buddhismus zu praktizieren heißt nicht, keine Probleme mehr zu haben. Buddhaschaft hervorzubringen heißt, die Minuspunkte, die wir haben, zu Pluspunkten zu verändern. Probleme und Leiden sind für uns eine Gelegenheit für eine neue Entwicklung. Hier sind die 10 Merkmale, um zu prüfen, ob unser Glaube nicht eine Gewohnheit geworden ist:

1. Ob wir entschlossen sind und Ziele vor Augen haben.

2. Ob wir für unsere Ziele oder Wünsche konkret beten.

3. Ob wir bei der Praxis nicht passiv geworden sind.

4. Ob wir uns nicht beschweren.

5. Ob wir dankbar sind.

6. Ob wir einen starken suchenden Geist haben.

7. Ob wir unsere Berufs- oder Haushaltsarbeit nicht vernachlässigen.

8. Ob wir uns von Schwierigkeiten oder Leiden nicht wie erschlagen fühlen.

9. Ob wir das Aufgabenbewusstsein für Kosen-rufu nicht verloren haben.

10. Ob wir das starke Verantwortungsbewusstsein für Kosen-rufu haben.

WERTSCHÄTZUNG

Führung von Herrn Sonada

Wertschätzung ist schwer zu erlernen, denn unsere Gesellschaft lehrt uns immer zwischen gut und böse, richtig und falsch zu unterscheiden. Wir sind ‚programmiert’, an gut und schlecht zu glauben. Wenn wir die Dinge bekommen, die wir wollen, sind wir glücklich, und wenn wir nicht bekommen, was wir wollen, dann stehen wir dem Leben missgünstig gegenüber.

Der Daishonin lehrte uns, dass es 14 Dinge gibt, die uns davon abhalten, glücklich zu werden. Zwei davon sind:

Wir nehmen unsere missverstandenen Identitäten so tief in uns auf, dass sie zu unsere Realität werden.

Wertschätzung bezieht sich nicht auf etwas außer-halb Ihrer selbst. Schätzen Sie als allererstes Ihr eigenes Leben. Haben Sie sich selbst gegenüber Verständnis, wenn Ihnen etwas nicht gelingt. Zeigen Sie sich selbst gegenüber Wertschätzung, wenn Sie etwas immer und immer wieder versuchen und es Ihnen trotzdem misslingt. Haben Sie Verständnis für sich, wenn Sie sich selbst beschämen. Unser eigentliches Problem ist, dass wir unglücklich sind. Wie können wir das also verändern? Haben Sie Verständnis für das, was Sie sind. Sie sind ein Buddha. Sie sind das Beste, was je auf diesem ganzen Planeten erschienen ist. Sie sind das Größte im ganzen Universum. Wenn Sie daran glauben, dass es nichts in Ihrem Leben gibt, was Sie nicht tun könnten, dann gibt es auch nichts, was Sie nicht tun könnten. Daran zu glauben, dass Sie alles tun können, bringt Ihr Leben in Harmonie.

Als wir jung waren, hat uns niemand beigebracht zu laufen. Wir verhielten uns getreu unserer Natur und brachten es uns selbst bei. Aber mit dem Älterwerden versuchten andere (Eltern, Lehrer usw.) uns zu kontrollieren. Das hat uns verärgert. Wir müssen versuchen, wie ein Baum zu sein. Ein Baum bleibt ein Baum, egal ob du ihn trittst oder verfluchst. Er lebt in Harmonie mit sich selbst. Es interessiert ihn nicht, was du machst. Er ist einfach ein Baum!

Aber mit Menschen läuft das nicht so. Wir leben nicht in Harmonie mit unserer wahren Natur, und wir geraten ins Schwanken durch Gedanken und Meinungen anderer. Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten bedeutet, sich in Harmonie zu begeben. Sie erwächst aus der Wertschätzung seinem eigenen Leben gegenüber.

Wenn Ihr Leben auseinander bricht, versuchen Sie in diesem Augenblick mit Wertschätzung für Ihr eigenes Leben zu chanten. Wenn Sie in Harmonie sind, wird sich das Rad wenden. Unser Leben besitzt unglaubliche Kraft und Weisheit, aber wir vertrauen uns nicht und lassen sie nicht zum Vorschein kommen. Wir versuchen immer Wertschätzung von außen zu bekommen und bekommen sie doch nie. Wenn wir uns selbst wertschätzen, werden wir in der Lage sein, alles um uns herum zu beeinflussen.

Nehmen Sie als Herausforderung für den heutigen Tag: „Egal an welchem Punkt mein Leben sich befindet, ich werde mit dem Vorsatz chanten, dass ich die Situation in einem Monat verändert haben werde. Ich übernehme die Verantwortung, dass das klappt. Und in diesem einen Monat werde ich den größten Nutzen für mein Leben erschaffen.“

Der Daishonin sagte, dass der Schatzturm im Lotos-Sutra der Gohonzon ist und dass aber auch jede/r von uns, die/der Nam-Myoho-Renge-Kyo chantet der Viele-Schätze-Buddha ist. Wenn Sie daran glauben, dass Sie der Viele-Schätze-Buddha sind, dann ist der Ort, an dem Sie sich befinden, der Ort an dem der Buddha wohnt, und Ihre Träume sind des Buddhas Träume. Wenn Sie aber Ihr Leben missachten, werden Sie das Rad nicht herumdrehen können.

Erkennen Sie die Wahrheit in Ihrem Leben. Übernehmen Sie die Verantwortung, den größten Nutzen, den Sie je hatten, zu erschaffen. Alles beginnt und endet mit Ihnen.

Das Prinzip Kyochi myogo, die Einheit von Person und Gesetz, bedeutet auch: wenn Sie chanten, werden Sie und das Gesetz eins. Nam-Myoho-Renge-Kyo umfasst alles im Universum. Chanten Sie dafür, dass Ihr Leben und Ihr Ziel eins werden. Sie sind das Zentrum des Universums. Chanten Sie nicht dafür, ein Hindernis zu überwinden. Chanten Sie für nichts ‚außerhalb’ Ihrer selbst. Chanten Sie Nam-Myoho-Renge-Kyo für die Harmonie in Ihrem Leben. Chanten Sie dafür, dass Sie Ihre eigene Wahrheit erkennen.

Was bedeutet es, einen anderen Menschen wertzuschätzen? Es bedeutet, keine Vorurteile ihm gegenüber zu haben. Sie werden, egal unter welchen Bedingungen, alles für das Glück dieses Menschen tun. Benutzen Sie auch nicht Ärger als eine Form der Beurteilung. Es ist schon in Ordnung, ärgerlich zu werden, aber verurteilen Sie das Leben eines anderen Menschen nicht, nur weil Sie ärgerlich auf ihn sind.

Ein Buddha zu sein heißt nicht, perfekt zu sein. Es bedeutet, dass Sie die Negativität immer in Nutzen umwandeln.

Es gibt eine Geschichte über Bodhisattva Fukyo. Er war ein Anhänger Shakyamunis. Er war ursprünglich ein sehr reicher Mann, aber er war sehr unglücklich. Als er zum Buddhismus konvertierte, entschloss er sich, dass er jeden Menschen, dem er begegnen würde, absolut wertschätzen wollte, und so verbeugte er sich vor jedem, den er sah. Die Leute konnten dieses Benehmen eines völlig Fremden nicht verstehen! So begannen sie ihn zu verfluchen, aber er verbeugte sich einfach weiter. Dann begannen sie ihn zu steinigen, wohin er auch ging, und während er vor den auf ihn geschleuderten Steinen floh, verbeugte er sich weiterhin. Ich hatte diese Geschichte zu Beginn seiner Praxis gehört. Und ich entschloss mich, diese Haltung auch zum Wesen meiner buddhistischen Praxis zu machen.

Normalerweise glauben wir, dass Wertschätzung etwas außerhalb von uns selbst ist. Wir schätzen unseren Besitz oder was jemand für uns tut. Aber im Buddhismus ist Wertschätzung auf unser eigenes Leben bezogen. Wir bemühen uns, das Wesen unseres Lebens wertzuschätzen, was auch immer wir gerade durchleben.

Von ganz klein auf werden wir - von unseren Familien und Lehrern, dem Fernsehen usw. - vorprogrammiert, daran zu glauben, dass wir eine bestimmte Person sind. Aber der Buddhismus sagt uns, dass wir eine falsche Sicht auf das Leben haben. Unser Ziel als Buddhisten ist, eine korrekte Sicht auf unser Leben zu entwickeln. Nichiren Daishonin sagt, dass diejenigen, die die Größe ihres Lebens erkennen, Buddha sind. Diejenigen, die das nicht tun, haben keine Weisheit

Chanten Sie zu erkennen, dass Sie so, wie Sie sind, ein Buddha sind. Nam-Myoho-Renge-Kyo gibt uns die Möglichkeit, zu erkennen, wer wir wirklich sind. Wenn Sie erkennen, wer Sie sind, werden Sie ganz natürlich Ihre Umgebung beeinflussen.

Das ‚Programmiertsein’ macht es uns schwer, unser Leben wertzuschätzen. Wir glauben, dass Wertschätzung immer etwas mit materiellen Dingen zu tun haben muss. Buddhismus bedeutet, zur Größe des eigenen Lebens zu erwachen.

Es ist nicht leicht, das eigene Leben wertzuschätzen, denn ihr Leben möchte sich nicht selbst wertschätzen. Versuchen Sie, 15 Minuten nur dafür zu chanten, das eigene Leben wertzuschätzen. Sie werden zerstreut sein und über alles andere nachdenken als Wertschätzung. Aber versuchen Sie sich auf Wertschätzung , so wie Sie sind, zu konzentrieren.

In Gedanken verurteilen wir unser Leben. Wir sehen gute und schlechte Seiten an uns. Wir glauben, dass alles positiv sein muss, um glücklich zu werden. Aber das geht nicht. Man ist, wer man ist. Es gibt nicht so etwas wie einen guten oder einen schlechten Buddha. Es gibt nur den Buddha, so wie man ist. Wir alle sind einfach Buddhas. Und manchmal tun wir schreckliche Dinge. Gut und böse existiert, weil wir Menschen sind. Das einzige, was unsere Dummheit beweist, ist, dass wir menschlich sind. Und daran ist nichts falsch. Ein Buddha zu sein heißt, die Negativität in Nutzen umzuwandeln.

Wir haben alle Fehler und glauben, dass das die Ursache unseres Leidens ist. Wir versteifen uns auf diesen Glauben, so dass wir einen Grund haben zu versagen. Wir brauchen immer eine Begründung für unser Versagen, und so wiederholt sich die Negativität immer nur und wird stärker. Unsere Buddhaschaft existiert auch in unserer Fehlerhaftigkeit. Wenn wir unsere Buddhaschaft manifestieren und unser Leben wertschätzen, wird unsere Fehlerhaftigkeit unser größter Nutzen werden. Nam-Myoho-Renge-Kyo kann alles umwandeln.

Alles an unserem Charakter ist unglaublich schön. Wir glauben, wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir zerschlagen müssen, aber in Wirklichkeit wird dabei gar nichts zerschlagen. Wir müssen herausfinden, wie wunderbar und kraftvoll unser Leben ist, und das können wir innerhalb von einer Nacht, wenn wir uns wirklich selbst wertschätzen.

Wertschätzen heißt nicht, die Umstände zu akzeptieren. Noch einmal, es geht nicht um etwas ‚außerhalb’ Ihrer selbst.

Wertschätzung hat drei Qualitäten:

1) Egal was passiert, Sie verraten weder Ihre Träume, Ihre Ziele noch sich selbst.

2) Egal was passiert, Sie fällen kein Urteil über sich selbst.

3) Egal in welcher Situation Sie sich befinden, Sie müssen diese verändern. Es ist nicht akzeptabel, dass sie sich in einer Lage befinden, die Sie deprimiert.

Das muss Ihre grundlegende Haltung sein.

Wenn Sie ärgerlich sind, machen Sie das zu einer Funktion des Buddhas. Welche Qualität Ihr Leben auch bestimmt, chanten Sie dafür, diese wertschätzen zu können, und Sie werden eine unbeschreibliche Kraft hervorbringen.

(übersetzt von Ulrike Johannson, 11.3.2001)

Das Prinzip Engi

Studium von Sakae Takahashi

Das Prinzip „Engi“ erklärt die Denkweise, auf der der Buddhismus in seiner Entstehungszeit basierte.

Shakyamuni hat sich mit 19 Jahren dem weltlichen Leben abgewandt und widmete sich ausschließlich der Askese, um dann mit 30 Jahren die Erleuchtung zu erlangen. In diesem Zustand hat er die Gesetzmäßigkeit des Lebens, die man auch als „das Gesetz des Engi“ bezeichnen kann, erkannt.

Dieses Verständnis der Welt ist in anderen Ländern mit anderen Religionen oder Philosophien wie zum Beispiel in Europa eher fremd.

Auf der Basis von „Engi“ können die Probleme und Leiden der einzelnen Menschen und der heutigen Gesellschaft gelöst und überwunden werden. Dies erläutert Präsident Ikeda sehr oft bei seinen Vorträgen und Friedensvorschlägen.

Nun was bedeutet Engi genau? Betrachten wir dies heute auf möglichst einfache Weise also von der praktischen Seite.

Das Prinzip „Engi“ beinhaltet zwei Kernaussagen:

1. Alle Lebewesen und Phänomene ändern sich ständig, d.h. es gibt nichts was ewig so bleibt wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt, zum Beispiel jetzt, ist.

Diese „ständige Veränderung“ beinhaltet natürlich, dass „die Menschen sich selbst ändern können.“ – im positiven wie leider auch im negativen Sinne. Wir wünschen selbstverständlich, eine „positive Änderung“ herbeizuführen.

2. Alle Lebewesen und Phänomene sind miteinander verbunden, somit existiert nichts und niemand ohne Beziehung mit anderen.

Aus dieser Verbundenheit folgt: „Wenn man sich selbst ändert, ändert sich auch die eigene Umgebung.“ Das Ichinen (der starken Entschlossenheit eines Einzelnen) ermöglicht eine tiefgreifende Änderung der eigenen Person und bewirkt somit eine entsprechend starke Veränderung der Umgebung.

Um diese zwei Punkte noch genauer zu erklären:

1. „Alle Lebewesen und Phänomene ändern sich ständig“ steht für den zeitlichen Aspekt des Prinzips Engi.

Obwohl sich in der realen Welt alles ständig ändert (Realität), möchten die Menschen alles, Dinge und Menschen festhalten; sie können sie nicht loslassen und denken irrtümlicherweise, dass sie unverändert bleiben (Illusion). Denken wir nur an Vermögen, gesellschaftlichen Status, Berühmtheit, Gesundheit, Jugendlichkeit, Liebe und vieles mehr. Alles soll so bleiben wie es ist und bei uns bleiben. Da wir Menschen (unbewusst) ahnen, dass dies nicht möglich ist, haben wir immer Angst, etwas zu verlieren.

Shakyamuni hatte erkannt, dass „dieses Anhaften“ und diese „irrtümliche Sichtweise der Unver-änderlichkeit“ Ursache für das Leiden und das Unglück der Menschen ist. Daher sagte er: „Schaut euch doch die Realität an, alle Lebewesen und Phänomene altern und vergehen/sterben ohne Aus-nahme.“ Aber damit meinte er nicht, dass man resignieren oder die Realität passiv akzeptieren soll.

Jedoch verzerrten einige buddhistische Richtungen nach seinem Tod seine wahre Absicht.

Manche behaupteten, dass das Anhaften und die irdische Begierden negative Eigenschaften des Menschen darstellen, die nur Leiden verursachen, und deshalb grundsätzlich auszulöschen sind.

So hatte zum Beispiel die bekannte Nembutsu-Schule jahrhundertelang einen sehr negativen Einfluss auf die Menschen, weil sie die Unveränderlichkeit der Dinge, also auch der herrschenden Lebensbedingungen, so betonte. Sie lehrte, dass Bemühungen, die harte und so schwierige Realität des Lebens zu ändern, meist vergeblich sind. Deshalb lohne es nicht, sich hierfür anzustrengen. Außerdem vertrat die Nembutsu, dass eine „ideale“ Welt nicht im jetzigen, diesseitigen Leben zu realisieren sei. Erst nach dem Tod könne man in diese ideale Welt gelangen (bei Buddha Amida im westlichen Teil des Universums). So wurden die Menschen in eine Welt der Fantasie geführt, und Ihnen eine ausweichende Lebensbetrachtung eingeprägt. Ähnliche Betrachtungsweisen des Lebens finden wir auch in anderen Religionen.

Shakyamuni hatte dagegen gelehrt: „Im realen Leben sind alle Dinge und Phänomene dazu bestimmt sich zu verändern, deshalb sollen die Menschen nicht an diesen anhaften.

Es ist daher ein Irrtum zu denken: „Die negative Realität sei unvermeidlich und man müsse sich ihr passiv ergeben, müsse vor der Realität fliehen und die Hoffnung im Diesseits glücklich zu werden, aufgeben.“

Lehrte Shakyamuni doch, dass sich in der realen Welt alles ständig ändert, das gilt also auch für unsere Umgebung. Jeder Mensch kann sich aktiv, das heißt willentlich, ändern. Deswegen fordern wir uns mit unserer Aufgabe für Kosen-rufu jetzt und hier heraus; wir ändern durch unsere Anstrengungen unsere eigenen Realitäten.

Es gibt kein Schicksal, dass der Mensch nicht ändern kann. Die Energie für diese Änderung oder Transformation existiert in den Herzen der Menschen. Das ist die erste Kernaussage von „Engi“.

Der 2. Aspekt von Engi ist, dass alle Lebewesen und Phänomene miteinander verbunden sind. Dies bezeichnet man auch als den räumlichen Aspekt von Engi. Kein Lebewesen oder Phänomen existiert unabhängig und isoliert voneinander. Alle stehen in gegenseitiger Beziehung zueinander.

Optisch betrachtet (was man sehen kann) ist ein Mensch getrennt von anderen Menschen; man sieht den Körper, registriert das Verhalten. Aber aus buddhistischer Sicht ist der Mensch mit den anderen in der Tiefe des Lebens, in der Schicht des Unbewussten, der 8. Bewusstseinsebene oder gemeinsames Menschheitskarma, verbunden. Dort beeinflussen sich die Menschen gegenseitig, im Negativen wie im Positiven. Sie können sich gegenseitig auch aktiv unterstützen. Dieses gilt für die Menschen selbst als auch ihre Umgebung (Menschen und Natur).

Diese Darstellung entspricht dem Prinzip der neun Bewusstseinsschichten.

Das Prinzip der neun Bewusstseinsschichten ist nicht das heutige Thema, daher möchte ich nicht detailliert darüber sprechen. Um es kurz zu beschreiben: Das Prinzip der „Neun Bewusstseinsschichten“ ist eine Darstellung, das Herz des Menschen vertikal zu betrachten oder das Leben des Menschen von der Oberfläche bis zur tiefsten Ebene anzuschauen.

Von den neun Ebenen des Bewusstseins entsprechen die ersten fünf den fünf Sinnen: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen (Tasten). Es sind die Funktionen von Wahrnehmung und Bewusstwerdung.

Das sechste Bewusstsein integriert diese fünf zu zusammenhängenden Bildern, beurteilt damit die Außenwelt und initiiert die entsprechenden Handlungen. Unsere täglichen Aktivitäten verrichten wir vor allen mit diesem sechsten Bewusstsein.

Wenn wir weitergehen, kommen wir zum siebten und achten Bewusstsein, die dem Bereich des sogenannten Unbewussten entsprechen.

Im Buddhismus wird erläutert, dass die ersten siebten Bewusstseinsebenen individuell funktionieren, dass aber das achte Bewusstsein in Wechselwirkung mit der karmischen Energie der eigenen Familie, der eigenen ethnischen Gruppe ja der gesamten Menschheit, ebenso wie mit derjenenigen von Tieren und Pflanzen agiert.

Die neunte Bewusstseinsschicht ist das universale Leben selbst, da sogenannten reine Bewusstsein, Buddhaschaft oder Nam-Myoho-Renge-Kyo.

Nicht nur die Menschen, auch die Tiere und Pflanzen, haben Teil an dieser innersten Dimension des Lebens, was natürlich allen Beteiligten völlig unbewusst ist. Nach der buddhistischen Anschauung über die Menschen und das Leben, ist das Einzelne dem Universum in seiner Gesamtheit gleichzustellen: Jedes Individuum beinhaltet das gesamte Universum in sich.

Daraus folgt, dass sich Individuen (passiv und aktiv) gegenseitig beeinflussen, sich unterstützen und sich gemeinsam entwickeln und somit auch ändern.

Wir kommen zum Anfang zurück:

So betrachtet existiert der einzelne Mensch nicht getrennt von anderen. Wenn der Einzelne diese Verbindung mit anderen nicht spürt, verursacht dies bei ihm Leiden (Einsamkeit, Verletzlichkeit).

Shakyamuni sagte auch: „Wenn man sein eigenes „Ich“ getrennt von anderen empfindet, so verstärkt dies den Egoismus.“

Bei alle Denk- und Handlungsweisen aus egoistischen Motiven, steht das „Ego“ im Mittelpunkt, es will seine Umgebung nicht berücksichtigen, es will sie ignorieren. Es sieht sich natürlich von anderen „getrennt oder unabhängig).

Wenn etwas Unerwünschtes oder Unangenehmes geschieht, sucht man die Ursache hierfür immer bei anderen und fühlt sich als Opfer: „Ich wurde von ihm verletzt“ oder „Er hat sich gegen mich gestellt.“ Dabei ruft man Ärger und Hass gegen andere in sich hervor.

Um mit sich selbst zufrieden zu sein, versucht man andere zu beherrschen und zu kontrollieren; auch: Wenn man (in der Tiefe) mit sich selbst nicht zufrieden ist, gibt man anderen die Schuld und versucht sie zu erniedrigen.

Man hebt die Unterschiede hervor wie Rasse, Volk, Kultur, Religion, Philosophie, gesellschaftliche Klasse, Geschlecht. Solche Menschen können andere nicht verstehen, nicht respektieren und nicht mit Ihnen zusammen leben.

Solange man selbst und/oder die Menschen generell sich dieser Zusammenhänge nicht bewusst ist/sind, können bisherige Leiden und Streitigkeiten zwischen einzelnen Menschen, sowie Ländern und Völkern auch nicht geändert werden.

Deswegen lehrte Shakyamuni: Man solle nicht das „Ego“ in den Mittelpunkt stellen und daran festhalten. Das soll aber nicht bedeuten, das eigene Leben zu vernachlässigen oder die eigene Unabhängigkeit aufzugeben und keine Verantwortung zu übernehmen.

Ihr kennt sicher schon die Begriffe „kleines Ego“ und „wahres oder großes Selbst"“?

Anstatt das kleine Ego in den Mittelpunkt zu stellen, soll man das wahre oder große Selbst wecken und hervorbringen.

Großes Selbst steht für das stabile Selbst, das in der Tiefe des Gesetzes des Universums gründet. Es fußt somit auf dem Fundament der 9. Bewusstseinsschicht (Amala) oder Buddhaschaft, auf Nam-Myoho-Renge-Kyo.

Mit der Menschlichen Revolution ist gemeint, das “kleine“ Ego in das „große Selbst zu verwandeln, zu transformieren.

Wenn ein Mensch sein großes Selbst öffnet, dann kann er/sie alles ändern, kann wirklich glücklich sein.

Wichtig ist die Einstellung:

Ich bin mit allen und allem anderen verbunden. Wenn ich mich ändere, ändert sich auch meine Umgebung, räumliches Engi.

Wenn ich mich in der Gegenwart, also jetzt, ändere, ändert das meine Zukunft. Das ist die 2. Kernaussage, die zeitliche, von Engi.

Noch einmal:

Das Prinzip Engi ist das Prinzip der Verbundenheit und der Transformation und bedeutet: Durch die eigene Änderung kann man alles ändern.

In der Gosho wird der Begriff Engi nicht erwähnt, da er die Sichtweise der Welt beschreibt, die auf der Erleuchtung Shakyamunis beruhte und in der frühen Zeit des Buddhismus gelehrt wurde.

Im Lotos-Sutra ist das Prinzip Engi als „Shoho jisso“ (das wahre Wesen aller Phänomene) erwähnt.

T'ien-t'ai beschreibt dieses Prinzip in seiner Analyse des Lotos-Sutras als „Ichinen sanzen“ (Dreitausend Lebenszustände in einem einzigen Lebensmoment)

Nichiren Daishonin hat die wesentliche Bedeutung und praktische Anwendung von Ichinen Sanzen gelehrt. Damit jeder an jedem Ort jederzeit dieses Prinzip in seinem Leben umsetzen kann, schrieb Nichiren den Gohonzon ein und verkündete Nam-Myoho-Renge-Kyo. So ist es den Menschen möglich, im täglichen Leben das große, wahre Selbst hervorzubringen und somit das eigene Glück und damit das Glück anderer hervorzubringen.

„Dein Ichinen bewegt das ganze Universum“, sagt Präsident Ikeda.

Wenn man mit seinem ganzen Ichinen konzentriert zum Gohonzon Nam-Myoho-Renge-Kyo chantet, kann man sein Karma ändern und alle Probleme und Leiden überwinden.

Die Lebenssicht des Buddhisten ist alles andere als ein Leben der „Abhängigkeit“, in dem man von anderen, Mächtigen oder von Lebensumständen abhängig ist. Der Buddhismus lehrt, dass alles von der eigenen Entschlossenheit abhängt.

Präsident Ikeda hat das Prinzip Engi in seinem Essay „Deutschland ein Märchenland“ auf wunderschöne Weise beschrieben.

Marianne Acker, Bingen/Frankfurt, 28.9.2002

- Verantwortung –

Vortrag von Sakae Takahashi beim Trainingskurs der FA und JFA im Oktober 2000 in Trets

Das heutige Thema ist „Verantwortung“.

Wenn man von „Verantwortung“ spricht, ist das nicht gleichbedeutend mit der Aufforderung „Trage die Verantwortung“ oder mit der Schuldfrage.

Wenn wir das Wort „Verantwortung“ hören, assoziieren wir im allgemeinen Begriffe wie „Pflicht“.

Worüber ich heute sprechen will, ist aber nicht die Verantwortung aus Pflichtgefühl, sondern aus eigenem Willen.

Man lebt nicht nur für sich selbst, sondern sollte auch ein mitfühlendes Herz besitzen, um anderen Leuten zu helfen. Mit anderen Leuten sind Partner oder Partnerin, Kinder, Eltern und Freunde gemeint, außerdem die Gesellschaft und darüber hinaus die gesamte Welt.

Für das Glück dieser Menschen möchte ich mich einsetzen, ich kann nicht unbeteiligt am Unglück und Leiden der anderen bleiben, ich möchte andere unterstützen, ich möchte anderen Freude geben - ich meine dieses Herz, das Willen und Handlung mit einschließt.

Diese Funktion des Herzens nennt man die Eigenschaft des Bodhisattvas.

Jeder Mensch besitzt ursprünglich dieses Herz des Bodhisattvas. Wenn z.B. ein Baby lächelt, lächeln wir automatisch zurück. Das Baby lächelt nicht mit der Absicht, anderen Freude zu machen, aber man fühlt sich wohl und bekommt ein glückliches Gefühl beim Anblick dieses Lächelns.

Dies kann man auch als Bodhisattva-Funktion bezeichnen, die jeder Mensch ursprünglich besitzt.

Aber der Mensch wird, während er heranwächst, egoistischer, weil das Ich-Bewusstsein immer stärker wird.

„Wie kann ich mich um andere kümmern, wenn ich selber nicht zufrieden bin?“ „Warum bin ich diejenige, die immer leiden muss?“ So denkt man dann.

Bei der Erziehung unserer Kinder fühlen wir uns manchmal von der Gesellschaft im Stich gelassen und haben das Gefühl, dabei etwas zu versäumen, obwohl wir sie lieben.

Dieses Ego in sich zu überwinden und aus eigenem Willen den Wunsch zu haben, andere Leute glücklich zu machen - das ist der Weg des Bodhisattvas.

Das Herz und die Handlung des Bodhisattvas sind die wichtigsten Mittel, eigenes Glück zu erlangen und selbst zufrieden zu werden. Je mehr man sich für andere einsetzt, desto weiter wird der eigene Lebenszustand, und man wird täglich freier.

Man sagt, die Erziehung der Kinder sei gleichzeitig die Erziehung der Eltern. Viele glauben, dass die Erziehung von Kindern eine Einschränkung der eigenen Freiheit sei, es ist aber die Möglichkeit, sich selbst zu entwickeln. Man befindet sich dadurch in einem freien Lebenszustand.

\ Die Weisheit des Lotos-Sutras:

„Es gibt auf der Welt zahllose Menschen, deren Herzen aus dem einen oder anderen Grund verwundet sind. Wir müssen ihnen allen eine heilende Hand reichen. Durch solche Bemühungen heilen wir in Wirklichkeit uns selbst.

Wenn ihnen etwas Widriges geschieht, neigen die Menschen dazu zu glauben, dass niemand sonst so unglücklich und elend sein könnte wie sie. Sie schwelgen in Selbstmitleid und verschließen ihre Augen gegen alles und jedes. Aber sich im eigenen Schmerz und in Gefühlen von Unzufriedenheit und Hoffnungslosigkeit zu suhlen, lässt die Lebenskraft nur noch mehr schwinden.

Mir kommt es so vor, dass es menschliche Bindungen sind, der Wunsch, für andere zu leben, der einem zu solchen Zeiten die Kraft gibt zu leben. So lange man sich in Egoismus vergräbt, gibt es kein Glück. Wenn wir dagegen daraus ausbrechen und für andere handeln, quillt unser Leben vor Vitalität über.

In der Psychologie hören wir oft, dass die Fürsorge für andere eine stimulierende Wirkung auf die eigene geistige und emotionelle Gesundheit hat. Menschen, die unter Stress oder Angstzuständen leiden, verbringen ihre Zeit oft damit, dass sie endlos über ihr Leiden nachgrübeln. Eine Behandlungsmethode für solche Zustände ist, eine Gruppe dieser Menschen zusammenzubringen und sie anzuleiten, ihre Energie darauf zu verwenden, über einander nachzudenken und einander zu helfen.

Damit sie lernen können, für andere Menschen zu sorgen, die auf die selbe Weise leiden wie sie? Ja. Es wird eine Atmosphäre geschaffen, in der Individuen einander leicht zuhören und miteinander sprechen können. Forscher haben festgestellt, dass eine solche Gruppentherapie bei allen Beteiligten zu einem deutlichen Anstieg an Kraft und Lebenswillen führt.

Wenn man jemand anderen ermutigt, wird der eigene Geist erfrischt. Das ist etwas, was wir bei unseren buddhistischen Aktivitäten oft erleben.

Wenn wir für andere sorgen und uns um sie kümmern, das heißt wenn wir anderen helfen, Lebenskraft zu gewinnen, vermehrt sich unsere eigene. Wenn wir Menschen helfen, ihren Lebenszustand zu erweitern, erweitert sich auch unser Leben. Das ist das Wunder des Wegs des Bodhisattvas; Handlungen zum Nutzen anderer können nicht von Handlungen zum eigenen Nutzen getrennt werden.“

Wunderschöne Worte, nicht?

Nur davon zu reden, sie nur für sich zu behalten, ist Egoismus.

Nur die Worte „Ich will andere retten“ zu sagen, ist scheinheilig. Dadurch wird man arrogant.

Das eigene und das Glück anderer erschaffen zu können, das ist Buddhismus.

Ein Beispiel:

Diejenigen, die in den Konzentrationslagern unter extremsten Umständen den Holocaust, hatten gemeinsam, dass sie sich gegenseitig unterstützten.

Die Weisheit des Lotos-Sutras:

„Sobald jemand den Geist verlor, mit anderen zu teilen, begann er zu sterben. Das ist eine erschreckende Beobachtung.“

Diese Erfahrungen in den Konzentrationslagern dürfen Menschen, die sie selber nicht gemacht haben, natürlich nicht verharmlosen oder locker darüber sprechen, weil es für die Opfer eine äußerst grausame Erfahrung war.

Sie ist eine große Lehre für die Menschheit, aus der man lernen sollte, und die sich niemals wiederholen darf.

Es wurde weiterhin gesagt, dass die Menschen der Moderne in Egoismus und Narzissmus gefangen sind.

Die Weisheit des Lotos-Sutras:

„Dr. Julius Segal, der Psychologe, der diese Erfahrungen vorstellte, warnte davor, dass die Menschen der modernen Zeit in einer Falle der Eigenliebe gefangen sitzen. Er sagt: „Narzissmus wird in unserer Kultur immer weiter verbreitet und akzeptiert. An andere zu denken ist jetzt unmodern.“ Dann zitiert er den Wiener Psychiater und Überlebenden der Todeslager der Nazis, Dr. Viktor Frankl (1905 - 1997), der bemerkte: „Man steht immer unter dem Zwang - dem Befehl - Freude zu verspüren, glücklich zu sein und Vergnügen zu haben.“ Dr. Segal fügt hinzu:

„Selbstaufopferung und Dank an andere werden als unwichtig, ja sogar als ungesund dargestellt.“

Das ist treffend bemerkt. Die Frage ist, ob wir dadurch eine glücklichere Gesellschaft verwirklicht haben. Ich glaube es nicht.

Allerdings. Die Menschen werden mehr und mehr isoliert und vergessen, was es bedeutet, einander zu ermutigen. Daher verlieren sie ihren Willen, vollständig zu leben.

Dann wird der Wunsch, etwas zu finden, was „noch mehr Spaß“ macht, nur noch überwältigender. Es ist ein Teufelskreis.

Es ist die Welt des Bodhisattvas, das Leben der „Nummer Neun“, wie Dr. Pauling es nannte, das die dunklen Ketten dieser Falle durchschneidet.“

Es folgt eine Parabel, die leicht zu verstehen ist.

„Es gibt eine bekannte Geschichte, die diesen Gedanken klar verdeutlicht: Jemand geht in die Hölle und sieht, dass alle dort leiden, weil sie nicht essen können, obwohl sie ein reiches Mahl vor sich haben, aber ihre Essstäbchen länger sind als ihre Arme und sie das Essen nicht in den Mund stecken können. Dann geht die selbe Person ins Buddhaland. Auch dort sind die Essstäbchen länger als die Arme der Menschen, aber alle sind zufrieden. Wieso?

Weil sie sich abwechselnd gegenseitig füttern.

Der Unterschied zwischen Hölle und Buddhaschaft ist mit anderen Worten kein Unterschied in der Umgebung. Der Unterschied liegt nur in den Herzen der Menschen, die in diesen Welten wohnen.“

Das ist eine interessante Parabel. Man kann daraus lernen: wenn man andere füttert, wird man auch selbst satt. Auf gleiche Weise bringt uns die Handlung des Bodhisattvas Glück und Zufriedenheit, wenn wir uns für das Glück anderer bemühen.

Warum funktioniert das?

Bitte schauen Sie sich das Bild an.

Vielleicht haben es bereits einige von Ihnen gesehen, weil ich es bei verschiedenen Trainingskursen gezeigt habe.

Das ist ein Bambushain. Wenn man die Bambusse betrachtet, so wachsen sie oberhalb der Erdoberfläche einzeln, wenn man aber ihre Wurzeln in der Erde betrachtet, so sind sie alle miteinander verbunden.

Der einzelne Bambus ist mit dem einzelnen Menschen vergleichbar. Wir sind alle individuell, aber in der Tiefe sind wir miteinander verbunden, und wir beeinflussen uns gegenseitig. Das ist die höchste Anschauung des Menschen aus der Perspektive des Buddhismus.

Anhand der „neun Bewusstseinsschichten“ kann man diese Theorie erklären. Die ersten sieben Schichten funktionieren individuell, in Vergleich dazu stehen die 8. und 9. Schicht im Zusammenhang miteinander. Sie sind eins.

„Die neun Bewusstseinsschichten“ sind nicht das heutige Thema, daher möchte ich nicht detailliert darüber sprechen. Um es kurz zu beschreiben: „Die neun Bewusstseinsschichten“ sind eine Erläuterung, das Herz des Menschen vertikal in der Tiefe zu betrachten oder das Leben des Menschen von der Oberfläche bis zur tiefsten Ebene anzuschauen.

Von den neun Ebenen des Bewusstseins entsprechen die ersten fünf, die auf den sogenannten „fünf Stämmen“ beruhen, den fünf Sinnen „Sehen“, „Hören“, „Riechen“, „Schmecken“ und „Fühlen (Tasten)“. Es sind Funktionen von Wahrnehmung und Bewusstheit.

Das sechste Bewusstsein integriert diese fünf zu zusammenhängenden Bildern. Unsere täglichen Aktivitäten verrichten wir vor allem mit diesem sechsten Bewusstsein.

Wenn wir weitergehen, kommen wir zum siebten und dem achten Bewusstsein, die dem Bereich des sogenannten Unbewussten entsprechen.

Im Buddhismus wird erläutert, dass die ersten sieben Bewusstseinsschichten individuell funktionieren, aber das achte Bewusstsein in Wechselwirkung mit der karmischen Energie anderer tritt. In der inneren Dimension des Lebens verschmilzt diese latente karmische Energie mit der latenten Energie der eigenen Familie, der eigenen ethnischen Gruppe und der Menschheit, ebenso wie mit jener von Tieren und Pflanzen.

Die neunte Ebene des Bewusstseins ist das universale Leben selbst.

Nicht nur die Menschen, sondern sogar die Tiere und Pflanzen verschmelzen in der inneren Dimension des Lebens, im sogenannten unbewussten Bereich, miteinander.

Nach der buddhistischen Anschauung über die Menschen und das Leben ist der einzelne gleichzustellen mit dem Universum. Jedes Individuum beinhaltet das gesamte Universum in sich.

Daher können Individuen sich gegenseitig beeinflussen, sich stützen und sich zur positiven Änderung führen.

Darüber hat Sensei in seinem wunderbaren Essay „Deutschland - ein Märchenland“ geschrieben.

Ich werde einen Abschnitt daraus vorlesen.

...

Der Inhalt dieses Gedichtes hört sich sehr sanft und poetisch an. Jedoch verbirgt sich eine tiefgründige Philosophie dahinter, welche für die Lebensanschauung und das Menschenbild Deutschlands sehr wichtig ist.

Ein Merkmal des europäischen Menschenbildes ist der Individualismus.

Aus der Sicht der Japaner ist der Individualismus beneidenswert, aufgrund des Respektes vor dem Einzelnen. Da der Japaner mehr oder weniger unbewusst Angst vor dem Anderssein hat, entsteht in der japanischen Gesellschaft Abhängigkeit der Menschen untereinander.

Anders die Definition im Buddhismus: Im Buddhismus sind die einzelnen Wesen „eins“, was die europäische Sicht nicht wahrnehmen kann. Weil der Individualist nur das ihm Sichtbare im Leben versteht, hat er Schwierigkeiten, an diese Verbundenheit zu glauben und sie zu erkennen.

Denn genauso wie die unterirdische gegenseitige Verwurzelung des Bambushaines im Boden sind auch die 8. und 9. Schicht nicht sichtbar.

Neulich habe ich mit meiner Deutschlehrerin über die „neun Bewusstseinsschichten“ gesprochen. Ich erzählte ihr von diesem buddhistischen Prinzip. Darauf sagte sie sofort: „Das ist ja wunderbar, dann sind die Menschen nicht mehr einsam.“

„Genau, dieser Punkt ist der Schlüssel zum Glück“, habe ich geantwortet.

Aber da ich ihr das aufgrund meiner Sprachschwierigkeiten nicht näher erläutern konnte, schenkte ich ihr das Essay „Deutschland – ein Märchenland“. Ich bin gespannt auf ihre Meinung zu diesem Essay und hoffe auf ein weiteres Gespräch mit ihr.

Ich vermute, dass die Schattenseiten des Individualismus Einsamkeit, Unsicherheit und Angst sind.

Ich bekomme oft von Gesprächspartnern zu hören, dass sie sich einsam fühlen, ihren eigenen Wert nicht schätzen, sich auch nach der Ermutigung von anderen nicht aufraffen können oder keinen Mut haben.

Vielleicht liegt es daran, dass sie von klein auf nur zu hören bekommen haben, auf eigenen Füßen zu stehen und selbst Verantwortung übernehmen zu müssen.

Selbstverständlich ist es nicht falsch, selbständig zu sein. Aber viele wissen nicht, wie man standhaft wird, wie man eigene Schwächen überwindet, wie man sich entwickelt, und wie man immer stärker, immer großartiger, immer verständnisvoller werden kann.

„Alle sind verschieden, aber alle sind eins“. Wenn wir mit dieser Einstellung andere unterstützen, können wir unweigerlich unseren Lebenszustand erweitern.

Ich bin nicht einsam, weil ich weiß, dass ich in der inneren Dimension des Lebens mit anderen verbunden bin. Ich bin nicht kraftlos, weil ich dazu fähig bin, von innen eine unbegrenzte Kraft zu schöpfen.

Ich bin weder wertlos noch entbehrlich, weil ich eine Aufgaben habe, die nur ich erfüllen kann. Auf diese Weise kann man sein Leben gestalten, indem man anderen Leuten hilft.

Auf welche Weise?

Sensei sprach im Gespräch in der „Weisheit des Lotos-Sutras“ im Teil 33 über die Möglichkeit, unsere grundlegende Tendenz verändern zu können, anhand der Praxis des „gegenseitigen Enthaltenseins der zehn Welten“.

Das Prinzip des „gegenseitigen Enthaltenseins der zehn Welten“ besagt, dass jeder Zustand, nämlich „Hölle“, „Hunger“, „Animalität“, „Ärger“, „Ruhe“, „Himmel“, „Lernen“, „Teilerleuchtung“, „Bodhisattva“ und „Buddhaschaft“, gleichzeitig das Potential der anderen in sich enthält.

Sensei erklärt uns erst mal „die grundlegende Lebenstendenz“, damit wir den Sinn dieses Prinzips verstehen können.

„Eine Möglichkeit, wie wir uns diesem Problem nähern können, ist vom Blickpunkt der grundlegenden Lebenstendenz. Alle Menschen gehören zwar zur Welt der Menschen, aber es gibt einige, die von ihrer grundlegenden Lebenstendenz zum Beispiel hauptsächlich aus der Welt der Hölle handeln, und andere, die hauptsächlich aus der Welt des Bodhisattvas handeln.

Jemand, dessen Leben sich an die Welt der Hölle klammert, wird beim geringsten Rückschlag niedergeschlagen und entmutigt sein. Das ist die Art von Tendenz, von der wir sprechen, glaube ich.

Wir könnten das als gewohnheitsmäßige Tendenz des Lebens dieses Menschen bezeichnen. Diese Tendenz wurde durch die angehäuften Ursachen geschaffen, die er bis zur gegenwärtigen Zeit gesetzt hat.

Dazu würde die Persönlichkeit gehören.

Es ist der grundlegende Energiezustand der Person, die Basis oder das Heim, in das sie sich immer zurückzieht.

Wie eine Feder in ihre Ausgangsform zurückkehrt, wenn sie gedehnt wurde, kehren wir zu unserer grundlegenden Tendenz zurück. Selbst wenn für jemanden die Welt der Hölle die Basis ist, bedeutet das nicht, dass diese Person immer in diesem Zustand bleibt, sondern ihr Lebenszustand wird vielmehr von einer Welt in die andere wechseln und manchmal in die Welt der Menschen und manchmal in die Welt des Ärgers eintreten.

Selbst eine Person, die danach strebt, anderen überlegen zu sein (die Welt des Ärgers), wird manchmal zum Beispiel die Welt des Bodhisattvas oder des Himmels manifestieren.

Das wäre die Welt des Bodhisattvas oder des Himmels, die in der Welt des Ärgers enthalten sind. Aber selbst wenn jemand, dessen Grundtendenz die Welt des Ärgers ist, kurzfristig die Welt des Bodhisattvas hervorbringt, wird er schnell in die Welt des Ärgers zurückfallen.

Unsere menschliche Revolution, die unseren Lebenszustand auf der tiefsten Ebene verändert, ermöglicht uns, diese grundlegende Tendenz zu verändern, unseren grundlegenden Geist zu verändern.

Unsere Grundtendenz bestimmt auf gewisse Weise unser Leben. So ist zum Beispiel ein Mensch, der aus der Welt des Hungers handelt, wie ein Reisender auf einem Schiff namens Welt des Hungers. Während er sich auf dem Weg des Hungers voran bewegt, wird er manchmal Freude und manchmal Leiden erleben. Es mag vielleicht viele Wechsel und Funktionen geben, aber das Boot fährt unbeirrbar weiter auf seinem Kurs voran. Daher sind die Ansichten dieser Person immer von den Schatten der Welt des Hungers gefärbt, und wenn sie stirbt, verschmilzt ihr Leben mit der Welt des Hungers im Universum.“

Zu welchem Lebenszustand tendiert Ihre grundlegende Lebenstendenz?

Um diese grundlegende Lebenstendenz zu ändern, praktizieren wir diesen Buddhismus.

Weiter heißt es:

„Die Welt der Buddhaschaft zu unserer Grundtendenz zu machen heißt, die Buddhaschaft zu erlangen. Natürlich werden wir noch immer die neun Welten besitzen, selbst wenn die Buddhaschaft zu unserer Grundtendenz wird, und wir werden daher noch immer Sorgen und Leiden haben. Aber Hoffnung wird zur Grundlage unseres Lebens, und wir erlangen einen Rhythmus der geistigen Ruhe und Freude.

Präsident Toda hat das so erklärt:

,Selbst wenn wir krank werden, sollten wir die Einstellung haben: Mir geht es gut. Ich weiß, dass ich gesund werde, wenn ich zum Gohonzon chante. Bedeutet Buddhaschaft nicht, mit einem Gefühl der vollkommenen Ruhe des Geistes zu leben? Weil die Welt der Buddhaschaft noch immer die neun Welten enthält, werden wir noch immer manchmal zornig oder verwirrt; völlige geistige Ruhe zu genießen bedeutet zum Beispiel nicht, dass wir aufhören, Arger zu empfinden. Eine Sorge ist noch immer eine Sorge. Aber über allem verspüren wir tiefen Frieden des Geistes. Jemand in diesem Zustand ist ein Buddha.’“

Um die Welt der Buddhaschaft zu unserer Grundtendenz zu machen, darf in der grundlegenden Lebenstendenz kein Unsicherheitsgefühl da sein, nur eine feste Überzeugung.

Nehmen wir als Beispiel den Dialog zwischen einem Patienten und einem Arzt.

Da der Kranke sich an die Welt der Hölle klammert, werden die aufmunternden Worte des Arztes nicht wahrgenommen. Statt dessen vertieft sich der Patient nur noch mehr in sein Leiden.

Jedoch wenn seine Grundtendenz die Welt der Buddhaschaft ist, kann er mit starker Entschlossenheit und Überzeugung gegen die Krankheit ankämpfen.

Ein erfahrener Arzt sagte, dass ein und dieselbe Krankheit unterschiedlich verläuft, und zwar abhängig von der Einstellung des Patienten.

Wie kann man seine grundlegende Lebenstendenz auf die Buddhaschaft basieren?

Ihnen ist bekannt, dass ein Teil die kontinuierliche Praxis von Gongyo und Daimoku ist.

Sensei sagt hierzu:

„Indem wir ausdauernd und kontinuierlich die Praxis von Gongyo und Daimoku ausüben, wird die Welt der Buddhaschaft in unserem Leben gefestigt, so wie das Feststampfen eines Erdhaufens ein stabiles Fundament hervorbringt.“

Auch wenn die grundlegende Lebenstendenz der Buddhaschaft entspricht, gehen die restlichen neun Welten nicht verloren.

Oft werde ich gefragt, wann das Leid sein Ende findet, jedoch wird das Leben nie ohne Leid sein.

Die Überwindung eines bestimmten Leids ist absolut möglich, nur das Leben an sich wird nie ohne Leiden sein.

Es geht nicht um die Abschaffung des Leidens, es geht darum, sich nicht besiegen zu lassen. Im Gegenteil, Sensei sagt, dass man an den Leiden wachsen soll und somit die Buddhaschaft stabilisieren kann.

Der zweite Teil zur Erlangung der Buddhaschaft ist die Ausübung des Bodhisattvas: Verantwortung zu übernehmen und mit Warmherzigkeit die Probleme anderer mit anzupacken.

Die Weisheit des Lotos-Sutras:

„Wenn man sich entschlossen die Probleme anderer zu eigen macht, dann befestigt man seinen eigenen Lebenszustand der Buddhaschaft. Die Buddhaschaft selbst erscheint nur durch die Handlung des Bodhisattvas.

Und wenn die grundlegende Lebenstendenz die Buddhaschaft ist, können sowohl der Charakter als auch die Eigenschaften in eine positive Richtung gerichtet werden.“

...

„Sie haben bestimmt schon öfter erlebt, dass Menschen ihre negativen Seiten verleugnen und alles ablehnen, was sie an sich und anderen als Fehler ansehen?

Doch wenn man gerade diese schwachen Seiten um 180 wendet, d.h. die Ansichtsweise dazu ändert, dann werden sie in Energie umgewandelt, nicht wahr?“

...

„Durch den vollen Einsatz für Kosen-rufu und das Glück anderer, durch Ichinen und starkes Verantwortungsgefühl kann man das eigene Karma ändern und seinen Lebenszustand erweitern.“

Übersetzt von Mitsue Nakamoto

Über das Gebet

Dieser Text ist die Zusammenfassung einer Vorlesung von SGI-USA Vize-Generaldirektor Greg Martin, die er am 9. Juni 1995 gehalten hat. Er hat der Veröffentlichung dieser Zusammenfassung zugestimmt.

I

ch würde heute Abend gerne über zwei Abschnitte in der Gosho „Über das Gebet“ sprechen. Und zwar über die Sätze „Es kann niemals sein, dass die Gebete eines Ausübenden des Lotos-Sutras unbeantwortet bleiben“ und „Wie könnte es sein, dass Ihre Gebete ohne Antwort bleiben?“.

Viele von uns haben es bereits erlebt, dass ihre Gebete ohne Antwort blieben. Ich möchte heute abends über die Natur des Gebets im Buddhismus sprechen, und wie wir die Kraft und die Wohltat, die wir durch unsere Gebete erhalten, vervielfachen können.

Unsere buddhistische Ausübung sollte keine endlose Mühsal sein, in der selbst kleinste Änderungen unseres Karmas Äonen dauern. Der Buddhismus des Daishonins zielt darauf ab, unser tägliches Leben und unser Karma geradezu dramatisch zu verändern. Wenn das nicht passiert, dann muss man sich fragen weshalb. Verspricht der Daishonin nicht, dass unsere Gebete beantwortet werden?

Garantiert werden all unsere Gebete beantwortet, aber manchmal ist die Antwort eben ein „Nein!“. Manchmal, wenn wir für etwas beten, das nicht gut für uns ist, kommt die Antwort als „Nein!“. Deshalb möchte ich über das Wesen des Gebets im Buddhismus sprechen.

Das Gebet im Buddhismus unterscheidet sich sehr von dem Gebet, das wir vielleicht als Kinder kennen gelernt haben. Wenn wir den Unterschied nicht verstehen, dann werden wir dahin tendieren, so weiterzubeten, als würden wir mit einer äußeren Kraft in Kontakt treten wollen. Hier würden wir nur die oberflächlichen Aspekte des Buddhas übernehmen, während wir innerlich unseren frühen Denkarten verbunden blieben.

Die Gebete der westlichen Traditionen versuchen, mit einer transzendenten Macht zu kommunizieren, die über uns steht. Diese Macht existiert nicht im Leben der Menschen - sie muss irgendwo anders gefunden werden. Gebete richten sich deshalb auf dieses „Andere“. Diese Art von Religion basiert auf der Voraussetzung, dass Menschen in der Tiefe ihres Wesens fehlerhaft sind; dass wir in unserem tiefsten Inneren „nicht gut“ sind. Unsere Gebete werden dann durchdrungen von Gefühlen der Schuld und der Unzulänglichkeit.

Im Buddhismus ist die „Quelle“ oder die „Kraft“ in uns selber. Ein buddhistisches Gebet richtet sich nach innen. Wir suchen Unterstützung von unserer eigenen inneren Buddhanatur. Im buddhistischen Verständnis sind Menschen innerlich wertvoll, würdig und gut. Wir besitzen die Buddhanatur, und deshalb sind buddhistische Gebete erfüllt von einem Sinn für Verantwortung und Anerkennung.

Traditionelle westliche Gebete können durchaus pessimistisch und oberflächlich sein. Der Buddhismus dagegen hat eine grundsätzlich optimistische Sicht auf das Leben. Diese geht sehr tief. In der Gosho steht: „Man schmeißt Gold nicht weg, weil der Beutel schmutzig ist; man ignoriert die Sandelholzbäume nicht wegen des fauligen Geruchs der sie umgebenden Erandabäume und man hört nicht auf, Lotosblüten zu sammeln, nur weil der Teich im Tal, wo sie wachsen, trübe ist.“ (Dt. Gosho Bd. 2)

Dies zeigt uns die grundsätzlich positive und optimistische Sicht des Lebens, die dem Buddhismus Nichiren Daishonins innewohnt. Unser Gebet sollte so sein, dass wir versuchen, die Lotosblüten im Schlamm unseres eigenen Lebens sammeln. Daimoku zum Gohonzon zu chanten zielt darauf ab, unsere Augen zu öffnen, um diese Lotos-Blüte zu sehen. Es ist extrem schwierig für uns zu erkennen, was in der Tiefe unseres Lebens liegt. Der Daishonin gab uns ein Gebet, um unsere Augen zu öffnen und die Schätze, die wir besitzen, erkennen zu können.

Wenn Sie vor dem Gohonzon chanten und nach irgendeiner Kraft da draußen suchen, die kommt und für ein Wunder sorgt, dann suchen Sie am falschen Platz. Unsere Buddhanatur liegt im tiefen dunklen Lagerhaus unseres Lebens. Da ist sie nicht einfach zu finden. Wir tendieren dazu, unsere Buddhanatur in Bereichen unseres Lebens zu suchen, in denen wir klar und einfach sehen können. Innerhalb unseres Lebens liegt nicht nur der Grund unseres Leidens, sondern auch die Lösung all unserer Probleme.

Wenn Sie nach außen gerichtet beten, werden Ihre Gebete nicht beantwortet. Nichts wird passieren.

Der Buddhismus lehrt nicht „irdische Begierden führen zu Wohltaten“. Und der Buddhismus lehrt auch nicht, dass Wohltaten und Erleuchtung dasselbe wären. Er lehrt, dass irdische Begierden zur Erleuchtung führen.

Wir alle wissen, dass bestimmte Dinge in unserem Leben nun einmal passieren. In der Gosho „Glück in dieser Welt“ sagt Nichiren Daishonin: „Leiden Sie, worunter man leiden muss, und freuen Sie sich, worüber man sich freuen kann. Betrachten Sie Leiden und Freude als Tatsache des Lebens. (...) Schließlich kann niemand Problemen ausweichen, selbst Heilige und Weise nicht.“ (Dt. Gosho, Bd. 1, S. 23)

Bestimmte „Dinge“ passieren eben selbst Heiligen und Weisen. Der Buddhismus akzeptiert diese Tatsache, und dass wir darunter leiden. Daraus entsteht der tiefe Wunsch, dieses Leiden auszulöschen. Jeder hat den Wunsch, sein Leiden zu überwinden. Dies inspiriert uns dazu, so zu handeln, dass wir unser Leiden überwinden.

Doch weil es uns an Weisheit fehlt und weil es in unserem Leben Illusionen gibt' tun wir manchmal das Falsche, auch wenn wir es aufrichtig gemeint haben. Wir setzen eine schlechte statt einer guten Ursache. Obwohl wir unser Bestes geben, leben wir dennoch mit Illusionen.

Stellen Sie sich einmal vor, die Seattle Mariners (ein US Baseball Team), ein Team von entschlossenen, hervorragenden Athleten, würde nach Guatemala geschickt, um an der Fußballweltmeisterschaft teilzunehmen. Den Mariners würde gesagt werden: wenn ihr gewinnt, dann bekommt ihr für den Rest eures Lebens jedes Jahr eine Million Dollar. Natürlich sind sie daraufhin motiviert wie verrückt! Aber wir sagen ihnen nichts über die Spielregeln des Fußballs.

Also gehen die Mariner raus aufs Fußballfeld, mit ihren Schlägern und ihren Handschuhen, und wollen die Weltmeisterschaft gewinnen. Sie spielen, so gut sie können, aber leider nach den Regeln des Baseballs, weil sie die Fußballregeln nicht kennen. Also versuchen sie, den Ball mit ihrem Baseballschläger zu treffen und sie werden dafür ermahnt. Trotz ihrer Aufrichtigkeit spielen sie eben nach den falschen Regeln. Sie beherrschen das Spiel nicht, weil sie die Regeln nicht kennen. Das Leben ist genauso. Sie werden unglücklich sein, wenn Ihr Leben von Illusionen erfüllt ist, ganz gleich wie ehrlich oder entschlossen oder hart Sie auch arbeiten. Sie werden weiterhin uninformierte, schlechte Ursachen setzen und damit den Kreislauf ihres Karmas fortsetzen, was wiederum zu fortdauerndem Leiden führt. Ihr tiefer Wunsch, Ihr Leiden auszulöschen, wird sogar noch stärker. Deshalb erscheint es manchmal so, als ob alles um so schlimmer wird, je mehr sie versuchen, es in Ordnung zu bringen.

Shakyamuni Buddha sagte, wir sollten unsere Wünsche auslöschen, um die Wege des Leidens verlassen zu können. Für uns ist dies nicht nur wenig praktikabel, es führt sogar in eine Sackgasse. Nichiren Daishonin sagte, dass wir irdische Begierden in Weisheit umwandeln können. Wenn wir leiden, dann können wir Daimoku vor dem Gohonzon chanten und für die Weisheit beten, die zugrundeliegende Ursache für unser Leiden klar zu sehen und die richtige Ursache setzen zu können. Weisheit erlaubt es uns, diese karmische Kette zu durchbrechen. Wir sammeln Weisheit an, die unsere Handlungen lenkt, die uns vom Leiden befreit, was unseren Glauben vertieft. Jetzt sind wir auf einem völlig anderen Lebenspfad.

Die Absicht unseres Gebets im Buddhismus ist es, Illusion in Weisheit zu verwandeln. Weisheit ist die größte Wohltat unserer buddhistischen Ausübung. Unsere Gesellschaft tendiert zu der Aussage, dass es Sinn und Zweck des Lebens sei, so viel materiellen Besitz wie nur möglich anzuhäufen. Der Buddhismus sagt: dies ist nicht der Sinn des Lebens.

Kürzlich kam ein Mann zu mir und sagte, dass er Hilfe brauche wegen seines „finanziellen Karmas“. Er fuhr dann fort, mir genau zu erklären, wie tief und grundlegend seine negativen Tendenzen im Bezug auf finanzielle Angelegenheiten seien. In den zehn Jahren seiner Praxis war es ihm nicht möglich gewesen, sie zu überwinden. Meine erste Frage an ihn war: „Was machen Sie beruflich? Er sagte, er sei gerade arbeitslos. Ich fragte ihn, weshalb. Er sagte, er habe seinen Job sechs Monate vorher gekündigt. Ich fragte weshalb. Er sagte, er sei in eine Auseinandersetzung mit seinem Chef geraten und er habe das Gefühl gehabt, kündigen zu müssen. Ich fragte ihn nach dem Job, den er vorher gehabt hatte. Er sagte, er sei gefeuert worden, weil er wütend auf seinen Boss geworden sei. Er sagte, er habe auch den Job, den er davor gehabt hatte, gekündigt.

Dieser Mann hatte in den zehn Jahren seiner Praxis insgesamt acht Jobs gehabt und wieder verloren. Ich fragte ihn, wie er es erwarten könne, finanziell mehr Glück zu haben, wenn er denn ohne Job sei.

Buddhismus ist keine Magie. Zu denken, dass man ohne eine Arbeit ein Vermögen anhäufen kann ist unrealistisch. Er sagte mir dann, seine eigentliche Frage sei: „Warum habe ich das Karma so autoritäre Vorgesetzte zu haben?“ Viele von uns denken, dass die schlecht Erfahrungen, die wir machen, unser Karma seien. Wir denken, dass Karma außerhalb von uns selbst existiert, aber das ist falsch. Wir sind nicht die einzigen, die schlechte Erfahrungen machen. Jeder Mensch macht schlechte Erfahrungen. Was also ist Karma?

Karma ist unsere Unfähigkeit mit den Dingen, die uns passieren, umzugehen. Wir wissen nicht, was wir machen sollen und tun das Falsche. Im Endeffekt schaffen wir nur neue Probleme.

In diesem Fall wies ich diesen Mann auf die Tendenz hin, über seinen Boss wütend zu sein. Es war sehr deutlich zu sehen, aber für ihn war es sehr schwer zu erkennen, dass sein Problem der Ärger war. Im Buddhismus heißt es, Ärger zu haben bedeutet, das Gift der Arroganz in sich zu tragen. Ich sagte diesem Menschen, dass er lernen müsse, seine arrogante Haltung und seinen Ärger zu kontrollieren oder er würde nie in der Lage sein, eine Stelle zu behalten. Er war ein wirklich begabter Mensch, aber dies verführte ihn dazu zu denken, er könne an seiner Arbeitsstelle machen, was er wollte und die anderen schlecht behandeln. Um damit aufzuhören, ständig seine Arbeit zu verlieren, musste er sich zunächst mit seinem Karma auseinandersetzen. Dies bedeutete, sich nicht von seinem Ärger besiegen zu lassen und aufrichtig dafür zu beten, auf die verschiedenen Situation anders, also nicht mit seinem Ärger, zu reagieren. Er ist nun seit drei Jahren bei derselben Firma beschäftigt und hat sich gerade ein Haus gekauft.

Was also ist die größere Wohltat: eine neue Stelle (die er vermutlich wieder verloren hätte) oder die Weisheit, den Grund für sein Problem zu erkennen und es nie wieder wiederholen zu müssen? Viele Menschen würden viel Geld für die Erkenntnis der wahren Natur ihrer Leiden geben.

Im Buddhismus geht es um die innere Entwicklung. Die erwachende Weisheit über das wahre eigene Wesen. Diese Weisheit ist wertvoller als all die kleinen Wohltaten, die wir nach und nach ansammeln. Einige von uns verfangen sich in dem Streben nach materiellen Dingen und denken: „Das wird ein wundervoller tatsächlicher Beweis sein.

Das glaube ich nicht. Wie oft haben Sie schon einen Millionär gesehen und zu sich selbst gesagt: „Ich frage mich, welche Religion dieser Mensch praktiziert. Vielleicht sollte ich konvertieren?“

Natürlich ist es nicht falsch, sich um materielle Dinge zu bemühen, aber es ist nicht der Sinn des Lebens. Die Menschen suchen nach Mitteln, sich selbst zu verändern. Das ist das Wesen der buddhistischen Gebete. Nichiren Daishonin sagt nicht, dass Wünsche zu Wohltaten werden, sondern dass Wünsche zum Teil der Selbsterkenntnis werden.

Unsere (inneren) Veränderungen werden natürlich in unserer Umgebung reflektiert und wir erhalten (materielle) Wohltaten. Wenn wir jedoch nur die Wohltaten suchen, ohne vorher den inneren Prozess durchzumachen, wird im Prinzip nichts passieren. Der Gohonzon hat kaum Kraft, Ihre äußere Umgebung zu verändern. Der Gohonzon hat die ganze Kraft, Sie selbst zu verändern. Wenn Sie den Gohonzon dazu benutzen, sich selbst zu verändern, dann verändern Sie Ihre Umgebung. Das ist ein großer Unterschied. Wir sollten uns vor dein Gohonzon entscheiden, unsere Probleme zu lösen oder unsere Leiden zu überwinden.

Wenn Sie mit dieser Entschlossenheit zum Gohonzon beten, werden Sie staunen, was Sie über sich selbst herausfinden und was Sie in Ihren Lehn verändern müssen. Buddhismus beschäftigt sich mit der inneren Veränderung, nicht mit der äußeren. Natürlich wird es Wohltaten und äußere Veränderungen geben, aber es kommt wirklich in erster Linie auf die innere Veränderung an.

Wir haben schon viel über die große Kraft dieses Buddhismus gehört. Die Kraft des Glaubens und die Kraft der Ausübung holen die Kraft des Buddhas des Gesetzes hervor. Wo sind diese Kräfte des Buddhas und des Gesetzes? Im Gohonzon? Nein. Die Kraft des Buddhas und die Kraft des Gesetzes liegen in der Buddhaschaft Ihres eigenen Lebens. Die Kraft des Glaubens und die Kraft der Ausübung wecken diese Kräfte und lassen sie zutage treten. Die Stärke unseres Glauben entscheidet, inwieweit wir die Kraft des Buddhas und die Kraft des Gesetzes in unserem Leben zeigen können.

Der Pfad unseres Lebens ist schon sehr ausgetreten. Wir haben diesen Weg schon verschiedene Lebenszeiten lang verfolgt, die gleichen Entscheidungen getroffen, die gleichen Dinge getan. Wir haben uns nicht einmal bewusst gemacht, dass wir im Kreis gehen und immer wieder zum selben Ort zurückkehren.

Die Kraft des Buddhas und des Gesetzes erheben sich, weil wir unsere Stimme des Buddhas benutzen, Uni zum Gohonzon zu beten. Wir beten zum Gohonzon, damit wir mit Weisheit und Stärke unsere Probleme überwinden. Wir sollten mit dieser Entschlossenheit beten. Wir mögen zwar keine Ahnung haben, was wir tun sollen, aber das macht nichts. Deshalb praktizieren wir. Wenn wir schon wüssten, was wir tun müssen, würden wir nicht leiden. Wir hätten es schon verändert.

Wir müssen diese Entschlossenheit aufbringen, und dann brauchen wir Weisheit. Chanten Sie Daimoku zum Gohonzon, studieren Sie die Gosho, lesen Sie die Reden von Daisaku Ikeda und holen Sie sich Rat bei erfahrenen Mitgliedern. All diese Bemühungen führen Sie zu dem Grundproblem Ihrer Leiden.

Als Beispiel: Lesen Sie die Reden von Daisaku Ikeda nicht einfach nur so, sondern mit der Einstellung: „Ich habe ein Problem, ich brauche Weisheit. Dann fangen Sie an, zu lesen und plötzlich kommt ein Abschnitt, der Sie persönlich anspricht. Setzen Sie diese Führung in die Tat um. Das ist ein Ausdruck von Weisheit, der Weisheit Ihres Mentors, Ihres Lehrers. Damit bauen Sie eine persönliche Beziehung mit Ihrem Mentor auf. Sie werden sehen, er zeigt Ihnen, wie Sie gewinnen können. Wenn Sie keine Weisheit suchen, werden Sie auch keine finden. Wenn Sie nur Wohltaten suchen, werden Sie keine Weisheit finden. Weisheit ist der wertvollere Schatz.

Wir praktizieren den Buddhismus, um jemand zu werden. Was für eine Art von Person wollen wir werden? Wir versuchen, ein erleuchteter Buddha zu werden. Manchmal mag das zu abstrakt erscheinen. Aber erleuchtet zu werden, das eigene Leben zu erleuchten, ist etwas, was wir jeden Tag tun können. Jedes Mal, wenn wir vor dem Gohonzon Daimoku für die Weisheit chanten, das Grundproblem unserer Leiden zu erkennen und etwas tun zu können, um glücklich zu werden, suchen wir Erleuchtung. Die Buddhaschaft ist nicht etwas, was in weiter Ferne liegt und von uns irgendwann vielleicht erreicht werden kann, Jeden Morgen und Abend verwirklichen wir die Buddhaschaft.

In der Gosho „Die Person und das Gesetz“ heißt es: „Da das Gesetz das Höchste ist, gebührt der Person Ehre; da der Person Ehre gebührt, ist das Land heilig.“ (Dt. Gosho, Bd. 1, Seite 33). Da die Lehre, die wir angenommen haben, wahr ist, wird jeder, der diese Lehre annimmt, zu einer Respektsperson' zu einem Buddha.

Weil wir den Gohonzon annehmen, verwirklichen wir die Buddhaschaft. Wo auch immer Sie hingehen, ist das Land des Buddhas. Die Küche wird zur Küche des Buddhas. Die Schule wird zur Schule des Buddhas. Wie viele von Ihnen finden das Land des Buddhas an Ihrem Arbeitsplatz? Wer sollte den Buddha mit zur Arbeit nehmen? Sie sind die Person mit Gohonzon. Sie sind derjenige, der den Lebenszustand des Buddhas hervorbringen und mit zur Arbeit nehmen sollte. Aber Sie haben ihn zuhause vor dem Altar gelassen. Wenn Sie morgens Daimoku zum Gohonzon chanten mit der Entschlossenheit: „Ich werde den Lebenszustand des Buddhas mit mir nehmen und meine Arbeitsstelle verändern; ich brauche Weisheit, ich brauche Stärke, aber ich werde diese Veränderung schaffen“ - dann werden Sie staunen, was für eine Kraft Sie schon jetzt besitzen.

In der Menschlichen Revolution schreibt Daisaku Ikeda: „Wenn ein Mensch an etwas Falsches glaubt, egal was es ist, wird es ihn in die Tiefen der Verzweiflung ziehen. So ist es auch mit einer Gruppe von Menschen, der Gesellschaft, sogar einer ganzen Nation. Etwas Falsches mit der Wahrheit zu verwechseln und daran zu glauben, ist eines der schrecklichsten Dinge in dieser Welt.“ Wenn Sie an falsche Dinge glauben, versetzt es Sie sofort in die Hölle. Ihre grundlegenden Überzeugungen sind die wichtigsten Dinge auf der Welt. Wenn Ihr Leben auf Täuschungen und Illusionen basiert, werden Sie in der Hölle leben und leiden, und nicht in der Lage sein, sich davon zu befreien. Wir praktizieren, um die Regeln des Lebens zu lernen und unsere Einstellung zum Leben zu verändern. Sobald Sie die Regeln kennen, können Sie das Spiel für den Rest Ihres Lebens frei gestalten.

D

aisaku Ikeda sagt weiterhin: „Keine noch so guten Absichten, keine noch so harte Arbeit hilft dann. Wenn ein Mensch an etwas Falsches oder Unwissenschaftliches glaubt, dann lädt er unweigerlich das Unglück ein.

Und weiter: „Ein Mensch kann sein Vertrauen in eine bestimmte Lehre investieren, oder in die Wissenschaft, in eine Religion, in sein Land, seine Firma, seine Verwandten, seine Freunde, in seine Überzeugungen oder in die Medizin oder Technik. Menschen wären völlig handlungsunfähig, würden sie nicht an irgend etwas glauben. Selbst ein Mensch, der sich mit seinem Atheismus brüstet, handelt unbewusst ebenfalls auf der Basis eines Glaubens. Alle menschlichen Angelegenheiten sind nichts weiter als die Gesamtsumme aller Taten, die auf einem Glauben beruhen.

Glaube ist nicht etwas vom Leben Getrenntes. Und er ist auch nicht auf auserwählte Gruppierungen beschränkt. Wie weit sich ein Mensch dessen bewusst ist, an was er glaubt - das ist entscheidend. Die meisten Menschen stellen sich nicht einmal die Frage, ob die Substanz ihres Glaubens absolut korrekt ist. Ob richtig oder falsch, gut oder böse - darauf wird überhaupt nicht geguckt und munter weitergemacht. Genau dort gelangen wir zur Wurzel unseres Unglücks.

Wie oft haben wir unser ureigenstes Glaubenssystem überprüft? Wie oft bin ich Menschen begegnet, die nach 15 oder 20 Jahren Praktizieren festgefahren sind und nicht weiterkommen? Das Praktizieren wurde Ihnen zum Problem. Wenn wir dann der Sache auf den Grund gehen, dann merken wir, dass sie in ihrem Kopf all die richtigen Buddhisten-Sachen wissen, doch in ihrem Herzen immer noch dem Glauben anhängen, jemand anders wäre dafür verantwortlich. Sie sind im Zustand von Dotai ishin, oder „eins im Körper, viele im Geist.“

Sie reden wie ein Buddhist, doch in ihrem Inneren haben sie keine buddhistischen Glaubensgrundsätze. Sie haben ihre eigenen Glaubensgrundsätze nicht überprüft. Aus diesem Grunde wird ihre buddhistische Ausübung irgendwann keinen Nutzen mehr bringen. Sie versuchen nicht, das, an was sie glauben, in etwas umzuwandeln, was richtig ist.

In der Gosho „Rissho Ankoku Ron“ steht: „Deshalb müssen Sie die Grundsätze, die Sie in Ihrem Herzen tragen, schnellstmöglich ändern und das eine wahre Fahrzeug annehmen, die einzige gute Doktrin des Lotos-Sutras.

Mit anderen Worten: Wir chanten Daimoku vor dem Gohonzon. Der Gohonzon ist kanjin no honzon, oder das Wahre Objekt der Verehrung, mit dem man die Wahrheit über sein Leben erkennen kann. Wenn Sie Daimoku chanten und dabei diese Wahrheit suchen, setzt eine oft erschreckende Selbsterkenntnis ein, die Mut erfordert, und Sie werden ebenfalls in der Lage sein zu entdecken, dass Sie auch eine Buddhanatur besitzen.

Wenn Sie nicht den Mut aufbringen, einen Blick auf die wahre Natur Ihres Lebens zu werfen, dann können sie auch nicht die Buddhanatur finden. Sie müssen diesen Mut aufbringen, hinzuschauen.

Die Frage ist nun: funktioniert denn jedes beliebige Gebet? In der Menschlichen Revolution fragt sich Daisaku Ikeda, ob Daimoku genug sei und seine Schlussfolgerung lautet: Nein. Daimoku ist die Basis für alles, doch für sich allein ist es nicht genug. Daimoku muss in die anderen Bereiche unserer Ausübung geleitet werden.

In der Gosho „Über die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben“ steht: „Trotz allem, selbst wenn Sie Myoho-Renge-Kyo chanten und daran glauben, und doch gleichzeitig denken, dass das Gesetz außerhalb Ihrer selbst liegt, dann nehmen Sie nicht das Mystische Gesetz an, sondern eine unterlegene Lehre. (Dt. Gosho, Bd. 1, S.43)

Was bedeutet das? Wenn Sie denken, dass die Ursache Ihres Problems oder die Lösung zu Ihren Problemen außerhalb Ihrer selbst liegt, dann nehmen Sie nicht das Mystische Gesetz an, sondern irgendeine unterlegene Lehre, selbst während Sie vor dem Gohonzon Daimoku chanten. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Selbst während Sie Daimoku vor dem Gohonzon chanten, doch dabei glauben, dass die Antwort außerhalb Ihrer selbst liegt - dann praktizieren Sie nicht einmal Buddhismus, obwohl Sie Daimoku chanten.

In dieser Gosho steht weiterhin: „Unterlegene Lehre“ heißt alle anderen Sutras außer diesem, die alle nur vorübergehend und vorläufig sind. Keine vorläufige Lehre führt direkt zur Erleuchtung, und ohne den direkten Weg zur Erleuchtung können Sie nicht die Buddhaschaft verwirklichen, selbst wenn Sie für zahllose Äonen Leben um Leben praktizieren.

S

tellen Sie sich das einmal vor: Sie machen Gongyo, chanten Daimoku, verbreiten den Buddhismus, geben auf Versammlungen, nehmen an Spendenaktionen teil ... Leben um Leben für zahllose Äonen, ohne je Ihr Karma zu ändern, ohne je Erleuchtung zu erlangen. Das ist ein niederschmetternder Gedanke.

Nichiren Daishonin will hier deutlich machen, wie wichtig es ist, nicht außerhalb unserer Selbst zu suchen. Versuchen Sie nicht, Kraft außerhalb Ihrer selbst zu gewinnen. Suchen Sie die Lösung ihres Problem innerhalb Ihrer selbst. Sie sind das Problem. Sie sind auch die Lösung.

Wenn Sie vor dem Gohonzon Daimoku mit dem Gebet chanten: „Gib mir die Weisheit zu wissen, was ich tun muss, dann werden Sie erstaunt sein, welche Fortschritte Sie machen. Gebete, die nach außen gerichtet sind, werden nicht im Geringsten helfen, selbst wenn Sie sie für den Rest Ihres Lebens beten.

Hier gibt Nichiren Daishonin die strikte Anweisung, keine Zeit in dem Versuch zu verschwenden, die Dinge außerhalb Ihrer selbst zu korrigieren, während Sie Daimoku chanten. Der Gohonzon hat fast keine Macht in der äußeren Sphäre, aber er hat ein Universum von unbegrenzter Macht, Sie zu verändern und Ihr Leben zu reformieren. Öffnen Sie Ihr Leben und erkennen Sie Ihre wahre Natur. Setzen Sie sich mit dem Wesen Ihres eigenen Lebens auseinander. Es ist von einem der drei Gifte gekennzeichnet: Dummheit, Ärger oder Habgier. Wenn Sie herausfinden wollen, welches es ist, brauchen Sie sich bloß zu fragen: „Bin ich dumm, gierig oder zornig?“ Eines von den dreien ist es bestimmt! (Gelächter)

Nichiren führt diesen Gedanken weiter aus: „Wenn Sie die Erleuchtung außerhalb Ihrer selbst suchen, dann bleibt jede Anstrengung oder jede gute Tat sinnlos. Zum Beispiel kann ein armer Mann keinen einzigen Pfennig gewinnen, wenn er nur den Reichtum seines Nachbarn zählt, auch wenn er Tag und Nacht nichts anderes täte.“ (ebd.) Wenn man nicht begreift, heißt es weiter, dass all das in einem selbst passiert und nicht irgendwo draußen, dann kann man sein Karma nicht ändern. Ihre Ausübung wäre dann eine endlose Mühsal.

Drehen wir diesen Spieß um. Werfen Sie einen Blick auf Ihr Leben. Gibt es irgendeinen Bereich in Ihrem Leben, wo das Chanten darüber wie eine endlose Mühsal erscheint? Es kann Ihr Job sein, Ihre Beziehungen, Ihre Kinder oder irgend etwas anderes. In allen anderen Bereichen kann es Ihnen gut gehen, aber wenn es um Beziehungen geht, zum Beispiel, können Sie absolut unbuddhistisch sein und keinen Nutzen erhalten. Das kann Jahre so weitergehen. Sie geben vielleicht sogar auf, weil es so schmerzhaft ist.

Das Problem ist nicht der Buddhismus. Es ist auch nicht das Problem, dass Sie ein „so schweres Karma“ haben. Das Problem ist, dass Sie an der falschen Stelle suchen. Sie sind das Problem, denn Sie suchen nicht innerhalb Ihrer selbst. Denn es ist leichter, sich draußen umzusehen.

Angenommen, Sie haben ein riesiges Problem, das Sie überwinden wollen und Sie nehmen sich vor, 1 Million Daimoku zu chanten. Irgendwo beim 999.500-sten Daimoku dämmert es Ihnen plötzlich und Sie erkennen: „Vielleicht bin das Problem ja ich!“ Wenn Sie das schon von vornherein wissen, dann können Sie den Prozess ein bisschen verkürzen. Fangen Sie mit dem Wissen an: Ich bin das Problem. Auf diese Weise können vielleicht schon beim Chanten von 50.000 Daimoku Fortschritte erzielen statt bei einer Million!

Die Qualität unseres Gebets ist genauso wichtig wie die Quantität. Ideal wäre es, Daimoku von Qualität und Quantität zu chanten. Die Qualität unseres Daimoku ist jedoch von größter Wichtigkeit.

Wenn wir unsere Ausübung betrachten, dann sehen wir sie nur aus einem Blickwinkel und für uns sieht sie immer richtig aus. Meistens denken wir, dass wir alles richtig machen. Doch jemand anders kann deutlich sehen, wenn etwas nicht mehr stimmt. Das gilt besonders dann, wenn Sie jemanden kennen, der schon sehr lange praktiziert. Deshalb lassen wir uns von anderen beraten.

Wenn Sie sich einen Rat holen, was glauben Sie, was man Ihnen sagen wird? Chanten Sie Daimoku, nicht wahr? Haben Sie schon einmal den Hinweis bekommen: „Ich glaube, Sie chanten zuviel Daimoku?“ Nein, natürlich nicht!

Sie wissen bereits, was man Ihnen abschließend sagen wird. Die Person, die Ihnen Rat gibt, weiß was Sie Ihnen abschließend sagen wird. Warum sich dann überhaupt Rat holen? Weil das Daimoku, was Sie im Moment chanten, den Gohonzon nicht erreicht. Etwas läuft schief und Sie sind frustriert. Sie brauchen jemanden, der Ihnen den Fehler aufzeigt. „Deine Einstellung ist nicht buddhistisch. Du hast den richtigen Geist verloren und du chantest mit einer falschen Einstellung.“ Dies sollte unser Gebet wieder zum Gohonzon führen, damit sich die Wirkungen wieder entfalten können.

Wenn wir unsere buddhistische Perspektive verlieren und unsere Aufmerksamkeit nach außen richten, anderen die Schuld geben oder denken, dass das Problem außerhalb von uns selbst liegt, gibt es keine warnende Stimme in uns, die sagt: „Auf­passen. Du schaust nach außen.“ Diese Einstellung schleicht sich ein, und auf einmal verliert das Daimoku seine Kraft und die Freude verschwindet.

Man beginnt zu denken: „Vielleicht habe ich vorher nie eine wirkliche Wohltat bekommen. Vielleicht hat diese Praxis für mich nie wirklich funktioniert.“ Zweifel tauchen auf und so bekommt der Glaube Risse. Deshalb brauchen wir eine Führung. Unsere Organisation ist eine Organisation, die die Menschen zu ihrem richtigen Glauben führen soll, damit die Menschen ihre Gebete klar kriegen, die ganzen nichtbuddhistischen Gedanken loswerden und sich in ihrem Gebet auf das Daimoku für ihre Menschliche Revolution konzentrieren. Gleich danach bekommen die Menschen Wohltaten. Das kommt nicht durch die Führung, sondern durch das Gebet der Menschen. Die Führung hilft den Menschen, ihre Praxis zu korrigieren.

Im Buddhismus macht es einen großen Unterschied, wie wir beten. Was heißt es, als Anhänger des Lotos-Sutras zu beten? Ein Aspekt ist, dass der Ausübende des Lotos-Sutras für drei Dinge praktiziert. Als Anhänger des Lotos-Sutras werden Ihre Gebete nicht beantwortet, wenn Sie nicht für andere praktizieren, wenn Sie nicht studieren und wenn Sie kein Daimoku zum Gohonzon chanten.

Sie wissen selbst, ob Sie auf diesen drei Gebieten Ihr Bestes tun. Wenn Ihre Praxis die Kraft verloren hat, Wohltaten hervorzubringen, würde ich sofort auf diese drei Aspekte der Praxis sehen und mich fragen: „Tue ich wirklich mein Bestes beim Studium, in der Praxis für andere und für mich selbst?“ Wenn Sie wollen, dass Ihr Leben sich schneller bewegt, müssen Sie diese drei Aspekte Ihrer Praxis verstärken.

Einige Mitglieder glauben, dass Daisaku Ikeda im Februar 1990 sagte, dass tatsächlicher Beweis im täglichen Leben dasselbe wäre wie die Praxis für andere. Das ist nicht so. Das eine ist so wichtig wie das andere. Wir sollten in unserem täglichen Leben tatsächliche Beweise zeigen, aber das ist nicht dasselbe. Wir praktizieren in zwei verschiedenen Bereichen. Daisaku Ikeda sagte uns, nicht für Wohltaten auf Kosten der anderen zu praktizieren. Bemühen Sie sich, beides zu verwirklichen. Das Studium ist dabei die wichtigste Unterstützung.

Das Gebet der Anhänger des Lotos-Sutras wird beantwortet, weil sie in diesen drei Bereichen praktizieren. Die Anhänger des Lotos-Sutras suchen keine persönlichen Wohltaten, sondern Erleuchtung und die Weisheit, ein Buddha zu werden. Natürlich erhalten Sie Wohltaten, wenn Sie ein Buddha werden.

Daisaku Ikeda sagte: „Gebete im Buddhismus enden nicht mit dem Gebet an sich, sie schließen auch die Handlungen mit ein, die man unternimmt, um sie zu verwirklichen. Es ist wie ein Pfeil, der mit der Sehne zurückgezogen wird, um dann voller Energie vom Bogen geschossen zu werden. Gebet ohne Handlung ist Idealismus und Handlung ohne Gebet ist nutzlos... Ein großes Gebet kommt aus einem großen Verantwortungsbewusstsein.

Ein weiterer Aspekt unseres Karmas, der oft missverstanden wird: Wir denken unser Karma ist etwas außerhalb von uns selbst. Das Benehmen eines anderen jedoch ist nicht unser Karma. Ihr Karma ist, dass Sie nicht wissen, wie Sie mit diesem Verhalten umgehen sollen. Sie reagieren auf dessen Verhalten falsch. Das ist Ihr Problem. Ihr eigenes Verhalten ist Ihr Karma. Manchmal denken wir, wir müssten ziemlich schrecklich sein, wenn wir mit einer so schreckliche Person konfrontiert werden. Das stimmt nicht. Die andere Person kann ganz objektiv gesehen schrecklich sein.

Die Frage ist: „Warum leiden Sie?“ Sie haben das Karma, auf diese Person zu treffen, aber sie würde sich sowieso auf diese Weise verhalten. Nicht Sie sind es, die diese Person dazu gebracht haben. Fragen Sie sich lieber, warum Sie nicht in der Lage sind, mit dieser Person umzugehen. Warum macht Sie diese Person so wütend? Warum lassen Sie es zu, dass diese Person Sie unglücklich machen kann? In einem solchen Fall haben Sie das Karma, unfähig zu sein, mit diesen Dingen in ihrer Umgebung umzugehen. Das ist Ihr Problem.

Wenn Sie Daimoku dafür chanten, mit dieser Person zurechtzukommen, stärker als diese Person zu sein, so dass Sie nicht länger von ihr angegriffen werden, haben Sie ihre Umgebung schon umgewandelt.

Daisaku Ikeda fährt in der gleichen Rede fort: „Ein echtes Gebet erwächst niemals aus einer unverantwortlichen oder indifferenten Einstellung gegenüber Ihrer Arbeit, Ihrem täglichen Leben oder Ihrer Existenz selbst. Diejenigen, die Verantwortung für alles übernehmen, was sie betrifft und ernsthaft an Verbesserungen arbeiten, werden starke Gebete hervorbringen. Das tägliche Leben und das Leben selbst sind Kampfplätze. Werden Sie gewinnen oder verlieren? Das Ergebnis ist nicht immer davon abhängig wie viel Erfahrung oder Fähigkeiten Sie mitbringen. Am wichtigsten ist Ihr Entschluss zu gewinnen. Dann beten Sie aufrichtig mit aller Kraft, wodurch Sie große Weisheit hervorbringen, während Sie jede nur denkbare Anstrengung machen, ihr Ziel zu erreichen.“

Fangen Sie an mit einem Entschluss. Zum Beispiel: „Ich will mein Leid überwinden. Ich werde es tun.“ Wenn Sie keine Vorstellung davon haben wie, brauchen Sie Weisheit und Stärke. Solch ein stärkendes Gebet bringt Ergebnisse.

Daisaku Ikeda sagt in der Neuen Menschlichen Revolution: „Buddhismus ist eine Lehre unübertroffener Vernunft. Deshalb muss die Kraft des Glaubens sich durch Studium, der Entwicklung seines Einfallsreichtums und durch doppelten Einsatz gegenüber anderen manifestieren. Ernsthaftes Daimoku ist die Quelle für die Energie, diese Dinge hervorzubringen. Ihr Daimoku muss wie ein Versprechen sein... Natürlich gibt es alle möglichen Arten des Gebetes. Einige Leute mögen beten, dass alles vom Himmel fällt, ohne dass sie irgendwelche Anstrengungen machen müssten. Eine Religion, die zu solchen Gebeten ermutigt, wird die Menschen ruinieren.

Gebet bedeutet in Nichiren Daishonins Buddhismus, Daimoku zu chanten, das auf einem Versprechen oder einem Gelöbnis basiert. Der wesentliche Kern dieses Eides ist es, Kosen-rufu zu verwirklichen. Das bedeutet, kräftig und mit Entschlossenheit zu chanten: „Ich will Kosen-rufu in meinem Land verwirklichen. Dafür werde ich großartige tatsächliche Beweise in meiner Arbeit zeigen. Ich bitte darum, die Fähigkeit zu entwickeln, mein größtmögliches Potential hervorzubringen.“ Dies zeigt die Art, wie unsere Gebete sein sollten.

Es ist ebenso wichtig, klare und konkrete Ziele davon zu entwickeln, was wir jeden Tag erreichen wollen, um dann dafür zu beten und uns herauszufordern, jedes einzelne zu erreichen. Diese ernsthafte Entschlossenheit wird Weisheit und Einfallsreichtum entstehen lassen und dadurch zum Erfolg führen. Kurz gesagt, um im Leben zu gewinnen, brauchen wir Entschlossenheit und Gebet, Einsatz und Einfallsreichtum. Man ist fehlgeleitet, wenn man vom schnellen Geld träumt, davon, einem außergewöhnlichen Glücksfall zu begegnen oder einer gewitzten Möglichkeit, Geld zu machen. Dies ist kein Glaube, sondern nur Einbildung. Das Gebet im Buddhismus funktioniert absolut, aber es muss korrekt sein. Alles hängt davon ab, mit welcher Einstellung wir beten. Was wir tun und denken, während wir Daimoku vor dem Gohonzon chanten, macht den Ganzen Unterschied zwischen einem Rinnsal an Nutzen oder absolut unglaublichen Wohltaten.

Bitte denken Sie darüber nach, ob Sie wirklich die Einstellung eines Buddhisten haben oder darauf warten, dass andere Ihnen helfen. Wie ist Ihre Einstellung vor dem Gohonzon? Spielen Sie das Opfer oder sind Sie erfüllt von der Entschlossenheit, ihre Leiden zu überwinden?

„Ich brauche Weisheit und Kraft, aber ich werde es schaffen.“ - Mit dieser Art des Gebetes, gibt es meiner Meinung nach nichts, was Sie nicht erreichen können.

Quelle: FORUM Januar 1998

Dein Leben, deine Wahl

Notizen zu einem Vortrag von Linda Johnson vom 4.9.2000 (kombinierte Aufzeichnungen von zwei Treffen im SGI-USA New York Kulturzentrum, übertragen von Bethany Wild)

Du hast in deinem Leben in jedem Moment eine Wahl. Und mit der Kraft von Nam-Myoho-Renge-Kyo kannst du diese Wahl verwirklichen und sie Realität werden lassen. Nichiren Daishonin erklärt uns in seinem Buddhismus sehr klar, wie das vonstatten geht. Nichiren Daishonin entmystifiziert das Leben. Jedes Leben hat jederzeit zwei Möglichkeiten, in jedem Moment - positiv und negativ. Alles im Leben (einschließlich unseres Inneren) besitzt Stärken und Schwächen. Das Leben beinhaltet in jedem Augenblick beides. Zwei und doch nicht zwei. Alles ist immer beides. Egal, wofür du betest, der Prozess, der dich dorthin führt, ist immer der gleiche. Es ist immer zuerst der Prozess der menschlichen Revolution von innen heraus. Das ist die Basis von allem, was wir tun.

Wenn wir praktizieren, verwirklichen wir nicht immer das, was wir wollen. Ich möchte über einige der Gründe sprechen, warum das so ist. Es gibt vielleicht ein paar Dinge, die wir noch nicht ganz verstanden haben.

Als erstes scheinen wir die wahre Ursache unseres Lebens zu verkennen. Esho funi bedeutet, dass es keine Trennung gibt zwischen mir und meiner Umgebung. Der Grund für unser Leiden ist, dass wir dieses Prinzip nicht leben. Das ist der Kernpunkt dieses Buddhismus. Und wenn wir unser ganzes Potential als menschliches Wesen ausschöpfen wollen, müssen wir diese Prinzip verstehen, indem wir es leben. Es reicht nicht aus, das intellektuell zu verstehen. Das ist schwierig, denn als Mensch scheint dies das Unnatürlichste zu sein, was man sich denken kann.

In dem Moment, wo wir mit einem anderen Menschen Schwierigkeiten haben oder jemand uns aus irgendeinem Grund verletzt hat, ist es die natürlichste Reaktion, sich zurückzuziehen, sich von dieser Person zu trennen. Das geschieht instinktiv als Schutz vor Verletzung. Und dann, wenn wir wütend sind, betrachten wir diese Person aus urteilendem Blickwinkel, um festzustellen, was bei dieser Person nicht in Ordnung ist. Der Schlussstrich heißt dann: „Ich leide, weil du dich nicht richtig verhältst.” Und so, aus dem Blickwinkel, dass alles von uns getrennt ist, entscheiden wir, wie wir nicht mehr leiden müssen. Wir beschließen: ”Dir werd ich’s zeigen”. Wir ziehen uns auf den Intellekt zurück und entwickeln eine ausgeklügelte Strategie, wie „wir’s der Person zeigen”. Wir lernen daraus nichts, und dann wiederholen wir diesen Prozess wieder und wieder. Und schließlich kommen wir an den Punkt, an dem wir das Drastischste tun. Wir beschließen „Mir reicht’s. Entweder du gehst oder ich.” Aber, obwohl wir die Konsequenz ziehen, läuft nach einer Weile der gleiche Film in unserem Leben wieder ab.

Nichiren Daishonin erklärt, dass der Grund dafür darin liegt, dass wir ein falsches Verständnis von der wahren Beziehung zwischen uns und unserer Umgebung haben. Letztlich müssen wir zu der Erkenntnis gelangen, dass wir die Autoren, Produzenten und Regisseure unseres Lebens sind. Wir erschaffen alles jeden Moment mit unseren Gedanken, Worten und Taten und erkennen schließlich, dass wir das Drama, das sich hier abspielt, selbst geschrieben haben! Und wenn uns das nicht gefällt, sollten wir besser die Worte, die wir schreiben, ändern, und zwar zuallererst von innen mit Gedanken, Worten und Taten.

Meine eigene Erfahrung mit diesem Punkt ist: ich habe mein tiefes Karma im Verhältnis zu Frauen erkannt und es fertiggebracht, dem ins Gesicht zu sehen und es zu ändern. Ich musste chanten, um zu erkennen, was ich aus dieser Situation lernen soll, nämlich: Weil alles, was mir widerfährt, geschieht, um mich zu befähigen, ein besserer Mensch zu werden. Dadurch dass ich in der Lage war, an den Punkt zu kommen, Verantwortung für das, was passierte, zu übernehmen, musste ich feststellen, dass, egal ob gerechtfertigt oder nicht, die Tatsache blieb, dass ich in meinem Leben immer Frauen, die eine direkte Position über mir einnahmen, bedroht habe. Selbst wenn ich innerlich denke, dass das vollkommen lächerlich ist, weil ich gar nicht an der Position oder dem Titel interessiert bin – ich versuche nur, ich selbst zu sein - muss ich mein Ziel erreichen, unabhängig davon, ob ich das fair finde oder nicht.

Welcher Film sich in deinem Leben abspielt - es ist immer Karma. Und wenn man etwas ändern will, sollte man das als die wahre Realität im eigenen Leben, die sich immer wieder so abspielt, akzeptieren. Als ich in der Lage war, den roten Faden zu erkennen, der sich durch mein Leben zog - dass ich, egal aus welchen Gründen, die Tendenz habe, Frauen, die über mir stehen, einzuschüchtern - entschloss ich mich, diese Situation zu benutzen, um mein Karma zu ändern, damit mein Leben nicht länger davon bestimmt würde. Dass ich nicht mein Leben damit verbringen kann, nicht ich selbst zu sein. Und ich will „frei sein, um ich selbst zu sein” und gleichzeitig die Verantwortung dafür übernehmen, andere dahingehend „zu befreien, auch sie selbst zu sein”. Also fing ich an dafür zu chanten, dass ich die Verantwortung übernehmen kann, eine Frau zu sein, die sich öffnet und das Leben anderer Frauen umarmt, und dass das meine Verantwortung sei. Und in dem Moment war ich in der Lage, ernsthaft Verantwortung zu übernehmen und so zu beten: „Ich werde die Verantwortung dafür übernehmen, dass sich das ändert. Ich werde das Leben meiner Chefin öffnen. Ich werde ihr das Gefühl von Sicherheit vermitteln”. Die Beziehung zu dieser Frau änderte sich sofort.

Der Punkt ist - wir müssen lernen, dieses Konzept in unserem Leben umzusetzen. Es ist schwer, wirklich danach zu leben, denn instinktiv trennen und verurteilen wir. Aber es ist erstaunlich, wie schnell sich Dinge in unserem Leben ändern können, wenn wir dieses Konzept in unser Leben lassen. Das ist die eine Sache- wir müssen dieses Konzept verstehen.

Das zweite ist, dass ich immer wieder Menschen erlebe, die andere Religionen in Nichiren Daishonins Buddhismus hineinbringen. Ich sehe zu oft, dass wir ernsthaft für etwas beten, was wir uns für unser Leben wünschen und wir dann, wenn ein Hindernis auftritt, denken: „Oh, was habe ich falsch gemacht? Ich muss etwas falsch gemacht haben, warum würde sonst dieses Hindernis auftauchen. Vielleicht habe ich nicht ernsthaft genug gebetet, oder es ist ein Zeichen, dass mit mir etwas nicht stimmt”.

Ich möchte, dass wir derlei Gedanken aus unserem Leben von jetzt an streichen. Im Buddhismus sind Hindernisse ein Zeichen dafür, dass du etwas richtig gemacht hast (siehe auch die Gosho „Brief an Niike”). Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Ich glaube, dass, wofür du auch immer chantest, wenn du von deinem Morgengongyo aufstehst und den Tag beginnst, die Hindernisse, denen du begegnest, in der Tat die Antworten auf dein Gebet sind. Das bedeutet, dass jedes Hindernis, dem du an diesem Tag begegnest, speziell auf dich und dein Gebet zugeschnitten ist. Es ist dein Geschenk vom Gohonzon, um dir genau zu zeigen, von was du dich nicht mehr negativ beeinflussen lassen sollst, damit sich deine Gebete erfüllen.

Nichiren Daishonin sagt uns ganz deutlich, dass das, was uns immer zur Erfüllung unserer Wünsche im Weg stehen wird, wir selbst sind. Er spricht in der Gosho darüber, dass wir wie Löwen sind - der König der Tiere. Er sagt auch, dass es nur eine Sache gibt, die den König der Löwen zerstören kann, und das sind die Parasiten, die im Inneren des Löwen leben. Dieses Bild steht für die Negativität in uns, die uns beeinflusst. Oder anders gesagt, ich glaube, dass Gebete zum Gohonzon Gebete sein sollten, in denen wir die Verantwortung übernehmen, das zu erschaffen, wofür wir beten. Und der Prozess, wie man dahin kommt, ist immer der gleiche. Es ist der Prozess von Moment zu Moment zu Moment über unsere Negativität zu siegen, denn es sind immer wir selbst, die von dem „bösen Zwilling” beeinflusst werden, der uns regiert und der uns immer von all dem erzählt, was wir alles nicht können, und es sind immer wir, die sich davon beeinflussen lassen. Und somit rufen wir immer wieder (durch Gedanken, Worte und Taten) das gleiche Muster hervor. Wir müssen chanten, um den Buddha-Anteil in uns zu stärken, damit wir stärker sind als unsere negativen Anteile und der böse Zwilling!

Wenn wir den „trennenden Blick” haben (Dinge als von uns getrennt zu betrachten) kann es sein, dass wir etwas sehen und sagen: „Die Realität sagt mir, dass ich das nicht haben kann”. Das ist nicht Nichiren Daishonins Buddhismus. Die Realität sagt dir nie, dass du etwas nicht haben kannst. Realität hat eine Ursache-Wirkung-Beziehung zu dir und deiner Erschaffung durch Gedanken, Worte und Taten, die jeden Moment wirkt. Ich würde vorschlagen, dass, wenn du denkst, deine Umgebung sagt dir „du kannst etwas nicht haben”, lediglich die Tatsache reflektiert wird, dass du nicht daran glaubst, dass du es haben kannst. Also müssen wir folglich das Gebet dazu benutzen, Mangel an Überzeugung in Überzeugung zu verwandeln. Es geht immer darum, über uns selbst zu siegen. Das heißt nicht, dass unser negativer Zwilling Ruhe geben wird, und du musst ihn auch nicht dazu anhalten . Stattdessen musst du ihn zu deinem besten Freund machen, indem du ihn als die Testperson wahrnimmst, wie du dich von ihm nicht länger negativ beeinflussen lässt.. Und je mehr du ihn in dieser Weise benutzt und so auf ihn reagierst, setzt du neue Ursachen, und du wirst neue Ergebnisse erzielen.

Wir suchen immer nach der Antwort auf die Frage ”Wie gehe ich damit um? Geh ich nach rechts? Geh ich nach links?” Nichiren Daishonin sagt in der Gosho „Über das Erlangen der Buddhaschaft in diesem Leben“ sinngemäß: Hör auf, die Antwort außerhalb von dir zu suchen. Sie existiert nur an einem Ort. Innerhalb deines eigenen Lebens. Die Antwort, die für dich richtig ist, liegt nur in dir selbst. Und deshalb ist ein Grund, warum wir chanten der, dass du fähig bist, die Weisheit, die in deinem eigenen Leben existiert anzuzapfen. Aber ein anderer Grund, weshalb wir chanten ist der: Nichiren Daishonin sagt, wir sind Buddha. Und er sagt, der einzige Unterschied zwischen einem Buddha und einem gewöhnlichen Menschen ist nur die Tatsache, dass gewöhnliche Menschen noch nicht zu der Tatsache erwacht sind, dass sie Buddha sind. Das ist der einzige Unterschied. Mit dieser und vielen anderen Goshos versucht er uns zu sagen, dass alles, was wir brauchen, um den Problemen, die in unserem Leben erscheinen, zu begegnen, bereits in uns vorhanden ist. Es ist da, und du musst gar nichts bei dir selber ändern, um das anzuzapfen. Du musst begreifen, dass es in deinem Leben einen unendlichen Vorrat von allem gibt, was du benötigst, um jedem Umstand, in dem du dich wiederfindest, begegnen zu können. Und du musst anfangen, aus diesem Glauben und dieser Überzeugung heraus zu chanten.

Du musst anfangen, das Leben pro-aktiv zu leben. Du musst anfangen, dafür zu chanten, das anzuzapfen was du brauchst, wenn du es brauchst. Das heißt, wenn Du im Zustand der Angst bist, musst du darin nicht als Opfer deiner Ängste verharren, außer du entscheidest dich dafür. Das ist wie die Theorie der 10 Welten - bloß weil ein Umstand, ein Gefühl oder eine Emotion gerade aktiv ist, heißt das nicht, dass die anderen nicht existieren. Sie werden immer als Antwort auf die richtige Ursache erscheinen. Die richtige Ursache ist immer das spezielle Gebet, angezapft durch Nam-Myoho-Renge-Kyo. Wir müssen also dafür chanten, das aus unserem Leben heraufzubeschwören, was wir beizeiten brauchen, um in der Lage zu sein, jede Widrigkeit, jegliche Umstände zu überwinden, in denen wir uns befinden. Und letztlich bedeutet Nichiren Daishonins Buddhismus Freiheit, weil er unsere Fähigkeit beschreibt, genau hier in diesem Augenblick glücklich zu werden. In diesem Augenblick meint nicht irgendwas oder irgendwer außerhalb unserer selbst, sondern es hat alles nur mit uns selbst zu tun.

Die Umstände, in denen du dich in deinem Leben befindest, sagen nie etwas darüber aus, wer du bist oder was du werden kannst. Wie du die Umstände in deinem Leben benutzt - ob du entscheidest konstruktiv oder zerstörend damit umzugehen - ist entscheidend für die Wirkung auf dein Leben. Ich möchte, dass wir erkennen, wie unglaublich mächtig wir sind. Und dass wir es sind, die diesen Film, der in jeder Sekunde unser Leben genannt wird, kreieren. Es ist eben nur manchmal so, dass wir es von der negativen Seite anstatt von der positiven kontrollieren. Wenn man das erkannt hat, wenn man begreift, dass alles immer beide Möglichkeiten innehat, dann bedeutet das: alles, was du brauchst, ist eine leichte Änderung deiner Einstellung. Zu entscheiden, sich auf der positiven Seite einzustöpseln. Wir müssen also gar nicht irgendetwas loswerden. Nicht mal Angst, nicht mal Zweifel, nicht mal Unsicherheit. Wir haben das Konzept im Buddhismus, die Erleuchtung zu erlangen, so wie wir sind. Das bedeutet, wie ich meine: es geht nicht darum, einen Zustand der Angst, des Zweifels oder der Unsicherheit weg zu chanten. Es geht darum, dafür zu chanten, an der richtigen Seite anzukoppeln, damit du alles konstruktiv für dein Leben nutzen kannst. In allem ist eine positive Funktion. In allem ist eine negative Funktion. Es gibt nicht das eine oder das andere. Welche der beiden wir hervorbringen, ist voll und ganz abhängig von der Beziehung, die wir dazu aufbauen.

Es ist wichtig, dass wir anfangen, Verantwortung dafür zu übernehmen, was wir mit unserem Leben wollen, einschließlich der Beziehungen, die wir in unserem Leben haben wollen. Wir müssen so beginnen: Ich muss mich engagieren, etwas zu gestalten, anstatt mein Leben damit zu verbringen, darauf zu reagieren, was alle anderen wollen. Denn darauf zu reagieren, wo sich jemand gerade im Moment befindet, bedeutet - vom absoluten Gesichtspunkt von Ursache und Wirkung betrachtet - auf eine Wirkung zu reagieren. Die einzige Möglichkeit, eine Wirkung zu verändern ist, eine neue Ursache zu setzen. Also muss ich zu einem Ursache-orientierten Menschen werden, der sich sein Leben lang auf das Erschaffen der eigenen Träume konzentriert, statt das Leben als etwas zu betrachten, indem man lediglich reagiert. Denn meistens, wenn wir bloß darauf reagieren, wie andere sind, halten wir nur den Status quo aufrecht.

Ein anderer Punkt, den ich euch zu verstehen geben möchte, ist:

Nirgendwo in der Gosho sagt Nichiren Daishonin „Ihr werdet euch überall in Beziehung zu anderen Menschen befinden, außer in der SGI”. Ich habe das Gefühl, wir haben hier eine falsche Vorstellung. Ich habe das Gefühl, wir tendieren dahin, Religion mit Perfektion zu verbinden. Wir tendieren dazu, bloß weil wir eine Religion ausüben, zu erwarten, dass diese Menschen perfekt sind. Und in dem Augenblick, wo sie das nicht sind und wir feststellen, sie sind auch nur Menschen, sind wir vollkommen entmutigt. Dies hier ist eine Praxis der menschlichen Revolution, ewigen Wachstums, nicht der Perfektion. Und die Reibung, das Sich-aneinander-reiben, ist in der Tat der richtige Prozess, den wir durchlaufen müssen, um weiter als Mensch zu wachsen. Denn ohne Herausforderungen, die uns zum chanten motivieren und uns selbst herausfordern, würden wir nicht wachsen. Es geht wirklich darum, zu verstehen, dass jeder Mensch in unserem Leben dazu da ist, um uns zu lehren, wie wir ein besserer Mensch werden können.

1996 gab Herr Hasegawa mir eine Führung, und ich glaube, dass dies eine Führung ist, um jedes Beziehungsproblem, das uns im Leben widerfährt zu verändern - egal mit wem. Es ist auch die Führung, die Präsident Ikeda zu diesem Punkt gab: „Alle Schmerzen, jede Verletzung, jede Frustration, die du jemals im Leben auf Grund einer anderen Person erfährst, graviere sie in dein Herz ein - vergiss sie nie. Dann achte darauf, dass du das keinem einzigen Menschen antust.” Er sagte, wir verkennen oft, dass uns genauso oft Menschen durch negative Beispiele lehren, wie wir nicht sein sollten, wie Menschen durch großartige Beispiele lehren, wie wir sein sollten. Er sagte, wir müssen verstehen, dass der Grund für unsere Erfahrung ist, dass es unsere Aufgabe ist - und allein unsere Aufgabe - die Lösung des Problems zu finden. Und die Lösung ist niemals, darauf zu warten, dass der andere sich ändert. Denn jedes Mal, wenn wir darauf warten, dass die andere Person sich ändert, haben wir die Gelegenheit zur eigenen menschlichen Revolution verpasst. Und ich möchte hinzufügen: Jedes Mal wenn wir darauf warten, dass der oder die andere sich ändert, sagen wir auch „Ich kann nicht glücklich werden, bevor du dich nicht geändert hast - und du machst mich zum Opfer und machtlos.”

Im Buddhismus geht es um das Erschaffen. Jede Beziehung, die du im Leben möchtest, musst du zunächst in der Lage sein, selber zu erschaffen - was heißt, alles was du dir von einem anderen Menschen wünschst, musst du in der Lage sein, diesem Menschen zu geben. Wir neigen zu dem Wunsch, dass die andere Person gibt, damit wir aus einer sicheren Position heraus etwas zurückgeben können. Das ist Ursache und Wirkung rückwärts. Wir wollen erst die Wirkung, ohne vorher die Ursache gesetzt zu haben. Das wird in jeder Beziehung so gehandhabt - auch in der Organisation.

Es gibt einen Grund, dass die Lotos-Blume im tiefsten Sumpf blüht - weil wir inmitten der Realität unserer Leiden lernen können, wie wir Nichiren Daishonins Buddhismus dafür anwenden sollen und so die Verantwortung übernehmen, uns selbst zu befreien und unsere Umgebung zu verändern, indem wir aufstehen und die Verantwortung übernehmen, statt unser Leben als Opfer zu verbringen, indem wir warten, dass alle anderen sich in Bewegung setzen.

Die Macht des Einzelnen, der Soka-Gakkai-Geist, ist der Geist, alleine aufzustehen. Aber dieser Geist, alleine aufzustehen, basiert auf Einigkeit. Einigkeit bedeutet nicht, dass wir alle gleich aussehen oder gleich denken und alle mit allem einverstanden sein müssen. Aber es bedeutet, dass wir ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Vision im Herzen haben. Und dass unsere gegenseitige Verpflichtung ist, dass jede und jeder unabhängig von den anderen allein aufsteht: „Ich werde das tun, auch wenn mir niemand sonst hilft”. Das ist wahre Einigkeit. Ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist, wenn man zurückschaut und die Botschaft Präsident Ikedas an die Frauen vom Februar auf den Gedenkfeiern noch mal liest - dort sprach er über das Jahrhundert der Frauen. Und da sagte er: „Kosen-rufu in Amerika wird ganz sicher Realität werden, wenn Sie, meine lieben Mütter von Kosen-rufu in Amerika und Königinnen des Glücks, fortfahren, strahlend und voll Freude ein Netzwerk der Menschlichkeit aufzubauen in harmonischer Einheit auf der Basis von starken Gebeten .”

Ich glaube, Präsident Ikeda versuchte uns damit zu sagen, was zu tun ist, um die Organisation und unser Leben zu verändern. Er hält sich lange mit dieser Botschaft auf, über die Kraft des Gebetes zu sprechen.

Als ich im Januar in Japan war, definierte er Ichinen so, wie ich es noch nie vorher gehört hatte. Er sagte: „Ichinen bedeutet, ohne Zweifel zu beten. Wann immer du ohne Zweifel betest, werden all deine Gebete beantwortet. Buddhismus heißt tatsächlicher Beweis. Wenn du keine tatsächlichen Beweise zeigst, praktizierst du den Buddhismus Nichiren Daishonins nicht korrekt.”

Letztlich zeigt sich Buddhismus nur in unserem Verhalten als Mensch. Deshalb sagte Präsident Ikeda, jede und jeder von uns muss die Kraft von Nam-Myoho-Renge-Kyo benutzen, um unsere Träume, Hoffnungen, alles was wir im Leben erreichen wollen, herauszufordern, und wir müssen gewinnen, denn letztlich sollen die Leute in der Lage sein, zu sagen: „Dieser Buddhismus ist großartig wegen dir!“

Ich kenne eine Japanerin, die unter sehr schmerzhafter Arthritis litt. Die Ärzte sagten, sie könnten nichts tun. Dann ging sie zu einem der Vizepräsidenten der Soka Gakkai und der sagte: „Wissen Sie, ich glaube der Grund, dass sich nichts für sie ändert, liegt darin, dass Sie geglaubt haben, was die Ärzte sagten. Sie haben den Glauben angenommen, dass Sie eine unheilbare Krankheit haben. Aber Nichiren Daishonin sagt, Nam-Myoho-Renge-Kyo ist so mächtig, dass sogar unveränderliches Karma verändert werden kann - das Karma, von dem du annimmst, es sei festgeschrieben und unveränderlich. Der Punkt ist: Glauben Sie Nichiren Daishonin. Es ist in Ordnung, dass die Ärzte keine Lösung für Ihr Problem haben, denn Sie haben eine. Sie haben immer eine. Aber Sie müssen anfangen, aus diesem Glauben und dieser Überzeugung heraus zu chanten, dass Sie die Lösung haben, und Sie müssen anfangen, mit dieser Kraft zu chanten, um Nam-Myoho-Renge-Kyo zu benutzen, jedes bisschen dieser schmerzhaften Arthritis aus Ihrem Körper zu entfernen.” Sie dankte ihm und ging nach Hause. 14 Tage später rief sie ihn an, um ihm zu danken, denn sie war schmerzfrei.

Ich liebe diese Erfahrung, denn sie erinnert mich immer wieder daran, wie oft wir unseren Verstand und unseren Geist benutzen, um etwas außerhalb von uns wahrzunehmen. Und ich glaube, dass jede und jeder von uns in Variationen jeden Tag im Leben kapituliert. Wir betrachten unsere Umgebung mit „trennendem Blick” und wir beurteilen, was möglich und was unmöglich ist. Und die Dinge, von denen wir glauben, dass sie nicht möglich sind, darüber machen wir uns nicht mal Gedanken, sie durch Nam-Myoho-Renge-Kyo herauszufordern. Wie kann man das Unmögliche möglich machen, wenn man es nicht versucht?. Nichiren Daishonin sagt: „Nam-Myoho-Renge-Kyo ist wie das Brüllen des Löwen. Welche Krankheit könnte da ein Hindernis sein?” Aber er warnt uns, dass „das mächtige Schwert des Lotos-Sutra nutzlos ist in der Hand eines Feiglings”.

Er betont ständig „Du bist Buddha”. Alles was du tun musst, ist, den scheinbar unmöglich zu realisierenden Traum in deinem Leben zu manifestieren - jeden Tag im Leben. Wach auf - entwickle den Mut zu verstehen, dass die Probleme und Hindernisse, die dir im Leben begegnen, gerade deine Geschenke sind, die dir das zeigen, was du besiegen musst. Du musst dich davon nicht mehr negativ beeinflussen lassen, um zu bekommen, was du willst. Letztlich ist das ein Prozess. Dies ist eine Praxis, die dein Potential als Mensch mit unbegrenzten Möglichkeiten hervorholt und es ständig erweitert. Es ist grenzenlos.

Aber diese Entdeckung, diese Realisierung, ist ein Geschenk, dass nur wir uns selbst machen können, indem wir den Mut aufbringen, während wir tiefere, dunklere und beängstigendere Seiten von uns entdecken, diesen mit Nam-Myoho-Renge-Kyo begegnen. Mit dem Entschluss und der Überzeugung, dass dies genau der Weg ist, den wir beschreiten müssen, um auf die andere Seite zu gelangen, und dass wir letztlich alle chanten, um glücklich zu werden. Bei jedem Leiden, das du durchlebst - wenn du dem ins Gesicht sehen, es annehmen willst - benutze Nam-Myoho-Renge-Kyo, um hindurchzugehen - nicht drumherum, nicht es vermeidend. Dieses Leiden ist in der Tat der Weg zu deinem Glück. Und was immer auch Glück für dich bedeutet, es sollte wenigstens bedeuten, dass dein Leben nicht länger durch Einschränkungen begrenzt ist. Allen Ängsten, Zweifeln und Unsicherheiten, mit denen wir uns weigern, uns auseinander zu setzen, vor denen wir davonrennen, die wir vermeiden, geben wir damit die Macht, stärker zu werden. Wir geben ihnen Macht, indem wir die gleichen Muster immer wieder im Leben wiederholen - in Gedanken, Worten und Taten. Und diese Dinge, denen wir erlauben, unser Leben zu bestimmen, werden zum Gefängnis, das wir uns selbst erschaffen.

Bleib in Verbindung mit anderen und übernimm die Verantwortung, das zu verändern, und du wirst die Macht über dich haben. Übernimm die Verantwortung für den Durchbruch und für alles andere in deinem Leben. Präsident Ikeda nennt das „unterstützendes Engagement”. Wenn wir wirklich verstehen, dass jeder Mensch gleichermaßen das Potential der Buddhaschaft in sich trägt, dann, so sagt er, müssen wir dieses Engagement auch bei Menschen aufrechterhalten, denen wir normalerweise den Rücken kehren oder vor denen wir weglaufen würden, und zwar bis deren und unser Leben in irgendeiner Weise sich gegenseitig so bereichert hat, wie es nicht geschehen wäre, wären wir davongerannt. Deine Möglichkeit, von anderen Menschen zu lernen, ist unabhängig davon, ob du sie magst oder nicht. Es gibt keine Zufälle.

Diese Person ist in meinem Leben aufgetaucht, um mir etwas beizubringen. Und Sie sind hier, um mich zu lehren, ein besserer Mensch zu werden, und es ist besser, ich lerne die Lektion, denn dieser Mensch und ähnliche Personen werden so lange in meinem Leben erscheinen, bis ich die Lektion gelernt habe. Denn ihre einzige Funktion ist, mir diese Lektion zu erteilen. Ich glaube, dass Wohltaten die physischen Manifestationen dessen sind, dass du die Lektion gelernt hast. Wir müssen verstehen, dass es nichts gibt, was man mit Nam-Myoho-Renge-Kyo nicht machen könnte. Es gibt kein Problem, das größer wäre. Wenn du leidest, dann übernimm die Verantwortung, dass du einem anderen Menschen zu seinem Durchbruch verhilfst. Dass du die Verantwortung übernimmst, dass dein Verantwortlicher (in der Organisation) gewinnen wird, dass deine Partnerin oder dein Partner gewinnt, dein Lehrer, dein Vorgesetzter. Ich habe schmerzvoll begriffen, dass alles, vor dem du wegläufst, wovon du dich trennst, dich dahin bringt, alle Kraft als Mensch zu verlieren. Verbinde dich mit deinen Schmerzen, deinen Leiden, im Sinne von „sie besitzen“, und dann entscheide dich dafür, die Verantwortung zu übernehmen, das zu verändern. Wenn du diese Verbindung hältst und die Verantwortung für dein Leben übernimmst, weil du das selbst so für dein Leben entschieden hast, wirst du die Macht besitzen und begreifen, dass die einzige Begrenzung, die du letztlich hast oder haben wirst, diejenige ist, die du selber setzt.

Dies ist wirklich eine großartige Praxis - zu entscheiden, dass du selbst die Macht besitzt, um das wunderbarste Leben zu führen. Ein Leben, in dem du voller Freude alles benutzen kannst, um unbestreitbar Wert und Freude zu erschaffen. Ein Leben, in dem du die Verantwortung übernimmst, genau die Art Leben zu führen, die du willst und dass du nicht länger dein Leben damit verbringst, darauf zu reagieren, wo sich andere gerade befinden, sondern du zu der Person wirst, die die Aufgaben stellt.

Übersetzt von Ulrike Johannson, Hamburg, 25.1.01

Der großartige Kosmos des Menschen

Barbara Cahills Vorlesung über Senseis Vortrag vom 17. Mai 1994,

gehalten in Trets, im Oktober 1994 (Vorläufige Übersetzung)

Anm. der Übers.: Barbara Cahill praktiziert über 30 Jahre und ist Verantwortliche der SGI-UK. Ich habe mir die Mühe genommen, diese Vorlesung zu übersetzen, weil Barbara Cahill ausführlich auf unsere westliche Problematik mit der buddhistischen Ausübung eingeht. Bitte bedenkt, daß der Orginaltext Wiedergabe einer mündlichen Vorlesung ist. Ich habe, da wir uns in der Soka Gakkai üblicherweise duzen, beim Übersetzen von “you” die Du-Form gewählt.

Ruth und Bettina haben die Rohfassung korrigiert und anschließend haben wir, z.T. gemeinsam, die jetzige Form erarbeitet.

Der Vortrag von Sensei ist in der Forum-Sonderausgabe vom August/September 94 abgedruckt. Die Abschnittsbezeichnungen in dieser Übersetzung sind identisch mit denjenigen im Forum. Nun wünschen wir euch viel Freude, Erleichterung und viele “Ahas” beim Lesen. Esther.

Der großartige Kosmos des Menschen

Vortrag SGI-Präsident Ikedas am 17. Mai 1994 im Kulturpalast der Staatlichen Universität von Moskau

Verehrte Professoren und Studenten der Moskauer Staatsuniversität. Heute wurde mir die Möglichkeit gewährt, wieder in diesem geliebten Kulturpalast einen Vortrag zu halten, genau wie vor 20 Jahren. Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass ich dies als meine höchste Ehre ansehe.

Ich würde gerne Rektor Viktor Sadownitschy und allen Mitgliedern der Universität meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Treffen zustande kam. Nichts macht mich glücklicher, als vor jungen Studenten zu reden.

Im Januar dieses Jahres beteiligten sich Studenten der Moskauer Staatsuniversität sehr rege an einer Diskussion anlässlich eines informellen Treffens zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Bill Clinton, und Moskauer Bürgern. Ihre engagierte Teilnahme wurde sogar im japanischen Fernsehen übertragen. Eine Studentin Ihrer Universität erläuterte Präsident Clinton in perfektem, flüssigem Englisch, dass Russland große Re­serven an spiri­tueller Energie habe und dass sie überzeugt davon sei, dass ihre Nation in naher Zukunft zu einem kulturellen Zentrum von internationaler Bedeutung wer­den würde. Es war wahrhaft ein ermutigender Auftritt, der die ernsthafte Begeisterung der Jugend deutlich machte.

Das Glaubensbekenntnis des Gründers der Moskauer Staatsuniversität

Der würdige Gründer Ihrer Universität, Michael Lomonossow (1711 - 1765) verfasste diese edlen Verse unmittelbar vor seinem Tode:

,,Wenn unser wunderbares und weites Land\ von Unglück heimgesucht wird,\ ist das die Zeit,\ in der Russland\ mutige und hervorragende Jugendliche\ hervorbringen wird, meine Nachkommenschaft,\ die sich den Weg zum Vorbild nehmen werden,\ den ich hinterlassen habe.“

240 Jahre sind vergangen, seit Ihre Universität gegründet wurde, und Sie haben in vollem Umfang dieser edlen Aufforderung Ihres Gründers Folge geleistet. Welch ein ruhmreiches und prächtiges Beispiel von Erziehung.

Ein Abschnitt aus den buddhistischen Schriften sagt uns: ,,Wenn Sie verstehen wollen, welche Ergebnisse die Zukunft zeigen wird, betrachten Sie die Ursachen, die in der Gegenwart entstehen.”

Ich bin ganz und gar und zutiefst überzeugt, dass Sie, die Jugendlichen, die grenzenlose Hoffnung Ihrer Nation und der ganzen Welt sind.

Ich habe den Punkt jetzt erreicht, wo ich eifrig alle großen Reden von Sensei mit Erstaunen und großem Vergnügen lese. Ich sage, ich habe diesen Punkt jetzt erreicht, denn ich war nicht immer fähig, es auf diese Art zu schätzen. Ich musste daran arbeiten, Sensei zu verstehen und zu schätzen, aber die Belohnung, es zu tun, ist immens. Ich fühle jetzt, und ich bin nicht allein damit, dass Sensei ein großer Philosoph ist, wenn nicht der größte dieses Zeitalters. Solange wir, vielleicht wegen vorgefassten Meinungen in unserem Denken, diese Wichtigkeit nicht erkennen, glaube ich, dass uns das wirklich bemerkenswerte Verständnis und die Weisheit eines großen Philosophen des 20. Jahrhunderts entgeht.

Mit dem im Geist - vielleicht lesen oder schätzen wir nicht immer, was er uns zu sagen hat - möchte ich heute über einige wichtige Punkte aus der Rede sprechen, die Sensei an der Moskauer Staatsuniversität hielt. Diese ist auch im Oktober UK-Express publiziert: bitte versucht es, öffnet euren Geist, und wenn es nur für einen der zehn Punkte ist, und ich bin sicher, es wird euch ermutigen, eure Buddhaschaft noch mehr zum Leuchten zu bringen.

Was ich in den großen Reden Senseis bemerkt habe, ist, dass er an Orten über Buddhismus spricht, wo wir es nicht erwarten würden: zu AkademikerInnen, Geschäftsleuten, WissenschaftlerInnen, und wir mögen denken: „Was hat Sensei diesen Leuten, die an der Spitze ihres jeweiligen Gebietes sind, zu sagen?“ Aber ich denke, gerade in der Tatsache, dass sie so spezialisiert sind und Sensei diese sehr weite Vision hat - liegt das, was er ihnen zu sagen hat, weil sie im Prozess der Spezialisierung etwas verloren haben, etwas, was er in seinem Leben hat hervorbringen können. Gestern sprachen wir von all den Doktortiteln und allem, was er erhalten hat; das ist die Anerkennung dieses Wertes, den Sensei uns zu geben hat. In diesem Vortrag stellt sich Sensei zuerst vor und macht sich mit dem russischen Volk bekannt, dann kommt er zum Thema des Vortrags, nämlich, was es heißt, ein Mensch zu sein.

,,Weil es dort Menschen gibt...”

Wenn ich zurückdenke, erinnere ich mich wieder daran, wie ich 1974 die Einladung an Ihre Universität annahm und wie viel Menschen in Japan meine Entscheidung kritisierten, als ich mich auf meinen ersten Besuch Ihres Landes vorbereitete. „Warum reist ein buddhistischer Führer in eine Nation, dessen Ideologie ja gerade jede Religion ablehnt?”, fragten sie. Meine Antwort war, dass ich gehen würde, ,,weil es dort Menschen gibt.”

Jetzt sind über zwei Jahrzehnte vergangen, und in unserer heutigen nachideologischen Welt bewahrheitet es sich mehr und mehr, dass im Zentrum die Menschlichkeit selbst steht und die zentrale Frage lautet, wie man leben sollte.

Der berühmte zeitgenössische russische Schriftsteller Alexander Solschenizyn bestätigt eindrucksvoll diese Wahrheit:

,,Die Struktur eines Staates ist zweitrangig, bezogen auf den Geist zwischenmenschlicher Beziehungen. Dort, wo es menschliche Aufrichtigkeit gibt, kann jedes ehrliche System akzeptiert werden; gibt es aber Gehässigkeit und Selbstsucht unter den Menschen, wird selbst die weitreichendste Demokratie unerträglich. Wenn es den Menschen an Gerechtigkeit und Ehrlichkeit fehlt, wird dies unter jedem System an die Oberfläche treten.”

Alles beginnt und endet mit den Menschen. Die Menschen bleiben das größte aller Rätsel, wie Tolstoi erkannte. Seit dem Altertum wurde der Frage enorme Aufmerksamkeit gewidmet, was es heißt, Mensch zu sein. Dennoch können wir nicht behaupten, dieses Rätsel gelöst zu haben. Wir wissen, dass der Geist und die Gefühle nicht allein in wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Begriffen erfasst werden können. Und obwohl die Menschheit aus ihrer Vergangenheit ein großartiges Vermächtnis ererbt hat, ist es doch fraglich, ob davon in unserer gegenwärtigen Gesellschaft wirklich Gebrauch gemacht wird, in der wir offensichtlich von den drohend aufragenden Wolken der letzten Jahre dieses Jahrhunderts eingehüllt sind. Wenn wir in diesen Zeiten den menschlichen Zustand klarer erkennen wollen, bedarf es einer wirklich erhellenden Philosophie.

Ausgehend von diesen Vorgaben würde ich gern meine eigenen Vorstellungen zu diesem Thema entwickeln, indem ich versuche, den großartigen ,,Kosmos des Menschen” zu erkunden.

,,Bleib' Deinem Leben treu!” - mit diesem ermutigenden Ausruf wandte sich mein Meister Josei Toda, der 2. Präsident der Soka Gakkai, an die jungen Menschen. Herr Toda überlebte im 2. Weltkrieg eine zweijährige Haft und blieb in seiner Widmung an den Frieden unbesiegt und unerschüttert. In der Hoffnungslosigkeit, die auf die Kapitulation Japans folgte, als alle bestehenden Werte zerstört oder auf den Kopf gestellt wurden, ging er in seinen Überlegungen auf den eigentlichen Ausgangspunkt ein - den Lebenszustand des Menschen - und ermutigte uns, wieder mit unserer eigenen, inneren menschlichen Entwicklung zu beginnen. Die Lehre Josei Todas war eine Wiederbelebung der Lehre Shakyamuni Buddhas, die besagte, dass wir unser eigener Meister sind, so wie es niemand anderes je sein könnte, und dass wir uns ein eigener unnachahmlicher Meister sind, wenn wir starke Selbstdisziplin besitzen.

Herrscher über unser persönliches Schicksal

Das erinnert mich an das von dem großen russischen Schriftsteller Dimitri Mereschkowski (1865-1941) angebotene Motto: ,,Gott hat den Menschen dazu bestimmt, sein eigener Meister zu sein.”1 Diese Worte werden zu Beginn seines ,,Peter und Alexis. Die Romanze Peters des Großen”2 dreimal wiederholt. Meiner Ansicht nach ist diese ewige Frage ,,wie kann man sein eigener Meister sein?” die Frage, die sich durch die gesamte Geistesgeschichte Ihres Landes zieht. Ich glaube, dass dies die Frage ist, welche die Herzen der Menschen in Russland in der vormodernen Zeit bewegt, vielleicht noch leidenschaftlicher als zu irgend einer anderen Zeit in der Weltgeschichte.

Wir können dieses Anliegen im Leben Peters des Großen (1672-1725) weitreichend belegt wiederfinden. Eins der schwierigsten Probleme der vormodernen russischen Geschichte besteht zweifellos darin, zu einem wohlbegründeten und ausgewogenem Urteil über Peter den Großen zu kommen, der oft rücksichtslose Reformen in Kraft setzte, die auf der Grundlage von westlichen Ideen und Technologien Russland modernisieren und entwickeln sollten. Dies zeigt sich in der fortwährenden Rivalität zwischen den europäischen und slawischen Schulen. Doch von zumindest einem Standpunkt aus betrachtet war Peter der Große ein Gigant, der sein Leben der Suche nach einer Antwort auf jene Frage gewidmet hatte: ,,wie kann man Meister seiner selbst sein?”

Alexander Puschkin (1799-1837) pries Peter den Großen als ,,Herrscher des Schicksals”, und Alexander Herzen (1812-1870) beschrieb ihn als das erste, befreite Individuum in der Geschichte Russlands. Peter der Große trug sein eigenes Schicksal auf der einen Schulter und das Schicksal ,,aller Reußen” auf der anderen, wie Atlas in der griechischen Mythologie die Pfeiler stützte, die Himmel und Erde auseinander hielten.

Russland hat seit der Zeit Peters des Großen immer wieder versucht, mit dem überall vorhandenen Einfluss der modernen westlichen Zivilisation zurechtzukommen. Und das ist nicht allein ein Problem Russlands. Während die westlichen Einflüsse sich zuerst in der Veränderung der Militärtechnologie und des wirtschaftlichen Systems zeigen, gehen sie schließlich auf die Kultur selbst über und bewirken, dass sie ihre eigentliche Identität verlieren und die Wertschätzung der Menschen für ihr eigenes Selbst ins Schwanken bringen, was letztlich dazu führen kann, dass sie sich von sich selbst entfremden.

Diese Sorge reflektieren auch die Schriften Natsume Nosekis (1867-1916)3, einer führenden Persönlichkeit der modernen japanischen Literatur, der - nachdem Japan seine Tore den Einflüssen der westlichen Kulturen geöffnet hatte - versuchte, eine japanische Identität zu entwickeln. Über seine Jugend in dieser Zeit bemerkte er: ,,Ich fühlte mich, als wäre ich in einem Sack verschnürt gewesen, unfähig, zu entkommen.”

Sensei sagt hier wie auch später in der Vorlesung, dass wir unsere eigenen Meister sind. Er beginnt, die Idee vorzustellen, dass man sein eigenes Leben meistern muss, um wirklich Mensch zu sein. Dieses Meistern unseres Lebens heißt in anderen Worten, dass wir unsere menschliche Revolution machen sollten. Bevor er dieses Konzept ausarbeitet, fährt Sensei fort mit der Darstellung des Zustandes der Mehrheit der heutigen Menschen, indem er die japanische Jugend beschreibt.

Der Verfall der Spiritualität

Obwohl Japan sich in dem einen Jahrhundert, da Soseki jene Worte schrieb, in einem unvorstellbaren Ausmaß verändert hat, muss ich doch bezweifeln, dass die heutige Jugend Japans wirklich mit ihrer Lage glücklich und zufrieden sind. Ebenso falsch ist die Vermutung, dass die Japaner glücklich sind, nur weil sie in materiellem Überfluss leben können. Solches ,,Glück” ist immer relativ und kurzlebig.

Im heutigen Japan scheinen die meisten jungen Menschen sich selbst entfremdet zu sein und kaum Ehrgeiz zu besitzen. Sicherlich haben sie mehr Freiheit als jemals zuvor, doch andererseits mangelt es ihnen an einem klaren Gefühl für den Sinn ihres Daseins, und viele junge Menschen sind verwirrt und unsicher. Viele von ihnen leben nur für den Augenblick oder ihr unmittelbares Vergnügen. Aktuelle Erhebungen bei Hochschulstudenten in aller Welt belegen eine besonders starke Tendenz bei japanischen Studenten: erstens haben sie geringe Hoff­nung auf die Zukunft, und zweitens sind sie zufrieden, solange ihre gegenwärtige Lage bequem genug ist.

Es besteht kein Zweifel, dass Japans spirituelle Kraft stagniert, obwohl das Land - zumindest vorüber­gehend - beispiellosen ökonomischen Überfluss durchlebt. Junge Menschen stellen sich nicht mehr die Frage: ,,Wie soll ich mein eigener Meister sein?”, und sie versuchen auch nicht mehr, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen.

Natürlich gibt es auch Jugendliche, die versuchen, über ihre eigene Lebenssituation hinaus zu denken und nach einer friedvollen neuen Weltordnung und einer klaren Vorstellung von der Rolle der Gesellschaft zu suchen. Auch in ihrem persönlichen Leben versuchen sie, die Fähigkeit zu entwickeln, Entschlüsse zu fassen. Es gibt auch junge Menschen, die sich direkt mit der Frage konfrontieren, an welchen Werten sich die Menschen in ihrem Leben orientieren sollten. Diese jungen Menschen, die sich so sehr von ihren vielen apathischen Altersgenossen unterscheiden, geben mir Hoffnung auf eine neue Lebensphilosophie, eine neue Religion, die den Menschen das Gute, das Ermutigende, das Kreative näher bringen wird.

Der dauerhafte Herzschlag des russischen Humanismus

Wie also werden wir unser eigener Meister? Die Suche nach einer klaren Antwort auf diese Frage führte mich zu dem großen Philosophen Nikolai Berdjajew (l874-l948)4 und den Gedanken, die er in seinem ,,Dream and Reality: An Essay in Autobiography” zum Ausdruck brachte:

,,Ich habe niemals versucht, absichtlich oder unabsichtlich, mich in einer eigenen privaten Welt abzuschließen. Vielmehr strebte ich danach, einen Weg hinaus ins Freie zu finden, in der Welt anwesend zu sein und in mir selbst diese Welt gegenwärtig zu machen und dennoch gefährlich und frei präsent zu sein. Der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist es, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen.”

Diese Worte bekunden die spürbare Zufriedenheit, sein eigener Meister zu werden wie auch ein uneingeschränktes umfassendes Eins sein mit dem Universum, ein großartiges Verständnis vom Kosmos.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese brillanten Worte

Dieses Zitat von Nikolai Berdjajew, welches Sensei anführt, ist schön, und vielleicht überrascht es, dass Sensei mit Sich-Selbst-Meistern genau das meint. Wir tendieren zu denken, dass dieses Sicht-Selbst-Meistern bedeutet, gegen Instinkte und Gefühle anzukämpfen und zu versuchen, sie zu meistern. Falls wir es auf diese Art verstehen, ist die Ursache dafür, so glaube ich, unser starker christlich-jüdischer Hintergrund. Senseis Beschreibung des Sich-Selbst-Meisterns könnte nicht weiter davon entfernt sein, er spricht weder von unterdrückenden, noch von verleugnenden oder verneinenden Aspekten unserer selbst. Er beschreibt das Sich-Selbst-Meistern als einen umfassenden Zustand des Einsseins mit dem Universum - und er führt dazu Berdjajews Beschreibung des Sich-Selbst-Meisterns an:

„Der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen.”

Das sind großartig klingende Worte, aber es ist typisch für Sensei, dass er uns nicht mit diesen von weit her strahlenden Zielen allein lässt - er sagt uns genau, wie wir dorthin gelangen können. Im letzten Abschnitt spricht er von drei Sichtweisen der Veränderung im Leben eines Individuums und bei der Entwicklung des menschlichen Charakters: Erwachen, perfekte Ausstattung und Wiederbelebung. Diese drei Sichtweisen sind, wie ihr vielleicht wisst, Definitionen des Wortes „Myo”, wie es in Nam-Myoho-Renge-Kyo vorkommt. Wenn wir das, was Sensei darüber sagt, näher betrachten, können wir unser Verständnis von dem, was wir durch unsere Praxis zu erreichen versuchen, vertiefen.

Als erstes bezieht sich ,,erwachen” auf die individuelle Entwicklung eines Bewusstseins von der fundamentalen Ordnung des Lebens. Der Buddhismus lehrt, dass jeder von uns die Buddhanatur besitzt, das Potential, sich zu einem ideellen Menschen zu entwickeln. Entwickelt man dieses Potential, wird diese Buddhanatur zum Kern unseres Lebens und wir gewinnen die Fähigkeit, uns selbst zu meistern. In unserem alltäglichen Leben ist diese Buddhanatur jedoch tief unter unseren Illusionen vergraben - den verschiedenen falschen, voreinge­nommenen und irrigen Ansichten. Deshalb müssen wir die vielen dicken Schichten unserer Illusionen durchbrechen und eine Tür zu dieser uns innewohnenden Buddhanatur öffnen und sie zur vollen Blüte bringen. Diese Illusionen abzulegen bedeutet, zu der jedem Menschen innewohnenden fundamentalen Ordnung des Lebens zu erwachen. Die höchste Lehre des Mahayana-Buddhismus, das Lotos-Sutra, verwendet eine Vielzahl von Parabeln für diejenigen, die überzeugt sind, dass der Buddha eine Art transzendentes, mythisches Wesen ist und nicht akzeptieren können, dass sie selbst diese Buddhanatur besitzen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen kurz eine davon mitteilen.

Einst war ein armer Mann bei einem wohlhabenden Freunde zu Gast. Während sie miteinander redeten und es sich gut gehen ließen, schlief der arme Mann ein. Während er schlief, nähte der Freund aus Sorge um sein Wohlergehen heimlich einen wertvollen Edelstein in sein Gewand ein. Als der arme Mann am nächsten Morgen erwachte und sich verabschiedete, hatte er keine Ahnung, dass ein Juwel in sein Gewand eingenäht worden war. In den nächsten Jahren lebte er weiterhin in Armut. Einige Jahre später traf der wohlhabende Mann seinen Freund wieder und war erstaunt, zu sehen, dass dieser immer noch in ärmlichen Umständen lebte. Da erzählte er ihm von dem Edelstein, den er in dessen Gewand eingenäht hatte, und der arme Mann freute sich über die Maßen.

Der Edelstein ist die Buddhanatur, die wir alle besitzen, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Diese Buddha­natur ist die fundamentale Ordnung der menschlichen Existenz, ein so unerschütterlicher Stützpunkt wie der, auf den der griechische Mathematiker Archimedes (290-211 v.Chr.) sich bezog, als er ausrief: „Gebt mir einen festen Standpunkt, und ich werde die Erde aus den Angeln heben.” 5 Niemand ist stärker als der Mensch, der zu dieser fundamentalen Ordnung allen Lebens erwacht ist.

Leben für das Innere

Das erinnert mich an ein Meisterwerk eines meiner Lieblingsautoren, Leo Tolstoi (1828-1910), ,,Anna Karenina”. In einer berühmten Szene der Novelle sucht Levin, hinter dessen Person sich der Autor selbst verbirgt, nach der Antwort auf die Frage ,,Was ist der Sinn des Lebens?”. Mit anderen Worten sucht er nach der fundamentalen Ordnung der Existenz, und er wird vor den Worten eines Bauern aufgeklärt:

,,Ein Mann lebt für seine eigenen Bedürfnissen und nichts sonst - z.B. Mityuka, der nur daran denkt, seinen Bauch voll zu stopfen. Folkanitsch dagegen ist ein aufrechter alter Mann. Er denkt an seine Seele: Er vergisst Gott nicht.” 6

Diese Worte eines einfachen Bauern trafen Levins Herz wie ein Blitzstrahl. Dies ist eine der bewegendsten und erinnerungswürdigsten Szenen der Weltliteratur vom Er­wecken des Bewusstseins durch einen anderen. Wie wahr ist es doch: wenn jemand zur fundamentalen Ordnung erwacht - hier umschrieben mit ,,an seine Seele denken” - , dann öffnet er in sich eine vollkommen neue und unerwartete Welt in all ihrer Vitalität und Herrlichkeit.

Das Drama der Verwandlung von Dunkelheit in Licht, von der Illusion zum Erwachen, taucht in Tolstois Werk häufig auf. In einer rauen und ursprünglichen Form wird es in seinen frühen Werken geschildert, wie z.B. in ,,Die Kosaken” (1863), und entwickelt sich hin zur reflektierenden Haltung des Pierre in ,,Krieg und Frieden” (1865-1869) und des Levin in ,,Anna Karenina” (1875-1877). Dieses großartige menschliche Gefühl, das plötzlich in diesen Protagonisten nach langem Leiden und vielen harten Prüfungen aufbricht, hat ohne Zweifel solch starken Widerhall in den Herzen junger Menschen ausgelöst, insbesondere weil es ursprünglich und rein ist.

Tolstoi war auch mit den Lehren des Buddhismus vertraut, und die Lebensdynamik, die er in seiner Genialität in seinen Schriften beschreibt, hat vieles gemeinsam mit der dynamischen Lebenseinstellung, wie sie das Lotos-Sutra lehrt. Tolstois Werk ist auch eine Hymne der Dankbarkeit an die fundamentale Herrlichkeit des Lebens.

Letztendlich sind wir ,,denkende Gräser”, wie der französische Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) es ausdrückte. Der Beweis unserer Menschlichkeit zeigt sich im Erschaffen eigener fester Ansichten über das Leben, über die Gesellschaft und über das Universum. Wenn wir unsere eigenen Ziele festlegen und dann alles tun, um sie zu unserer eigenen Zufriedenheit zu realisieren und ein Leben ohne Reue führen, dann erscheint das Glück. ,,Vollkommene Ausstattung” bedeutet, unser Leben zu erweitern und den Kosmos zu umschließen.

Als nächstes will ich über das buddhistische Prinzip ,,Vollkommene Ausstattung” sprechen, welches gewährleistet, dass die fundamentale Ordnung, zu der wir erwachen, nicht parteiisch oder voreingenommen ist. Mit anderen Worten: die fundamentale Ordnung muss vollkommen und allumfassend sein und nicht nur alle Menschen, sondern ebenso die Natur Lind das Universum gleichermaßen einschließen.

,,Vollkommene Ausstattung bezieht sich also auf die Allgemeingültigkeit und die zugrunde liegende Harmonie des Lebens, da wir unseren Blickwinkel von der Ebene dieses Planeten weg auf die Ebene des Kosmos hin richten. Diese Allgemeingültigkeit hat eine andere Dimension als die der Wissenschaft oder der Vernunft. Wissenschaft und Vernunft sind abstrakt und unterscheiden sich in der Realität darin, dass in sich abge­schlossen und strukturiert sind. Innerhalb ihres jeweiligen Bereichs üben sie eine unermessliche Macht aus. Gewiss haben in der ganzen Welt Wissenschaft und Technologie unsere Lebensart mit erstaunlicher Geschwindigkeit verwandelt. Doch nachdem wir in diesem Jahrhundert die Tragödie des ,,Megatodes” erfahren haben, darf sich die Menschheit nicht länger damit abfinden, Wissenschaft und Vernunft unkontrolliert zu lassen.

Die Allgemeingültigkeit, von der ich spreche, ist eine symbiotische Ordnung, in der die Menschen, die Natur und der Kosmos zusammen existieren und wo Mikrokosmos und Makrokosmos zu einer einzigen lebendigen Einheit verschmolzen sind. Symbiose wird im Buddhismus ,,abhängiger Ursprung” (jap. ,,Engi”) genannt. Das bedeutet, dass sowohl im Bereich der menschlichen Gesellschaft als auch in der Natur nichts isoliert existiert. Alle Erscheinungen bedingen sich gegenseitig und bilden einen lebenden Kosmos. Aus dem Verständnis heraus, dass alle Erscheinungen sich gegenseitig bedingen und ein einziges Ganzes sind, ist es eine bedeutsame Aufgabe, der Vernunft die ihr entsprechende Rolle zu geben.

Im ersten Satz sagt Sensei, „Erwachen” beziehe sich auf die individuelle Entwicklung eines Bewusstseins von der fundamentalen Ordnung des Lebens. In anderen Worten spricht er über die Buddhaschaft. Er nennt die Buddhaschaft hier die fundamentale Ordnung des Lebens. Das ist eigentlich eine tiefgründige Offenbarung, welche der ganzen buddhistischen Philosophie zugrunde liegt. Wir sind es gewohnt, die Buddhaschaft als Weisheit, Mitgefühl und Mut zu beschreiben. Dies hier ist eine andere Art der Wahrnehmung. Die Buddhaschaft ist das, was dem Leben als Ganzem zugrunde liegt, es ist der grundlegende oder fundamentale Aspekt der Existenz.

In westlichen Religionen - und diese beeinflussen uns sehr stark, ob uns dies passt oder nicht - könnte die fundamentale Ordnung des Lebens als ein perfektes Etwas abseits von uns gesehen werden, wie Gott oder Christus - etwas, was wir nicht sind. Dies ist die fundamentale Ordnung des Lebens oder die Perfektion des Lebens. Und sie kann nur „dort” existieren: Wir können nie wirklich daran teilhaben. Da ist wenig von diesem Konzept eines höheren Lebenszustandes vorhanden, der in uns hier und jetzt existiert. Aus dem Blickwinkel der westlichen Religionen würden wir uns als unwürdig erachten, diesen höheren Zustand in uns zu haben. Und es würde sogar als löblich betrachtet, über uns selbst auf diese verunglimpfende Art zu denken.

Wenn wir in westlichen Lehren also die fundamentale Ordnung des Lebens als etwas von uns Getrenntes ansehen, haben wir keine Möglichkeit, sie jemals zu kennen oder zu verstehen. Damit sind wir aufgewachsen. Das kann eine Haltung sein, die wir in unsere buddhistische Praxis einbringen. Falls das so ist, denke ich, hindert es uns sehr beim Versuch, zu glauben, dass wir selbst die Buddhaschaft besitzen.

Wenn wir uns selbst als unwürdig erachten, ist dies etwas, was uns bremst und was wir herausfordern müssen. Das zweite ist, dass wir die Verantwortung für unsere Erleuchtung nicht übernehmen wollen. Gemäß den westlichen Religionen erreicht man zwar den höchsten Zustand - Gnade oder Seligkeit - aber man erreicht ihn nur durch jemand anderen, indem Gott oder wer auch immer darüber entscheidet, was du bist, nicht indem du selbst es entscheidest. Wenn du beschlossen hättest, du seiest im Zustand der Gnade, der Heiligkeit oder was auch immer, würde man von dir denken, du seiest in Wirklichkeit prahlerisch und dessen unwürdig, wäre es nicht so?

Es ist ganz, ganz anders zu denken, dass wir Buddha sind, den Buddhazustand besitzen, welcher der höchste, tiefste, größte, großartigste Zustand ist, den es überhaupt gibt. Wir betrachten das nicht als prahlerisch. Aber wir kommen von Religionen her, gemäß derer es sehr eingebildet wäre, von uns selbst zu glauben, wir hätten den höchsten Zustand in uns - wie ein Gott -, nicht wahr? Sehr anmaßend. Damit sehen wir, wogegen wir ankämpfen, wenn wir zu glauben versuchen, dass die Buddhaschaft jetzt in unserem Leben existiert. Wir glauben, wir seien ihrer unwürdig und überdies, es sei anmaßend von uns, über uns selbst auf irgendeine andere Art zu denken. Das verursacht ein großes Ringen in uns, wenn wir chanten und an uns selbst glauben; es ist fast, als ob wir programmiert worden wären, uns selbst nicht gern zu haben. Gewiss, die vorherrschende Kultur lehrt uns dies. Zusätzlich lehrten uns fast sicherlich auch unsere Eltern, uns selbst zu missachten. In der Bemühung, das kindliche Ego zu zügeln, in welchem das Kind sich als Zentrum von allem sieht, haben unsere Eltern vielleicht in der besten Absicht gesagt, dass alle und alles außerhalb von uns gleichviel oder mehr zu sagen hat, als wir selbst. Man pflegte uns dies zu sagen, und es war gut gemeint, aber es hat Leute hervorgebracht, die es sehr schwierig finden, einen Sinn für Identität zu bekommen. Instinktiv finden wir es sehr schwierig, uns vorzustellen, dass wir etwas sein können, unabhängig, was andere Leute von uns halten. Paradox genug ist, dass wir um so mehr leiden, je mehr wir uns selbst heruntermachen und uns weigern, unsere Buddhaschaft zu sehen. Das kommt daher, dass sich unser Leben danach sehnt, anzuerkennen, was schon immer existiert hat. Die Buddhaschaft ist die fundamentale Ordnung seit der Zeit ohne Anfang, und unser Leben weiß dies intuitiv und hat es immer gewusst. Nur hat man uns dies in diesem Leben nicht so gelehrt, bis wir angefangen haben, Buddhismus zu praktizieren. Somit ist klar, dass es dieses Ringen gibt, gerade weil wir es wissen. Tief in unserem Herzen fühlen wir es. Aber wir erlauben uns nicht, so zu denken, aufgrund dieser vorherrschenden Kultur, in der wir leben, und in der unsere Eltern und unsere Religionen uns sagten: denke von dir nicht, du seiest etwas Großartiges.

So kann es sehr wohl sein, dass wir uns nicht nur der Buddhaschaft unwürdig fühlen, sondern auch, dass wir sehr negative, hasserfüllte Bilder von uns selbst gebildet haben, welche aus verschiedenen Arten von Missbrauch, den wir als Kinder erlitten haben, entstanden sind. Genau genommen ist Missbrauch jede Handlungsweise, die nicht auf Respekt beruht. Der Missbrauch kann sexuell sein oder auch nicht. Ebenso kann er emotional oder körperlich sein. Wenn wir daran denken, wie schwierig es ist, alles, was wir tun, auf Respekt vor dem Leben zu basieren, dann sehen wir, wie leicht wir vielleicht von anderen Leuten beeinflusst worden sind, die ihre Handlungen oder ihre Gefühle uns gegenüber nicht darauf basieren konnten ... (Hoffentlich ist das nicht zu schwierig zu verstehen). So gab es vielleicht eine Menge Ablehnung in unserer Kindheit, was wiederum uns dazu gebracht hat, uns selbst abzulehnen. Vielleicht sogar, uns zu hassen. Es wäre nur natürlich.

In der Vergangenheit habe ich dieses Thema des Ablehnens oder des Selbsthasses oft in meinen Vorlesungen, Artikeln und bei Führungen eingeflochten. Aber aus irgendwelchen Gründen will niemand von uns wirklich sehen, wie wichtig es ist. Ich würde sagen, unser Gefühl uns selbst gegenüber entspricht unserem Gefühl dem Leben gegenüber. Was wir uns selbst gegenüber für ein Gefühl haben ist unbewusst das, was uns am stärksten bestimmt. Und es bestimmt, wie das Leben für uns ist. Mit anderen Worten, was für ein Gefühl wir von uns selbst haben, ist unsere Identität. Unsere Identität und eigentlich das Leben im allgemeinen ist deshalb nur dadurch begrenzt, was wir über uns selbst denken und was für ein Gefühl wir uns gegenüber haben. Wir schaffen unsere eigene Identität aus allem, was wir bis anhin erhalten haben, und wir haben eine (meistens) ziemlich negative Identität geschaffen. Während wir nun chanten, kommen wir mit unserer wahren Identität, nämlich der Buddhaschaft, in Einklang. Mit dem, was immer existiert hat und was wir intuitiv kennen, kommen wir in Einklang, während wir chanten. Wenn unser Konzept von uns selbst aber so sehr mit Unwürde oder Selbsthass, mit Angst, Zweifel, Schuldgefühlen überladen ist, kommen wir uns nicht als in Buddhas verwandelt vor, während wir chanten. Unser Geist hängt noch immer am alten Selbst, an der alten Identität. Das ist es, was wir mit dem Sich-Selbst-Meistern meinen. Wir lernen, jene alte Identität zu meistern, und wir lernen, wie wir das tun können. Bis jetzt haben wir sie beherrscht; nun lernen wir, sie zu meistern. Wir meistern die alte Identität und bauen eine neue auf, nämlich die Buddha-Identität. Aber dazu braucht es Herausforderung. Fordere die alte heraus und erlaube der neuen, hervorzukommen.

All dies wurde vielleicht durch viel Schmerz in der Vergangenheit verursacht. Warum nicht den Schmerz nochmals anschauen und neu beurteilen? Wir wollen ihn nicht anschauen, weil wir grundsätzlich Angst haben davor. Aber Angst kommt immer von etwas, was wir nicht kennen, etwas Verstecktem, etwas, was wir nur erahnen. Sensei hat das „die Schlange im Schatten” genannt. Eine Schlange im Schatten ist immer furchterregender als eine Schlange im Sonnenlicht vor deinen Augen, nicht wahr?

Mit Anschauen meine ich nicht ein Analysieren beim Chanten: „Was könnte es sein? Wovor habe ich Angst? Den besten Zugang schaffen wir uns, wenn wir uns dafür vor dem Gohonzon entschuldigen, uns dafür entschuldigen, Angst zu haben, z.B.:

„Es tut mir leid Gohonzon, ich habe Angst vor etwas.”

„Ich habe Angst, mein Leben anzuschauen.”

„Ich habe Angst, mein Leben zu schätzen”,

oder so ähnlich, einfach, was dir in den Sinn kommt. Die Hauptsache ist, du sagst zum Gohonzon: „Es tut mir leid, dass ich auf diese Weise fühle.” Sobald du das sagst, realisierst du, dass du auch anders, als auf diese Weise fühlen könntest, nicht wahr? Sobald du gesagt hast: „Es tut mir leid, dass ich auf diese Weise fühle” schließt du dem eine Entschlossenheit an:

„Aber ich bin entschlossen, es zu überwinden”, oder:

„Ich werde mutig sein”, oder:

„Ich werde der Angst begegnen”, oder was immer es auch sei.

Und dann beginnst du vor dem Gohonzon das Gefühl von Kraft zu bekommen - es ist dir überlassen, was du denkst, weil du die Identität kreierst. Indem wir uns entschuldigen, anerkennen - wir, dass da etwas ist, was unser Leben beeinflusst, was außerhalb unserer Kontrolle liegt; wir können es weder kontrollieren noch definieren. Wenn wir anfangen, uns dafür zu entschuldigen - und falls wir das tun -, werden wir uns nach und nach oder manchmal sogar ganz plötzlich über etwas bewusst und können es dann mit unserem Daimoku anpacken. Es geht also darum herauszufinden, wodurch wir unsere Identität ständig einschränken, und wir wollen uns dessen entledigen. Wir entschuldigen uns für dieses Einschränken, wir entschuldigen uns für das Festhalten daran - wie immer wir es nennen wollen. Nochmals, ich meine nicht, dass wir uns während des Chantens da hindurcharbeiten, indem wir uns fragen: „Was könnte es nur sein?” oder so ähnlich. Es wird geschehen, wenn wir uns entschuldigen. Es wird vielleicht vor dem Gohonzon, vielleicht auch nachher geschehen, aber beginne zu sehen: „Ja, das ist es, was mich beherrscht, aber ich bin entschlossen, die Buddhaschaft herrschen zu lassen”, falls wir überhaupt dieses Wort gebrauchen wollen. Ich glaube nicht, dass „herrschen” das passende Wort ist, aber du kannst darüber nachdenken.

Alles geht auf einen grundlegenden Punkt zurück - was für ein Gefühl wir uns gegenüber haben. Im Buddhismus werden wir gelehrt, wir seien das Zentrum von allem. Das ist, was der Buddhismus lehrt: du bist das Zentrum von allem. Das ist eine so radikale, noch nie da gewesene Lehre für uns im Westen. Das Selbst wurde für eine sehr lange Zeit unterdrückt. Wenn wir die Wiederbelebung des Selbst, das Sich-Selbst-Meistern als den Schlüssel zu jeder Veränderung sowohl in uns selbst, als auch in unserer Umgebung nicht sehen, können wir Jahr um Jahr blind verbringen, ohne an die fundamentale Ordnung zu glauben, welche der Schlüssel zu allem ist.

Es wurde uns in unserem Leben so oft gesagt, dass wir die Buddhaschaft besitzen. Wenn wir dies noch immer nicht glauben können, würde ich vorschlagen, dass wir untersuchen, ob wir uns selbst ablehnen oder hassen. Falls wir das tun, versuchen wir bewusst, diese Einstellung herauszufordern. In der Kindheit lernen wir gewisse Fertigkeiten, und ich möchte vorschlagen, sich zu mögen ist eine Fertigkeit, die lernbar ist, wie jede andere auch. Wir sind es zwar nicht gewohnt, über Gefühle auf diese Art zu denken. Wir sehen nicht ein, dass ein Gefühl wie „das Gefühl sich selbst gegenüber” gelernt werden kann, und dass man daran arbeiten kann, bis wir schließlich aufrichtig fühlen, dass wir uns mögen. Aber das Trainingsfeld liegt direkt vor dem Gohonzon und auch in unseren buddhistischen Aktivitäten.

In Zusammenhang mit der Kraft des Gohonzons steht eine sehr reale Kraft in unserem eigenen Geist: unsere eigene Entschlossenheit. Wie ihr wisst, bezieht sich das Ichinen auf einen Lebensmoment - auf unser Leben in jedem gegebenen Moment. Unser ganzes Leben besteht aus diesen einzelnen Momenten. Somit besteht unser ganzes Leben aus diesen einzelnen Richtungen, welche unser Leben zu jedem gegebenen Zeitpunkt einschlägt. Wenn wir also vor dem Gohonzon über eine Tendenz, z.B. „Ich werde mich nie gerne haben” entscheiden, beginnen wir diese Lebensmomente oder unser Ichinen zu verändern - genau das ist es, was wir tun, wenn wir vor dem Gohonzon chanten. Es geht nicht so sehr darum, Wohltaten zu erhalten oder Probleme zu lösen, denn das geschieht ohnehin, gerade weil wir die Erfahrung eines inneren Wandels in Bezug auf unser Selbstgefühl machen. Also beginnen wir. Wir fordern erst einmal nur einen Moment vor dem Gohonzon heraus. Dann den nächsten. Das ist, was wir tun.

Nehmen wir z.B. an, es sei da eine Frau, deren Gatte sie verlassen hat. Sie kann von sich denken, sie sei ein Mensch, der verlassen wurde - und das sei alles, was sie ist. Ich bin solchem schon begegnet, die Menschen fühlen auf diese Art. Das ist alles, was sie sind, und sie sehen sich nur als das. „Ich bin die Person, die verlassen wurde” oder „Ich bin die Person, die keine Mutter hatte” oder „Ich bin die Person, die mein Vater hasste.” Aber nur wir denken so, niemand sonst weiß überhaupt davon, wisst ihr, was ich meine? Falls sie es tatsächlich wissen, ist es für sie nur eine von vielen Tatsachen über uns. Aber für uns ist es das, was uns ausmacht.

Das Ziel des Buddhismus ist, uns zu ermöglichen, über diese mächtige Identität hinaus zu gelangen, die durch unser Karma in der Vergangenheit geformt wurde. Er tut das auf viele Arten, aber alles dreht sich darum, dass wir uns selbst anders sehen. Der Buddhismus macht es uns möglich, unsere Buddhanatur als unsere wahre Identität aufzubauen. Das geschieht, wenn wir chanten. Wenn wir aber diese neugegründete Identität nicht anerkennen, wenn wir weiterhin denken, wir seien jemand anders, dann seht ihr jetzt ein, was daran falsch ist, was das eigentliche Problem ist.

Dr. Yamazaki (Anm. d. Übers.: ehemaliger Leiter Europas) sagte uns einmal: „Verehrt Euch selbst beim Chanten”. Das ist eine andere Art zu sagen, dass wir Mitgefühl für uns selbst haben sollen. Herr Makiguchi sagte einmal: „Die Kraft des Glaubens ist eine Medizin zur Heilung der Dummen.” Präsident Ikeda meinte dazu: „Wir können unsere Weisheit hervorbringen und so unsere dumme Natur heilen, indem wir Mitgefühl für uns selbst haben. Er nannte als Beispiel eine Mutter: „Wenn eine Mutter Mitgefühl für ihr Kind hat, dann weiß sie intuitiv, instinktiv, was ihr Kind braucht. Wenn aber jemand von uns zum Kind gehen würde, wenn ich hingehen würde, hätte ich nicht die leiseste Ahnung, was zu tun wäre. Aber sie hat Mitgefühl für das Kind, und dies gibt ihr die Weisheit zu wissen, was sie tun muss. Hätte sie dieses Mitgefühl nicht, wüsste sie nicht, was zu tun ist, sie stünde verloren da. Durch dieses Beispiel können wir sehen, wie wichtig es ist, Mitgefühl für uns zu haben, damit wir wissen, was wir für unser Leben tun müssen.

Versuche, während des Chantens - und solltest du auch keinen einzigen Grund an dir finden, den du magst - daran festzuhalten, dass dein Leben Wert hat, wie es Nichiren Daishonin in so vielen Goshos tut, versuche dein Leben zu ehren. Halte weiterhin an diesem Gefühl fest, anstatt immerzu den Monolog des Selbstzweifels zu führen und dich selbst fertig zu machen; las Selbstbejahung dein Ichinen, dein Lebensmoment sein, fahre jeden Tag damit fort, sooft du kannst.

Schließlich möchte ich bemerken, was ich als den Schlüssel zur Verehrung des Lebens erachte. Vielleicht sind wir uns alle unseres Leidens in unserer Kindheit und später nur allzu bewusst. Die meisten von uns haben etwas in dieser Richtung erlebt, vielleicht sind wir uns dessen bewusst oder auch nicht. Wie auch immer, dieses zugefügte Leid ist Ursache für das geschädigte Selbstbild, das wir jetzt haben.

Nun etwas sehr Wichtiges betreffend all diesen Leidens. Solange wir die Menschen dafür beschuldigen, welche es verursacht haben, können wir es nicht verändern. Wir können nicht ändern, was wir erlitten haben. Ich spreche über fundamentale Veränderung, tiefe Veränderung. Diese kann nie vollbracht werden, außer, wir bringen es fertig, zu verzeihen, die Person voll zu akzeptieren, die uns den Schmerz zugefügt hat. Indern wir dies tun, werden wir des Leides mächtig.

Ich sah dies sehr deutlich in einer Situation dieses Jahr, ich bin sicher, ihr erinnert euch gut daran. Als die Schwarzen in Südafrika zum erstenmal wählen durften, war der Pass der Gegenstand, der sie zur Wahl berechtigte, der Pass, den sie immer bei sich tragen mussten. Für fast fünfzig Jahre mussten sie ihn immer bei sich haben, für sie war er ihre Identität, der sie als Zweite-Klasse-Bürgerinnen und Nichtakzeptierte in ihrem eigenen Land auswies. Sie mussten den Pass haben, nicht aber die Weißen, aber was sie zur Abstimmung berechtigte, war der Pass. Sie mussten den Pass nehmen und ihn abgeben, und so erhielten sie ihr Stimmrecht. Damit haben sie dieses verhasste Ding zu etwas verwandelt, was ihnen ein Recht erteilte.

Irgend jemand, vielleicht Mandela, hatte dieses unglaubliche Verständnis, dass der Pass auf diese Weise benutzt werden sollte; dass man ihn nicht einfach in Stücke zerreißen und wegwerfen, sondern fürs Stimmrecht gebrauchen sollte. So, meine ich, müssen wir mit einem oder auch mehreren Menschen umgehen, ob sie nun noch leben oder nicht; unsere Gefühle ihnen gegenüber müssen wir irgendwie umformen. Solange wir ihnen Vorwürfe machen und sie hassen, jemand anderem die Schuld zuschieben, dass wir so geworden sind - solange ordnen wir unser Leben dem unter, was sie uns angetan haben. Benutzen wir das jedoch, schätzen wir es sogar, denn es ist wahrscheinlich, dass wir - indirekt - gerade deshalb zu praktizieren begonnen haben, obwohl es uns damals nicht bewusst war. Gewöhnlich ist es dieses Leiden oder die Wirkung davon, was uns zum Chanten bringt.

Wir können also tatsächlich für diese Person, diese Leute, diese Situationen chanten und versuchen, sie zu schätzen - ich weiß, es ist sehr, sehr schwierig, vor allem wenn wir schwer gelitten haben - aber versuche, diese Person oder Situation irgendwie zu akzeptieren oder zu respektieren. Behalte sie nicht außerhalb von dir versteckt, denn gerade dadurch gibst du ihnen Macht. Bringe sie direkt vor den Gohonzon und beginne irgendwie, damit umzugehen, ich würde sagen, versuche, sie zu respektieren.

Habe diesen Gedanken, auch wenn du es nur einmal kannst - ich kenne diese Situation aus eigener Erfahrung. Du versuchst zu sagen: „Ich respektiere” - und du kannst es nur dies eine Mal sagen, aber das ist der Anfang der Veränderung, ist es nicht so? Am nächsten Tag machst du es wieder, vielleicht sogar zweimal, und auf diese Weise schlägst du eine neue Richtung ein.

Das ist also mein Vorschlag, wie wir mit dem Leiden in unserem Leben umgehen können; indem wir diesen Lebensbereich, den wir doch so gerne umgehen möchten, einbeziehen, befreien wir uns von dessen Dominanz, der Macht, die er über uns ausübt.

Wenn wir nicht mehr von diesem Schmerz dominiert werden, müssen wir unser Leben nicht mehr auf dieser Art und Weise gründen, in welcher uns dieser Schmerz das Leben hat sehen und damit umgehen lassen. Wir verwandeln den Schmerz in Buddhaschaft. Wir vollziehen diese Veränderung.

Es ist unser dringendes Bedürfnis die Frage beantworten zu können: „Wer bin ich?” Damit hat Sensei seine Rede begonnen: „Was heißt es, ein Mensch zu sein?”

Wir sind bestimmt nicht nur die Summe des Schmerzes in unserem Leben. Das ist nicht, was wir sind. Und sicherlich sind wir nicht nur eine Ansammlung von Ängsten, Verdruss und destruktiven Impulsen.

Sensei sagt hier, dass unser Leben die fundamentale Ordnung ist, dieselbe fundamentale Ordnung, die im ganzen Universum existiert. Wir sind kein bisschen verschieden davon. Er sagt: „Wie wahr ist es doch, dass, wenn jemand zu der fundamentalen Ordnung erwacht - hier umschrieben als „an seine Seele denken” - er/sie in sich eine vollständig neue und unerwartete Welt öffnet in all ihrer Vitalität und Herrlichkeit.” Mit seinen Reden und Führungen versucht Sensei uns schmackhaft zu machen, an diese Welt der fundamentalen Ordnung zu glauben. An anderer Stelle sagt er: „Niemand ist stärker als eine Person, die zu dieser fundamentalen Ordnung allen Lebens erwacht ist.”

Ein lebendiges, pulsierendes Universum

Von diesem Standpunkt aus ist Levins Sensibilität, so wie sie Tolstoi schildert, wahrlich einzigartig. Während er an einem heißen Sommertag mitten im Wald im Gras auf dem Rücken liegt und zum wolkenlosen Himmel hinaufschaut, denkt er für sich:

,,Weiß ich denn nicht, dass das Weltall unendlich ist und kein gerundetes Gewölbe? Doch wie sehr ich auch meine Augen aufreiße und meinen Blick anstrenge - ich kann es nur als rund und begrenzt sehen; und trotz meines Wissens von der Unendlichkeit des Weltalls habe ich unwiderlegbar recht, wenn ich ein tiefblaues Gewölbe sehe, weitaus mehr recht, als wenn ich meine Augen anstrenge, um darüber hinaus zu schauen.”7

Levins Eingeständnis bedeutet keineswegs eine Rückkehr zur primitiven Astronomie. Es ist eine weitsichtige Kritik der Moderne durch einen ausgereiften und scharfsinnigen Geist. Und heute, mehr als ein Jahrhundert nach diesen Worten, hat selbst die fortschrittlichste und wissenschaftlichste Erkenntnis die Unendlichkeit des Universums noch immer nicht eindeutig bewiesen.

Levin stellt sich das Universale nicht als öden Bereich vor, der von reiner Rationalität beherrscht wird. Für ihn ist das Universale das lebendige, bewegende Pulsieren des Lebens mit all der menschlichen Wärme von Freude und Geborgenheit, von Liebe und Hingabe, von Mitgefühl und Sympathie.

Fähigkeit zu mitfühlender Wahrnehmung

Die Universalität, die Tolstois Schriften ausstrahlen, ist auch für diejenigen Geschehnisse von Bedeutung, denen sich der Mensch heutzutage gegenüber sieht. Sie ist eine Herausforderung für das Inselbewusstsein, das typisch ist für ethnische Probleme - damals wie heute eine der stärksten Ursachen für internationale und interne Konflikte. Levin dämpft diese selbstzerstörerische ethnische Leidenschaft, die dazu geführt hatte, die Teilnahme am Serbo-Türkischen Krieg als heroische Tat zu betrachten:

,,Dabei geht es doch nicht nur darum, sich selbst zu opfern, sondern es geht um das Töten der Türken. Die Menschen opfern sich und sind immer bereit, dies für ihr eigenes Seelenheil auch weiter zu tun, doch nicht zum Zwecke des Mordens.” 8

Ohne solche Universalität werden wir niemals den Horizont der Humanität und des Globalismus erreichen.

Der ,,russische Geist” von dem Fedor Dostojewski (1821 - 1881) sprach in seiner mitfühlenden Wahrnehmungsfähigkeit für alle humanistischen Bemühungen und Erwartungen, in seinem tiefen Entschluss zur Harmonie mit der gesamten Menschheit, hat vieles gemein mit jener Universalität.

Solche Geisteshaltung ist ebenfalls grundlegend für die Sehn sucht und das Streben nach dem Glück. Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderer liegt, wobei man sein eigenes Leben vom in der Falle des Egoismus gefangenen „kleinen Selbst” zum mit dem universeller Leben verschmolzenen „großen Selbst” erweitert.

,,Wiederbelebung” bedeutet,\ die innewohnende, schöpferische Dynamik zu kultivieren.

Abschließend möchte ich mich gerne dem Aspekt des ,,Wiederbelebens” zuwenden. ,,Wiederbeleben” heißt, die schöpferische Dynamik des Lebens zu pflegen, die es uns ermöglicht, täglich neu geboren zu werden, und die uns vor Stagnation und Inflexibilität bewahrt.

Der altgriechische Denker Heraklit (540-480 v.Chr.) sagte, dass alles im Wandel begriffen sei. 9 Der Buddhismus lehrt gleichfalls, dass nichts auch nur einen Augenblick im selben Zustand verharrt. Der härteste Stein wird schließlich zu Staub zermahlen sein, und nichts kann dem Schicksal der Zerstörung entkommen Insbesondere die menschliche Gesellschaft ist einem beständigen Wandel unterworfen. Das Geheimnis der Wiederbelebung aller Dinge liegt darin, das Schneckenhaus der Trägheit zu zerstören, in welchem wir bequem in der Gegenwart verharren wollen und statt dessen sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung zu lauschen, der in allem schlägt.

Die buddhistische Philosophie Nichiren Daishonins lehrt, dass man ,,den ewigen Kreislauf von Geburt und Tod auf der großen Erde des Buddhazustands wiederholt”.10 Dies bedeutet, dass die grundlegende Kraft uns Menschen innewohnt, für alle Ewigkeit beständig verjüngt zu werden. Solche ,,Wiederbelebung” heißt man auch ,,Selbsterneuerung”.

Hier also führt Sensei das Konzept des Selbst sogar noch weiter, und ich bin sicher, es beruhigt viele von uns, die vielleicht besorgt waren, dass das Selbst, das wahre Selbst, von dem er spricht, zu einem Freipass für Egozentrik und Egoismus werden könnte.

Wir sprachen vom Weg, wie wir erwachen können zu unserem wahren Selbst oder zur fundamentalen Ordnung. In diesem Teil anerkennen wir, dass die fundamentale Ordnung nicht begrenzt, speziell uns vorbehalten oder individuell ist, sondern es ist genau die Sache, die dem gesamten Leben unterliegt, genau der Lebensaspekt, den wir mit allen lebenden Wesen teilen. Ich bin sicher, dass jeder von uns die mystische Verbundenheit schon erfahren hat, die wir zu einem andern Mitglied fühlen, obwohl man sich kaum kennt. Ich bin auch sicher, dass wir mit dem Fortschreiten im Glauben fähig sind, sogar von Leuten, die nicht praktizieren, spontanen Schutz, Hilfe und Verbundenheit herauszuholen, was wirklich erstaunlich ist. Das kommt daher, dass diese Menschen eine Verbindung zu unserer Buddhaschaft herstellen und uns beschützen oder sonst wie helfen. Diese Verbundenheit kann man wahrhaft immer als subjektiv bezeichnen. Hier möchte ich kurz über Subjektivität sprechen. Sensei hat für eine lange Zeit über Subjektivität gesprochen. Objektivität trennt den Beobachter von seiner Umgebung, und er basiert seine Folgerungen auf dem, was er emotionslos beobachtet. Diese Objektivität war ursprünglich eine Reaktion auf die verwirrende Wirkung der Emotionalität, die einen verschlingen kann, wenn man all sein Denken nur darauf aufbaut, was man eben gerade fühlt. Aber, wie gewöhnlich im Westen, sind wir anscheinend nur einseitig ans Problem herangetreten. Wir verwerfen emotionale Subjektivität und machen statt dessen Gebrauch von kalter, rationaler Objektivität. Aber das führte zu einem gestörten Gleichgewicht in unserer Wahrnehmung. Aufgrund der Dominanz von Wissenschaft und Objektivität in unserem Denken, befinden wir uns in einer Situation, wo wir unsere Welt, unsere Umgebung und andere Menschen in einer ernsthaft verdrehten Weise sehen. Wir fühlen und würdigen die Rolle der Subjektivität in unserem Leben nicht. Wir laufen Gefahr, isoliert, gleichgültig und gefühllos zu werden. Als Resultat fühlen wir uns vom Leben abgetrennt. Und was noch wichtiger ist: auf diese Weise verlieren wir das Gefühl, dass unser eigenes Leben Einfluss haben kann, dass unser eigenes Leben fähig ist, auf Situationen außerhalb von uns zu wirken. Es scheint, dass es wichtig ist zu prüfen, was die wirkliche Beziehung zwischen innerem und äußerem Leben ist, Subjekt und Objekt - aus buddhistischer Sicht erläutert. Der Buddhismus lehrt, dass, auch wenn wir Subjekt und Objekt als zwei und dazu unterschiedliche Dinge wahrnehmen, dies nicht der Realität entspricht. Es gibt kein wirkliches Getrenntsein. Wie ihr wisst, wird dieses Prinzip „Esho funi” genannt, welches aus folgendem besteht:

EHO = Umgebung SHOHO = Person FUNI = zwei, aber nicht zwei (wörtlich) = Ungetrenntheit oder Einheit.

Um das zu beschreiben, wird das Beispiel von Körper und Schatten gebraucht: Wenn auch der Schatten getrennt vom Körper zu sein scheint, so kann er nicht anders als völlig mit dem Körper verbunden sein und genau die Bewegung des Körpers reflektieren. Diese gegenseitige Verbindung von Objekt und Subjekt wird Symbiose genannt. Es bedeutet: „Gemeinschaft von unähnlichen Organismen zu ihrem gegenseitigen Vorteil.” Eine andere Definition von gegenseitigen Verbindungen wird im Japanischen „ENGI” oder abhängiger Ursprung genannt. Sensei sagt dazu: „Buddhismus gebraucht den Begriff „ENGI”, um symbiotische Beziehungen zu beschreiben. Nichts und niemand existiert in Isolation.”

Alle Erscheinungen bedingen sich gegenseitig und bilden einen lebenden Kosmos.

Wie verschieden doch die buddhistische Lehre ist von dem, was uns Menschen in diesem Jahrhundert beigebracht wurde. Wir haben gelernt, dass unser Bewusstsein unabhängig von der äußeren Welt ist. und sie nur beobachtet. Außerdem wird uns oft gesagt, dass unsere Beobachtung sowieso falsch ist und die wirkliche Realität des Lebens uns gezeigt oder für uns von Spezialisten und Experten interpretiert werden muss. Und das auf verschiedenen Gebieten. Die Realität ist komplex und unser eigener Beitrag minimal. Subjektiv zu sein wird als übermütig und verantwortungslos betrachtet. Die Wörterbuch-Definition von Subjektivität ist: „Subjektivität entspringt dem eigenen Denken und Fühlen und entspricht nicht der äußeren Realität oder wird von ihr hervorgerufen.” Ist das nicht unglaublich? Sie machen diese totale Kluft zwischen Subjektivität und dem, was außerhalb von uns beobachtbar ist. Es gibt eindeutig eine große Kluft zwischen der Art, wie die Zivilisation des 20. Jahrhunderts das Leben sieht und der Art, wie der Buddhismus glaubt, dass das Leben ist.

Wie können wir wissen, was das Leben ist? Wie können wir uns und andere (er)kennen? Indem wir objektiv beobachten, würde die Wissenschaft sagen. Buddhismus würde sagen: „Wir lernen das Leben kennen, indem wir unsere Buddhaschaft aufbauen, zur fundamentalen Ordnung erwachen. So erwachen wir zur Universalität der Buddhaschaft - zur Tatsache, dass sie in jedem einzelnen Wesen - Stein und Baum, allem überhaupt existiert.”

Inwiefern hilft uns diese Einsicht? Wie hilft uns das Erwachen zu unserer Buddhaschaft? Buddhaschaft ist keine Emotion und wird auch nicht durch Emotionen behindert, und doch ist sie auf einer fundamentalen Ebene der Subjektivität und Objektivität des Lebens, der Ganzheit des Lebens tief bewusst, das nur scheinbar in diese zwei Aspekte des Lebens geteilt ist. Was ich sagen möchte ist, dass das Erlangen der Buddhaschaft bedeutet, dass wir, als unser subjektiver Bereich, zur Einsicht in die Ganzheit des Lebens gelangen und fähig werden, das Leben zu verstehen und mit anderen Leben auf der Basis von Mitgefühl, Weisheit und Vertrauen integrieren.

Erinnert ihr Euch an den ersten Teil, wo der russische Philosoph sagt, der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist es, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen. Sensei sagt in diesem Teil: „Die Allgemeingültigkeit, von der ich spreche, ist eine symbiotische Ordnung, in der die Menschen, die Natur und der Kosmos zusammen existieren und wo Mikrokosmos und Makrokosmos zu einer einzigen lebendigen Einheit verschmolzen sind.” In diesem Abschnitt (Anm. „Leben für das Innere") spricht Sensei von der Buddhaschaft wieder als der fundamentalen Ordnung. Er sagt, dass die Buddhaschaft, zu der wir erwachen, nicht parteiisch oder voreingenommen ist. Und: „Mit andern Worten: die fundamentale Ordnung muss vollkommen und allumfassend sein und nicht nur alle Menschen, sondern ebenso die Natur und das Universum gleichermaßen einschließen.” Dann sagt er: „Vollkommene Ausstattung bezieht sich also auf die Allgemeingültigkeit und die zugrunde liegende Harmonie des Lebens.” Er vergleicht diese Allgemeingültigkeit mit derjenigen der Wissenschaft und Vernunft und sagt: „Wissenschaft und Vernunft sind abstrakt und unterscheiden sich in der Realität darin, dass sie in sich abgeschlossen und strukturiert sind.”

Es ist sehr wichtig, das zu begreifen. Man machte uns glauben, dass gerade die Sache, mit der sich Wissenschaft und Vernunft befasst, die Realität ist, oder nicht? Aber Sensei sagt, dass Wissenschaft und Vernunft die Realität nicht in ihrer Ganzheit erfassen können, da sie ihrem Wesen nach in sich abgeschlossene Bereiche sind, unpersönlich und strukturiert. Im nächsten Abschnitt macht er klar, dass Realität eine gegenseitige Verbundenheit, Ganzheit ist, nichts in Isolation existiert und dass alle Phänomene sich gegenseitig unterstützen und in Wechselbeziehung stehen. Seltsamerweise haben gerade die am meisten fortgeschrittenen Bereiche der Wissenschaft, die Physik und Biologie, diese gegenseitige Verbundenheit erkannt. Aber was uns in der Schule und an der Uni in Physik gelehrt wurde, ist - ich habe kürzlich jemanden darüber befragt, und es ist anscheinend noch immer so -, dass alles fragmentiert und getrennt voneinander ist. Mit andern Worten: mechanistisch. Und das beeinflusst uns wirklich. Wenn man auf diese Weise im ganzen Land und in der Kultur gelehrt wird, dann ist zu erwarten, dass wir davon auf viele verschiedene Arten beeinflusst werden: TV, Artikel, das Reden der Leute und wie wir das Leben wahrnehmen. Und doch werden wir vom Buddhismus gelehrt, dass das Leben ein Ganzes ist, nicht alles fragmentiert, zerschnitten und reduziert ist in kleinste Partikel. Das ist es, was es für uns so schwierig macht, zu erkennen, wie wichtig unsere eigenen Leben sind, weil wir uns nur als winziges Fragment des Lebens sehen und nicht realisieren, dass wir eigentlich das ganze Leben sind. Die Ganzheit des Lebens existiert in uns. All dieses Leben existiert im Leben eines Individuums. Wir sind nicht nichts - beobachtet und weggetan oder fallengelassen. Sensei versucht uns wirklich zu ermutigen unsere Subjektivität hervorzubringen, unsere Buddhaschaft hervorzuholen, die subjektive Buddhaschaft, die in uns ist, und die uns lehren wird oder uns ermöglicht zu erkennen, dass wir nicht getrennt, isoliert und abgeschnitten sind von der Großartigkeit des Lebens. Es ist sehr schwierig zum Beschreiben. Ich versuche wirklich, zu beschreiben, was der buddhistische Blickwinkel ist, und es ist so schwer diesen Sprung zu machen, weil wir am Denken festhalten, nur kleine, isolierte Partikel zu sein, die nichts ausmachen; wir sehen nicht, dass unsere Leben die Umgebung beeinflussen können.

Als Resultat dieser enormen Gewichtung der Effektivität, Wissenschaft, Spezialisten und Experten, die uns das Leben interpretieren, beginnen wir zu denken: „Wie kann ich je etwas beeinflussen? Was für ein Effekt kann mein Leben haben?” Und doch, im Buddhismus werden wir gelehrt, dass du dich änderst, und dann kannst du die Umgebung ändern. Aber wir glauben es nicht! Wir glauben es nicht!

Das ist eine der größtmöglichen. Änderungen, ein wesentlicher Teil der Philosophie - du veränderst dich und du beeinflusst deine Umgebung. Aber wir glauben es nicht. Wir müssen uns dessen bewusst werden und aufhören zu verneinen, wer wir sind, aufhören zu negieren, was wir in einer bestimmten Situation machen können. Denn wenn wir zu unserer Buddhaschaft erwachen, aber noch immer denken: „Oh, ich kann nichts bewegen”, dann ist das nicht wirklich „zur Buddhaschaft erwachen”! Wir müssen wirklich erwachen zur Tatsache: Ja, ich habe Kraft in meinem Leben, ich kann die Ganzheit des Lebens damit bewegen, jede Situation.

Nehme einmal an, du wirst dir der Wichtigkeit deines eigenen, subjektiven Lebens bewusst, aber was du siehst, wenn du es anschaust, ist eine Art Hohlheit, eine Leere. Du nimmst zwar die Idee auf, dass dein Leben die Buddhaschaft hat, aber wenn du zu chanten beginnst oder wenn du über dein Leben nachdenkst, fühlst du dich vielleicht sehr leer. Und weil du auf diese Art fühlst, kannst du den starken Kern der Buddhaschaft nicht spüren in deinem Leben und du willst andauernd, dass andere Leuten deinem Leben einen Sinn geben.

In dieser Situation bist du wie ein Vakuum, das nur die Unterstützung von der Außenwelt aufsaugt, und graduell wird dieser Versuch, dieser aufsaugende Versuch misslingen, weil alles, was dir je gegeben wird, auf einen unfruchtbaren Boden fällt, weil du deinen eigenen Wert nicht anerkennst. Diese Art „Vakuumding” wie: „Ich muss mehr, mehr, mehr, bekommen" oder „Hilf mir, dass ich mich mir gegenüber gut fühle", funktioniert nicht. Die Arbeit muss in unserem eigenen Leben gemacht werden, dann bekommen wir Unterstützung, und wir können es auch akzeptieren bzw. aufnehmen. Was Sensei also will, was Buddhismus will, ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Wir können Unterstützung annehmen, und wir können sie auch geben. Annehmen können wir sie nur, weil wir für uns selbst Sorge tragen.

Wenn wir sehr schwach sind, worüber ich im ersten Teil gesprochen habe, kann man sich nicht wirklich um die Außenwelt kümmern, man nimmt alles sehr persönlich. Alles ist die ganze Zeit ein persönlicher Affront. Entweder ist er unterstützend oder bedrohlich, jedenfalls siehst du alles auf dieser Ebene. Vielleicht haben wir deshalb so Schwierigkeiten zu glauben, dass wir in unseren Leben überhaupt Einfluss oder Kraft haben, denn, egal, wie viel wir auch von außen bekommen haben, haben wir ein Problem: wir konnten nie etwas damit anfangen, wir haben uns selbst zuviel abgewertet. Also, anstatt dieses typische Sich-Heruntermachen, das sagt: meine innere Welt ist wertlos, hohl und nichts, und auch: ich will sie nicht anschauen, weil ich Angst habe, es sei sowieso nichts drin, müssen wir versuchen, einen starken inneren Kern aufzubauen, so wie ich es im ersten Teil besprochen habe. Damit können wir gleichzeitig die Wichtigkeit unseres eigenen Lebens erkennen, als auch die von der Außenwelt. Ich sage nicht, die Außenwelt ist nicht wichtig, beide sind sehr wichtig für uns. Aber wir neigen zum Heruntermachen der äußeren und inneren Welt, wenn wir nicht stark sind. Wenn wir versuchen, der äußeren Welt zu entfliehen, da sie destruktiv ist, dann kann unsere innere Welt sich nicht entwickeln. Wir versuchen ja das Verständnis dieser ganzheitlichen und reziproken Sache zu entwickeln, die zwischen uns und allem abläuft. Wir können uns also nicht entwickeln, wenn wir uns selbst isolieren.

Ohne die Wissenschaft oder Vernunft anzuschwärzen, müssen wir doch sehen, dass die Realität, die sie uns präsentieren, nur teilchenhaft ist, und sie brauchen dringend den Wirkungskreis und die Breite der Universalität, die wir als Buddhas zu bringen fähig sind. Das Herausfordern dieser Beschränktheit, die Sensei hier erwähnt, ist einer der Schlüssel zu einer friedlichen Welt und kann von uns erreicht werden, wenn wir aufhören, unseren eigenen potentiellen Beitrag zu schmälern. Sensei beendet diesen Teil, indem er sagt, diese Universalität ist grundlegend für die Sehnsucht und das Streben nach dem wahren Glück. „Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderen liegt, wobei man sein eigenes Leben vom in der Falle des Egoismus gefangenen „kleinen Selbst” zum mit dem universellen Leben verschmolzenen „großen Selbst” erweitert.”

Das „große Selbst” ist wirklich unser eigenes Erwachtsein zu unserer Buddhaschaft, Erwachtsein zum großen Potential im Leben. Jetzt kommen wir zum letzten Aspekt von „Myo”, Sensei nennt ihn Erneuerung.

Eine Selbsterneuerung, die Dogmen zerstört

Dieser Aspekt der Selbsterneuerung ist eins der grundlegendsten Elemente für die Religion, die sonst nur allzu anfällig für Dogmen ist.

Levin - der für Tolstoi spricht - reflektiert über seine eigene Erkenntnis von der Offenbarung des Göttlichen, das er in sich fühlt. Levin versteht dies als höchstes Glück - ein Bewusstsein, das unwidersprochen seine innere Eingebung war. Steht dieses Glück nur Christen zu? Wie ist das mit den Anhängern anderer Religionen, wie z.B. ,,den Juden, den Mohammedanern, den Konfuzionisten, den Buddhisten...?” Levin sprach von diesen Zweifeln als einem ,,Dilemma, das ihn bereits zuvor bedroht hatte.” 11 Diese Frage kann man doch nicht unbeantwortet lassen, sonst würde Religion in Dogma oder Fanatismus abgleiten. Zweifel dieser Art, wie sie Levin erfährt, sind Ausdruck einer von innen heraus motivierten Kraft, in der Tag um Tag das Selbst durch den Prozess der Selbstreflexion erneuert wird. Hieraus wird die Bescheidenheit und Großzügigkeit des Geistes geboren, die seit alter Zeit ethischer Ausgangspunkt der Charakterbildung waren. Wenn die Religion gerade solche Selbsterneuerung ignoriert, nehmen Gewalt­herrschaft und Arroganz überhand, und dann wird die Religion zum wiederholten Male Ursache dafür, dass die Menschen einander Schaden zufügen.

Ethische Werte sind vorrangig

Die fundamentale Ordnung des Lebens, die wir zuvor erörtert haben, wird von einer inneren Zuversicht begleitet, da man durch sie die Basis begreift, auf der man steht. Genau genommen ist es die fortwährende Innenschau, die Levin erkennen lässt, dass eine solche Ordnung nicht verknöchert, sondern lebendig bleibt und weiterhin als kreative Kraft wirkt, was ihn nochmals die Gültigkeit seiner fundamentalen Ordnung bestätigt.

Demgegenüber muss eine fundamentale Ordnung als falsch und irreführend angesehen werden, die keine solchen im Inneren erzeugten ethischen Werte des menschlichen Charakters wie Bescheidenheit und Großzügigkeit hervorbringt. Ein hervorragender menschlicher Charakter entsteht nur dann, wenn fundamentale Ordnung und Selbsterneuerung Hand in Hand gehen. Daher: je stärker ein Mensch ist, desto bescheidener ist er; je sicherer sich jemand seiner Überzeugung ist, desto großzügiger kann er/sie sein. Es ist meine Überzeugung, dass es der wahre Auftrag der Religion ist, die Entwicklung eines solchen Verständnisses zu unterstützen und uns zu ermutigen, unser eigener Meister zu werden. Und so legen buddhistische Schriften größtmöglichen Wert auf die Selbstreflexion und dringen in uns, uns selbst zu motivieren.

Es war das Hauptlebensziel des Buddhas Shakyamuni, die Kultivierung und Verbesserung des Menschlichen Charakters zu erreichen, und diesem Ziel hat er seine buddhistische Ausübung gewidmet.

In den vorangehenden zwei Kapiteln sprach Sensei zuerst von der Wichtigkeit zu der fundamentalen Ordnung zu erwachen, und dass diese fundamentale Ordnung universell und allumfassend ist. Hier sagt er, dass diese zwei Dinge an und für sich gut sind, aber wenn sie nicht begleitet sind von ständiger Selbsterneuerung, so erstarren sie und werden nutzlos. Sie werden lediglich zu Dogmen. Er betont, dass wir den Hang haben, in der Trägheit des Schneckenhauses zu verweilen, in welchem wir bequem in der Gegenwart verharren. Das kennen wir alle, oder nicht? Aber innerhalb allen Lebens ist Veränderung. Leben verändert sich konstant in jeder Minute. Diese Veränderung ist genauso ein Teil von unserem eigenen Leben, als auch im Leben des Universums. Um in Harmonie mit unserem eigenen Leben zu sein, müssen wir „sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung lauschen, der in allem schlägt”.

Ich habe bis jetzt nie wirklich darüber nachgedacht, aber was Sensei hier sagt, ist: die Realität des Lebens ist, dass sich alles verändert und dass wir Unglück kreieren, wenn wir versuchen, auf der Stelle zu treten und uns nicht entwickeln. Anstatt dieser Trägheit, die uns so anzieht, in die Falle zu gehen, müssen wir sie als Quelle großen Unglücks erkennen. Sensei sagt, dass wir sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung zuhören sollen. Wir erfüllen das, indem wir über uns reflektieren, eine fortdauernde Innenschau machen. Diese beiden Dinge tun wir, wenn wir Gongyo rezitieren und Daimoku chanten. Das ist unsere Gelegenheit unser Leben zu erneuern, indem wir über uns reflektieren und dabei unser eigener Meister werden. Das hat damit zu tun, was ich zuerst gesagt habe, dass wir tief und ganz stark glücklich werden, wenn wir lernen, unserem Karma die Stirn zu bieten und an uns und in unsere innewohnende Buddhaschaft zu glauben. Sensei sagt hier: „Es ist meine Überzeugung, dass es der wahre Auftrag der Religion ist, die Entwicklung eines solchen Verständnisses zu unterstützen und uns zu ermutigen, unser eigener Meister zu werden. Und so legen buddhistische Schriften größtmöglichen Wert auf die Selbstreflexion und dringen in uns, uns selbst zu motivieren.”

Es ist schrecklich wichtig, dass wir realisieren, dass unser Gongyo und unsere Daimoku, die Zeit, die wir mit uns auf diese Art zweimal täglich verbringen, der Schlüssel ist zu unserem Glück und zu dem, was auch immer wir erreichen wollen. Auch unsere buddhistischen Aktivitäten sind wesentlich. Aber nur durch Aktivitäten ohne tägliche Ausübung zur Selbsterneuerung, kann die Wiederbelebung, welche uns zu einem neuen Leben führt, nicht verwirklicht werden. Du wirst feststellen, dass Selbsterneuerung und Wiederbelebung nicht daher kommt für gewisse Dinge oder sogar für Problemlösungen zu chanten. Dies kann eine andere Art sein, uns und was wir mit der Praxis erzielen können zu limitieren. Wenn wir unsere Praxis vor allem als „Problemlöser” sehen, verfehlen wir das Ziel. Sensei hat hier von unserer Identität als Buddhas gesprochen, und dass wir diese Identität auf einer sehr tiefen Ebene mit allen anderen Lebewesen teilen. Im letzten Kapitel sagt er:

„Solche Geisteshaltung ist ebenfalls grundlegend für die Sehnsucht und das Streben nach dem wahren Glück. Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderen liegt.”

Für andere selbstlos zu arbeiten ist nicht möglich, es sei denn, wir machen zwei Dinge: unserer Buddhaschaft gewahr werden und dann täglich diese Überzeugung mittels Selbstreflexion und stetiger Innenschau erneuern. Dann meistern wir das „kleine Ego”, das von der Vergangenheit dominiert ist und geben unserem Leben eine neue Richtung.

Im ersten Kapitel ist eine Passage von Tolstoi, wo er von einem alten Mann schreibt, der „an seine Seele denkt”. Das meint Sensei wenn er von Selbstreflexion spricht.

Oft haben wir ein großes Problem, welches unser Denken beherrscht, und das wir vor den Gohonzon bringen. Aber weil wir so besorgt sind, scheint es, als könnten wir das Problem nicht loslassen und es endet damit, dass wir zum Problem chanten anstatt zum Gohonzon. Versuchen wir uns zu erinnern, dass der Grund für unser Chanten „an unsere Seele denken” ist. Mit anderen Worten, wir sollten die Zeit nutzen, uns unserer inneren Stärke, die wir besitzen, bewusst zu werden. Das ist es, was unser Problem lösen wird. Wir sehen das Problem immer außerhalb von uns: eine bestimmte Person, die ökonomische Situation, jemand bei der Arbeit etc. Die äußere Welt scheint so stark und die innere Welt so schwach zu sein. Doch die äußere Welt braucht dringend Führung, sie hat anscheinend jeglichen Sinn vom im Leben innewohnenden Wert verloren. Ist das nicht unsere Aufgabe? Wir haben das Mittel unsere innere Welt zu stärken und wirksam zu machen - dann können wir für die Außenwelt richtungsweisend sein. Wir sollten das als unsere Aufgabe ansehen. Ich versuche nicht, euch eine Aufgabe zu geben, aber, beginnt zu verstehen, dass euer Leben viel mehr sein kann als nur kleine oder große Probleme zu lösen; wenn sie auftauchen.

Kürzlich sprach Sensei über die Wichtigkeit, eine Aufgabe zu haben. Er zitierte Tolstoi: „Eine wirklich zivilisierte Person ist eine Person, die sich ihrer Aufgabe im Leben bewusst ist”. Sensei fährt fort: „Tolstoi sagt, wenn auch Gelehrte viel Wissen aus Büchern besitzen und kultivierte Leute vielleicht viel Wissen haben und gut unterrichtet sind über Kultur und Bräuche der Zeit, fehlt ihnen doch eine grundlegende Zutat. Und das ist ein Bewusstsein wofür wir leben, ein Sinn des Lebens. Um also wirklich zivilisiert zu sein, müssen wir uns bewusst sein, wozu wir leben, den Grund zu leben. Auf Japanisch ist das Wort für Mission shime (me = Leben; shi = Gebrauch machen von (etwas)). Was wir meinen, wenn wir das Wort Mission gebrauchen, ist nicht etwas, was dir irgend jemand sagt, dass du es tun sollst oder erwartet, dass du es tust. Es ist auch nicht vorbestimmt, es kommt aus deinem eigenen Herzen. Du entscheidest dich aus deiner in dir drinnen entwickelten Buddhaschaft, wie du dein Leben gebrauchen willst. Das Wichtigste ist, diese Entscheidung zu treffen.

Im Versuch, die Wichtigkeit, eine Mission zu haben, zu zeigen, gebrauche ich oft eine Geschichte aus dein zweiten Weltkrieg, wo viele Gefangene beauftragt wurden, eine Mauer zu bauen. Sie arbeiteten also eifrig für einige Tage an dieser Mauer bis sie sehr schön war. Dann wurde ihnen befohlen, sie niederzureißen. Daraufhin wurden sie wieder beauftragt, die Mauer aufzubauen, und alsbald wieder niederzureißen. Das hat die Gefangenen völlig demoralisiert, weil ihre Bemühungen zu nichts wirklich konkret Handgreiflichem, diese Arbeiten sie nirgends hinführten, weil sie die Mauer immer wieder abbrechen mussten, alles also keine Bedeutung hatte. Das Bauen der Mauer hatte keine Bedeutung. Das Niederreißen der Mauer hatte keine Bedeutung.

Jeder von uns will also den Sinn in seinem/ihrem Tun finden - das wollen wir unbedingt. Danach suchen wir verzweifelt. Wir wollen etwas aufbauen. Wir werden oft unser ganzes Leben geben, um etwas aufzubauen oder zu kreieren. Wenn wir das nicht dürfen, deprimiert uns das. Aber oft hindern wir uns selbst daran - wir halten so wenig von uns selbst, dass wir uns nicht mal erlauben Ideen zu haben, was wir tun könnten. Wir wollen also etwas Wichtiges für uns finden, dem wir unser Leben widmen können. Ich meine nicht im Sinn von: du musst herausfinden, wofür du dein Leben bis 60 widmest, oder so ähnlich. Nein. Dein Leben Widmen bedeutet - genau jetzt. Es könnte auch nur für ein Jahr sein. Es ist sehr wichtig herauszufinden: was willst du mit deinem Leben anfangen dieses Jahr? Was ist deine Mission dieses Jahr? Was ist deine Mission für die nächsten 5 Jahre oder was auch immer.

Unsere Vorstellung von Mission stammt aus unserer inneren Motivation und Sensei spricht immer und immer wieder von der Wichtigkeit der Selbstmotivation. Solange wir die Praxis auf der „Problemlöser”-Ebene halten, und wir sie dann, wenn ein Problem gelöst ist, auf die einfache Schulter nehmen, verkaufen wir uns billig, was Buddhismus betrifft. Diese Praxis ist viel mehr als das. Wir erniedrigen die Praxis und unsere eigenen Leben, wenn wir die Wiederbelebung nicht jeden Tag suchen. Wir sollten also sehen, dass es das ist, wofür unsere Praxis da ist. Wie erneuern wir uns selbst? Indem wir uns Zeit nehmen für die innere Welt. Indem wir für uns einen Zweck, ein Ziel im Leben aufbauen. Indem wir beginnen, anders von uns zu denken.

Damit schauen wir uns den letzten Teil dieser Rede an.

Auf ein Zeitalter der Humanität hin

Weil wir den Wunsch hegen, ein Jahrhundert globaler Eintracht zu verwirklichen, ist es nur natürlich, dass Dialoge für Frieden und Erziehung und kulturellen Austausch immer wichtiger werden, die die Grenzen von Religion, Rasse und Nationalität überschreiten. Ich glaube, dass es dabei für jede Nation erfolgversprechend wäre wenn sie mit anderen Nationen darin wetteiferte, ausgezeichnete Weltbürger heranwachsen zu lassen.

Tsunesaburo Makiguchi (1871-1944), Gründer der ,,werteschaffenden Pädagogik” und 1. Präsident der Soka Gakkai, kämpfte gegen den japanischen Militarismus und starb dafür dreiundsiebzigjährig im Gefängnis. Seit den frühen Jahren unseres Jahrhunderts betonte er nachdrücklich, dass die Menschheit sich nicht länger in militärischen, politischen oder wirtschaftliche Wettkampf verwickeln lassen sondern sich auf ein Zeitalter einrichten sollte, in welchem sie auf dem Boden der Humanität miteinander wetteifert.

Es ist mein sehnlichster, höchster Wunsch, dass die Studentinnen und Studenten der Moskauer Staatsuniversität Leitfiguren für den humanistischen Wettkampf im 21. Jahrhundert sein und mit ihrer ganzen Kraft und Stärke an der ständigen Weiterentwicklung teilnehmen werden.

Auf der Basis buddhistischer Weisheit und unter Einbeziehung der Werke Tolstois habe ich Ihnen aus den Sichtweisen der grundlegenden Ordnung, der Universalität und der Selbsterneuerung erläutert, wie wir unser eigener Meister werden und unseren eigenen Charakter so entwickeln können, dass er so wird wie der Kosmos.

Der Große Weg, die Menschheit wiederzubeleben

Angesichts des bevorstehende neuen Jahrhunderts bin ich der Überzeugung, dass die Humanität bei der Umwandlung des Chaos in Harmonie die Hauptrolle spielen wird. Im kommenden Zeitalter müssen Religion und Philosophie, Kultur und Regierung wie auch die Wirtschaft sich auf diesen einen Punkt konzentrieren. Ich bin fest entschlossen, mit all meiner Kraft zusammen mit Ihnen diesen Weg zur Wiederbelebung zu beschreiten.

Ich würde gerne meinen Vortrag mit einem wunderschönen Gedicht aus Ihrem Lande Russland beschließen, dem Land der Dichtkunst:

Unter freiem Himmel, sei selbstbewusst!

Aus Freude, erwache zu Deiner Aufgabe

Schau! Die Stahlen der Sonne

Färben den Himmel golden für einen Moment

Und die nächsten

sind im Irrlicht der Wolken verborgen

Der silberne Mond lässt sich treiben

Die Schönheit des Frühlings

schießt heraus in den Weiden

Die Rosenblüten duften

Ein klarer Bach fließt im Tal

Die Weinstöcke leuchten auf den Hügeln

Und goldener Weizen neigt sich in den Feldern

In der Stille das Seufzen eines Windhauchs

All das gehört Dir

Pflücke freudig die Blume des Lebens

nehme friedlich die Wohltaten des Himmels an

Unsere Welt ist kein Jammertal

Mein Freund! Sei glücklich

Verliere nicht Deinen Weg

Vergesse niemals die Quelle

der täglichen Freuden des Lebens

Respektiere Wahrheit und Gesetz

Tue das Beste für andere

Dann wirst Du alle Unbeständigkeit

ohne Angst hinter Dir lassen

Und dann, in der Dunkelheit,

wirst Du auf das Erwachen vertrauen.

Wie uns dieses Gedicht von Puschkin mitteilt, ist das Erwachen um so näher, je tiefer die Dunkelheit ist. Solange es Hoffnung gibt, wird das Glück strahlen. Zusammen mit Ihnen allen schaue ich vertrauensvoll dem hoffnungsvollen Erwachen einer neuen Zivilisation zu.

Durch die ganze Rede hindurch hat Sensei sein Augenmerk auf das Sich-Selbst-Meistern gerichtet, das es zu entwickeln gilt, um fähig zu werden, das Chaos in Harmonie umzuwandeln. Ich bin sicher, dass wir uns des Chaos um uns herum sehr bewusst sind und dass wir fähig sein wollen, dieses in Harmonie zu verwandeln. Wir müssen also zu unserer Buddhaschaft erwachen, erkennen, dass wir unsere Umgebung beeinflussen können, und wir müssen unsere Leben jeden Tag erneuern. Ich will euch noch ein Beispiel geben, denn wir tendieren zu denken: „mein Leben ist so ein nichtiges Leben”, und halten an diesem Zurückfallen fest. Ich erzähle euch die am Radio ausgestrahlte Geschichte eines französischen Bauern. Dieser Bauer war ein Schäfer und er beschloss, hier, in der Umgebung der Provence, Bäume anzupflanzen, weil es keine gab. Dieser Mann, der vielleicht überhaupt keine Bildung hatte, bestimmt aber keine Stellung in der Gesellschaft und keine Unterstützung, ging also hinaus mit diesen Samen und pflanzte Hunderte davon ein. Dann fuhr er fort auch andere Baumarten zu setzen und schließlich war da eine Baumzeile, wo auch ein Lindenbaum wuchs. Das wäre unmöglich gewesen, wäre da nicht viel Wasser vorhanden gewesen. Diese Arbeit hat er mit seinen eigenen Händen seit seinem 50. Lebensjahr bis er 57-jährig war gemacht. Er kultivierte diese Gegend, wo heute - wie man sagt - 10.000 Menschen leben können, was vorher nicht möglich war. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was eine Person tun kann, glaube ich ist das eine sehr inspirierende Geschichte. Der Erzähler sprach über seine Ausdauer und seine Großzügigkeit, und Sensei spricht in diesem Teil auch von Großzügigkeit und Bescheidenheit als wirklich sehr wichtige Aspekte, die es in unseren Leben zu entwickeln gilt.

Ich möchte, als Abschluss, nochmals über Identität sprechen. Als ich mich damit befasste: „Was ist Identität?” kam mir Folgendes in den Sinn: ihr alle habt schon die Erfahrung gemacht, jemand Unbekanntem oder einer Firma anrufen zu müssen, wo niemand einen kennt und man gefragt wird: „Hallo, wer ist am Apparat? Wen soll ich bitte verbinden?” und du möchtest am liebsten deinen Namen gar nicht sagen, weil es sowieso keine Rolle spielt - es sowieso keine Wirkung zeigen wird, oder nicht? Wenn ich „Barbara Cahill” sage, erwidern sie: ... oh! ... Danke. Du willst deinen Namen lieber gar nicht sagen, es ist als ob du nicht existieren würdest. Wenn du aber Bekannte anrufst, erkennen sie deine Stimme, du brauchst nicht mal deinen Namen zu nennen.

Ich glaube, ein Identitätsgefühl zu haben, ist, unserer Buddhaschaft bewusst zu werden, und was daraus entsteht, ist, dass es uns gelingt, an jedem Ort bekannt zu sein. Wir werden nie mehr bezweifeln, dass die Person uns kennt oder die Leute wissen, wer wir sind, oder dass die Leute auch wissen wollen, wer wir sind, weil wir die Barriere „oh, ich bin niemand”, durchbrochen haben werden. Ich hoffe, dahin werden wir kommen, zu dieser Art Behaglichkeit mit unserer Umgebung. Ich glaube, das können wir bei Sensei sehen. Er ist völlig ungezwungen. Wenn er mit uns ist, ist er so, wenn er mit Prinz Charles ist, ist er ungezwungen, wenn er Größen aus akademischen Kreisen, Staatsoberhäupter oder wer auch immer trifft, ist er ungezwungen mit ihnen, oder nicht? Ich glaube, wir können dieselbe Ungezwungenheit mit dem Leben empfinden, so dass wir uns nie mehr davon abgeschnitten fühlen. Und so kommen wir mit dem Leben in Einklang. Das bedingt, unsere schlechte Meinung von uns selbst herauszufordern, immer und immer wieder, tagtäglich, und das sehe ich wirklich als entscheidend an, um fähig zu sein, unsere negative Identität unser negatives Karma zu meistern. „Sei deinem eigenen Leben treu und lebe / handle danach”, was das Thema unseres Kurses ist und bedeutet: las niemanden oder keinen Aspekt deines negativen Karmas dein Meister sein. Du lässt deine Buddhaschaft dein Meister sein. Wir tendieren dazu, wenn wir das Wort „Glaube” gebrauchen, zu denken, dass es Glaube in etwas außerhalb von uns bedeutet: Glaube an Gott (dem begegnen wir zuerst), Glaube an den Gohonzon (wir glauben immer noch, Gohonzon ist außerhalb von uns). Wir glauben nicht, dass es bedeutet, Glaube in das, was in uns ist, zu haben.

Nun werde ich diese Vorlesung mit folgendem Zitat, das Sensei uns an einem Kurs vor 20 Jahren gab, beenden:

„Sie dürfen nicht für eine Sekunde ihre Bemühungen aufgeben, für Sie selbst ein neues Leben aufzubauen. Kreativität bedeutet, das schwere, ächzende Tor zum Leben zu öffnen. Das ist kein einfaches Unterfangen. Es könnte wahrhaftig die schwierigst Aufgabe der Welt sein. Das Tor zum eigenen Leben öffnen ist am Ende schwieriger, als das Tor zu den Mysterien im Universum öffnen. Aber das zu tun sichert Ihre Existenz als menschliches Wesen. Zugleich macht es das Leben lebenswert für Sie. Ich sage zu Ihnen, es gibt niemand einsameren oder unglücklicheren als die Person, die die reine Freude, ein Leben für sich zu kreieren, nicht kennt. Ein Mensch zu sein bedeutet nicht bloß, aufrecht zu stehen und Intelligenz und Wissen hervorzubringen. Ein Mensch zu sein bedeutet, im wahrsten Sinn des Wortes, ein kreatives Leben zu führen.”

Herzlichen Dank.

1) ,,Tentative Proposals” (Vorläufige Vorschläge), übersetzt von Alexis Klimoff (New York: Farrar, Strauß und Girouz, 1991), S. 49

2) Dimitri Mereschkowski ,,Peter and Alexis: The Romance of Peter the Great” (New York und London: G.P.Putnam's Sons, 1095), S. 11

3) Natsume Soseki, ,,Kokoro: A Novel and Selected Essays, übersetzt von Jay Rubin (New York: Pacific Basin Institute, 1992), S. 294

4) Nikolai Berdjajew, „Dream and Reality: An Essay in Autobiography”, übersetzt von Katharina Lampert (New York: Collier Books, 1962) S. 296

5) Cf. Archimedes ,,Pappus von Alexandria”

6) Leo N. Tolstoi, ,,Anna Karenina”, übersetzt von Rosemary Edmonds (London: Penguin Books, 1978) S. 829

7) Ebd., S. 835.

8) Leo Tolstoi, a.a.O.

9) Cf. Platos ,,Cratylus”

10) Nichiko Hon, Herausgeber ,,Nichiren Daishonis Gosho Zenshu (Tokio: Soka Gakkai, 1952) S. 724

11) Leo N. Tolstoi, ,,Anna Karenina” (s.o.), S. 829

Bodhisattva Fukyo und die

Würde einer Verbeugung

von Antonella Nardi

Übersetzung von Carolina Baratta

Bodhisattva Fukyo wurde viele Jahre lang von zahllosen Mönchen, Nonnen und Laien beschimpft und gedemütigt, geschlagen und sogar gesteinigt. Und dies nur, weil er ihnen mit einem Ausspruch von vierundzwanzig Schriftzeichen seine Verehrung erwies. Der Spruch lautete: „Ihnen gilt mein tiefster Respekt. Ich würde es niemals wagen, Sie gering zu schätzen oder arrogant zu sein, denn Sie alle werden den Bodhisattva-Weg einschlagen und gewiss die Buddhaschaft erlangen.“ (Dt. Gosho, Bd. 3, S.48)

Daisaku Ikeda erklärt im ersten Teil seiner Erläuterungen zum „Hoben-Kapitel“ des Lotos-Sutras (FORUM, März 96, S.5), wer Bodhisattva Fukyo war. Zunächst zitiert er seinen Meister, Josei Toda, der sagte: „Jeder geht einfach davon aus, dass unter ,Lotos-Sutra’ der unter diesem Namen existierende Text, aufgeteilt in 28 Kapitel, zu verstehen ist. Tatsächlich aber gibt es drei Arten des Lotos-Sutras.“ Und er führt aus: „Das erste ist das Lotos-Sutra von Shakyamuni.(...) Das Lotos-Sutra des Mittleren Tages des Gesetzes ist T’ien-t’ais Maka Shikan (Große Konzentration und Einsicht). Das Lotos-Sutra für unsere Zeit, den Späten Tag des Gesetzes, ist Nam-Myoho-Renge-Kyo, das aus sieben Schriftzeichen bestehende Lotos-Sutra, welches in der Tiefe des Juryo-Kapitels verborgen ist. (...)

Außerdem gibt es ein weiteres Lotos-Sutra, welches geschichtlich nicht nachweisbar ist. Dieses Lotos-Sutra wurde gleichermaßen von Nichiren, Shakyamuni, T’ien-t’ai und Dengyo erkannt. Es ist das 24 Schriftzeichen umfassende Lotos-Sutra des Bodhisattvas Fukyo. (...) Der Bodhisattva Fukyo lehrte das sogenannte 24 Schriftzeichen umfassende Lotos-Sutra für die Menschen, die in einer Zeit lebten, die man den Mittleren Tag des Buddhas Ionno nennt. (...) Was haben diese unterschiedlichen Ausdrucksformen des ,Vielfältigen Lotos-Sutras’ gemeinsam? Letztendlich die Lehre, dass ,alle Menschen ohne Ausnahme das Potential haben, Buddha zu werden’.“

Was für ein eigentümlicher Mensch, dieser Fukyo. Obwohl er beschimpft und mit Steinen und Stöcken geschlagen wurde, reagierte er nicht mit Gewalt. Im Gegenteil: er hatte tiefen Respekt für alle Menschen und verehrte sie. Auf den ersten Blick mag man glauben, dass diese Gestalt die Verkörperung absoluter Naivität und Passivität sei. Tatsächlich aber bietet er uns wertvolle Anregungen, wie wir uns in Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen verhalten sollten, da sie schließlich eine Quelle großer Freude, aber oft auch großen Leids sind. Betrachten wir das doch einmal näher.

Es kann jeden Tag passieren, dass wir uns so fühlen, als ob man uns in jedem Bereich unseres Lebens, bei der Arbeit und in der Familie, in Freundschaften und in der Liebe, aber auch bei oberflächlichen Kontakten, mit „Steinen und Stöcken“ schlagen würde. Wie manifestieren sich diese Schläge konkret in unserem Leben? Es sind die Sachen, die uns am meisten weh tun: eine Bemerkung, die uns verletzt, ein Verhalten, das unsere Sensibilität beleidigt, eine Handlungsweise, die uns mehr oder weniger absichtlich leiden lässt.

Die Mönche und Laien, die Fukyo verfolgten, sind aber in einem anderen Verständnis die sogenannten „guten Freunde“, genauso wie Menschen und Umstände, die in uns negative Reaktionen wie Unsicherheit, Egoismus, Abhängigkeit oder Verschlossenheit hervorrufen. Allgemein stellen sie die unreinen Empfindungen dar, die von unserer falschen Wahrnehmung der Realität herrühren und die in uns negative Gefühle provozieren und uns in die niedrigsten Welten fallen lassen: Hölle (Leiden), Hunger (Eifersucht) und Animalität (die niedrigsten Triebe).

Aber wie kann uns Fukyos Vorbild praktisch helfen? Es kann uns helfen, wenn wir seine Geschichte als einen Weg verstehen, unser Karma verändern zu können.

Man muss natürlich betonen, dass Fukyo sich entfernte, bis er sich außerhalb der Reichweite der geworfenen Steine befand, und beiseite trat, um den Steinen, also der Gefahr, auszuweichen. Das soll man nicht buchstäblich als Flucht verstehen. Im übertragenen Sinne könnte man es als eine Handlung verstehen, die helfen soll, eine übertriebene Emotionalität zu kontrollieren, die unsere Wahrnehmung trübt und verzerrt und eine Trennung schafft zwischen unserer Wahrnehmung und der wahren Realität der Situation. Eine starke Emotionalität lässt uns die Umstände, das Verhalten und die Reaktionen der Menschen auf eine extrem subjektive Weise wahrnehmen - auf eine Weise, die eng mit unseren Ängsten, aber auch unseren Wünschen verbunden ist. Und diese Ängste und Wünsche unterscheiden sich zumeist sehr stark von denen der anderen.

Wer den Buddhismus Nichiren Daishonins praktiziert, weiß, dass dies genau das Gegenteil von Weisheit, das heißt der Fähigkeit, ist, die Situation richtig einzuschätzen und das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Das ist leichter gesagt als getan. Wenn wir dann tatsächlich auf ein Hindernis stoßen, fühlen wir uns oft überrascht und wie von den Ereignissen fortgerissen. Tatsächlich kann man Weisheit nicht in einem Augenblick erwerben, man muss Tag für Tag und beständig an ihr arbeiten, ohne jemals müde zu werden. Auch wenn wir gerade eine positive Phase erleben, sollten wir nicht vergessen, dass es immer Probleme geben wird; und es ist auch richtig so, weil Schwierigkeiten der Motor unserer Entwicklung sind. Nur in einer schwierigen Situation können wir den tatsächlichen Stand unserer Kräfte überprüfen. Ein hoher Lebenszustand ermöglicht es uns, wenn das Hindernis nicht sofort zu überwinden ist, so doch zumindest nicht von ihm überwältigt zu werden.

Nachdem er sich entfernt hatte, „neigte Fukyo das Haupt und verehrte jeden Menschen. Diese Geste enthält verschiedene Aspekte. Zuallererst Dankbarkeit. Obwohl es paradox erscheinen mag, sollten wir jedem Menschen dankbar sein, der uns Leiden verursacht, weil er uns dadurch eine negative Seite unseres Charakters zeigt, die uns davon abhält, glücklich zu sein und unser Leben voll zu genießen. Wer zum Beispiel keinen Respekt vor uns zeigt oder uns herabsetzt, trifft uns in unserer Angst, der Lage nicht gewachsen zu sein, den Vergleich mit anderen nicht aushalten zu können, abgelehnt zu werden oder, noch schlimmer, nicht geliebt zu werden. Dies sind alles Anzeichen einer tiefen inneren Unsicherheit, die unsere Beziehungen zu anderen Menschen stört und uns wiederum veranlasst, uns abhängig, arrogant, konkurrierend oder eifersüchtig zu verhalten.

Zweitens lehrt uns Fukyos Verneigung die Demut, unsere Grenzen anzuerkennen, ohne aber in Selbstmitleid zu verfallen oder uns vor den anderen zu demütigen; Fukyos Geste strahlt eine große Würde aus: er beklagt sich nicht, er fragt sich nicht „Warum ich? Was habe ich falsch gemacht?“, sondern er zeigt ein starkes Gefühl der eigenen Individualität. Fukyo nimmt sachlich und ohne sich selbst dafür zu bestrafen das an, was die Steinwürfe provoziert hat, weil er sie als eine Auswirkung der negativen Ursachen erkennt, die er in der Vergangenheit gesetzt hat.

Gleichzeitig bereitet Fukyo eine „Gegentendenz“ vor, das heißt er tut genau das Gegenteil dessen, was man menschlich und logisch erwarten würde, was aber nur dazu dienen würde, einen Mechanismus der Negativität in Gang zu setzen. Auch wenn es die erste Reaktion wäre, einen Stein in die Hand zu nehmen und mit gleicher Münze heimzuzahlen, verneigt sich Fukyo: er kontrolliert seine negative Reaktion und verwandelt sie in eine positive.

Ein Beispiel: ein Freund hat uns tief enttäuscht. Eine Beziehung, in die wir viel investiert haben und von der wir uns viel versprochen haben. Gut, wir können von unserem Training Gebrauch machen, wir halten kurz inne und versuchen, die Situation anders zu betrachten: wir wischen uns die Tränen aus den Augen, nehmen ein Blatt Papier und schreiben: „Was habe ich von dieser Erfahrung gelernt?“ Und dann: „Was kann ich verändern, um zukünftig Enttäuschungen dieser Art zu vermeiden und mich selbst zu bessern?“ Dann gehen wir vor den Gohonzon und versuchen, diese Veränderung vorzunehmen. Ein Beispiel von „Gegentendenz“ könnte dann sein, sich dazu zu entschließen, ab sofort anders zu reagieren, mit der Vergangenheit Schluss zu machen und eine Grundtendenz in uns zu verändern. Eine große Wohltat unserer buddhistischen Ausübung ist, dass wir lernen können, negative Erfahrungen zu unserem Vorteil (und daher zum Vorteil unserer Umgebung) zu benutzen.

Schließlich verehrte Bodhisattva Fukyo diejenigen, die ihn mit Steinen bewarfen: es ist der letzte Akt dieser wunderschönen Verarbeitung einer anscheinend misslungenen, gescheiterten Interaktion, die mit Mitgefühl ausgeht. Fukyos Verbeugung hat nichts mit Unterwerfung oder Bedauern zu tun, sie enthält dagegen den Begriff des Jihi, der buddhistischen Barmherzigkeit, und damit keine negativen Gefühle, wie etwa Hass. Statt dessen drückt diese Geste den aufrichtigen Wunsch nach unserem Glück aus und nach dem Glück derjenigen, die uns verletzen wollen. Einen Menschen zu hassen oder in abgeschwäch­ter Form einem anderen etwas zu verübeln, bedeutet in Wirklichkeit, in uns selbst einen Parasiten zu nähren, der unsere Kraft, unseren Körper, unsere Lebenslust und unsere Hoffnung zerfrisst. Es bedeutet auch, eine Negativität zu übertragen, die die zyklische Wiederkehr des selben Leidens nährt.

Diese zerstörerische Kraft zu verwandeln, verlangt eine enorme Bemühung, so groß, dass wir manchmal glauben, sie nicht leisten zu können. Aber da irren wir uns, weil wir das Glück haben, über ein unfehlbares Mittel zu verfügen: das Daimoku.

Und dann, wenn wir chanten, werden wir plötzlich merken, dass das Nagen verschwunden ist, weil wir es so wollten und uns maximal angestrengt haben, um es zu vernichten, weil wir mit unserer ganzen Kraft gekämpft haben, jeden Tag vom neuem dazu entschlossen, bis es verschwunden ist. Dann wird spontan auch ein Gefühl des Verständnisses gegenüber denjenigen entstehen, die uns Leid angetan haben, weil wir fühlen werden, dass sie von ihrem Leiden, von ihren Problemen und Frustrationen umnebelt waren. Endlich werden wir auch Bodhisattva Fukyos tiefe Lehre klar sehen können: in jedem von uns existiert die Buddhanatur. Wenn wir es schaffen, hinter das Äußere zu sehen, hinter den Schleier, der das wahre Wesen der Menschen verbirgt, werden wir ihre bessere Natur wahrnehmen können.

Das ist die große Wohltat, die aus dem manchmal kurzen, manchmal langen und zermürbenden Weg hervorgeht, den Fukyo uns zeigt. Aber die Zeit ist im Buddhismus ein subjektiver Begriff. Daisaku Ikeda erläutert sie im zweiten Teil seiner Erläuterungen über das Lotos-Sutra (FORUM, März 96, S.10 ff.)

„Diese Zeit (niji) beginnt, wenn wir unser Leben in Bewegung setzen, wenn wir aus eigenem Willen und aus eigener Kraft anfangen. ,Diese Zeit’ beginnt, wenn wir starken Glauben hervorbringen und unsere Aufgabe auf der Bühne von Kosen-rufu übernehmen.“ (FORUM, März 1996, S.12)

In diesem Moment werden wir nicht nur unser Leiden, sondern auch unsere Grenzen überwinden, und wir ,werden uns leichter fühlen, weil wir wissen, dass wir uns von den Ketten einer negativen Tendenz befreit haben, die bis dahin unser Leben beherrscht hat.

Quelle: FORUM Mai 1998

Das Leben, eine Gebrauchsanweisung

von Mitsuhiro Kaneda, stellvertretender Vorsitzender der Nichiren Shoshu Europa

Wie kann man das einfache und zugleich tiefgründige Mittel der buddhistischen Praxis benutzen? Ich werde hier die korrekte Einstellung, um sich dem Glück Tag für Tag zu nähern, Punkt für Punkt beschreiben.

Um irgendein Problem zu lösen, ist das Wichtigste die Einstellung, mit der wir zum Gohonzon chanten. Wir sollten uns daran erinnern, dass es keine unterschiedlichen Arten und Weisen zu Chanten gibt. Es existiert nur eine einzige richtige Einstellung. Wir werden sehen, welche das ist.

Der Buddhismus analysiert das Leiden anhand des Prinzips der vier oder acht Leiden.

Die ersten vier sind die der Geburt, des Alters, der Krankheit und des Todes. In der Geburt ist das Leiden des Wachstums eingeschlossen. Normalerweise hat man bis 13 oder 14 keine größeren Probleme, aber in den folgenden Jahren, bis 22 oder 24, bevor man erwachsen ist, trifft man auf verschiedene Schwierig­keiten. Die anderen vier Leiden sind: das Leid, sich von geliebten Personen trennen zu müssen, das Leid, sich mit ungeliebten oder gar gehassten Personen treffen zu müssen, das Leid, nicht das zu bekommen, was man begehrt, und schließlich das Leid, das von den fünf Komponenten herrührt. Das Letztere ist die Ursache für alle anderen. Deshalb möchte ich es ausführlicher erklären. Die fünf Komponenten gehören zu jedem lebenden Wesen. Es sind dies: Die Form, der physische Aspekt des Lebens, der den Körper und die fünf Sinne einschließt; die Wahrnehmung bzw. die Funktion, Informationen aus der Umgebung aufzunehmen; das Begriffsvermögen, also die Fähigkeit, sich eine Idee, Meinung oder Vorstellung von dem Wahrgenommenen zu bilden; der Entschluss, d.h. der Wille, als Antwort auf das Wahrgenommene zu handeln; das Bewusstsein, d.h. die Urteilsfähigkeit. Das Bewusstsein beinhaltet die anderen vier.

Form bezeichnet den physischen Aspekt des Lebens, die Handlungen gegenüber der Umgebung eingeschlossen. Wahrnehmung, Verarbeitung, Entschluss und Bewusstsein bilden den geistigen Aspekt des Lebens. Dies sind die Funktionen, die in dem Moment wirken, in dem das Individuum Informationen aus der Umgebung erhält. Dazu kommt der Wille, der zum intellektuellen Bereich gehört. Er motiviert die Handlung und stellt damit die Fähigkeit dar, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Die fünf Kompo­nenten bezeichnen also nicht nur die physischen und psychischen Eigenschaften des Menschen, sondern beschreiben auch die Interaktion und den gegenseitigen Einfluss des Körpers und des Geistes des Individu­ums mit Personen oder Dingen seiner Umgebung. Aus der Umgebung erhalten wir die unterschiedlichsten Informationen: das Problem ist, wie wir sie aufnehmen, oder besser gesagt, wie unsere fünf Komponenten arbeiten. Wenn ich zum Beispiel „Ihr seid verrückt!“ sage, hängt es von Euch ab, wie Ihr das aufnehmt. Einer wird denken: „Das ist nicht wahr, ich bin nicht verrückt“, der andere: „Vielleicht schon ein bisschen“, je nachdem, wie seine fünf Komponenten arbeiten. Das gleiche tritt ein, wenn Ihr einen Diamanten seht: der eine wird Neid zeigen, der andere wird ihn stehlen wollen, der Dritte wird sich sagen: „Ich habe kein Geld, am besten gar nicht daran denken“. Auf diese Art und Weise funktionieren die fünf Komponenten.

Die acht Leiden sind unvermeidlich: egal wo wir wohnen, wir werden sie treffen. Sie zu vernichten oder zu zerstören ist unmöglich. Der Hinayana-Buddhismus sah zur Vernichtung des Leidens 250 Gebote vor, aber das, ich wiederhole es, ist nicht möglich. Wie kann man sie dann besiegen, wenn sie unvermeidlich sind? Die einzige Lösung besteht darin, sie in Glück zu verwandeln. Das ist der Grund, warum wir Nam-Myoho-Renge-Kyo rezitieren. Um die Leiden in Freude zu verwandeln, benötigt man Lebenskraft, Weisheit und das, was wir üblicherweise Glück nennen. Der wichtige Punkt wird somit: wie verwandeln wir das Leiden?

Der Buddhismus erklärt das Gesetz der Kausalität und lehrt, dass zwei Dinge zum Erscheinen einer Wirkung notwendig sind: eine Ursache und eine Gelegenheit, oder um es präziser zu sagen, eine direkte innere Ursache und eine indirekte äußere Ursache oder Gelegenheit, die es der direkten inneren Ursache ermöglicht, eine Wirkung zu zeigen. Eine innere Ursache wird dann eine Wirkung zeigen, wenn sich die passenden Bedingungen einstellen, das heißt, wenn man die äußere Gelegenheit antrifft. Nehmen wir an, dass die linke Hand für die direkte innere Ursache und die rechte für die Gelegenheit oder äußere, indirekte Ursache steht. Wenn man in die Hände klatscht, macht man ein Geräusch, das die Wirkung repräsentiert. Eine Hand allein kann diese Wirkung nicht erzielen. Damit sich eine Wirkung zeigt, braucht man also sowohl die innere Ursache als auch die äußere Ursache bzw. Gelegenheit.

Jede Ursache, sowohl positiv als auch negativ, existiert in unserem Leben. Dieses Konzept ist sehr wichtig, weil es uns die Garantie gibt, jedes Leiden verwandeln zu können. Wenn im Gegensatz dazu die Ursache außerhalb unseres Lebens vorhanden wäre, wäre es unmöglich, das Leiden, das daraus entsteht, aufzulösen. Gerade dank der Tatsache, dass jede Ursache in uns selbst ist, können wir jegliches Problem lösen. In der Gosho „Neujahrsbrief“ steht: „Zunächst einmal zur Frage, wo genau denn die Hölle und der Buddha existieren, lautet ein Sutra, dass sich die Hölle unter der Erde befindet, und ein anderes Sutra besagt, dass der Buddha im Westen sei. Eine sorgfältige Überlegung wird jedoch klarstellen, dass beide in unserem fünf Fuß großen Körper existieren. Der Grund, wie ich es sehe, liegt darin, dass die Hölle im Herzen eines Menschen ist, der seinen Vater beleidigt und seine Mutter verachtet, genau wie der Samen der Lotos-Blume sowohl die Blüte als auch die Frucht zugleich enthält. Auf die gleiche Weise existiert der Buddha innerhalb unseres Herzens. Zur Verdeutlichung: ein Feuerstein kann Feuer hervorrufen, und Juwelen besitzen Wert in sich selbst. Wir gewöhnliche Sterbliche können weder unsere eigenen Wimpern sehen, die doch so nah sind, noch den fernen Himmel.“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 59). In „Der wahre Aspekt des Gohonzons“ erklärt Nichiren Daishonin: „Suchen Sie diesen Gohonzon niemals außerhalb Ihrer selbst. Der Gohonzon existiert nur im sterblichen Fleisch einfacher Menschen wie wir, die das Lotos-Sutra zum Mittelpunkt ihres Lebens machen und Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten. Der Körper ist der Palast des neunten Sinnes, der unabänderlichen Wahrheit, die alle Lebensfunktionen regiert. ‚Mit den Zehn Welten ausgestattet zu sein’ heißt, dass alle Zehn Welten ausnahmslos in der einen Welt der Buddhaschaft enthalten sind. Aus diesem Grund wird der Gohonzon Mandala genannt. Mandala ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet ‚vollkommen ausgestattet’ oder ‚Anhäufung von Wohltaten’. Nur im Glauben kann man den Gohonzon finden. Wie das Sutra feststellt: „Nur durch Glaube kann man in die Buddhaschaft eintreten“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 122f).

Der Lauf des Lebens folgt dem Gesetz der Kausalität: eine Ursache schafft eine Wirkung, diese wiederum bildet eine andere Ursache und so weiter. Auf diese Weise häuft sich die karmische Ursache oder „die Macht des Karmas“ an.

Das Wort „Karma“ bedeutet „vollbrachte Handlung“. Normalerweise gehen wir davon aus, dass eine Handlung nur mit dem Körper ausgeführt werden kann, aber der Buddhismus erklärt, dass das über die drei unterschiedlichen Ebenen Gedanke (shin), Wort (ku) und Handlung (i) geschieht. Im allgemeinen denken wir auch, dass eine einmal vollbrachte Handlung, positiv oder negativ, schon der Vergangenheit angehört, aber in Wirklichkeit bleibt diese als unsichtbares Karma immer in unserem Leben eingeprägt und bildet so eine Anhäufung sowohl positiver als auch negativer Wirkungen. Jede Handlung, egal auf welcher der drei Ebenen, ist also als „karmische Ursache“ oder , „Macht des Karmas“ (go riki) in unser Leben eingeprägt. Die Macht der passenden äußeren Gelegenheit beeinflusst die karmische Ursache und es zeigt sich eine Wirkung. Das ist die Theorie von Ursache und Wirkung.

Zusammengefasst gründet die Theorie des Karmas aus der Sicht des wahren Buddhismus auf zwei Hauptpunkten:

1) das Karma bildet sich sowohl aus positiven als auch aus negativen Aktionen;

2) jede Ursache bleibt durch die drei Ebenen der Gedanken, Worte und Handlungen in unserem Leben eingeprägt.

Im Wort „Karma“ sind die drei Bedeutungen karmische Tendenz, karmische Beziehung und karmische Ursache enthalten (s. Anhang). Die karmische Tendenz besteht aus dem Charakter des Individuums, seinen Eigenschaften und Fähigkeiten. Sie ist eine Neigung, bestimmte Dinge immer wieder zu tun. Sich ständig zu beklagen oder ängstlich zu sein, sind Beispiele für die karmische Tendenz. Der Dieb hat eine ihm eigene Tendenz, nämlich die zu stehlen. Das gleiche gilt für den, der oft wütend wird oder schnell andere schlägt. Die karmische Verbindung betrifft unsere Beziehung zu anderen oder zwischen uns und Objekten. Ein Beispiel für die karmische Verbindung ist die Ehe oder Freund oder Feind eines anderen zu sein. Auch zwischen uns, den Mitgliedern, besteht eine karmische Verbindung. Schließlich hängt die Anzahl der Kinder ebenfalls von der karmischen Verbindung ab. Dieses Zimmer hat Holzwände. Dieses Holz hat eine karmische Verbindung mit dem Konstrukteur dieses Gebäudes. Auch das Papier, das für den Gohonzon benutzt wurde, hatte eine karmische Beziehung mit dem Hohen Priester. Das sind Beispiele für die Verbindung zwischen einem Individuum und Dingen.

Die karmische Ursache ist das, was in der Vergangenheit durch die drei Handlungsarten vollbracht wurde. Wenn man zum Beispiel in der Vergangenheit eine Verletzung des Gesetzes begangen hat, hat man eine negative karmische Ursache gesetzt. Wenn wir die passende äußere Gelegenheit antreffen, wird die Wirkung sein, dass wir unglücklich sind. Haben wir jedoch in der Vergangenheit das Gesetz verehrt, werden wir als Ergebnis glücklich sein, da sich eine positive karmische Ursache bildete. Klären wir jetzt mit einem Beispiel das Verhältnis zwischen karmischer Tendenz, Beziehung und Ursache. Ein Ehepaar beschließt, sich scheiden zu lassen. Ihre Ehe kam aufgrund einer karmischen Beziehung zustande. Die beiden haben jedoch eine ihnen eigene karmische Tendenz. Der Mann arbeitet nicht und verdient somit auch kein Geld, während die Frau verschwenderisch ist. Deshalb diskutieren und streiten die beiden oft und manifestieren auf diese Weise die karmische Ursache, sich zu trennen (oder vielleicht hatten sie sie schon angesammelt). Hier stellt sich sofort die Frage: was kommt zuerst, die karmische Tendenz oder die karmische Ursache? Wir sind gewöhnliche Sterbliche und nicht in der Lage, die Zukunft vorherzusehen. Das kann man nur verstehen, wenn man eine Wirkung betrachtet, der sich im Moment zeigt oder in Kürze zeigen wird.

Sobald man also vom Karma spricht, bezieht man sich auf die drei Konzepte der karmischen Tendenz, Beziehung und Ursache. Die karmische Tendenz kann stark oder schwach sein. Die karmische Beziehung kann tiefgehend oder oberflächlich sein bzw. dicht und massiv oder zerbrechlich und dünn. Die karmische Ursache kann schwer oder leicht sein.

Für „Schicksal“ ist das japanische Wort shukumei, was „im Leben eingebettet“ bedeutet. Man kann dann das eigene Schicksal ändern bzw. die karmische Vergeltung erleichtern, wenn man auf Schwierigkeiten trifft. Ich kann ein Beispiel geben, um das Konzept der Erleichterung der karmischen Vergeltung zu klären: wenn man die Wasserhähne eines neuen Hauses öffnet, wird zuerst nur schmutziges Wasser herauskommen. Entsprechend werden sich, wenn wir zu praktizieren beginnen, einige Unreinheiten unseres Lebens zeigen. Der Buddhismus jedoch erläutert, dass das ein winziger Teil dessen ist, was ohne zu praktizieren geschehen wäre. Vizepräsident Izumi sagt, dass es so sei, als ob man eine Schuld von 50 Millionen DM mit 5 DM begleicht. Wenn wir gegenüber dem Leben Leidensverpflichtungen haben, bedeutet das Praktizieren, einen großen Rabatt zu bekommen.

Ich möchte mich jetzt besonders mit den Schwierigkeiten, die sich in den menschlichen Beziehungen zeigen beschäftigen. Wenn wir Probleme mit den anderen haben, denken wir normalerweise: „Die anderen tun mir weh; sie sind die Schuldigen, die Ursache meiner Leiden. Ich bin nur ein Opfer“. Dieses Denken erwächst aus unserem oberflächlichen Verständnis. Die buddhistische Sichtweise ist vollkommen anders: ich habe eine Ursache, also Karma, während die anderen nur eine äußere Gelegenheit sind. Deshalb bin ich nicht das Opfer, sondern der Urheber meiner Leiden, während die anderen nicht die Schuldigen sondern eher meine Komplizen sind. Die anderen sind also letztendlich nichts anderes als ein Spiegel, der mein Karma reflektiert. Es ist unmöglich, diesen Punkt zu verstehen, ohne Daimoku zu rezitieren. Theoretisch erscheinen uns diese Schlussfolgerungen stimmig und beim Zuhören ist es einfach, ihnen zuzustimmen, aber wenn man die Leiden, die aus der Beziehung zu anderen erwachsen, erfährt, ist es ziemlich einfach diese Erklärung zu vergessen. Ich mache ein anderes Beispiel: wenn man sein schmutziges Gesicht im Spiegel sieht, ist es absolut unnütz, sich über den Spiegel zu ärgern oder zu versuchen, ihr zu putzen. Offensichtlich muss man sich das Gesicht waschen. Genauso sind die anderen der Spiegel, der unser Karma reflektiert.

Um unser Leiden zu besiegen, dürfen wir deshalb nicht erwarten, dass die anderen sich ändern, sondern müssen uns entschließen, unser Karma zu ändern. Auf diese Weise werden sich auch die anderer in gleichem Maße ändern. Ich wiederhole: in gleichem Maße. Die Schlussfolgerung ist, dass die Umgebung und die anderen der Spiegel sind, in welchem wir unser Schicksal reflektiert sehen. Den eigenen Charakter zu ändern ist schon sehr schwierig, aber den Charakter der Schwiegermutter zu ändern ist unmöglich ...! Wer Probleme mit den Schwiegereltern, Kollegen, Leitern, seinem Mann oder seiner Frau hat, hat keine andere Möglichkeit, sie zu lösen, als mit der richtigen Einstellung vor dem Gohonzon zu chanten. Das sind meine Ratschläge für die, die Probleme mit anderen Personen haben.

Jetzt möchte ich über gesundheitliche Probleme reden. Unter Gesundheit verstehe ich sowohl die körperliche als auch die geistige. In der Gosho „Antwort an Ota Nyudo über die Heilung der karmischen Krankheiten“ steht: „Ein Abschnitt der Maka Shikan besagt: ‚Es gibt sechs Ursachen der Krankheiten: die erste besteht in einer Unordnung der vier Elemente, die zweite in unmäßigem Gebrauch von Essen und Trinken, die dritte in fehlendem Rhythmus im Leben, die vierte ist ein Angriff äußerer Dämonen, die fünfte die Tat innerer Teufel und die sechste die Wirkung des Karma’. Das Nirvana-Sutra sagt: ‚Es gibt drei Personenkategorien, deren Krankheiten fast unmöglich zu heilen sind. Es sind dies: die, die den Mahayana-Buddhismus verleumden, diejenigen, die die fünf Kardinalsünden begehen und die, welche absolut nicht in der Lage sind, an den Buddhismus zu glauben, die Icchantica. Diese drei Personenkategorien werden von den schwersten Krankheiten befallen’. Ein anderer Abschnitt desselben Sutras besagt: ‚Jemand, der in diesem Leben schlechtes Karma bildet, wird sicherlich die Qualen der Hölle im nächsten Leben erleiden. Wie dem auch sei, wenn er den drei Schätzen dient, kann er es vermeiden, im nächsten Leben in die Hölle zu fallen und wird statt dessen an Gebrechen des Kopfes, Auges oder des Rückens in diesem Leben leiden.’ Die Maka Shikan sagt: ‚Selbst wenn jemand schwere Verleumdungen begangen hat, kann die entsprechende Wirkung in diesem Leben abgeschwächt werden. Folglich erscheint Krankheit, wenn schlechtes Karma dabei ist, sich aufzulösen.’ “ (dt. Gosho Bd. 2, S. 229)

Seit zweitausend Jahren erklärt der Buddhismus, dass es sechs Ursachen gibt, die Krankheiten hervorbringen. Die erste ist die Unordnung der vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer. Im menschlichen Körper steht die Erde für das Fleisch, die Knochen, die Fingernägel und die Haare, Wasser für Blut und die verschiedenen organischen Flüssigkeiten, Feuer für die Körpertemperatur und den Stoffwechsel. Die Luft entspricht der Atmung. Der Körper wird aus allen vier Elementen gebildet: theoretisch existierte keine Krankheit, wenn er nur aus einem Element gebildet wäre. Solange die vier Elemente im Gleichgewicht sind, sind wir gesund. Umgekehrt, sobald es ein Ungleichgewicht zwischen ihnen gibt, werden wir krank. Die zweite Krankheitsursache ist unmäßiges Essen und Trinken. Die dritte besteht in fehlendem Lebensrhythmus. Wir leben alle entsprechend dem Rhythmus des Universums. Deshalb schlafen wir nachts und arbeiten am Tage. Das Universum ist wie ein großes Leben. Auch in uns existiert ein kleines Universum. Diese beiden Wesenheiten sind unsichtbar. Auch unser Körper selbst ist wie ein kleines Universum: wir haben zwei Augen, ein größeres und ein kleineres, wie die Sonne und der Mond. Wir öffnen und schließen sie und das steht für den Wechsel von Tag und Nacht. In unserem Körper sind zwölf große Gelenke, so viele wie das Jahr Monate hat. Im weiteren gibt es dreihundertsechzig kleine Gelenke, so viele wie das Jahr Tage hat und so fort. Nam-Myoho-Renge-Kyo zu rezitieren, bedeutet in Harmonie dem Rhythmus des Universums zu sein. Wenn sich das negative Karma zeigt, leiden wir, weil unser Leben aus dem Rhythmus ist. Deshalb ist es wichtig, konstant morgens und abends das Gongyo zu wiederholen. Fehlender Lebensrhythmus führt zum Nervenzusammenbruch. Die vierte Ursache ist der Angriff äußerer Dämonen, das heißt der Angriff eines Virus oder von Bakterien, wie es bei einer Grippe geschieht. Die Krankheiten, die in den ersten vier Ursachen begründet sind, lassen sich mit de modernen Medizin heilen. Der Buddhismus stellt die Effizienz und Nützlichkeit der medizinischen Wissenschaft nicht in Frage. Die Krankheiten aus der fünften und vor all aus der sechsten Ursache jedoch, sind unmöglich auf diese Weise zu heilen. Die fünfte, das heißt die Aktion der inneren Teufel, besteht geistigen Krankheiten oder hohem Fieber, das plötzlich auftritt. Die von der sechsten Ursache erzeugten Krankheiten, das heißt die Wirkung des Karmas, sind die sogenannten „unheilbaren“ Krankheiten. Man nennt sie so, weil die Medizin weder die Ursache kennt, noch in der Lage ist, sie zu heilen. Der Buddhismus erklärt, dass diese Krankheiten die Wirkung des Karmas sind.

Es gibt letztlich zwei Gründe, warum man durch die Praxis unheilbare Krankheiten heilen kann. Zum ersten, der Gohonzon ist der beste Arzt der Welt. Im Juryo-Kapitel des Lotos-Sutra steht: „Stell dir einen weisen und fähigen Arzt vor, der Arzneimittel zubereiten kann, die in der Lage sind, jede Krankheit zu heilen!“. Die beiden Attribute „weise und fähig“ symbolisieren die Macht des Buddha und des Gesetzes, die das gesamte Universum durchdringen und im Gohonzon enthalten sind. Dank der Tatsache, dass sich die Macht des Gohonzon über die Grenzen der modernen Medizin hinaus erstreckt, kann er Krankheiten heilen, die unser Arzt als unheilbar eingestuft hat. Das setzt jedoch einen starken Glauben und eine starke Praxis des Erkrankten voraus. In der „Antwort an Kyo’o“ sagt Nichiren Daishonin: „Nam-Myoho-Renge-Kyo ist wie das Brüllen des Löwen. Welche Krankheit kann daher ein Hindernis sein?“. Deshalb kann jede Krankheit, egal wie schwer oder wie tief sie im Karma verwurzelt ist, überwunden werden.

Der zweite Grund, warum wir durch die Praxis gesund werden können ist der, dass der Gohonzon sozusagen exakt die Ursachen jeglicher Krankheit kennt. In der Gosho „Über das Verhalten des Buddhas“ steht: „Wenn Sie versuchen, jemandes Krankheit zu behandeln, ohne die Ursache der Krankheit zu kennen, machen Sie ihn nur noch kränker“. (dt. Gosho, Bd. 1, S.201). Nehmen Sie an, dass ein Arzt, weil er die Ursachen der Krankheit nicht kennt, eine irrtümliche Diagnose stellt und eine unangebrachte Kur empfiehlt: er würde nur gegenteilige Wirkungen erzielen und damit die Situation verschlechtern. Der Buddhismus erklärte vor mehr als zweitausend Jahren, dass ein Arzt noch schwerere Schäden im Patienten hervorruft, wenn er nicht weiß, wie eine Krankheit zu heilen ist. In der heutigen Gesellschaft geschieht genau das Gleiche. In der Gosho „Über die Verlängerung des Lebens“ steht: „Im siebten Band des Lotos-Sutra heißt es: ‚Die wörtliche Bedeutung dieses Sutras sind seine 28 Kapitel, während seine wahre Bedeutung Nam-Myoho-Renge-Kyo ist’. Im siebten Band des Lotos-Sutra heißt es: ‚Dieses Sutra ist die wirksame Medizin gegen die Krankheiten der gesamten Menschheit’. Diese Worte kann man in keinem anderen Sutra finden. Alle Lehren des Buddhas sind goldene Worte der Wahrheit, die seit unzähligen Äonen niemals den geringsten Fehler enthalten haben.“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 82).

Jedes Mal, wenn wir einen Satz aus der Gosho lesen sollten wir denken: „Es stimmt“. Wenn der Arzt uns jedoch eine unheilbare Krankheit diagnostiziert und wir den Satz aus der Gosho lesen der besagt: „Welche Krankheit kann daher ein Hindernis sein?“, neigen wir dazu zu denken: „Keine, außer meiner“. In der Gosho steht nicht „ausgenommen Deine Krankheit“. Wer eine schwere Krankheit hat sollte bitte bis auf den Grund gehen und die Überzeugung beibehalten, gesund zu werden. Für den, der gesundheitliche Probleme hat, bedeutet dieser Satz, dass der Gohonzon zu einem Arzt und einer Medizin wird. Wer ein finanzielles Problem hat oder Arbeit, einen Mann oder eine Frau sucht, lese die Neujahrsgosho, in welcher Nichiren Daishonin erklärt, dass der Gohonzon wie ein Magnet funktioniert: „... während diejenigen, die an das Lotos-Sutra glauben, das Glück von zehntausend Meilen weit her ansammeln“.

Zum Beispiel kann ein Geschäftsinhaber oder sonst kommerziell aktiver Mensch nach zehn Jahren Praxis eine spürbare Verbesserung der Geschäfte erfahren. Wenn man Glück ansammelt, kommen die Kunden von alleine. Ansonsten, wenn das Glück fehlt, muss man sie suchen. Ich machte selbst diese Erfahrung: zu Beginn meiner Aktivität musste ich die Kunden suchen, während es heute die Kunden sind, die mich suchen. Wie konnte es zu dieser Veränderung kommen? Nachdem ich einige Jahre praktiziert hatte, hatte ich Glück angesammelt. Wer daher finanzielle Probleme hat, muss die Fähigkeit entwickeln, Glück anzuziehen, genau wie ein Magnet. Und vor allem sollte er die Weisheit entwickeln, die einem erlaubt, die richtige Sache, die einem entspricht, anzuziehen Dank der Weisheit aus einem ehrlichen Gebet entfernen wir uns selbstverständlich von allem, was nicht unserem Glück dient.

Ebenfalls in der Gosho „Antwort an Kyo’o“ steht: „Glauben Sie mit Ihrem ganzen Herzen an dieses Mandala“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 72). Der wichtigste Teil dieses kurzen Satzes ist „mit Ihrem ganzen Herzen“. Mit ganzem, nicht mit halbem oder drittel, sondern mit Ihrem ganzen Herzen. Für den, der seit einem, zwei oder drei Jahren praktiziert, ist es sehr schwierig, dermaßen vom Gohonzon überzeugt zu sein. In der Gosho steht ebenfalls: „Ein Schwert wird in den Händen eines Feiglings nutzlos sein. Das mächtige Schwert des Lotos-Sutras muss von jemandem, der mutig im Glauben ist, geschwungen werden“. Wenn jemand trotz Zweifel eine, zwei oder drei Stunden Daimoku rezitiert, um ein Problem zu lösen, dann ist er oder sie eine im Glauben mutige Person. Wer trotz der Zweifel weiterpraktiziert, zeigt wahren Mut im Glauben. Wer allerdings bei den ersten Zweifeln aufhört, kann nicht als mutig bezeichnet werden. In diesem Fall kann man sagen, dass „...ein Schwert in den Händen eines Feiglings nutzlos sein (wird)“

- Zweiter Teil -

Ein anderes, sehr ernsthaftes Problem ist die Drogenabhängigkeit. Um dieses Problem zu lösen, denkt man zuerst daran, die drogenabhängige Person selbst zum Praktizieren zu bewegen. Wenn jedoch ihre Eltern praktizieren, kann das Problem schon nach maximal zwei Jahren gelöst sein. Unserer Erfahrung nach gab es nur sehr wenige Fälle, wo es etwa drei Jahre dauerte. Drogenabhängige sind im allgemeinen Personen mit schwachem Charakter. Das ist die innere Ursache. Die äußere Ursache oder Gelegenheit sind im überwiegenden Teil der Fälle familiäre Schwierigkeiten, vor allem die Trennung der Eltern. In den Familien von mehr als 90% der Drogenabhängigen sind die Eltern geschieden oder leben getrennt. Für die Kinder ist die Droge eine Art zu fliehen und die Augen zu verschließen. Der ursprüngliche Grund ist ihr schwacher Charakter: sie wissen nicht, wie sie die familiäre Situation lösen können, und ihr Problem ist nichts anderes als der unbewusste Versuch, die Liebe zwischen den Eltern wiederherzustellen.

Wenn in diesem Fall der Vater oder die Mutter zu rezitieren beginnt, kann das Problem innerhalb von zwei Jahren gelöst sein. Im Fall von Alkohol- oder Glücksspielabhängigen kann das Problem, wie im Fall von Drogenabhängigen, nicht mit Gewalt gelöst werden. Diese Personen empfinden tatsächlich eine große Befriedigung, wenn sie Drogen nehmen, trinken oder Karten spielen; sie leiden deswegen nicht. Deshalb ist es vollkommen unnütz, ihnen Vorwürfe zu machen oder sie zu schlagen. Wenn Ihr einen Betrunkenen fragt, ob er leide, antwortet er: „Ich, absolut nicht. Ich bin der glücklichste Mensch der Welt“. Trinken verursacht in diesem Falle kein Leiden sondern Vergnügen. Wer jedoch wirklich leidet, sind die Frau, die Kinder oder die Eltern. Sie sind es, die das Karma haben, leiden zu müssen, und sie müssen, um es zu verändern, den Wahren Buddhismus praktizieren.

Oft beklagen sich die Ehefrauen über ihre Männer, weil sie wenig verdienen oder zu viel trinken. Auf der anderen Seite stöhnen auch die Ehemänner über ihre Frauen. Mir fällt dazu die Geschichte eines Pferdes ein, das in San Siro (eine italienische Pferderennbahn, A.d.Ü.) lief und klagte: „Mein Jockey gibt mir immer die Sporen und erwartet ständig, dass ich gewinne“. Und es fuhr fort: „Wenn Du mir leckere Sachen zu essen geben würdest, würde ich schnell rennen und den Lauf gewinnen“. Diese Klage ähnelt der eines Mannes, wenn er zu seiner Frau meint: „Wenn Du mir ein gutes Abendessen machtest, würde ich arbeiten.“ Auf jeden Fall ist es auch hier völlig sinnlos, dem anderen Vorwürfe zu machen: Es ist derjenige, der leidet, der rezitieren muss. Solange eine innere Ursache besteht, wird sie eine Wirkung erzeugen. Aber sobald die Ursache beseitigt ist, wird der Effekt verschwinden.

Ein anderes spezielles Problem ist das der geistig Kranken. Diese Personen neigen dazu, persönliche Ideen in die Praxis einzubringen und daher antwortet der Gohonzon nicht auf ihre Gebete. Um ihnen zu helfen, ist es notwendig, ein anderes Familienmitglied, das dieses Problem nicht hat, dazu zu bringen zu praktizieren. Das wird indirekt deren Leben beeinflussen. Es ist absolut verfehlt einem geistig Kranken ein, zwei oder gar drei Stunden Daimoku rezitieren empfehlen. Im Gegenteil ist es das beste, wenn diese Personen eine halbe Stunde oder auch nur fünf Minuten Daimoku rezitieren, und zwar sehr langsam.

Ich möchte jetzt über den Glauben sprechen, ohne den es unmöglich wäre, das, was bisher gesagt wurde, in die Praxis umzusetzen und auszuprobieren. Der erste wichtige Punkt ist, unser Ziel zu klären, zu bestimmen und festzulegen und dann, als zweiten Punkt, Daimoku zu rezitieren - wenn es ein Problem gibt, auch eine Million Daimoku. Aber diese beiden Punkte allein reichen nicht aus. Man muss auch handeln. Im Verlauf meiner Erfahrungen als Praktizierender, habe ich viele Mitglieder gesehen, denen es nicht gelang, das festgesetzte Ziel zu erreichen, weil sie trotz aller Entschlossenheit nicht handelten.

Handeln bedeutet sich maximal zu bemühen und einen Weg zu suchen, um das Problem zu lösen. Es ist also notwendig, sich zu entschließen, zu beten und zu handeln. Dann wird der konkrete Beweis erscheinen. Wenn er nicht erscheint, muss man sich von neuem entschließen, von neuem beten und handeln, bis man auf dem Grund anlangt. Auf diese Weise wird der konkrete Beweis ganz sicher erscheinen. Vielleicht ist es schwierig, soviel Geduld aufzubringen, aber es ist notwendig. Es existiert keine Medizin, die unsere Leiden augenblicklich umwandelt. Das vierte Gebet des Gongyo lautet: „Ich bete dafür, mein negatives Karma, das ich in der Vergangenheit durch Verletzungen des Gesetzes geschaffen habe, auslöschen und meine größten Wünsche in diesem Leben und der Zukunft verwirklichen zu können“ (Der Unterschied zur deutschen Fassung liegt darin, dass in der italienischen Übersetzung die Eigenverantwortung und die eigene Tat stärker betont werden. A.d.Ü.).

Dieses Gebet enthält vier fundamental wichtige Punkte. Der erste Punkt ist, um Verzeihung zu bitten. In der Gosho „Brief an Konichi-bo“ steht: „Auch eine kleine Verleumdung kann eine Person, wenn sie sie nicht bereut, in die bösen Pfade führen, aber auch eine große Verleumdung kann getilgt werden, wenn Reue existiert“. In einer anderen Gosho, „Über die Verlängerung des Lebens“, steht: „Durch aufrichtige Reue wird sogar unveränderliches Karma ausgelöscht werden, ganz zu schweigen von veränderlichem Karma“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 82). Die Reue muss deshalb aufrichtig sein. Die Länge unseres Lebens ist unveränderliches Karma. Dennoch können wir, wenn wir Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten, unser Leben verlängern. In der Gosho wird mit vier Beispielen die Möglichkeit, sein Leben zu verlängern, belegt. Um so sicherer ist es möglich, eine Krankheit zu überwinden, angesichts der Tatsache, dass es sich hier um leichteres Karma handelt. Voraussetzung ist, dass es ehrliche Reue gibt.

In der Gosho „Brief an Shijo Kingo“ steht: „Wenn diese über sich selbst reflektieren und jetzt gründlich bereuen, ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass sie gerettet werden können“. Das heißt, dass die Reue nicht nur aufrichtig, sondern auch gründlich sein muss. In einer anderen Gosho steht: „Diese Leute können durch die Kraft der eigenen Reue von den Leiden des Lebens und des Todes befreit werden“ Zusammengefasst muss eine wirksame Reue aufrichtig, tiefgehend und stark sein. Eine andere Gosho erklärt, wie man sich entschuldigt oder Sange macht. „Wenn Du Sange zu machen wünschst, las Dich nieder und meditiere gründlich über das wahre Wesen des Lebens. Dann werden alle Deine vergangenen Verleumdungen wie Reif oder Tau im Lichte der Sonne der ewigen Weisheit verfliegen“. Der Ausdruck „das wahre Wesen des Lebens“ entspricht dem Gohonzon. Deshalb muss man vor dem Gohonzon rezitieren. Auf diese Weise verschwindet unser negatives Karma. Es ist unnötig, verstehen zu wollen, welche Ursachen wir in unserer Vergangenheit gesetzt haben. Es ist unmöglich, sich daran zu erinnern. Wichtig ist, das Be-wustsein zu haben, dass das, was wir heute sind, das Resultat der Ursachen ist, die wir in der Vergangenheit gesetzt haben. Der zweite Punkt besteht darin sich zum Handeln für die Realisierung von Kosen-rufu zu entschließen. Das zu vergessen, ist so, als ob man denkt, de Gohonzon sei uns etwas schuldig. In Wirklichkeit sind wir Schuldner des Gohonzons. Aus diesem Grund bemühen wir uns, nachdem wir uns entschuldigt haben, nicht an Anstrengungen für Kosen-rufu zu sparen. Erst nachdem man das getan hat, erreicht man den dritten Punkt, der darin besteht, seine persönlichen Wünsche auszudrücken, wie eine Krankheit zu heilen oder ein bestimmtes Problem zu lösen. Der vierte und letzte Punkt ist die Dankbarkeit. Üblicherweise entsteht in uns das Gefühl der Dankbarkeit, wenn wir eine Wohltat erhalten. Aber nach einiger Zeit neigen wir dazu, zu vergessen und als Beispiel wie folgt zu denken: „Mein Mann ist wieder gesund, aber ich habe immer noch keine gute Arbeit“. Das Wort „aber“ zwischen die erhaltene und die noch zu verwirklichende Wohltat zu setzen ist kein Dank, sondern eine Klage!

Warum ist es wichtig, zum Gohonzon zu beten? Indem wir Nam-Myoho-Renge-Kyo rezitieren, erwerben wir Weisheit und Lebenskraft. Zusätzlich erhält man den Schutz der Buddhistischen Götter, der Shoten senjin. Wenn man fortwährend so praktiziert, kann man das Unmögliche in Mögliches verwandeln. Wenn wir einmal einen Entschluss gefasst haben, müssen wir ihn bis zum Schluss beibehalten, ohne uns entmutigen zu lassen oder Methoden oder Tricks zu suchen, kaum dass wir vor einer Schwierigkeit stehen.

In der Gosho „Die Strategie des Lotos-Sutra“ steht: „Benutzen sie die Strategie des Lotos-Sutra vor jeder anderen“ (dt. Gosho, Bd. 1, S.57). „Vor jeder anderen“ bedeutet, vor allem anderen Daimoku zu rezitieren; danach kann man eine Lösung suchen. Indem Ihr ein für alle mal trickreiche Strategien von Euch weist, überzeugt Ihr Euch, dass es keinen anderen Weg gibt, als zum Gohonzon zu beten. Man liest in der Gosho, dass die korrekte Einstellung darin besteht, zum Gohonzon so zu beten, als ob wir Wasser aus trockenem Sand pressen, oder mit nassem Holz Feuer machen müssten. Das sind unmögliche Situationen, aber manchmal brauchen wir vor dem Gohonzon diese Art der Einstellung. Dann wird das Unmögliche möglich. Denken wir an ein Neugeborenes: wenn es Hunger hat, trinkt es Muttermilch, und es überlegt sicher nicht, ob diese Milch vergiftet sei, es hat nicht den geringsten Zweifel. Im Gegensatz dazu zweifeln wir oft vor dem Gohonzon. In der Gosho „Über das Gebet“ ist zu lesen: „Auch wenn die Erde mit einem Finger weggefegt werden würde, jemand in der Lage wäre, die Himmel zu bändigen, die Meere Ebbe und Flut einstellten oder die Sonne im Westen aufginge, niemals wird es geschehen, dass das Gebet eines Gläubigen des Lotos-Sutras ohne Antwort bliebe“. Wir sind die Gläubigen des Lotos-Sutras, also kommt die Antwort des Gohonzons immer: es hängt jedoch alles von uns ab, von unserer Einstellung. In „Der wahre Aspekt des Gohonzons“ steht: „Das allerwichtigste ist, nur Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten und die Buddhaschaft hervorzubringen. Alles hängt von der Stärke Ihres Glaubens ab. Glauben zu haben ist die Grundlage des Buddhismus“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 23). „Hervorbringen“ bedeutet das Leben zu öffnen.

Wenn wir Daimoku zum Gohonzon rezitieren, müssen wir folgende Einstellung haben: „Ich möchte mein Leben öffnen“. Wenn unser Leben jedoch verschlossen ist, beklagen wir uns. Unser Leben zu öffnen ist außerordentlich wichtig, und es gibt keinen anderen Weg, als Nam-Myoho-Renge-Kyo zu rezitieren. „Alles hängt von der Stärke Ihres Glaubens ab“, sagt Nichiren Daishonin, und er sagt ebenfalls „Glaube zu haben ist die Grundlage des Buddhismus“. In einer anderen Gosho erklärt in sehr verständlicher Weise: „Um ein Beispiel zu machen: wenn ein Vogel im Käfig singt, fliegen die Vögel vom Himmel herunter, um zu ihm zu gelangen. Sobald sich die anderen Vögel nähern, wird der im Käfig versuchen zu fliehen. Auf die gleiche Weise rufen wir die Buddhanatur innerhalb unseres Lebens, wenn wir mit lauter Stimme das Mystische Gesetz rezitieren, und diese wird unfehlbar wieder aufwachen“. Deshalb bitte ich Euch, bleibt beim Gongyo und beim Daimoku nicht passiv, erwartet nicht, dass irgendetwas vom Gohonzon kommt. So ist es nicht. Wenn wir Daimoku zum Gohonzon rezitieren, rufen wir die Buddhanatur hervor, die innerhalb unseres Lebens existiert, wir öffnen unser Leben; enthüllt sich Nam-Myoho-Renge-Kyo. das in uns verborgen ist. Vizepräsident Tsuji hat diesen Punkt mit „das Leben reinigen“ erklärt, das heißt, es so machen, dass Nam-Myoho-Renge-Kyo die Augen und alle anderen Körperteile erreicht. Das bedeutet, die Buddhaschaft aus uns hervorzurufen bzw. hervorzubringen.

Präsident Ikeda empfahl folgendes: „Der wahre Glaube ist, sich ungeachtet unserer Situation oder unseres Leids aufrichtig dem Gohonzon zu widmen. Auf alle Fälle muss man chanten, koste es was es wolle. Man sollte solch Glauben habe, dass man sich dem Gohonzon immer und vollständig anvertrauen kann. Es ist notwendig, die Überzeugung zu haben, dass sich dem alle Straßen öffnen, der kraftvoll betet. Ein formales Daimoku, mit schwachem Glauben und Gebet, wird niemals unsere Wünsche Wirklichkeit werden lassen. Ohne ein starkes Gebet gibt es kein glückliches Leben oder die Tilgung des Karmas. Ohne einen starken Glauben kann es kein völlig erfülltes Leben geben. Der Glaube dient dazu, glücklich zu werden. Es ist nötig so einen Glauben zu haben, dass man die großen Wohltaten des Gohonzon in der Arbeit, im täglichen Leben und in sich selbst spürt“.

Unser persönliches Ziel ist, glücklicher zu werden, das heißt, unsere menschliche Revolution zu machen. Was auch geschehen mag, vergesst bitte niemals diesen Punkt. Welches Problem oder welche Krankheit ihr auch immer haben solltet, behaltet diese Überzeugung vor dem Gohonzon bei und seid auch geduldig. Dann wird es sich sicher lösen. In diesen Jahren hatte ich Gelegenheit, viele Leute kennen zu lernen, und ich bemerkte folgendes: wer viele Schulden hatte, so hundert bis zweihundert Millionen Lire, hat durch das Praktizieren sein Problem gelöst. Wer allerdings kleine Schulden, acht bis neun Millionen, hatte, hat diese Problem immer noch (eine Million Lire entspricht etwa 700 DM, A.d.Ü). Analog dazu hat sich derjenige, der eine unheilbare Krankheit hatte, und der Arzt schon jede Hoffnung auf Heilung verneint hatte, auf den Gohonzon verlassen, weil es keine andere Lösung mehr gab, und hat sie besiegt. In dieser dramatischen Situation ist es einfacher, sich für den Gohonzon zu entscheiden und auf ihn zu zählen. Aber wer einige Millionen Schulden hat, denkt daran, seine Eltern, Freunde, Banken oder irgendwen sonst um Geld zu bitten. Wenn man aber eine Lösung dieser An sucht, löst sich das Problem nicht. Das einzige was zählt, um ein Problem zu lösen, ist unsere Entschlossenheit.

Tendenz

Der Begriff karmische „Tendenz“ bezieht sich auf eine besondere „Vorbestimmtheit“ oder „Charakteristik“, die sich im Leben einer Person festsetzt und sich immer wieder in beistimmten Handlungsweisen offenbart.

Der Charakter einer Person, seine Art zu handeln oder auf äußere Reize zu reagieren, werden durch die karmische Tendenz festgelegt. Zum Beispiel ist das musikalische Genie Mozarts, das sich von kleinster Kindheit an zeigte, ein illustres Beispiel für die karmische Tendenz, genau wie für jemand anderen der Weg zum Sport oder zur Malerei etc. vorbestimmt ist. Auch die Tatsache, ob man den Buddhismus Nichiren Daishonins praktiziert oder nicht, ist von der karmischen Tendenz abhängig. In der Gosho „Das wahre Wesen des Lebens“ steht:

„Man wird Ausübender des Lotos-Sutra dank der karmischen Tendenz, die von der Ausübung in den eigenen vergangenen Existenzen herrührt“. Wenn deshalb jemand zum ersten Mal vom Buddhismus hört, entscheidet der eine, ihn sofort auszuprobieren, ein anderer zieht es vor, darüber nachzudenken, und wieder andere sprechen sich absolut dagegen aus. Diese verschiedenen Reaktionen sind ein Ausdruck der karmischen Tendenz. Aus unserer Sicht jedoch ist der wichtige Punkt, jeder Person zu helfen, die karmische Tendenz, den Buddhismus zu praktizieren, zu entwickeln oder zu verstärken. Auf jeden Fall kann die karmische Tendenz, egal wie verwurzelt und stark sie sein mag, durch ehrliches Beten zum Gohonzon verändert werden. Wer die Tendenz hat, zornig zu sein, kann ruhig und ausgeglichen werden, wer tendenziell leidet, kann glücklich werden und sofort.

Beziehung

Wie kommt es, dass wir in einer bestimmten Familie geboren wurden und nicht in einer anderen? Welche Beziehung verbindet uns mit den Kindern, die wir auf die Welt gebracht haben? Warum haben wir bestimmte Personen im Verlauf unseres Lebens getroffen? Was brachte uns dazu, eine bestimmte Person zu heiraten und nicht irgendeine andere? Die Antwort auf all diese Fragen ist: die karmische Beziehung.

Alle Arten von Verbindungen mit anderen Personen oder Sachen hängen vom Karma ab. „Es sind die karmischen Beziehungen, die bestimmen, welcher aus so vielen gleichartigen Bäumen zum Abbild des Buddha gemacht wird“, erläutert Nichiren Daishonin in der Gosho „Das wahre Wesen des Lebens“. Und es ist auch die karmische Beziehung, die uns dazu brachte, dem Gohonzon zu begegnen.

Die karmische Beziehung kann dick und dünn sein oder oberflächlich und tief. Zum Beispiel trifft man im Laufe seines Lebens unzählige Personen. Mit einigen errichtet man eine tiefe Freundschaft, mit anderen nicht. Oder einer hat viele Kinder, und andere können keine bekommen. Das alles hängt von der karmischen Beziehung ab. Aber natürlich sollte man keine fatalistische Betrachtungsweise haben. Gerade weil unsere Beziehungen von unserem Karma abhängen, können wir das Leiden, das darin seinen Ursprung haben kann, transformieren, wenn wir uns bemühen, den Buddhismus Nichiren Daishonins korrekt zu praktizieren.

Ursache

„Die karmische Ursache ist Grund dafür, dass manche Buddhas als vorläufiger Buddha geboren werden“, steht ebenso in der Gosho „Das wahre Wesen des Lebens“. Die karmische Ursache ist das, was sich jedes Mal, wenn wir denken, reden oder handeln, in unser Leben einprägt. Freude oder Schmerz empfinden, auf Schwierigkeit oder glückliche Umstände treffen, krank werden oder gesund sein, alles was uns passiert, ist nichts anderes als der offenbare Effekt einer karmischen Ursache, die in unserem Leben verborgen ist.

Leid ist der Effekt negativer karmischer Ursachen, während im Gegensatz dazu das Glück der Effekt positiver karmischer Ursachen ist. Die grundlegende Handlung dafür, sich eine glückliche Existenz aufzubauen, ist daher, dadurch positive Ursachen anzusammeln, dass wir regelmäßig Gongyo und Daimoku rezitieren und Shakubuku machen. Aus buddhistischer Sichtweise ist jeder selbst der autonome Urheber seines eigenen Schicksals. Deshalb ist es absolut sinnlos, einer anderen Person oder Sache die Schuld an unserem Leiden zu geben. Glücklich zu werden ist unsere ganz persönliche Verantwortung.

Quelle: FORUM Februar-März 1990

Ermutigung und Erfahrung von Tomaso Olivari (1995)

Was die Liebe angeht, scheinen wir in der tiefsten Illusion zu leben. In der heutigen Gesellschaft herrscht ein mangelndes Bewusstsein darüber vor, was Liebe und Verliebtheit eigentlich sind. Der grundlegende Irrtum besteht in der Verwechslung von egoistischen mit altruistischen Gefühlen. Verliebtheit wird für Liebe gehalten, obwohl es sich hier fast um Gegensätze handelt. Hinter dem Ver­liebtsein steht ein nahezu ausschließlich egoistisches Verlangen nach Verständnis, Zuneigung, Liebe und Respekt: nach Gefühlen, die uns die andere Person entgegen bringen soll. Liebe ist anders; wenn wir lieben, sind wir Gebende, wir geben etwas nach außen, der Umgebung den Menschen, mit denen wir zu tun haben. Verliebtheit kann ein Auslöser dafür sein, eine Beziehung mit einer Person zu be­ginnen, aber man kann nicht 50 Jahre lang verliebt bleiben, was im übrigen auch nicht schlimm ist, da man die Verliebtheit in ein noch schöneres, größeres und befriedigenderes Gefühl verwandeln kann.

Wenn wir immer nur nach dem Rausch des Verliebtseins suchen, wird uns das nicht viel weiterbringen; wenn wir hingegen versuchen fähig zu werden zu lieben, wird sich vor uns eine unendliche Perspektive für die Zukunft auftun und wir werden viele Erkenntnisse über uns selbst und unser Leben sammeln können.

Es ist nicht einfach zu lieben. Wer liebt, ist im Grunde ein Buddha. Es ist wichtig, sich hierüber bewusst zu werden. Nichiren Daishonin spricht immer vom Weg des Bodhisattvas, von Bodhisattva Jogyo und von der Ausübung des Bodhisattvas. In Wirklichkeit spricht er hierbei über eine Ausübung, die darin besteht, zu lernen zu lieben, d.h. zu geben. Geben kann man jedoch nicht nur anderen Personen, sondern auch dem eigenen Leben. Während manche Menschen das eigene Leben lieben und sich selbst auch etwas geben können, gibt es Menschen, die sich selbst nicht lieben und von sich selbst immer nur fordern, d.h. von sich selbst verlangen, fähig, tapfer schön, intelligent u.s.w. zu sein. Sie überlegen nicht, was sie ihrem Leben Gutes tun könnten.

In einer Zweierbeziehung, die ja oft einen großen Teil unseres Lebens ausmacht, müssen wir uns auf dieselbe Weise bemühen. Wir müssen uns demselben Objekt der Verehrung widmen und die gleichen Ursachen setzen. Nichiren Daishonin drückt es ganz klar aus: Das Objekt der Verehrung ist die Buddhaschaft, das wahre Glück ist die Buddhaschaft, d.h. absolut glücklich zu sein und ganz und gar zufrieden damit, zu leben, unabhängig von äußeren Umständen.

Nichiren Daishonin sagt: ,,Praktizieren wir das Lotos-Sutra, um ohne jegliche Reue zu sterben.” Genau das ist ein Kennzeichen der Buddhaschaft, sich in einem Zustand zu befinden, in dem Reue keinen Platz hat; nicht zu denken: ,,Wenn ich nur so wäre, wenn ich nur dies hätte, wenn ich nur jenes machen könnte, wenn nur schon nächstes Jahr wäre, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte”. Einfach nur vollständig damit glücklich zu sein, was man im Moment ist. Im Lotos-Sutra steht: ,,Sie sind immer glücklich und fühlen sich wohl”. Shakyamuni sagt: ,,Die Menschen in meinem Land sind glücklich und fühlen sich wohl”. So wird die Buddhaschaft beschrieben. Buddhaschaft bedeutet, im­mer glücklich zu sein und sich wohl zu fühlen, egal in welcher Situation man sich auch befinden mag.

Die äußeren Umstände sind zweitrangig. Buddhaschaft ist das Glück, das von äußeren Umständen völlig unabhängig ist. Also ist es auch nicht abhängig davon, ob man mit einer bestimmten Person zusammen ist oder nicht. Wir müssen diese Art von Glück in uns selbst suchen. Der Gohonzon wurde nicht eingeschrieben um Ekstase (die sechste der 10 Welten) zu verwirklichen. Der Gohonzon funktioniert nicht, wenn wir nach Ekstase streben. Das wäre ungefähr so, als besäßen wir ein Auto für schnelle Fahrten auf der Autobahn und würden es für Unterwasserfahrten benutzen wollen. Wir schaffen dadurch nur Chaos und kommen nicht weiter. Wenn wir den Gohonzon gemäß seinem wirklichen Zweck gebrauchen, nämlich dazu, um absolutes Glück hervorzuholen, funktioniert er hervorragend. Sobald unser Glück von einer Bedingung, von einer Person, von einer äußeren Situation abhängt, handelt es sich nicht um das Glück der Buddhaschaft. Das Glück der Buddhaschaft ist das, was wir zu Beginn unserer Praxis spüren. Ganz einfach haben es viele beim Chanten erfahren, dass plötzlich eine immense Freude in ihnen emporsteigt, ohne dass etwas passiert wäre, ohne dass eine gute Nachricht eingetroffen wäre oder sich etwas an den äußeren Umständen geändert hätte. Wo unser wirkliches Ziel ,,Itai doshin” (verschiedene Körper, ein Geist) sein sollte sind wir leider oft in ,,Dotai ishin” (verschiedener Geist, gleiches Äußeres), da wir nach verschiedenen Objekten der Verehrung streben und keine klare Idee davon haben, welche Art von Glück wir anstreben müssen, nämlich das Glück, das von innen kommt, ein Lebenszustand, der uns in die Lage versetzt, jeden Moment freudig zu erleben, egal, was wir gerade machen und in welcher Situation wir uns befinden.

Im Grunde hindert uns die Umgebung nicht. Sobald wir fordern, entsteht eine bestimmte Art von Problemen; wenn wir uns darauf konzentrieren zu geben, entsteht Freude. Bei der genauen Betrachtung unseres Lebens können wir feststellen, dass Leid immer entsteht, weil wir etwas haben wollen und nie, weil wir etwas geben wollen. Eine Situation ist also deshalb schrecklich für uns, weil wir etwas Bestimmtes nicht haben können: keinen Respekt, nichts zu Essen, keine Zuneigung, etc. bekommen. In diesen Momenten könnten wir trotzdem immer noch viel geben, aber wenn wir nur danach streben, zu haben, sind wir in solchen Situationen, in denen wir nichts bekommen, am Ende und werden unglaublich leiden. Wenn wir uns auf das Geben konzentrieren, können wir auch in diesen Momenten glücklich sein, da die Freiheit zu geben immer mehr oder weniger bestehen bleibt. Die Möglichkeit zu geben besteht immer, wohingegen die Möglichkeit zu haben von der Umgebung, von der Zeit und von anderen Dingen außerhalb von uns abhängt. Wenn die Umgebung uns gibt, was wir wünschen, sind wir glücklich; wenn wir von der Umgebung nicht bekommen, was wir wollen, sind wir unglücklich. Die Umgebung kann in diesem Zusammenhang eine Arbeit, ein Kind oder jede andere Person oder Sache sein.

Die ,,Menschliche Revolution” die wir machen müssen, ist eine Umkehrung dieser Werte, nicht nur aus moralischen Gründen, sondern um wirklich glücklich zu werden. Revolution bedeutet immer eine Veränderung der vorherrschenden Wertvorstellungen. Momentan geht es in der Gesellschaft darum, zu haben. Das größte Ziel der meisten Menschen ist es, bestimmte Dinge haben zu können; hierbei muss es sich je nach Person und Situation nicht unbedingt um materielle Dinge handeln. Schon hinter dem einfachen Wunsch danach, dass es einem gut gehen möge zum Beispiel, steckt schon wieder die Haltung des Haben Wollens; man will nämlich eine bestimmte gute Wirkung im eigenen Leben, die Wirkung des Wohlergehens, der Kraft, der Freude u.s.w. Eine ganz andere Einstellung hingegen wäre es, sich zu fragen was wir, abgesehen davon, ob es uns gut oder schlecht geht, für unser Leben tun können, welche gute Ursache wir in diesem Moment setzen können.

Durch das Glück zu geben, spürt man die Buddhaschaft, man fühlt sich frei dadurch, dass man praktiziert. Wenn wir anfangen, unser Leben und unsere Bemühungen nach diesem Streben auszurichten, fühlen wir uns in jedem Moment frei zu geben und sind unter allen Umständen zufrieden zu leben. Dies ist auch der Beginn einer realen Selbstverwirklichung, denn solange wir im Mechanismus des Haben Wollens gefangen sind, bleiben wir im tiefsten Innersten besorgt, auch wenn wir manche Dinge haben, denn wir wissen nur zu gut, dass wir diese Dinge durch eine Veränderung der Umgebung plötzlich aus irgendeinem Grund verlieren können. Heute sind wir zufrieden, aber wer weiß, was morgen ist?

Es passiert sehr leicht, dass wir uns eine Maske aufsetzen, um etwas von bestimmten Personen oder von der Gesellschaft zu bekommen. Wir sind dann so, wie die betreffenden Personen das von uns erwarten. Das ist der typische Fall beim Verliebtsein: Wenn man die Zuneigung einer bestimmten Person gewinnen will, zeigt man ihr nur bestimmte Aspekte von sich. Man achtet darauf, sich nicht ganz offen zu zeigen, wie man ist. Je mehr man verliebt und verblendet ist, desto mehr werden Mechanismen ausgelöst, durch die man sich immer weiter von sich selbst entfernt. Man gibt sich z.B. hart, wenn man in Wirklichkeit sensibel und verletzlich ist. Am Ende lebt man ein Leben, das sich ganz und gar auf diesen Mechanismen gründet, ohne dass man sich darüber bewusst wäre. Man ist verwirrt und weiß nicht mehr, wer man wirklich ist, weil man Masken aufgesetzt hat, oder bestimmte Verhaltensweisen angenommen hat, nur um etwas von außen zu bekommen.

In dem Moment, in dem wir anfangen zu geben, müssen wir unbedingt wir selbst sein, uns selbst entdecken, unser Leben öffnen und aus unserem Leben schöpfen, um es anderen, einer Situation oder einer Person zu geben. In genau diesem Moment entdecken wir, wie wir wirklich sind, wir beginnen aus uns selbst zu schöpfen und sehen, dass unser Leben voll von unfassbaren Schätzen ist. Wir entdecken, dass wir so viel zu geben haben, und dass die größte Freude aus dem Geben entspringt.

Der ganze Buddhismus basiert auf der Ausübung des Gebens. Es war einmal ein Bodhisattva, der sich im Darbringen von Gaben übte. Er führte diese Ausübung während mehrerer Existenzen durch. Eines Tages trifft er einen Brahmanen, der zu ihm sagt: ,,Ich habe Hunger, gib mir dein Auge”. Er gibt dem Brahmanen das Auge, dieser riecht daran, wirft es weg und tritt es kaputt. Der Bodhisattva gerät so in Wut über den Brahmanen, dass er in die Hölle des unaufhörlichen Leidens fällt. Diese Geschichte soll uns erklären, dass es der Fehler der Person, die das Auge gegeben hat, war, etwas - Dankbarkeit - dafür zu erwarten. Wer für seine Gaben eine Gegenleistung erwartet, verdirbt damit bereits seine Tat, es handelt sich nicht mehr nur darum zu geben, sondern auch darum, etwas zu verlangen.

Es ist nicht besonders wichtig, ob man liebt oder nicht. Entscheidend ist es, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, zu geben. Das bedeutet lieben. Wir müssen uns in allen Bereichen unseres Lebens darin üben, zu ,,lieben”. So können wir die Ausübung der Bodhisattvas auf unsere Realität anwenden. Das betrifft auch unsere Arbeit. Wir fordern zum Beispiel, eine gute Arbeit zu haben, Geld zu verdienen, etc. Eigentlich sollten wir uns aber fragen; ,,Was kann ich bei meiner Arbeit geben?” Dann erscheinen auch eine gute Arbeit, Geld usw. Aber da wir ständig nur fordern, erscheint meist gar nichts. Auch vom Gohonzon können wir so höchstens Krümel erbetteln.

Im Idealfall bedeutet geben am Arbeitsplatz, dass man seine Arbeit mit größtmöglicher Freude ausführt, dass man mit dem was man macht zufrieden ist, dass man versucht, die Arbeit gut zu machen. Aber es ist nicht immer möglich, in guter Form zu sein, Freude zu haben und demzufolge alles sorgfältig zu tun. Entscheidend ist es jedoch, den Mechanismus des Gebens in Gang zu bringen, sich im Geben zu trainieren. Die Größe oder die Qualität der Gabe ist anfangs nicht so wichtig. Später (vielleicht in manchen Fällen erst viel später) wird sich die Qualität noch entwickeln. Oft gehen wir von der festen Vorstellung aus, dass man unbedingt etwas Schönes geben muss, all unsere Freude oder unsere größten Fähigkeiten etc. Wir vergessen dabei, dass es Momente im Leben gibt, in denen wir nicht über unsere gesamte Kapazität verfügen. Was können wir in einem solchen Moment geben? Es gibt immer etwas, was man geben kann, auch wenn man keinen starken Antrieb verspürt. Die Gosho berichtet über die Gebrüder Dojin, die während sie gerade im Schlamm spielten, den Buddha kommen sehen und ihm einen Schlammkuchen schenken. Shakyamuni schätzt nicht so sehr die Gabe als solche, sondern die Aufrichtigkeit, mit der sie gegeben wird. Da sie nichts anderes hatten, haben sie Schlamm geschenkt. Diese Handlung beweist die größte Aufrichtigkeit, denn die beiden haben mit ganzem Herzen alles gegeben, was sie im Moment besaßen. Deshalb wurde der eine der Gebrüder Dojin als König Ashoka, der andere als Minister wiedergeboren.

Entscheidend ist also nicht, was wir geben, sondern dass wir in einem bestimmten Moment alles geben, was wir können, und sei es noch so wenig. Es gibt Phasen, in denen wir die negativen Wirkungen unseres Karmas zu spüren bekommen, dann fühlen wir uns müde, schwer und leidend. Wenn wir in diesen Momenten versuchen, große Freude und großes Glück aus uns hervorzubringen, werden wir es absolut nicht schaffen, wir werden uns frustriert fühlen und am Ende gar nichts geben. Wir sollten jedoch lieber nachdenken und uns sagen; ,,Gut, ich habe jetzt nicht meine ganze Kraft und Freude zur Verfügung, aber was kann ich trotzdem in diesem Moment geben?” Die Antwort kann lauten, 5 Minuten Daimoku für jemand zu chanten oder jemand ein Lächeln zu schenken, wenn wir die Person nicht mit Worten ermutigen können; oder wir können der Person einen Gefallen tun, in der Absicht, alles zu geben, was wir können, wenn es auch nur eine Kleinigkeit ist.

Sich um andere zu sorgen und zu kümmern ist richtig, aber unsere erste Sorge muss unserer Fähigkeit gelten, der Person, die uns gerade gegenübersteht aus unserem Leben heraus etwas zu geben. Genau dies ist die Ausübung des Bodhisattvas und die Ursache für das Erscheinen der Buddhaschaft.

Sich darauf zu beschränken, anderen Personen kein Leid zuzufügen ist eine zwiespältige Angelegenheit, denn kein Leid zuzufügen bedeutet manchmal auch, nichts zur Verbesserung der Situation beizutragen. Es ist daher nicht besonders positiv, einfach kein Leid zuzufügen. Das wäre ungefähr so als würde man, wenn man einen Ertrinkenden sieht, denken: ,,Ich werfe jetzt keinen Felsen auf ihn, daher füge ich ihm auch kein Leid zu.” Aber wir tun auch nichts für ihn, bieten ihm nicht unsere Hilfe an. Aus buddhistischer Sicht machen wir uns so zum Komplizen des Negativen, d.h. wir helfen einer Person zu sterben. Über viele Jahre hinweg mahnte mich Herr Kanzaki aufmerksam zu sein, um nicht durch kleine vermeintlich gute Taten das große Böse zu unterstützen, sondern noch eher kleine vermeintlich schlechte Taten zu begehen, die letztendlich einem guten Zweck dienen; d.h. unser Augenmerk muss darauf gerichtet sein, große gute Absichten zu verfolgen, und dafür muss man manchmal Schmerzen zufügen. Wenn zum Beispiel in einer Paarbeziehung ein Partner am anderen das Interesse verliert, seinem Partner aber, um ihn nicht zu verletzen, diesen Seelenzustand und die Gefühle nicht offenbart, begeht er eine kleine gute Tat, da der Partner ja im Moment nicht leiden muss. Spitzt sich die Situation im Laufe der Zeit aber zu, und können die Gefühle mit der Zeit nicht mehr zurückgehalten werden, wird die kleine gute Tat zum großen Übel. Daher wäre es besser gleich ehrlich zu sein und eine kleine schlechte Tat zu begehen.

Wichtig ist, sich zu entscheiden den Worten Nichiren Daishonins zu folgen und die Herausforderung der Ausübung des Bodhisattvas anzunehmen. Warum ist dies aber in einer Zweierbeziehung so schwierig? Weil man in einer Paarbeziehung dieser Herausforderung nicht ausweichen kann. Bei Freunden liegt die Sache anders: Wenn wir in der Lage sind, etwas zu geben, treffen wir unsere Freunde; wenn wir nichts zu geben haben, können wir uns auch entscheiden, unsere Freunde nicht zu sehen. Unsere Grenzen überschreiten wir jedoch, wenn wir etwas ständig tun, Tag für Tag. Würden wir Gongyo und Daimoku nur machen, wenn wir Lust dazu haben, wäre der Nutzen nur gering. Wann ist aber das Chanten besonders effektiv? Wenn wir keine Lust dazu haben, und wenn es uns anfänglich Leiden verursacht, vor den Gohonzon zu gehen, weil es uns schlecht geht, und weil wir vor dem Gohonzon gezwungen sind, unser Leiden genauer zu betrachten. Aber in solchen Momenten können wir vieles verstehen und wir können höchst wichtige Dinge erkennen. Wenn wir nur praktizieren würden, wenn wir Lust dazu haben, würden wir nur einen Teil unseres Lebens betrachten können, den Rest jedoch nicht verstehen, all die Dinge nämlich, die sehr wichtig sind, auch wenn sie uns Leiden verursachen. Es ist entscheidend, diese Dinge zu verstehen, anzunehmen, die Augen zu öffnen, denn was wir nicht verstehen, können wir nicht bearbeiten und verändern.

Gerade in dieser Hinsicht stellt eine Paarbeziehung eine extreme Herausforderung dar, da wir uns hier jeden Tag einbringen müssen und nicht zwischendurch sagen können, dass wir keine Lust haben. Wir müssen uns entschließen, uns selbst so zu entwickeln, dass wir an dieser Herausforderung wachsen können, indem wir dafür chanten, glauben zu können, dass in uns Buddhaschaft, ein Lebenszustand vollkommenen Glücks existiert, dass es möglich ist diesen Lebenszustand inmitten unserer gegenwärtigen Situation zu erfahren. Nichiren Daishonin lehrt nicht, dass die Buddhaschaft nur an bestimmten Orten oder unter bestimmten Bedingungen existieren kann; er erklärt vielmehr, dass die Buddhaschaft ein Aspekt des Lebens ist, der immer da ist. Wo Hölle existiert, existiert auch Buddhaschaft, ja man kann die Buddhaschaft sogar gerade aus dem Zustand der Hölle hervorholen. Unsere Herausforderung sollte es sein, die ganze kraft unseres Glaubens zu aktivieren, um uns ständig darin zu üben in jeder Situation die Buddhaschaft hervorzubringen.

,,Genau jetzt, unter diesen Bedingungen, in meiner gegenwärtigen Situation kann ich glücklich sein, weil Nichiren Daishonin es so gelehrt hat; bevor wir nicht mit diesem Geist chanten, werden wir nur weiter vor allem davonlaufen und nur schwerlich etwas bedeutendes erreichen. Die Buddhaschaft befindet sich unter unserem ,,Schlamm”, unseren Unreinheiten und unseren Illusionen. Wir können sie entdecken, wenn wir beginnen zu glauben: ,,Hier muss Buddhaschaft existieren, ganz sicher. Es sieht zwar nicht so aus, aber sie existiert hier und es besteht die Möglichkeit in diesem Moment vollkommen zufrieden zu sein.”

Auch über den Geist des Mitgefühls, der ja der Geist des Bodhisattvas ist, müssen wir nachdenken und ihn praktizieren. Mitgefühl bedeutet, eine Person zu lieben und ihr deshalb etwas für ihr Glück zu geben. Wenn dies unser Streben und unser Ziel ist, können wir um so barmherziger sein, je schlechter sich ein Mensch verhält. Wenn wir diese Motivation aber nicht haben, ärgern wir uns nur um so mehr, je schlechter das Verhalten einer Person ist. Wenn wir hingegen in unserem Herzen den Schmerz und das Leiden dieses Menschen spüren können, können wir uns fragen, was wir tun können, um ihm zu helfen.

Wir müssen unserer Tendenz zu fordern den Krieg erklären und so die Richtung unseres Lebens ver­ändern. In unserer aktuellen Situation - was Beziehung, Arbeit usw. betrifft - wäre es falsch, auf eine Veränderung von außen zu hoffen. Nur wenn wir unsere Einstellung und unsere Kapazität verändern, ändern sich auch die Umstände. Wenn wir anfangen zu lieben, wenn wir lernen zu lieben, liebt die Umgebung uns; doch wenn wir fordern, fordert auch die Umgebung. Das funktioniert wie in der Ma­thematik. Wenn wir fordern, fordert die Umgebung von uns; wenn wir geben, gibt uns die Umgebung.

Wenn wir fordernde Menschen treffen, so geschieht dies in Wirklichkeit, weil wir diesen Mechanismus in Gang setzen, weil wir diesen Mechanismus auf der einen Seite am Laufen halten. Es kommt normalerweise nie vor, dass auf der einen Seite eine Person ist, die nur fordert, während wir ausschließlich geben, ohne dafür etwas zu erwarten. Wenn dies wirklich so wäre, wäre den Forderungen der anderen Person die Grundlage entzogen. Die andere Person fordert etwas von uns und automatisch verlangen wir etwas von ihr und dadurch kommt der Mechanismus in Gang. Streitigkeiten zwischen Partnern entstehen niemals aus Liebe, sondern immer wegen Forderungen, die die Partner aneinander stellen bzw. aus Egoismus. Wir denken, dass wir dadurch glücklicher werden, dass wir Dinge oder Personen besitzen, aber in Wirklichkeit wird man dadurch glücklicher, dass man sich in der Kunst des Gebens übt. Auf diese Weise verändern wir unsere Umgebung und erhalten ganz natürlich Wohltaten, denn wir geben, und wenn man gibt, empfängt man auch. Wenn wir arbeiten, werden wir auch etwas dafür bekommen; nicht aber, wenn wir nur Geld fordern. Wenn wir arbeiten, ist es normal, dass wir in irgendeiner Form dafür entlohnt werden.

Wie soll unsere Haltung vor dem Gohonzon sein, damit es uns gelingt zu geben? Ganz sicher sollten wir uns vor dem Gohonzon dazu entschließen, die Tendenz zu geben in unserem Leben zu verstärken. Wir sollten auch jedes Mal, wenn wir leiden, ,,Sange” (buddhistische Entschuldigung) machen, indem wir darüber nachdenken, inwieweit unser Leiden durch unsere fordernde Einstellung verursacht wird. Wenn ich mein Leben beim Chanten unter diesem Aspekt betrachte, stelle ich z.B. seit Jahren immer wieder fest, dass ich wieder fordere und nicht an ein Glück glauben kann, das größer ist, als das vorübergehende Glück, das dadurch entsteht, etwas zu haben, d.h. ich suche nicht das Glück der Buddhaschaft, und ich habe kein Vertrauen in die Tatsache, dass in genau diesem Moment die Buddhaschaft existieren kann. Ich entschuldige mich dafür und entschließe mich noch einmal dazu, zu geben und nicht zu fordern. Auf diese Weise können wir Schritt für Schritt unsere Tendenz verändern, bis es eines Tages normal wird, dass unsere Taten und Gedanken in die gewünschte Richtung gehen. Durch unsere Illusionen können wir nicht richtig funktionieren und werden so zum Spielball des Lebens, was die Verwirklichung unserer Wünsche und unseres Glückes angeht. Wir müssen unsere Bemühungen auf erleuchtete Weise lenken. Sehr oft bemühen wir uns wie verrückt etwas zu erhalten, aber wenn wir uns im gleichen Maße bemühen würden zu geben, würden wir hunderttausend Mal mehr erreichen, als wenn wir unsere Anstrengungen auf ein vorübergehendes Glück lenken, auf das wir keinen Einfluss haben.

Wenn wir einmal die richtige Richtung eingeschlagen haben, müssen wir sie mit Freude immer wieder aufnehmen mit dem Gedanken: ,Endlich weiß ich, woran ich arbeiten muss, wie ich handeln muss, worüber ich nachdenken muss und worauf ich mein Gebet richten muss”. Der Gohonzon wird uns auf eine völlig andere Art antworten, wenn wir unseren Wunsch zu geben zur Basis machen und als Ursache das Geben und nicht das Verlangen setzen.

In gewissem Sinn ist es, als verliefe unser Leben auf zwei Gleisen. Ein Gleis für die Wirkungen und ein Gleis für die Ursachen. In jedem Moment unseres Lebens erfahren wir eine Wirkung und setzen gleichzeitig eine Ursache. Wir sind allerdings gewohnt, uns auf die Wirkungen1 die wir erfahren, zu konzentrieren und nicht auf die Ursachen, die wir setzen. Die Wirkungen sind jedoch eigentlich nicht sehr lebendig, sie sind der Film, der aus dem entsteht, was wir in der Vergangenheit verursacht haben und damit eine Angelegenheit, die zwar schön sein kann, aber ohne Leben ist. Unsere Tendenz ist es nun tage-, monate- oder jahrelang die Wirkungen, den Film unseres Lebens passiv zu betrachten und uns dabei mit unserer ganzen kraft zu wünschen, dass es ein schöner Film sein möge. Aber selbst wenn dies so ist, empfinden wir dabei nur relatives Glück, das sich von der Freude unterscheidet, die man erfährt, wenn man sich auf die Ursachen, die man setzt, konzentriert. Wenn wir beginnen, gute Ursachen zu setzen, kann es allerdings sein, dass die Wirkungen anfänglich entmutigend sind, aber wenn wir dann die Kraft aufbringen, trotzdem weiter gute Ursachen zu setzen, werden wir eine enorme Zufriedenheit verspüren. Wir werden uns lebendig fühlen und den Moment ganz bewusst erleben, denn leben bedeutet, Ursachen zu setzen; d.h. den Film unseres Lebens nicht sehen, sondern ihn drehen. Dann erst werden wir zu Hauptdarstellern in unserem Leben, was ja sicher erstrebenswert ist. Normalerweise konzentrieren wir uns darauf, ob es uns gut oder schlecht geht, ob wir dieses oder jenes haben, anstatt uns zu fragen, was wir für unser Leben tun können. Sobald wir anfangen, letzteres zu tun, ändert sich wirklich vieles. Ganz neue Gefühle und Wege öffnen sich, und wir können ein anderes Leben erfahren, in dem wir uns viel authentischer fühlen und in dem alles beginnt, sich auf viel natürlichere Weise zu bewegen, ohne dass wir nach bestimmten Wirkungen suchen müssen.

Wenn wir Tag für Tag gute Ursachen setzen, ernten wir natürlicherweise gute Wirkungen und sind in der Lage, genau durch diesen Mechanismus unser Karma und unseren Lebenszustand zu verändern. Wir bitten normalerweise aber eher den Gohonzon um gute Wirkungen, anstatt darum, gute Ursachen setzen zu können!

Wir unterscheiden uns von Menschen, die den Buddhismus nicht ausüben nicht dadurch, dass wir in unserem Leben bessere Wirkungen zu verzeichnen hätten. Vor allem in den ersten zehn oder zwanzig Jahren buddhistischer Praxis kann man nur von relativen Ergebnissen sprechen. Es gibt sicher Personen, die auch ohne Ausübung des Buddhismus großartige Wirkungen erhalten, während andere, die Buddhismus praktizieren sich abmühen und sich trotzdem in schwierigsten Umständen befinden: ohne Arbeit, ohne Mann, ohne Frau, ohne Wohnung, krank, etc. Aber ohne buddhistische Praxis ist die Gefahr groß auf negative Wirkungen mit negativen Ursachen zu reagieren und damit weitere negative Wirkungen für die Zukunft vorzuprogrammieren. Dieser Mechanismus ist wie eine Kette des Karmas, der die Menschen im immer gleichen Kreislauf gefangen hält und Veränderungen verhindert. Wie können wir also durch unsere Ausübung des Glaubens diese Kette durchbrechen?

Unser ,,System” funktioniert so, dass wir mit der Kraft, die wir aus der buddhistischen Praxis gewinnen, auf eine negative Wirkung eine Ursache folgen lassen, die dem Buddhazustand entspringt, d.h. die Ursache zu geben, und nur so werden die negativen Wirkungen weniger, um immer besseren Resultaten in unserem Leben Platz zu machen. Wenn wir in dem Moment, in dem wir eine schlechte Wirkung erleben eine gute Ursache setzen, können wir den Kreislauf des Leidens durchbrechen. Durch die Anwendung dieses Systems entsteht eine unendlich große Lebensfreude, wir können unseren Wert fühlen und zufrieden und dankbar sein, am Leben zu sein. Dann ist es nicht mehr wichtig, ob wir leiden oder ob es uns gut geht, es zählt vielmehr, dass wir uns entwickeln, dass wir leben. Das Leiden ist in gewisser Weise kein Leiden mehr, denn wir sehen es aus einer ganz anderen Perspektive. Dies wird uns ermöglichen, nicht mehr nur Zuschauer in dieser Welt zu sein und nicht mehr nur auf Sparflamme zu leben. Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich fast sagen kann, dass ich mich um so mehr amüsiere, je mehr Chaos in meinem Leben herrscht, da ich dann stimuliert werde, gute Ursachen zu setzen und noch mehr Anreiz zu leben verspüre. Am Anfang war das natürlich anders: Je größer das Chaos, desto mehr schloss ich meine Augen davor und distanzierte mich vom Leben. Ich versuchte dem, was auf mich zukam, zu entkommen und hatte das Gefühl, nicht richtig zu leben und so nichts ändern zu können. ,,Ursachen” führen wirklich eine Veränderung herbei, und wenn wir die Ursache setzen alles zu geben, was wir im jeweiligen Moment geben können, wenn wir uns tatsächlich bemühen; auf diese Art zu leben, werden wir sehen, dass sich unsere Wirkungen und unser ganzes Leben nach und nach verändern.

In Liebesangelegenheiten kann dies bedeuten, dass wir uns trennen und einen neuen Partner finden, oder unser bisheriger Partner verändert sich. Das ist jedoch im Grunde zweitrangig. Wenn wir hin und her gerissen sind, weil wir nicht wissen, ob wir mit unserem Partner zusammen bleiben sollen, dann deshalb, weil wir denken, dass das Glück außerhalb von uns liegt. Wir denken, dass das Glück davon abhängt, ob wir diese oder jene Möglichkeit wählen, ob wir diese oder jene Umgebung haben. So entsteht ein Dilemma, weil wir denken, dass die Umstände das Glück sind. Statt dessen müssen wir zu uns selbst zurückkehren und verstehen, dass unser Glück darin besteht, wie und mit welcher Einstellung wir die jetzige Situation erleben. Unsere Zukunft hängt allein von der Ursache ab, die wir jetzt setzen.

Es kann zu einem Hindernis werden, wenn man eine ganz klare und bestimmte Vorstellung von seiner Zukunft hat. So ist es mir und auch anderen ergangen. Wenn man denkt: ,,In fünf Jahren werde ich meinen Wunsch verwirklicht haben, mit Sicherheit werde ich in zehn Jahren vollkommen glücklich sein, etc.”, kann es sein, dass man dadurch das Glück in die Zukunft verlagert und vergisst, dass man sich mit ganzer Kraft auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren muss. Auf diese Weise rückt die Zukunft mitsamt dem Leben immer weiter fort, und man kann sie niemals einholen. Ohne dass wir auch nur das Geringste über die Zukunft wissen, und obwohl wir im absoluten Chaos stecken und deshalb nicht sagen können, wie unser Leben wohl später aussehen wird: wenn wir unsere ganzen Kräfte einsetzen und uns 100%ig herausfordern, unsere jetzige Situation zu leben, werden wir ganz natürlich auf die bestmögliche Zukunft für uns zusteuern. Wir setzen gute Ursachen und werden dann gute Wirkungen erhalten, und der Weg zu unserem Glück ist so schon vorgezeichnet. Das Leben ist so komplex, und es spielen so viele verschiedene Faktoren eine Rolle, dass wir dies nicht mit dem Kopf nachvollziehen können, es ist also wirklich unmöglich zu wissen, wie genau unser Glück in 5 oder 10 Jahren aussehen soll. Was wissen wir schon darüber, was in zehn Jahren sein wird? Vielleicht werden wir einen Arm verlieren, vielleicht erleben wir einen Krieg, vielleicht wird ein Raumschiff auf der Erde landen und Dinge mitbringen, die die Welt revolutionieren'. Wir wissen es nicht und können es auch gar nicht wissen. Wir können davon träumen, etwas erahnen, das ist auch gut so, aber wir sollten diesen Träumen für die Zukunft nicht soviel Gewicht geben, sondern uns statt dessen bestmöglich auf den jetzigen Moment konzentrieren. Am wichtigsten ist es, die Fähigkeit zu entwickeln, in jedem Moment Freude und Glück zu empfinden, sich wohl zu fühlen und zwar unabhängig von der äußeren Situation. Die Welt und die äußeren Umstände mögen sich ändern, unsere Fähigkeit, glücklich zu sein und uns wohl zu fühlen bleibt.

Ich habe eine Erfahrung gemacht, die mich voll und ganz darin bestätigt hat, dass ich über Jahre hinweg richtig praktiziert habe, d.h. dass ich richtig damit lag, mich nicht zu fragen ,,geht es mir gut oder geht es mir schlecht, ist diese Situation gut oder ganz miserabel, etc.”, sondern zu überlegen ,,hier bin ich, was kann ich tun, welche Ursache kann ich setzen, was kann ich zu dieser Situation oder zu meinem inneren Zustand in diesem Moment beitragen?” Tatsächlich bestand mein Training immer darin, mich auf diese Art zu leben zu konzentrieren. Zwei Tage nach dem Festival am 7. Juni 1994, eine Gelegenheit, zu der ich mich besonders herausgefordert habe, fuhr ich ans Meer, an einen Ort, an dem ich seit meiner Kindheit immer wieder war. Dort sprang ich ins Wasser und landete mit dem Kopf auf einer Klippe. Ohne ohnmächtig zu werden kam ich wieder aus dem Wasser (bis heute ist nicht ganz klar, wie das möglich war, und die Leute in der Notaufnahme waren überzeugt, dass Retter mich bewusstlos aus dem Wasser gezogen hatten). Als ich meine Hand an meinen Kopf führte, fühlte ich dort ein merkwürdiges Durcheinander, das mir verriet, dass ich mir wohl wirklich ernsthaft weh getan hatte. Ich wusste sehr wohl, was so ein Schlag auf den Kopf bedeuten kann, tatsächlich kann dabei alles passieren, wirklich alles. Ich legte mich auf einen Felsen, als die ersten Leute herbei kamen. In kurzer Zeit war ich blutüberströmt, und ein Teil meines Schädels lag offen an der Sonne. Ich suchte mir eine bequeme Stellung, beruhigte die Leute und bat sie, einen Krankenwagen zu rufen, mir frisches Wasser zu bringen und mir mit Handtüchern Schatten zu spenden. Ich war völlig klar und geistesgegenwärtig und hatte keine Schmerzen. Wenn man einen so starken Schlag auf den Kopf bekommen hat, fühlt man nichts, man ist ganz betäubt. So fühlte ich mich nur unangenehm, da ich merkte wie das Blut weiter von meinem Kopf strömte. Schon wiederholt hatte ich überprüft, ob noch alles an mir funktionierte, denn ich wusste ganz genau, dass ich jeden Moment die Kontrolle über meine Sprache, über ein Bein oder einen Arm verlieren konnte. Mir war nicht ganz klar, ob ich einen Schädelbruch hatte, aber auch in einem intakten Schädel kann sich ein Blutgerinnsel bilden, das sich vergrößert, und bestimmte Funktionsbereiche im Gehirn lahm legt.

Mein Zustand war also äußerst kritisch, und ich hätte genauso gut sterben können. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich das wunderschöne ruhige Meer betrachtet habe und gedacht habe, dass ich es vielleicht zum letzten Mal sehe. Doch mein zweiter Gedanke war: ,,Jetzt bin ich hier, was kann ich in diesem Moment, in dieser Situation tun?” So kam es, dass ich nicht auch nur einen Moment lang Angst verspürte. Wenn ich hingegen angefangen hätte zu denken: ,,wer weiß, was mir in der nächsten Minute, in der nächsten halben Stunde oder Stunde passieren wird; wer weiß, ob ich leben oder sterben werde, ob ich gelähmt sein werde”, oder wenn ich angefangen hätte mich zu fragen, warum ich überhaupt ans Meer gefahren bin, wäre ich sicher in totale Panik geraten. Tatsache ist, dass ich keinen Moment lang Angstgefühle hatte. Als ich mit dem Krankenwagen weggebracht wurde, konnte ich mich noch bei den Menschen bedanken, die mir geholfen hatten, und ganz ehrlich, ich erinnere mich nicht daran Angst oder Panik gehabt zu haben. Dadurch, dass ich ruhig geblieben bin, konnte mein Herz einen gleichmäßigen Rhythmus beibehalten und so war auch der. Blutverlust geringer etc.

Diese Erfahrung war für mich ein wunderbarer Beweis dessen, was ich Jahr für Jahr praktiziert habe. Es gibt Momente, in denen man sich nichts mehr vormachen kann, es kommt zum Vorschein wie man wirklich ist, und in jenem Moment kam mein ganzes Training zum Vorschein. Ich hätte genauso gut zwei Stunden totaler Angst erleben können, doch tatsächlich habe ich sogar eine schöne Erinnerung, ganz zu schweigen von der Freude die ich darüber empfand, dass alles an mir noch ganz war, und ich noch am Leben war. Am befriedigendsten war im Nachhinein die Tatsache, dass ich diese Einstellung selbst geschaffen habe, dass sie da war, und dass niemand mir sie wegnehmen konnte. Deshalb kann ich nur wieder betonen, wie wichtig es ist, sich in dieser Beziehung zu bemühen und zu trainieren, denn nur so lernt man wirklich zu leben. Man entwickelt einen Lebenszustand, in dem Leiden verschwindet. Es gibt dann nur noch schwierigere oder einfachere Situationen, aber man leidet nicht mehr unter ihnen. Das Leiden entsteht aus dem Gedanken, etwas nicht zu haben. Auch wenn ich zum Beispiel in meiner schwierigen Situation gedacht hätte: ,,Warum hatte ich nicht das Glück, diesen Unfall vermeiden zu können, warum habe ich keinen unversehrten Körper, warum habe ich nicht dieses oder jenes”, ich hätte enormes Leid verspüren können. Für mich hingegen war es eine Erfahrung voller Freude. Diese Episode ist ein Extremfall, doch die Theorie trifft wirklich auf alle Lebenslagen zu. In jedem Moment unseres Lebens können wir uns freuen, dass wir am Leben sind, anstatt vor Leid oder Wut darüber verrückt zu werden, was wir nicht sind oder haben. Tun wir letzteres, leiden wir nur und ändern nichts. Versuchen wir aber das Erstere, leiden wir in diesem Moment nicht und können uns so verändern und unser Leben weiterentwickeln, da wir in jedem Moment etwas geben. In jedem Augenblick können wir Schätze und Reichtümer in Form von guten Ursachen in unserem Leben ansammeln. Daher ist es wichtig, dass wir all unsere Umstände, seien es Partnerschaften, Freundschaften, unser Arbeitsplatz usw. nutzen, um uns tagtäglich und hundertprozentig in diesem Bewusstsein zu trainieren.

Natürlich gehört es genauso dazu, dass wir uns hin und wieder eine Pause gönnen, und es ist auch schwierig die beschriebene Einstellung sofort umzusetzen. Manchmal kann man sich auch sagen: ,,Gut, hier ist meine Grenze, ich strenge mich an und tue, was ich kann, aber ich brauche auch mal eine Pause, über die ich niemand Rechenschaft ablegen muss”. Seine Grenzen zu kennen, heißt nicht, dass man sie, so wie sie' sind, beibehalten will. Wichtig ist nur, dass diese Pausen vorübergehend bleiben und nicht zu unserem Hauptansinnen werden. Es ist in Ordnung, sich Pausen zu gönnen und sein Bedürfnis nach Ruhe auszuleben, doch unser eigentliches Bestreben muss etwas anderem gelten. Präsident Ikeda zum Beispiel hält sich immer inmitten unter Menschen auf. Wir können uns wahrscheinlich nicht vorstellen, wie schwierig es ist, soviel Verantwortung zu tragen. Es bedeutet kontinuierlich zu geben, weil man ständig um Rat oder nach einer Ermutigung gefragt wird.

In diesem Moment muss ganz klar sein, dass es darum geht, sich im Geben zu trainieren, und dass man, auch wenn man gerade Schwierigkeiten hat, diese Herausforderung will und angenommen hat, denn sonst gibt man auf und denkt: ,,Mir reicht's, ich will nichts mehr von Verantwortung oder sonst irgendwas wissen.” Genau das ist vielen Praktizierenden passiert, weil sie sich im Grunde nicht darüber im klaren waren, dass unsere Aufgabe die Ausübung des Bodhisattvas ist. Dadurch entstehen unsere größten Herausforderungen, aber auch unsere größten Wohltaten. Schließlich entsteht aus der Ausübung des Bodhisattvas die größtmögliche Wohltat, die wir uns jetzt nicht einmal erträumen können. Wir können uns überhaupt noch nicht vorstellen, was wir in unserem Leben zu fühlen und zu erreichen in der Lage sind. Mit der Ausübung des Bodhisattvas und der Einstellung des Gebens sind eine Unzahl von Aspekten unseres Lebens verknüpft. Dadurch, dass wir fordern, verschließen wir uns ständig. Von dem Moment an, wo wir versuchen uns zu öffnen, erschließen wir eine Sensibilität für die gesamte Umgebung, die ganz neu ist. Wir fangen an, uns auf das ganze Universum hin zu bewegen, und ziehen so Glück an. Wir können dann viele Dinge überhaupt erst wahrnehmen und haben eine vortreffliche Intuition, weil wir offen sind und keinen Panzer mehr tragen. Weil wir uns nicht mehr beschränken, fühlen wir alles und können uns vom Leben selbst leiten lassen. Man kann den Unterschied damit vergleichen, dass man mit geschlossenen Augen auf der Straße geht, und sich darüber beklagt, dass man ständig gegen etwas stößt, (wobei nicht die Straße schwierig ist, sondern der Umstand, dass wir sie mit geschlossenen Augen betreten), statt die Augen zu öffnen und sich so am Weg zu erfreuen und sich nicht mehr weh zu tun. Dies trifft auf unseren Lebensweg zu. Mit ,,geschlossenen Augen” (fordernd) sind wir ständig auf Kollisionskurs, doch wenn wir ,,unsere Augen öffnen” (geben), öffnen wir uns und können in Harmonie mit allem leben.

Vielen Dank

(Übersetzung von Danny Aue, Carolina Baratta & Dolly Gangl, Berlin 1997)

von Erica Galligani

Soll ich ans M e e r fahren oder lieber ins\ G e b i r g e

In einem alten Buch über die Geschichte Chinas heißt es, dass der König Wu von Chou mit nur 800 Soldaten das Heer des Königs Chou von Yin schlug, der mehr als 700 000 Soldaten befehligte. Nichiren Daishonin berichtet in der Gosho „Itai Doshin“^1^: „Dennoch verlor die Armee König Chous wegen ihrer Uneinigkeit, während die Männer König Wus wegen ihrer vollkommenen Einig­keit siegten.“^2^

Die Geschichte liefert uns Stoff für einen interessanten Gedanken: jede Gruppe von Menschen ist ein Makro­kosmos, in dem sich die Handlungen der einzelnen Gruppenmitglieder multipli­zieren. In der Gosho heißt es weiter: „Selbst ein einzelner Mensch mit sich wider­sprechenden Zielen wird am Ende gewiss versagen.“^3^

Ursache für Misserfolg

Der einzelne Mensch stellt also einen Mikrokosmos dar, dem es nur dann gelingt, seine eigenen Ziele zu verwirklichen, wenn er in Harmonie mit sich selbst ist. Doch wie oft schicken wir unsere „inneren Heere“ erst in die eine Richtung und schon im nächsten Augenblick in die genau entgegengesetzte? In der Theorie ist der Grundsatz, klare Gedanken zu haben, um ein Ziel zu erreichen, ja ganz einleuchtend, aber in der Praxis? „Jeden Tag biege ich um die Ecken der Straßen und jedes Mal, wenn ich an eine Sache denke, denke ich schon wieder an eine andere“, schreibt Fernando Pessoa.^4^ Eine Art zu leben, die viele von uns kennen. Und wie der Daishonin zeigt, ist genau die Tatsache, zu haben, eindeutig die Ursache sowohl für individuellen als auch für kollektiven Misserfolg.

Angst vor Veränderung

Wenn man zum Gohonzon chantet, um zu erkennen, welche Studienrichtung für einen am geeignetsten ist, aber gleichzeitig versucht, sich vor Misserfolgen zu schützen, indem man daran denkt, welche Arbeit man suchen könnte, anstatt zu studieren - dann hat man ein Beispiel für solche widersprüchlichen Gedanken.

Sie widersprechen sich nicht vom praktischen Standpunkt aus: natürlich kann man gleichzeitig arbeiten und studieren. Doch diese Gedanken genügen, die eigenen inneren Kräfte zu „untergraben“, welche so nötig sind, dass man sein Ziel erreicht. Es ist, als ob man sich immer ein Hintertürchen offen ließe. Eine solche Einstellung wird nur schwache Ergebnisse erzielen.

Es gibt noch eine andere, eine subtilere Art, gegensätz­liche Ziele zu haben. Man entschließt sich, etwas Bestimmtes zu verwirklichen, man chantet dafür und handelt auch in der entsprechenden Richtung. Aber tief im Inneren ist man von der eigenen Fähigkeit, das Ziel wirklich erreichen zu können, nicht überzeugt. Oder vielleicht hat man auch Angst vor dem, was sich tatsächlich ändern könnte. Manchmal bekämpft man in Gedanken bereits die mögli­chen Feinde, die auftauchen könnten, falls man sein Ziel erreicht haben sollte …

Angst hat also großen Einfluss auf unsere Entschei­dungen - besonders auch auf die nicht getroffenen. Diese Angst, die uns hemmt, wohnt in der Achten Bewusstseins­stufe^5^, die „Lagerhaus des Karmas“ genannt wird und unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft enthält. Doch das Sich-Ausstrecken nach einer anderen Zukunft, das Suchen nach einer Verbindung mit dem Universum, das Streben hin zum Unendlichen, all diese Impulse des Menschen entspringen der Neunten Bewusstseinsstufe: der Buddhaschaft.

Der Weg zu\ starkem Glauben

Sich den Zielen anzu­vertrauen, die sich mit Leich­tigkeit entfalten und in den Himmel aufsteigen möchten wie bunte Ballons, ohne das Gewicht der Ängste, die sie herunterziehen und am Erd­boden festbinden wollen, das ist möglich. Aber nur, wenn man zu dieser tiefen Einheit findet. Vor kurzem fand in Chianciano Terme ein Kurs mit Mitsuhiro Kaneda statt, dem Generaldirektor der SGI Italien. Dort wurde erläutert, was man tun kann, um einen starken Glauben zu ent­wickeln. Jeder muss natürlich seinen eigenen, persönlichen Weg dorthin entdecken, doch uns wurden folgende Punkte als besonders wichtig ans Herz gelegt: „Spontan einen Entschluss fassen“, „Das Ziel abklären“, „Aufrichtig zum Gohonzon chanten“.

An erster Stelle steht also die Notwendigkeit, sich die eigenen Ziele klarzumachen. Das heißt, die Fähigkeit zu erlangen, herauszufinden, was für uns am geeignetsten ist und welchen Weg wir dazu begehen müssen - kurz: welche Wahl wir treffen sollten, um größtmögliche Freude zu erlangen. Das soll nicht heißen, dass wir dem Zweifel und der Unsicherheit die Tür weisen sollten, aber es soll heißen, dass wir ihnen nicht erlauben sollten, sich häuslich bei uns nieder­zulassen.

Es gibt sehr viele Arten von Überlegungen, von Zweifeln. Aber ist es nicht vielleicht nötig, in dem Moment, in dem wir eine Entscheidung fällen müssen, Glauben und gesunden Menschenverstand zu vereinen? Dies war eine der Fragen, die Richard Causton, dem (mittlerweile verstorbenen, Anmerkung der Übersetzerinnen) Verantwort­lichen der SGI in Großbritan­nien, während eines Kurses der Jugendabteilung in Montecatini gestellt wurden.

Seine Antwort lautete: „Der Gohonzon ist kein Orakel, das man befragen kann, um zu entscheiden, was man tun soll. Wenn wir Daimoku chanten, lauschen wir unserer Buddha-Natur. Im Gohonzon gibt es nichts Magisches, sondern er ist wie ein Spiegel unseres Lebens, der das reflektiert, was in uns existiert.“

Nichiren Daishonin, so Causton weiter, erklärt diesen Glaubensgrundsatz in vielen Goshos sehr deutlich: wenn wir denken, dass der Gohon­zon außerhalb unserer selbst liegt, praktizieren wir nicht den Buddhismus. Wir sollten stattdessen mit unserer ganzen Kraft Daimoku chanten, um die Buddha­schaft in unserem Leben wachzurütteln. Anstatt den Gohonzon zu fragen „Soll ich dies oder jenes tun?“ oder zu betteln „Hilf mir, Gohon­zon!“ sollten wir uns selbst sagen: „Ich muss unbedingt meine ganze Weisheit hervor­bringen, um die richtige Entscheidung zu treffen.“

Richard Causton fuhr fort: „Allerdings schaffen wir es nicht unbedingt, diese Ein­stellung zu haben, wenn wir Daimoku chanten. Das Chan­ten ist tatsächlich die wesentliche Ursache, auch wenn die Wirkung vielleicht erst später erscheint, morgen oder in der Zukunft. Ich persönlich glaube, dass es wichtig ist, sich anzustren­gen, die Entschlossenheit und die Weisheit aufzubringen, um das Problem zu lösen - sei es sofort, morgen oder in einem Monat. Wenn wir auf diese Weise fortfahren, Gongyo zu machen und möglichst viel Daimoku zu chanten, wird unser starkes Gebet eine klare Antwort auf unser Problem erhalten.“

Glück für sich selbst\ und andere

„Manchmal ist es möglich“, meinte Richard Causton weiter, „das Daimoku auf zwei oder mehr Problemlösungen zu richten. Sagen wir, wir haben zwei Möglichkeiten, A und B. Wenn man nicht weiß, welche für unser Glück die bessere ist, können wir A ausprobieren, um zu sehen, ob es die richtige Lösung ist. Wenn wir mit dem klaren Entschluss Daimoku für die Variante A chanten, werden wir binnen kurzem fest­stellen, ob wir auf dem rich­tigen Weg sind oder ob diese Lösung unannehmbar ist.“

In anderen Fällen, erläuterte Richard Causton, könne man die Alternative B wählen und sich mit einem „einzigen Gedanken“ auf sie konzentrie­ren, um mit Sicherheit sagen zu können: „Ja, das ist die richtige Möglichkeit“ oder „Nein, die andere Variante ist besser.“

SGI-Präsident Ikeda versi­chert uns: „Was für Kosen-rufu ist, ist immer für euer Glück, und was für euer Glück ist, ist immer auch für Kosen-rufu.“ Das sind Worte großer Ermutigung, die zeigen, wie wichtig es ist, große Ideale zu haben. Man kann das Glück anderer Menschen nur dann fördern, wenn man selbst einen hohen Lebenszustand besitzt. Mit anderen Worten: das eigene Glück ruft das Glück anderer hervor.

Ein Beispiel: Man ist unzu­frieden mit seiner Arbeit. Und obwohl, wie der Buddhismus erklärt, die Ursache dafür in unserem eigenen Leben liegt, gibt man der Arbeit die Schuld am eigenen Unglücklichsein. Doch in dem Moment, in dem man beschließt, sich selbst bestmöglich anzu­strengen, wird auch klar, was die wirklichen Ursachen des eigenen Unglücks sind: Angst, Fehler zu machen; Furcht vor dem Vorgesetzten; die eigene Trägheit - auch wenn sie gut versteckt in uns liegt - und so weiter.

Hat man einmal die grund­legende Ursache des Leidens entdeckt, ist es einfacher, etwas zu tun, um diese Ein­stellung zu ändern. Nachdem man sich hundertprozentig auf diese „Putzarbeit“ eingelassen hat und einige der eigenen Schwachpunkte überwunden hat, fällt es bestimmt auch leichter zu erkennen, ob diese oder jene Arbeit die richtige ist oder nicht. Diese Methode kann uns - zumindest auf lange Sicht - helfen, unsere Unent­schlossenheit zu bewältigen und klare Antworten zu finden.

Schwache Ursache -schwache Wirkung

Man könnte das Ganze so zusammenfassen: Schwache Ursachen, ohne große Überzeugung gesetzt, rufen ebensolche Wirkungen hervor. Doch wenn wir mit tiefer Überzeugung starke Ursachen setzen, indem wir mit einem „einzigen Gedanken in unserem Geist“ Daimoku chanten und mutig handeln, dann können wir auf unsere Fragen, welche Richtung wir unserem Leben geben sollen, eindeutige Antworten finden. Diese Haltung unterscheidet sich völlig von der Einstellung: „Egal, was ich tue, es wird schon richtig sein“ oder gar „Allein schon deshalb, weil ich den Lehren Nichiren Daishonins folge, wird sich alles irgendwie von selbst ergeben. Eine solche Einstellung könnte etwas von der Schicksalsergebenheit enthalten, die Professor Johan Galtung^6^ in seinem Buch ‚Buddhism: A Quest for Unity and Peace‘ bei einigen buddhistischen Schulen als negativ ausgemacht hat: „Die Idee des Kreislaufs, die den linearen Abläufen entgegen­gesetzt wird, begünstigt ein Übermaß an Fatalismus: die Niederlagen werden mir Leichtigkeit angenommen, auch wenn man innerlich noch gar nicht kapituliert hat. Gemäß dem Konzept des Kreislaufs ist die Abwärts­bewegung unvermeidlich. Daher ist keine Bemühung nötig, denn im richtigen Mo­ment wird es ja wieder eine Aufwärtsbewegung geben.“

Immer nur Entschlossenheit?

Stellen wir uns einmal vor wir lebten auf einem Planeten, der von nur zwei Menschen-Typen bevölkert wird: die erste Kategorie nimmt alles, was geschieht, ergeben an; die zweite Kategorie dagegen schwankt nie, wenn es darum geht, angesichts der tausend Scheidewege des Lebens Entscheidungen zu treffen. Zwei extreme Verhaltens­weisen, die von einer irrigen Auffassung der buddhisti­schen Lehren herrühren könnten. Glücklicherweise leben wir nicht auf diesem Planeten, und zum Glück besteht das Leben aus den verschiedenen Nuancen zwischen diesen beiden Extremen.

Die Möglichkeit und die Fähigkeit, eine Wahl zwischen verschiedenen Alternativen zu treffen, ist ein Privileg aller freien Menschen. Aber es gibt Gegebenheiten, die man nicht mit bloßem Auge erkennen kann und die dennoch Menschen daran hindern, ihre Wahl effektiv und in völliger Freiheit zu treffen. Wenn unsere karmische Tendenz uns immer zu einer ganz bestimmten Art von Entscheidung drängt, ist es notwendig, auf einer tieferen Bewusstseinsstufe zu han­deln, die diese Gegebenheiten überwindet.

Widerwillen beim Gongyo

„Nichiren Daishonin erklärt“ ‚ so schreibt Daisaku Ikeda, ‚was es bedeutet, sein eigenes Leben zu betrach­ten.“ In der Gosho „Das wahre Objekt der Verehrung“ heißt es: „Nur wenn man in einen klaren Spiegel blickt, sieht man zum erstenmal, dass man mit allen sechs Sinnesorganen ausgestattet ist.“^7^ Das eigene Leben zu betrachten bedeutet, zu erfassen, dass es die Zehn Welten^8^ enthält, vor allem auch die Welt der Buddhaschaft. Um jedem zu ermöglichen, dies zu tun, hat Nichiren Daishonin der Menschheit den Gohonzon des „Betrachtens des eigenen Herzens“ (japanisch: Kanjin) geschenkt. In seiner Auslegung der Gosho „Das wahre Objekt der Verehrung“ erklärt der 26. Hohepriester Nichikan Shonin: „Das wahre Objekt der Verehrung kann mit einem wundervollen Spiegel verglichen werden.“

In den „Ongi Kuden“ („Mündlich überlieferte Lehren“) sagt Nichiren Daishonin: „Die fünf Silben von Myoho-Renge-Kyo spiegeln alle Dinge ohne Ausnahme wider. Der Gohonzon ist der reinste aller Spiegel. Er spiegelt das gesamte Universum genau so wider, wie es ist.“

Präsident Ikeda sagt: „Wenn ihr Daimoku zum Gohonzon chantet, könnt ihr das wahre Wesen eures Lebens wahrnehmen und die unerschöpfliche Lebenskraft der Buddhaschaft anzapfen. (...) Die Einstellung im Glauben ist extrem wichtig. Sie hat einen tiefgehenden und weitreichenden Einfluss. So kommt es zum Beispiel vor dass man Gongyo ungern macht oder an den Aktivi­täten für Kosen-rufu nur widerwillig teilnimmt.

Diese Geisteshaltung reflektiert sich genau so, wie sie ist, im ganzen Universum, wie auf der Oberfläche eines klaren Spiegels. Die himmlischen Kräfte werden ihren Teil zu dieser Lustlosigkeit beitragen, und selbst-verständlich werden sie ihre beschützende Funktion nicht voll ausüben.“

Wenn Sie dagegen Gongyo mit Freude machen“, fährt Präsident Ikeda fort, „und sieh bei Aktivitäten mit dem Entschluss engagieren, noch größeres Glück in Ihrem Leben anzusammeln dann werden die himmlischen Kräfte glücklich sein und eifrig ihre Aufgabe erfüllen. Wenn Sie also ohnehin handeln müssen, kann es nur zu Ihrem Vorteil sein, spontan und mir Freude zu handeln. (...) Es gibt ein russisches Sprichwort, das lautet: „Es nutzt nichts, den Spiegel zu beschimpfen, wenn das Gesicht schief ist.“

„Wir und das Universum\ sind eins“

Kanjin zu realisieren dient dazu, die Wurzeln unserer Vorurteile und anderer Erfahrungen freizulegen, die wir auf der Basis unseres Karmas angesammelt haben. Kanjin zu verwirklichen macht auch klar, dass man nicht auf voneinander getrennten Ebenen leben kann: man kann sieh nicht einerseits bedanken und andererseits mir den Zähnen knirschen oder mir einem Teil des Selbst täglich brav im Büro arbeiten, während der andere Teil einen ausgedehnten Urlaub verbringt. Kanjin dient außerdem dazu, das Eins-Sein wiederzufinden, das die Basis des universellen Lebens ist. Wir und das Universum, so lehrt der Buddhismus, sind eins.

\ Dieser Artikel von Erica GaI1igani erschien erstmals im Dezember 1996 in der italienischen SGI-Zeitschrift „II Nuovo Rinascimento“.

^1^ Der buddhistische Begriff Itai doshin bedeutet „verschiedene Körper, ein Geist“. Gemeint ist, dass Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Gestalt, Herkunft, Erziehung etc. auf das gemeinsame Ziel Kosen-rufu hinarbeiten (Details siehe FORUM Oktober 1994).

Im vorliegenden Artikel geht es uns das Phänomen, dass auch in einem einzigen Körper sich widersprechende Gedanken manifestieren können, das Ziel Kosen-rufu mithin schwierig zu erreichen ist.

^2^ Deutsche Gosho Bd. 1, S. 24

^3^ ebd.

^4^ Fernando Pessoa (1888-1935):

portugiesischer Schriftsteller und Lyriker

^5^ Nähere Ausführungen über die Neun Bewusstseinsstufen, ein wichtiges Prinzip im Buddhis­mus Nichiren Daishonins, siehe FORUM Mai 1993

^6^ Der Norweger Johan Galtung ist nicht nur Autor zahlreicher Bücher über Friedensforschung (z.B. über „Strukturelle Gewalt“), sondern auch Gründer des „International Peace Research Institute“. Derzeit arbeitet er als Professor für Friedensforschung an der Universität von Hawaii. Das im Text erwähnte Buch „Buddhism: A Quest for Unity and Peace“ erschien im Jahr 1988 in Honolulu im Verlag Dae Won Sa Pagoda sowie 1993 in Colombo im Verlag Sarvodaya.

^7^ Deutsche Gosho Bd. 1, S. 215

^8^ Details über die Zehn Welten siehe FORUM Juli/August 1990.

Quelle: FORUM März 1997

Einsamkeit und Verbundenheit:

Das buddhistische Prinzip der Ausübung für sich und für andere

von Carola de Decker

„Wir dürfen im Leben nicht zulassen, dass wir nur von unmittelbaren Realitäten in Anspruch genommen wer­den. Wir müssen Ideale haben und uns bemühen, sie zu verwirklichen. So gehen wir über die gegenwärtige Realität hinaus. Andererseits dürfen wir uns nicht von der Realität entfremden. Wir können nichts verändern, wenn wir nicht mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehen. (...) Der Buddhismus hat eine Verwandlung der Realität zum Ziel und seine Ausübung ist es, unter den Menschen mitfühlend zu wirken.“ (Daisaku Ikeda, FORUM Juli 1996, S. 22)

Manchmal fühlen wir uns einsam in dieser großen Welt, in diesem Universum voll mit Lebewesen. Manchmal füh­len wir uns abgeschnitten von allen anderen, verstehen sie nicht, wissen nicht, wie wir eine Verbindung herstellen können. Und trotzdem exis­tiert kein Mensch in Isola­tion, alles, was wir erleben und tun, beeinflusst unsere Umgebung oder unsere Um­gebung beeinflusst uns. Aber dennoch ist die Einsamkeit, die Beziehungslosigkeit von Menschen eines der größten Probleme in unserer Zeit. Ist es so, dass wir als Menschen letztlich alleine durch das Leben gehen? Oder können wir dauerhafte Beziehungen aufnehmen? Ist Einsamkeit nur eine subjektive Wahr­nehmung? Im letzten Forum ebenso wie im obigen Zitat wird beschrieben, dass es im Buddhismus um Verwand­lung der subjektiven, unter Umständen leidvollen Reali­tät geht. Wie das in Bezug auf das Gefühl der Einsam­keit funktionieren kann, soll im folgenden untersucht werden.

Einsamkeit und Verbundenheit

Bewusst oder unbewusst sind wir stets verbunden mit allen anderen Existenzen. Wir sind verbunden mit unse­ren Eltern, die uns geboren und erzogen haben, mit unseren Lehrern, die uns aus­gebildet haben, mit unseren Freunden, mit denen wir schöne und schwierige Zeiten erlebt haben. Eine Beziehung haben wir aber auch mit Menschen, denen wir noch nie begegnet sind, die unsere Wohnung gebaut und unsere Nahrung produziert haben. Und zu Menschen, denen wir nicht mehr begegnen werden, weil sie verstorben sind; aber sie haben uns Erinnerungen hinterlassen und prägen auf die eine oder andere Art unser jetziges Leben.

Der Buddhismus sagt: „Ohne Leben gibt es keine Umgebung, auch wenn das Leben von der Umgebung unterstützt wird“ (engl. Gosho, Band 4, S. 146). Die­ser Satz bedeutet nicht nur, dass der Mensch und sein Umfeld untrennbar verbun­den sind. Die Dynamik der buddhistischen Weltanschau­ung liegt darin, dass die Teile des eben zitierten Satzes nicht vertauscht werden können: Das individuelle Leben ist der Ausgangspunkt, ohne den es keine Umgebung gibt. Trotzdem kann es ohne die Umgebung und die Un­terstützung der Umgebung nicht existieren. Der Bud­dhismus sieht den Menschen stets als Initiator des Lebens, aber er bezieht auch den Ein­fluss der Umgebung mit ein. Die eigene subjektive Wahr­nehmung von der Umgebung entscheidet daher über die Art der Beziehung, die man zu dieser Umgebung herstellt. Wenn ich mich in einer Gemeinschaft einsam fühle, abgeschnitten von den Men­schen um mich herum, nehme ich mein Umfeld als etwas von mir Getrenntes, als etwas, das “anders“ ist, wahr. Die Beziehung zu meinen Mitmenschen geht also in erster Linie von mir selbst aus.

Allerdings ist die Bezie­hung, die der Buddhismus sieht, nicht nur eine ober­flächliche im Sinne der gegenseitigen Beeinflussung verschiedener Existenzen. Die tiefere Betrach­tungs­weise des Buddhismus liegt darin, dass alle Lebewesen Teil der letztendlichen Rea­lität sind, eins sind, der Buddha (der wir alle sind) ist das Eine, wir sind das Eine, alle Menschen sind Teil von mir und ich bin Teil aller Men­schen. Unser Selbst um­fasst alle anderen Men­schen. Das ist das „Große Selbst“ im Gegensatz zum „Kleinen Selbst“, das in den Grenzen des Egoismus, des “Anders­seins“ bleibt.

Der Buddhismus sagt, dass Einsamkeit, Isolation, Schwierigkeiten in der Beziehung zu anderen Menschen daher kommen, weil man sich diesem Großen Ich nicht öffnet, weil man seine Grenzen zu eng zieht, weil man die Illusion des kleinen, individuellen Lebens aufrechterhält und hegt und pflegt. Weil man sich nicht verlässt auf die Einheit mit dem universalen Leben und auf die Kraft, die aus diesem Gefühl der Einheit kommt. Weil man Angst hat, sich in der Nähe zu anderen zu verlieren. Man geht alleine durch das Leben und dennoch ist das Gefühl der Einsamkeit nur ein Aspekt der subjektiven Wahrnehmung. Die verzweifelte Suche nach der richtigen Partne­rin / dem richtigen Partner, die eben­falls in den letzten beiden Studienartikeln beschrieben wurde, ist ein Hilfeschrei, ein Versuch dieses Alleinsein aufzulösen. Eine Liebesbeziehung ist eine tiefe Beziehung, aber sie kann das Gefühl der Isolation nur in einem Teilaspekt beseitigen. Der Schlüssel liegt in der Öffnung des eigenen Lebens. Dabei geht es aber nicht nur darum, anders auf Menschen zuzugehen. Der Buddhis­mus hat eine Ausübung, die eine Verbundenheit mit dem Universum erfahrbar macht und dadurch eine Verbundenheit mit der eigenen Identität. Und zwar mit dem „Großen Selbst“.

Ausübung für sich und für andere

Die Erkenntnis dessen führte im Mahayana-Bud­dhismus zum Bodhisattva-Ideal, das heißt, das Bemühen um eine Persönlichkeit, die ihre Verbundenheit mit ande­ren Menschen dadurch zum Ausdruck bringt und kontinuierlich erfrischt, dass sie sich dem Glück anderer widmet. Eine Persönlichkeit, die ihre Individualität in der Nähe zu anderen behält und kostbar macht. Diese Lebens­einstellung ist das Ziel, weil sie das eigene Glück, das aus dem Gefühl der Nähe und der Verbundenheit mit anderen Menschen kommt, beinhaltet.

Gleichzeitig ist die mitfüh­lende Tat aber auch der Weg hin zu diesem Ziel. Daher besteht die Hauptausübung des Buddhismus Nichirens in der Ausübung für sich und für andere (Jigyo keta). Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich lernen möchte, Klavier zu spielen, kann ich nicht warten, bis mir eine höhere Macht die Finger lockert und führt. Ich muss Tonleitern üben, dann kleine Melodien, und nach und nach kann ich dann vielleicht irgendwann ein ganzes Stück spielen. Trotzdem entlocke ich dem Klavier bereits von der ersten Minute an Töne, die sicherlich gar nicht so schlecht klingen. In diesem Sinne lehrte Nichiren Daishonin, dass Mitgefühl und das Große Selbst durch die Aus­übung für andere wachsen und erfrischt werden.

Ausübung für sich selbst bedeutet die Rezitation von Gongyo und Daimoku zum Gohonzon, der Verkörperung unseres Buddhazustandes. Ausübung für andere besteht darin, anderen Menschen die buddhistische Sichtweise und die Ausübung von Nam-Myoho-Renge-Kyo zu vermitteln. Dies bein­haltet auch die Ermutigung zu einem tieferen Glauben. Im Japani­schen steht Ji für das Selbst und Gyo für die Ausübung, Ke bedeutet zu bewegen und ta andere Menschen. Der japanische Ausdruck bedeutet wörtlich übersetzt also sogar „Selbst praktizieren und das Leben anderer bewegen“. Es geht also nicht nur um die Tat des Helfens, sondern um den viel tieferen Aspekt, anderen Menschen zu ermöglichen, ihr Leben selbst vorwärts zu bewegen, zu verbessern. Aus der Sicht des Buddhismus liegt die größte Unterstüt­zung, die man leidenden Menschen gewähren kann, darin, ihnen einen Weg zugänglich zu machen, mit dessen Hilfe sie die eigene Buddhaschaft öffnen und ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Die Auswir­kungen dieser unterschied­lichen Arten der buddhisti­schen Ausübung sind aller­dings umfassend: Denn das eigene Gebet zum Gohonzon hilft auch anderen, während die Ermutigung anderer auch zur eigenen Entwicklung beiträgt. Vor diesem Hinter­grund sagte Präsident Ikeda in einem Dialog mit japani­schen Jugendlichen auch: „Die Menschliche Revolution ist vergleichbar mit der Rota­tion eines Planeten um seine eigene Achse und Kosen-rufu ist wie die Rotation des Planeten um die Sonne. Diese zwei Rotationsbewegungen sind die Grundlage aller Bewegungen des Uni­versums. Es würde allen naturwissenschaftlichen Ge­setzmäßigkeiten widerspre­chen, wenn sich ein Planet nicht um die Sonne drehen würde.“

Gerade weil es so schwie­rig ist, sich in Zeiten eigener Probleme auch noch für andere Menschen zu bemü­hen, wird man in solchen Augenblicken sehr klar mit den eigenen egoistischen Tendenzen konfrontiert. Ein­samkeit entsteht, wenn man sich mit seinen Problemen alleine fühlt. Verbundenheit kann man spüren, wenn man gerade in solchen Augen­blicken auch die Probleme anderer Menschen wahr­nimmt und über sich hinaus­geht, um diese Menschen zu unterstützen. Man kann daher sagen, dass die Ausübung für andere ein enorm aufrichtiges und menschliches Verhalten darstellt. Weil das aber eines der schwierigsten Dinge überhaupt ist, sind die buddhistischen Aktivitäten ein äußerer Anlass und eine Hilfestellung, durch die man in die Lage versetzt wird, das Große Selbst im eigenen Leben zu entfalten. Denn natürlich setzt man sich auch ganz anders mit dem eigenen Glauben auseinander, wenn man sich darum bemüht, ihn anderen Menschen nahe zu bringen. Man erreicht daher eine ganz besondere Tiefe, die wiederum dazu führe, dass man seine Umgebung anders wahrnimmt und folg­lich anders handelt. Im Sinne der oben genannten Bezie­hung zwischen der/dem Einzelnen und ihrer/seiner Umwelt, schafft man sich auf diese Weise eine veränderte Umgebung. In diesem Zusammenhang erläuterte Präsident Ikeda in dem bereits oben erwähnten Dialog auch: „Ein schönes Beispiel sind die Aufnahme­prüfungen an der (japani­schen) Universität. Wenn man selbst dafür lernt, hat man vielleicht das Gefühl, dass das ganze Leben gerade nur aus diesem Problem besteht. Gleichzeitig hat man aber Freunde, die vielleicht auch unter Schwierigkeiten leiden. Wenn Ihr die Bedürf­nisse Eurer Freunde ignoriert und Euch nur um Euer eige­nes Wohl kümmert, bleibt Ihr gefangen in den sechs niede­ren Lebenszuständen. Wenn man sich aber gerade in diesem persönlich schwieri­gen Moment um sie kümmert und versucht, sie zu ermuti­gen, geht man den Weg des Bodhisattvas. Wenn dieses Mitgefühl sich von der individuellen Ebene auf die Ebene der Familie, des Landes und der ganzen Welt aus­breitet, wird eine unver­gleichliche, gewaltlose Revolution des Friedens statt­finden.“

Genau dies ist das\ Konzept von Kosen-rufu

Kosen-rufu bedeutet wört­lich „weithin verkünden und verbreiten“ und ist ein Begriff, der erstmals im 23. Kapitel des Lotos-Sutras erscheint, wonach Shakya­muni folgendes sagt: „Verwirklicht Kosen-rufu in der fünften 500-Jahr-Periode nach meinem Tod und lasst niemals zu, dass sein Fluss versiegt.“ Die eigentliche Bedeutung liegt aber in dem Konzept von Rissho Ankoku (,‚Die Schaffung von Frieden durch die Errichtung des Mystischen Gesetzes“). In dem von Präsident Ikeda oben erläuterten Sinne geht der Buddhis­mus Nichiren Daishonins davon aus, dass Frieden mir der Veränderung des einzelnen Menschen beginnt, das heißt mit einer Entfalt­ung des Mitgefühls zunächst auf persönlicher bis hin zur globalen Ebene. Der Weg, den der Buddhismus zur Verwirklichung dieses Ziels anbietet, ist die Aus­übung von Nam-Myoho-Renge-Kyo und das mitfüh­lende Verhalten gegenüber anderen Menschen. Er ist langfristig, aber dauerhaft, weil er auf der tiefsten Ebene des Lebens ansetzt und sich nicht mit kurz­fristigen Pro­blemlösungsversuchen begnügt.

In der buddhistischen Theorie wird zwischen zwei Aspekten von Kosen-rufu unterschieden: (1) Der Grundlegung des Mystischen Gesetzes (Hottai no Kosen-rufu) in Form der Definition von Nam-Myoho-Renge-Kyo und Einschrei­bung des Gohonzons durch Nichiren Daishonin. (2) Die Entfaltung des Mystischen Gesetzes (Kegi no Kosen-rufu) durch die praktizierenden Men­schen und die Schaffung einer friedlichen Gesellschaft.

Die Aufgabe eines/einer praktizierenden Buddhis­ten/in kann daher darin gesehen werden, das Mystische Gesetz im eigenen Leben zu entfalten. In der unmittelbarsten Form geschieht dies durch die Ausübung für sich und für andere und durch die Entwicklung des eigenen Mitgefühls. Mittelbar entfal­tet sieh das Mystische Gesetz von Nam-Myoho-Renge-Kyo aber auch und gerade in der Art und Weise des eigenen Verhaltens. Deshalb heißt es in der Gosho: „Leben Sie so, dass alle Menschen von Kamakura Sie preisen und sagen, dass Shijo Kingo fleißig ist im Dienst an seinem Herrn, im Dienst am Buddhismus und in seiner Sorge für andere Menschen. Wertvoller als die Schätze in einer Schatzkammer sind die Schätze des Körpers und die Schätze des Herzens sind die wertvollsten von allen. Bemühen Sie sich von dem Augenblick an, in dem Sie diesen Brief lesen, die Schätze des Herzens anzusammeln.“ (dt. Gosho, Band 2, S. 257)

Quelle: FORUM Juni 1999

Der Sinn des Lebens - eine Aufgabe?

von Carola de Decker

Erläuterung zum Studium für den Monat Mai

Wie man seine Dankbarkeit erweist Dt. Gosho, Bd. 4, S. 264-265

„Wenn Nichirens Mitgefühl wirklich groß und umfassend ist, dann wird sich Nam-Myoho-Renge-Kyo mehr als zehntausend Jahre lang in alle Ewigkeit verbreiten, denn es besitzt die wohltuende Kraft, die blinden Augen eines jeden Lebewesens im Lande Japan zu öffnen, und es blockiert die Straße, die zur Hölle des unaufhörlichen Leidens führt. Sein Nutzen übersteigt den Dengyos und T‘ien-t‘ais und ist dem Nutzen von Nagarjuna und Mahakashyapa überlegen.

Hundert Jahre der Ausübung im Land der Vollkommenen Glückseligkeit können sich nicht mit dem Nutzen vergleichen, den man von einem Tag der Ausübung in dieser unreinen Welt erlangt. Zweitausend Jahre der Verbreitung des Buddhismus im Frühen und Mittleren Tag des Gesetzes sind einer Stunde der Verbreitung in diesem, dem Späten Tag des Gesetzes, unterlegen. Dies liegt in keiner Weise an meiner, Nichirens, Weis­heit, sondern einfach an der Zeit. Im Frühling öffnen sich die Blüten und im Herbst erscheinen die Früchte. Der Sommer ist heiß und der Winter kalt. Dafür ist die jeweilige Jahreszeit verantwortlich, oder nicht?“

„Das Leben ist begrenzt; wir sollten es nicht bereuen. Wonach wir wirklich streben sollten, ist das Buddhaland.“ (WND, S. 214)

In der heutigen Zeit gibt es undenkbar viele Möglichkeiten, das Leben zu gestalten und die Freiheit, einen individuellen Lebensweg zu wählen, ist enorm groß. Aber macht die Vielfalt der Möglichkeiten, macht diese Freiheit wirklich glücklich? Eine Shell-Studie aus dem Jahr 2002 hat belegt, dass sich Jugendliche noch vor zehn Jahren materiell abgesichert fühlten, aber nicht mit dem Umfang ihrer Handlungs- und Mitbe­stimmungsmöglichkeiten zufrieden waren. Im neuen Jahrhundert empfinden die lugendlichen, so die Shell-Studie zwar alle Freiheiten zu haben, mitzubestimmen und zu handeln, aber jetzt leiden sie unter materieller Unsicherheit und Zukunft­sangst. Es scheint also so, als ob persönliches Glück nicht unbedingt in dem Maße zunimmt, in dem man frei ist, seine Träume zu verwirklichen.

In einer Novelle mit dem Titel „Ein Leben“ erzählt der französische Schriftsteller Guy de Maupassant (1850-1893) die Lebensgeschichte einer „Tochter aus gutem Hause“, die beschützt vor den Härten des Lebens aufwächst. Sie lebt in einem herrlichen Schloss und strahlt eine reine Lieblichkeit aus. Voller Hoffnung und Romantik träumt sie von einer glücklichen Zukunft. Bald verliebt sie sich dann auch in den Sohn einer Aristokraten-Familie und die beiden feiern eine Traum-Hochzeit. Es sieht so aus, als ob Jeanne die Erfüllung aller Träume und ein Leben voller Glück erwartet. Doch bereits kurz nach der Hochzeit findet das Paar heraus, dass es nichts gemeinsam hat. Für Jeanne ist ihr Gatte eine ständige Quelle der Enttäuschung und Desillusio­nierung. Er betrügt sie, ihre Mutter verstirbt und dann stirbt auch ihr Mann. Um diese unglücklichen Erinnerungen hinter sich zu lassen, widmet sich Jeanne gänzlich der Erziehung ihres Sohnes, doch der entwickelt sich zu einem verwöhnten und verschwenderischen Drauf­gänger, der das Vermögen der Familie verprasst. Schließlich muss die mittlerweile älter gewordene Jeanne ihr geliebtes Schloss aufgeben und fällt in tiefe Einsamkeit.

Obwohl diese Novelle bereits vor mehr als 100 Jahren geschrieben wurde, wirft sie Fragen auf, die auch heute noch von Bedeutung sind. Was ist das Leben? Was ist Glück? Wie kann man ein erfülltes Leben verbringen?

Nach meiner Erfahrung beschäftigen sich gerade in der Jugend viele mit der Suche nach der eigenen Identität: Wer bin ich eigentlich? Man sucht nach den eigenen Fähigkeiten und nach Entfaltungsmöglichkeiten, versucht zu ergründen, was die eigene Lebensaufgabe ist. Dabei wird Lebensaufgabe oft verstanden als etwas „Angebo­renes“, irgendwo verborgen in den Tiefen des eigenen Lebens, wie ein Schatz, den man heben muss. An der Berufswahl entzündet sich deswegen leicht eine Krise, weil sie als weichen­stellende Lebensentscheidung betrachtet wird, bei der man keine Fehler machen darf. Hat man endlich einen Beruf gefunden, jagt man dem nächsten Ziel hinterher, in dem man die Erfüllung vermutet. Doch merkwürdigerweise löst sich das Gefühl der Erfüllung, das Gefühl, den Sinn des eigenen Lebens zu verstehen, immer gerade dann in Luft auf, wenn man meint, es entdeckt zu ha­ben. Trotzdem denkt man, es gäbe einen höheren Sinn, der dem eigenen Leben verliehen wurde, den man suchen muss und - wenn man keine Fehler macht und viel Glück hat - auch finden kann. Dies sieht der Buddhismus ganz anders.

„Aufgabe“ heißt, sein Leben zu benutzen

„Aufgabe“ (jap. Shimei) bedeutet wörtlich aus dem Japanischen übersetzt, sein Leben zu benutzen! Es geht also nicht darum, ob ich irgendwann einen Sinn im eigenen Verhalten finde, sondern ob ich mich entscheide, mein Leben für etwas einzusetzen. Daisaku Ikeda formulierte dies vor einiger Zeit wie folgt: „Du musst Dich entscheiden: So will ich leben!, und dann mit ganzer Kraft diesen Weg gehen. So lebt ein Mensch, der eine Philosophie besitzt.“ Die Frage ist, ob ich mich zu einer Überzeugung be­kennen kann und entsprechend handele. Der Sinn des Lebens, die eigene Lebensaufgabe ist also nichts Abstraktes, sondern eine Sache der Entscheidung und der konkreten Tat!

Natürlich erscheint fast nichts so schwierig, wie selbständig zu entscheiden, wofür man leben will. Sich zu einem Glauben, einer Aufgabe zu bekennen, fällt schwer, weil man sich auf ein Experiment mit dem eigenen Leben einlässt. Für den Fall, dass man mit der gewählten Über­zeugung doch nicht richtig liegt, möchte man sich am liebsten einige Hintertüren offen halten. Aber gerade dieses Sicherheitsdenken verhindert, dass man in die Tiefe der Buddhaschaft vordringt und die grenzenlosen Potentiale im eigenen Leben öffnet. So heißt es in der Gosho „Über die Pro­phezeiung des Buddhas“: „Shakyamuni lehrte, dass das Oberflächliche anzunehmen leicht sei, das Tiefe dagegen schwer. Das Oberflächliche abzulegen und das Tiefe zu suchen, erfordert Mut.“ (Dt. Gosho Bd. 1, S. 163/164) Und der Phi­losoph Nikolai Berdjajew erläuterte das gleiche Prinzip in anderen Worten so: „Nur wenn man etwas riskiert, sich auf etwas Absurdes einlässt, gegen jede Vernunft alles auf eine Karte setzt und sich in den Abgrund stürzt, eröffnet sich dem Menschen die höhere Vernunft des Glaubens.“

Sich einlassen auf den großen Lebenswunsch

Was ist es aber, worauf man sich im Buddhismus einlassen soll? Es ist nichts, was außerhalb von uns liegt, sondern der ursprüng­liche Wunsch unseres eigenen Lebens, Der Buddhismus geht davon aus, dass jeder Mensch in sich einen großen Lebenswunsch trägt und dass ein erfülltes Leben darin besteht, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Was ist dieser große Wunsch? „Es ist der Wunsch des Buddhas, allen Menschen zu ermöglichen, die Erleuchtung zu erlangen.“ (Welt der Schriften, Bd. 1, S. 17) oder, wie schon Shakyamuni im Juryo-Kapitel des Lotos-Sutras ausdrückte: „In jedem Augenblick denke ich darüber nach: wie kann ich allen Lebewesen dazu verhelfen, Zugang zum unübertroffenen Weg zu finden und schnell den Körper des Bud­dhas zu erlangen?“ (Welt der Schriften, Bd. 1, S. 13)

Nichiren Daishonin selbst ist ein Beispiel eines Menschen, der diesen Wunsch in seinem Leben erkannt und ein Versprechen abgegeben hat, um ihn zu erfüllen. Den Inhalt seines Versprechens bringt die Gosho-Stelle zum Ausdruck, die Gegen­stand des Studiums in diesem Monat ist. Nichiren schwor darin, dass sein Mitgefühl groß genug Sein würde, um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, das Mysti­sche Gesetz von Nam-Myoho-Renge-Kyo kennen zu lernen. Seine Überzeugung war, dass die Kraft des Mystischen Gesetzes für die Menschen den Weg zur Hölle der Leiden blockiert und dass die Ausübung von Nam-Myoho-Renge-Kyo den Weg zur Erleuchtung öffnet.

Entscheiden und Handeln

Nichiren entschloss sich bereits im Alter von zwölf Jahren, der weiseste Mensch Japans zu werden, um den Menschen helfen zu können, ihre Leiden zu überwinden. Seine Motivation hierfür entstand durch die Umstände der damaligen Zeit, in der sich Japan immer mehr zu einem Militärstaat entwickelte. Weil Nichiren selbst das Leiden der Menschen erlebte, die von den Konflikten der damaligen Politiker betroffen waren, entschloss er sich, einen Weg zu finden, der dieses Leiden der Menschen beenden würde. Bei Nichiren war es also nicht so, dass er sein Potential entdeckte und dadurch seine Lebensauf­gabe fand. Umgekehrt begann die Entwicklung seiner Fähigkeiten und seiner Weisheit mit einem Entschluss, seine Kapazität zu entwickeln, um etwas für die Menschen tun zu können.

Auf unser Leben übertragen bedeutet dies, dass es wenig nützlich ist, darauf zu warten, dass man im eigenen Leben die Buddhaschaft oder die eigene Aufgabe entdeckt. Vielmehr können wir unsere Buddhaschaft hervorbringen, indem wir uns den Wunsch des Buddhas zueigen machen und uns bemühen, ihn in die Tat umzusetzen. So studierte auch Nichiren Daishonin 20 Jahre lang intensiv, tat also alles, um seinen Kindheitstraum zu verwirklichen. Mit 32 Jahren schließlich, als er die Weisheit erlangt hatte, um Nam-Myoho-Renge-Kyo verkünden zu können, erneuerte und vertiefte er seinen damaligen Schwur.

„Der Schwur des Daishonin war, der weiseste Mensch Japans zu werden, so dass er diejenigen, in deren Schuld er sich fühlte, befähigen könnte, wahres Glück zu erfahren. Als er studierte, vertiefte sich sein Schwur zu dem Wunsch, alle Menschen im Späten Tag des Gesetzes zum Glück zu führen. Dies wurde sein großer Wunsch nach Kosen-rufu, der ihn dazu führte, die Begründung seiner Lehre zu verkünden, In gewisser Weise wäre es einfach für denjenigen, der die Erleuchtung erlangt hat, den Frieden und die Sicherheit dieses Lebens­zustandes in Abgeschiedenheit zu genießen. Der Daishonin jedoch suchte unermüdlich die Weisheit, die Menschen zum Glück zu führen und wirklich das Zeitalter zu verändern. Seine Reise endete nicht mit dem Erlangen der Erleuchtung.“ (Welt der Schriften, Bd. 1, S. 31)

Daisaku Ikeda erläutert hier, dass die Erleuchtung für Nichiren Daishonin nicht das Ende, sondern ein neuer Anfangspunkt war. Er verharrte nicht in dem bequemen Zustand der Erleuchtung, sondern bemühte sich unter Einsatz seines Lebens für andere Menschen und für die Zukunft der Menschheit. Nichiren Daishonin ging dabei davon aus, dass der Zweck des Lebens darin liege, menschliches Verhalten vorzuleben. Er sagt in einem Brief: „Der Schlüssel zu allen Lehren Shakyamunis ist das Lotos-Sutra und der Schlüssel zur Ausübung des Lotos-Sutras wird im Fukyo-Kapitel gelehrt. Was bedeutet Bodhisattva Fukyos tiefe Achtung vor den Menschen? Die wahre Bedeutung des Erscheinens von Shakya­muni Buddha in dieser Welt lag in seinem Ver­halten als Mensch.“ (Dt. Gosho, Bd. 2, S. 258)

Daisaku Ikeda kommentiert diese Aussage folgendermaßen: „Der Daishonin erläutert, dass die Essenz des Buddhismus der Respekt ist, den man anderen erweist. Dies ist von größter Wichtigkeit. Obwohl Bodhisattva Niemals Verachtend (= Bodhisattva Fukyo) selbst verleumdet und verfolgt wurde, fuhr er in seiner Ausübung fort, andere zu verehren. Der Daishonin hielt es ebenso. Er hatte erkannt, dass der einzige Weg zur Erlangung der Erleuchtung für die Menschen im Späten Tag des Gesetzes darin liegt, die eigene Buddhaschaft hervor­zubringen und dies auch anderen zu ermöglichen. Und er gab den Menschen Nam-Myoho-Renge-Kyo als Mittel, mit dem man dies erreicht. (...) Der Späte Tag des Gesetzes ist ein Zeitalter des Konflikts, eine Zeit in der Zwietracht unter den Menschen herrscht. Die Kraft diesem Ansturm zu widerstehen, entspringt der starken Überzeugung, dass man selber und die anderen die Buddhaschaft besitzen. Andere wirklich konkret zu verehren, heißt nichts anderes, als aus dieser Überzeugung heraus zu handeln.“ (Welt der Schriften, Bd. 1 , S. 8/9)

Je größer der Wunsch,\ desto größer die eigene Entwicklung

An Nichiren Daishonins Leben zeigt sich folgendes Prinzip: je größer der Wunsch ist, desto größer ist auch die Entwicklung, die man selber machen kann. Wenn man große Ziele hat, bekommt man die Kraft und Ausdauer, auch Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin zu über­winden, In der Bemühung, das Ziel zu erreichen, wird man alle Fähigkeiten entwickeln, die dafür erforderlich sind. Voraussetzung ist aber nicht nur, dass man von der Erfüllung des Wunsches träumt. Wichtig ist, ein Versprechen abzugeben, diesen Wunsch auf alle Fälle zu verwirklichen und dann alles dafür zu tun, um dies zu ermöglichen. Wie schon gesagt, ist im Buddhis­mus und im Zusammenhang mit der eigenen Aufgabe Handeln das wichtigste. Das be­deutet, einen persönlichen Entschluss zu fassen und hart­näckig daran zu arbeiten, ihn umzusetzen, ganz egal, was für Schwierigkeiten auftauchen mögen.

Daisaku Ikeda sagt hierzu: „Ein großes Versprechen kreiert ein starkes Selbst. Zudem ermöglicht uns die Bemühung, an einem würdigen Ziel mitzuarbeiten, unsere Schwächen zu überwinden und wird eine solide Unterstützung darin, alle Schwierigkeiten herauszufordern. (...) Egal auf welchem Gebiet: ein Versprechen ist die Grundlage etwas Großartiges zu erreichen. Aus welchem Grund auch immer jemand auf halbem Weg aufgibt oder zurückweicht, seine Entschlossenheit kann nicht auf einem Versprechen basiert haben. Halb­herziges Sehnen kann man nicht als Schwur betrachten. Der Daishonin sagt: ‚Alle anderen Schwierigkeiten sind für mich nicht mehr als Staub im Wind.’ Wahrer Friede und Sicherheit existieren in einem starken Selbst. Wenn wir ein solches Selbst erschaffen, indem wir einen großen Schwur leisten, öffnet sich vor uns der Weg zu wahrem Frieden und Sicherheit in diesem Leben.“ (Welt der Schriften, Bd. 1, S. 19/20)

Quelle: FORUM Mai/Juni 2003

Die Prinzipien der Verwandlung\ im Buddhismus

von Ervin Kassai

Bei der Untersuchung der Prinzipien der Verwandlung geht es im Buddhismus Nichiren Daishonins um vollkommen dynamische Ansichten des Lebens.

Man kann sogar soweit gehen, zu sagen, dass ohne die Prinzipien der dynamischen Verwand­lung dieser Buddhismus keine Berechtigung hätte.

Der erste entscheidende Aspekt dabei ist, dass jede Situation, egal wie schwierig oder aussichtslos sie erscheinen mag, in eine positive Erfahrung gewandelt werden kann.

Der zweite Aspekt ist, dass wir gerade durch diesen Kampf, unsere grundlegenden Probleme lösen zu wollen, die Erleuchtung in dieser Existenz mehr und mehr manifestieren und zu einem permanenten Bestandteil unseres Lebens machen können.

Diese zwei Aspekte sind natürlich nur im Zu­sammenwirken sinnvoll, und deshalb wollen wir ihre direkte Beziehung zueinander untersuchen.

Ohne gleich in die buddhistischen Terminolo­gien einzusteigen, könnten wir an Hand des eingängigen Beispiels aus dem Studium in der April-Ausgabe des Forums (Seite 22ff) diese Punkte anschaulich darstellen. Wir erinnern uns: Person A hat sich unsterblich in B verliebt, doch B verspürt nur wenig Interesse an A.

Person A, die anscheinend B nicht „bekom­men“ hat, würde bei Beachtung der oben aufgezeigten Aspekte über den Frust nicht in eine Art Warteschleife geraten, sondern vielleicht zuerst in einen Zustand von Wut oder Verzweiflung, um danach aber gleich wieder den Kampf aufzunehmen, um B um jeden Preis zu „bekommen“. Wenn A dann dabei auch noch unbedingt das Gebet zum Gohonzon in den Mittelpunkt gestellt hätte, wäre bei diesem Kampf eine riesige Lebens- und Glaubens-Erfahrung herausgekommen. Und wahrscheinlich nicht nur das, sondern noch zusätzlich ein tiefes Bewusst­sein darüber, dass niemand anderes als man selbst höchstpersönlich der Buddha ist. Die Kausalität zwischen der Verzweiflung und der Erkenntnis, selbst der Buddha zu sein, beschreibt das geniale Prinzip der Verwandlung aus der Sicht des Buddhismus.

Viele werden sich jetzt händeringend fragen, ob man tatsächlich mit der Rezitation der Lebens­gesetzes von Myoho-Renge-Kyo den Partner seines Lebens bekommen kann, bzw. ob A durch das Gebet zum Gohonzon B letzen Endes bekommen hätte. Dazu lässt sich folgendes sagen: Auf alle Fälle hätte A gesehen, was er in seinem Leben noch ändern sollte. Auf alle Fälle hätte er tiefe Dankbarkeit empfunden, auch gegenüber B. Und auf alle Fälle hätte sich B nur dann für ihn ent­schieden, wenn die Beziehung eine Perspektive gehabt hätte. Anderseits hätte A ganz sicher die Weisheit hervorgebracht zu sehen, wer tatsächlich B ist. Am Schluss hätte A nicht mehr unter einer Absage gelitten. Ganz sicher hätte A zu guter Letzt den Partner gefunden, der am besten zu ihm passt.

Es gibt so viele Komponenten in den Leben der einzelnen Menschen, wie auch Vorstellungen und Illusionen darüber, wer zu wem passt, oder Vorstellungen darüber, wer einen „glücklich machen könnte“ und wer nicht.

Die Frage bei Frustrationen oder Leiden ist immer die gleiche: Welche tiefgreifende Änderung in unserem Leben produzieren wir?

Denn aufgrund dieser tiefgreifenden Änderung, hervorgebracht durch den Einfluss des Gohonzons, werden wir in der Lage sein, zur richtigen Zeit unseren Partner zu finden und mit ihm zusammenleben können.

Somit sind wir bereits bei dem Prinzip der Verwandlung.

Welche Komponenten sind notwendig, um die eben beschriebene Änderung im Leben durch­führen zu können?

Zunächst ist es wichtig, konkrete Ziele und Wünsche zu formulieren. Diese entstehen zumeist spontan in unserem Leben und sind oft Resultate der buddhistischen Praxis selbst. Da das lang­fristige Ziel im Buddhismus die Erleuchtung selbst ist, könnte man auch denken, dass wir durch die fortgesetzte Praxis immer mehr die Erleuchtung in unserem Leben eingravieren. Somit verstärkt sich automatisch die Tendenz der Erleuchtung, bis sie zu einem Lebenselixier geworden ist. Das auf die eben beschriebene Weise zu erreichen, wäre nur allzu schön.

Die Spezialität dieses Buddhismus ist etwas anderes: Es ist die kontinuierliche Widmung zum Lebensgesetz, mit dem Ziel, aus Leiden absolutes Glück, aus Illusionen Erleuchtung und aus Unwissenheit Weisheit zu machen. Ohne Gegen­sätze gibt es keine Erleuchtung, bzw. ohne Dreck kein Gold. „(...) die Erleuchtung ist im mensch­lichen Leben zu finden und zeigt folglich, dass die gewöhnlichen Sterblichen die Buddhaschaft erlangen können und Leiden von Geburt und Tod in das Nirvana umgeformt werden können.“ (dt. Gosho, Band 1, S. 44)

Daraus resultiert, dass die Leiden aus Geburt und Tod - also alle Leiden dieser Welt - in abso­lutes Glück im Leben, nämlich Erleuchtung, verwandelt werden können. Dieses Glück wird demnach aus Leiden oder Problemen geboren. Die Ursache für unsere Erleuchtung ist das Leiden selbst. In der Erläuterung über das Juryo-Kapitel (16 Kap. des Lotos-Sutras) wird klargestellt, dass die „Wahre Ursache“ für die „Wahre Wirkung“ (Buddhaschaft) die neun Welten von der Hölle bis zum Bodhisattva-Zustand sind, bzw. das eigene Wirken in den neun Welten. Das bedeutet, dass die Ursache für die Buddhaschaft in allen Zustän­den außerhalb des Erleuchtungs-Zustands liegt.

Wie ist das zu verstehen? Die Lehre des Buddhismus spricht von der Verwandlung der Begierden in Erleuchtung (Bonno soku bodai), oder dass der gewöhnliche Sterbliche und der Buddha eins sind (Bompu soku goku), oder davon, dass die Saha-Welt (die Welt in der wir leben) an sich bereits die Welt des ruhigen Lichts ist (Saha soku jakko).

Das sind alles Gegensätze, die nicht abgelehnt, sondern als Chance gesehen werden, einen höheren Zustand im Leben zu erreichen.

Klar ist, dass die Erleuchtung nicht leicht zu erreichen ist. Hierbei geht es um des Erwachen zu der ursprünglichen Wesenheit des Lebens. Um diese Wesenheit zu empfinden und zu einem Teil des Lebens zu machen, ist es notwendig, Erfah­rungen zu machen, oder sie machen zu wollen, die jenseits des Verstandes passieren und die uns den Ansporn geben, den tiefsten Aspekt unserer Existenz zu entdecken. „Indem wir gegen Schwie­rigkeiten kämpfen, polieren wir unsere getrübten Herzen und verschmelzen mit dem ewigen Leben.“ (Daisaku Ikeda in „Die Weisheit des Lotos-Sutras“, Teil 25, FORUM 4/99 S. 32)

Hinter den „Drei Pfaden“ - irdische Begierden, Karma und Leiden - verbergen sich das Gesetz, die Weisheit und der Respekt. Wir flüchten nicht vor dem Leiden oder dem Karma, sondern machen sie zu den Tugenden in unserem Leben.

Es ist notwendig, die Erfahrung der gesamten Palette des Lebens durchzumachen, mit allen Leiden und schmerzlichen Niederlagen. Denn nur indem wir diese ernst nehmen und sie als Antrieb für die Praxis verwenden, können wir die wahre Größe und Dimension des buddhistischen Glaubens in unserem Leben erfahren.

Im Extremfall könnte dies sogar dazu führen, wenn wir in einem Zustand des Hasses und Grolls gegen einen anderen Menschen zum Gohonzon gehen, um diesem das Schlechteste auf der Welt zu wünschen und genau dafür stark chanten, dass wir uns nach kurzer Zeit durch die Wirkung des Daimokus in einem Zustand wiederfinden, in dem wir sogar für das Glück der noch gerade eben verdammten Person chanten können. Das Prinzip der Verwandlung funktioniert dann am besten, wenn wir uns, so wie wir sind, manchmal eben böse und mit schlechten Gedanken, mit voller Kraft dem Gohonzon widmen.

Deshalb existiert der Buddhismus Nichiren Daishonins nicht außerhalb der Gesellschaft, oder außerhalb der menschlichen Existenz - auch wenn Enttäuschungen und nicht erfüllte Wünsche Leiden produzieren. Nur indem wir dieses Leiden zum Ansporn nehmen, die Wesenheit des Buddhas in unserem Leben zu sehen, nehmen wir den Enttäuschungen das Leiden. Nach und nach werden wir auch angesichts der Rückschläge stärker, bis zu einem Punkt, an dem wir uns auf sie sogar freuen können. Denn sie geben uns die Gelegenheit, unseren Glauben zu vertiefen und die Erleuchtung zu erreichen. Somit ist das Leben eine Reihe von diesen eben beschriebenen Abfolgen von Verwandlungen. Die Einstellung, alles zum Positiven zu wenden, wird zum festen Bestandteil unseres Lebens. Unser Leben wird zum grandiosen Abenteuer. Nach und nach verlieren wir die Angst vor den Problemen oder jenen Dingen, die uns eben Angst machen. Wir lernen, unsere Stärken zu schätzen und unsere Schwächen herauszufordern. Inmitten von Schwierigkeiten führen wir ein tief erfülltes Leben. Das nennt Nichiren Daishonin „Frieden und Sicherheit in dieser Existenz“. Es ist die Bereitschaft, alles mit voller Kraft anzugehen und mit großer Hoffnung zu lösen. Es ist der Mut des Buddhas.

Quelle: FORUM Mai 1999

Über die Lehrsätze in unseren Herzen

Von Barbara Krausnick

Erläuterung zum Studium für den Monat Juli

„Deshalb müssen Sie rasch die Lehrsätze, die Sie in Ihrem Herzen hegen, verändern und das eine Wahre Fahrzeug annehmen, die einzig gute Lehre vom Lotos-Sutra. Wenn Sie das tun, dann wird die gesamte dreifache Welt zum Buddha-Land werden, und wie könnte ein Buddha-Land jemals untergehen? Die Regionen in den zehn Richtungen werden alle zu Schatzreichen, und wie könnte ein Schatzreich jemals Schaden nehmen? Wenn Sie in einem Land leben, das weder Untergang noch Verschlechterung kennt, weder Schaden noch Spaltung, wird Ihr Körper Frieden und Sicherheit finden, und Ihr Herz wird ruhig und sorglos sein. Sie müssen meinen Worten glauben und ihnen Beachtung schenken!“

Der zitierte Abschnitt stammt aus dem berühmten Brief Nichiren Daishonins „Über die Errichtung des Wahren Gesetzes für Frieden im Land“ (Rissho Ankoku Ron), den er aus Sorge um das Wohlergehen des japanischen Volkes am 16. Juli 1260 an die damalige Kamakura-Regierung richtete. In seiner klaren Sprache und poetischen Ausdruckskraft enthält er eine Aussage von zeitloser und undogmatischer Gültigkeit: Eine grundlegende gesellschaftliche Erneuerung kann einzig durch die Veränderung der Lehrsätze in den Herzen der Menschen erreicht werden!

Bemerkenswerterweise sagt Nichiren nicht, dass rasch die Gesetze geändert werden müssen, damit im Land wieder Frieden und Sicherheit einkehren können, obwohl das in einem offiziellen Schreiben an die Regierung nahe liegend wäre. Er fordert auch nicht dazu auf, die Lehre vom Lotos-Sutra über die Köpfe bzw. Herzen der Menschen hinweg als neue Staatsreligion auszurufen. Ganz im Gegenteil richtet sich sein eindringlicher Appell an jeden einzelnen Menschen persönlich, gleichgültig ob Regierungsoberhaupt oder einfacher Volksangehöriger, sich von innen her, durch die Korrektur der Lehrsätze des Herzens, zu verändern. Nichiren war zutiefst überzeugt von der Mündigkeit und Freiheit der Menschen und gab ihnen daher die volle Selbstverantwortung für ihr Leben zurück. Selbst aus der untersten Schicht der damaligen Gesellschaft kommend, stand er fest an der Seite der einfachen Menschen und setzte sich mit all seiner Kraft dafür ein, die Reformbewegung, die er für die Sicherung der Zukunft des Landes für unumgänglich hielt, durch stetige Dialoge in den Gedanken und Herzen eben dieser einfachen Menschen zu verankern.

Wenn Nichiren das Herz als Ursprungs- und Bewahrungsort unserer Glaubenssätze bezeichnet und nicht unseren Kopf, den Sitz von Wissen, Verstand und Bewusstsein, dann wohl deshalb, weil das Herz als Symbol des Lebens in seiner Gesamtheit gilt und daher auch das Unbewusste, unsere Gefühle, karmischen Tendenzen und unseren Lebenszustand einschließt. Die Leitsätze und damit den Glauben unseres Herzens zu erneuern, bedeutet in Nichirens Verständnis eine wirklich umfassende Erneuerung, die auf allen Ebenen unseres Menschseins stattfindet. Um die Tiefe und Nachhaltigkeit eines solchen Prozesses zu beschreiben, sprechen wir heute in der SGI auch von der „Menschlichen Revolution“.

Die Frage, die sich uns nach Nichirens Aufforderung zunächst einmal stellen sollte, ist die, welchen Lehrsätzen wir überhaupt in unserem Leben Folge leisten. Ich glaube, eine ehrliche Antwort auf diese Frage ist gar nicht leicht, wenn wir nicht sehr bewusst eine religiöse, ethische oder ideologische Überzeugung leben und daher auf einen inneren

Maßstab für unsere Handlungen zurückgreifen können. Aber selbst wenn es einen solchen Maßstab gibt, zeigen die jüngsten Beispiele der Radikalisierung von Religion und politischen Machtinteressen, wie gefährlich auch solche Leitsätze werden können, die ursprünglich der Gerechtigkeit und den Menschenrechten verpflichtet waren. im Bündnis mit der Macht dienen sie dann nicht mehr den Menschen, sondern die Menschen sollen ihnen, den Leitsätzen, dienstbar gemacht werden) Damit werden sie ihrer eigentlichen Absicht entfremdet und in ihr komplettes Gegenteil verkehrt - ein fatales, doch leider häufig zu beobachtendes Phänomen.

Aber selbst dann, wenn wir uns unserer Lehrsätze nicht bewusst sind, existieren sie doch in unserem Innersten und treiben uns an, bestimmte Dinge zu tun und andere zu lassen. Wir übernehmen viele Trends unreflektiert von den Medien und der Werbung, erkennen dies oft aber erst dann, wenn sich unsere so erworbenen „Glaubensüberzeugungen“ negativ auf unser Leben auswirken und uns immer tiefer in eine Spirale des Leidens hineinführen.

Als ich, angeregt durch das Schreiben dieses Artikels, darüber nachgedacht habe, welche Lehrsätze ich selbst in meinem Herzen trage, ist mir eine Situation vor etwa zwanzig Jahren eingefallen, als ich Studentin und Anfang zwanzig war. Damals hatte ich auf einem Seminar ein intensives und langes Gespräch mit einem Studenten einer anderen Fakultät. Im Laufe dieses Gespräches fragte er mich, welches Motto ich meinem Leben gäbe, wenn ich es in einem Satz zusammenfassen müsste. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich bei dieser Frage gestutzt und erst nach einer Zeit des Nachdenkens gesagt habe, mein Motto laute:

„Es geht immer weiter“. Kaum hatte ich es ausgesprochen, als ich merkte, wie passiv und kraftlos das klang, erst recht, als der junge Mann erwiderte, sein Motto sei anders, es heiße: „Niemals aufgeben!“ Ich habe dieses Gespräch nie vergessen, weil ich damals selbst überrascht und sogar erschrocken war, wie wenig Kampfgeist sich in meinem Motto ausdrückte. Zugleich erkannte ich aber auch, dass es meiner ganzen damaligen Situation und in dieser Zeit resignativen inneren Haltung entsprach. Heute, nach kämpferischen 16 Jahren buddhistischer Praxis, fiele mein Motto, sollte ich es auf den Punkt bringen, viel aktiver und ganz im Sinne dieses Studenten von damals aus. Nicht nur durch gelebte 20 Jahre, sondern vor allem durch die Annahme und Ausübung der buddhistischen Lebensphilosophie haben sich also die Lehrsätze meines Herzens und damit auch mein Bild von mir selbst und meinen Möglichkeiten stark gewandelt. Auch wenn es nur ein kleines Beispiel aus meinem persönlichen Leben ist, so zeigt es doch die Beziehung zwischen unseren

Wir können uns also nur dann grundlegend revolutionieren, wenn wir immer wieder bereit sind, unsere Überzeugungen zu überprüfen und an einem tragfähigen religiösen, philosophischen, ethischen Maßstab zu messen. Wenn wir damit bei uns selbst anfangen, werden sich auf natürliche Weise auch unsere nähere und fernere Umgebung sowie deren nähere und fernere Umgebung und wiederum deren Umgebung und so fort - in einer sich immer weiter fortpflanzenden Bewegung - revolutionieren. Wir haben tatsächlich eine große Freiheit, nämlich die Freiheit, uns immer wieder neu zu entschließen! „Hon‘in myo“ heißt es im Japanischen - von jetzt an neu beginnen, von jetzt an in die Zukunft starten. Ohne Vergangenes leugnen zu müssen, haben wir die Fähigkeit, unser Leben durch einen tiefen Entschluss in nur einem Augenblick geradezu eruptiv umzuwälzen. Die Lehre Nichirens, die uns zu den tiefgründigen Einsichten des Lotos-Sutras zurückführen will, besteht nicht in einer kleinkrämerhaften Aneinanderreihung von guten Taten und Bemühungen, sondern sie ist eine Lehre des großen Wurfes, der spirituellen Tiefe des Augenblicks, den es zu ergreifen und zu nutzen gilt.

„Die einzig gute Lehre des Lotos-Sutras“, von Nichiren als Nam-Myoho-Renge-Kyo benannt, manifestiert sich daher auch in dem mystischen Prinzip der „Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung“, das all diesen ungeahnten Möglichkeiten unseres Lebens zugrunde liegt. Daisaku Ikeda erläutert dazu: „Durch die Aussage im Buddhismus Nichirens, dass die „wahre Ursache“ und „wahre Wirkung“ in einem Augenblick existieren, erhält eine bestimmte Art zu leben große Bedeutung. Nichiren lehrt, wie wir beginnen können, frisch und optimistisch voranzugehen, indem wir immer wieder zum Ausgangspunkt des Lebens zurückkehren. Unser Leben ist eine Folge von Augenblicken, in denen wir Glück, Trauer, Leiden und Freude erfahren. Was wir in der Gegenwart erfahren, ist die Wirkung von Ursachen, die wir in der Vergangenheit gesetzt haben. Das ist nicht schwer zu verstehen. Gleichzeitig aber setzen wir in der Gegenwart die Ursachen für zukünftige Wirkungen. Obwohl das theoretisch sehr natürlich erscheint, ist es schwer, mit diesem Bewusstsein zu leben: Es hängt von diesem gegenwärtigen Augenblick ab, was in der Zukunft geschieht.“ (aus Vorlesungen über das Lotus Sutra, S. 195)

Auf unsere Textstelle übertragen bedeutet dieses Prinzip, dass die Änderung der Lehrsätze in unseren Herzen und die Annahme des „Wahren Gesetzes“ bereits in dem Moment, in dem wir uns dazu entschließen, eine entsprechende Wirkung hervorrufen. Da dies aber mystisch ist, können wir die Ergebnisse mit unserem begrenzten Verstand vielleicht nicht immer sofort erkennen. Dennoch ist bereits in dem Moment, in dem wir die Leitsätze in unseren Herzen erneuert haben, unsere „gesamte dreifache Welt zum Buddha-Land“, d. h. unsere reale Welt voller Leiden und Konflikte zu einer Quelle tiefer Lebensfreude geworden. Das mag sehr theoretisch klingen, aber in Wirklichkeit ist es eine Erfahrung des täglichen Lebens. Stellen wir uns vor, wir geben einem guten Freund oder einer guten Freundin, die sich in einer schweren Lebenssituation befinden, ein aufrichtiges Versprechen, ihn/sie mit unserer ganzen Kraft zu unterstützen und nicht allein zu lassen. In dem Moment, in dem wir dieses Versprechen mit all unserer Ernsthaftigkeit ausdrücken, wird sich die andere Person schon erleichtert fühlen und neuen Mut schöpfen. Mit der Ursache des Versprechens ist also bereits die Wirkung, die Schwere der Situation zu erleichtern, eingetreten, auch wenn es natürlich die weitere Aufgabe bleibt, das Versprechen immer wieder zu erneuern und den einmal eingeschlagenen Weg auch tatsächlich zu Ende zu gehen.

Zur Verdeutlichung möchte ich noch einen kleinen Exkurs auf die Geschichte nehmen. Einer der prominentesten historischen Vertreter einer Menschlichen Revolution durch die Änderung der Lehrsätze im eigenen Herzen war König Ashoka in Indien. Er lebte im dritten Jahrhundert vor Christus und war ursprünglich ein grausamer Tyrann, der auf Kosten unzähliger Menschenleben den größten Teil des damaligen indischen Subkontinents eroberte. Obwohl er zum Buddhismus konvertierte, wütete er noch weitere zwei Jahre als erbarmungsloser Kriegsherr, bis er - möglicherweise durch seine neue Glaubensausübung berührbarer geworden - das entsetzliche Elend der von ihm unterworfenen und gedemütigten Völker erkannte. Er bereute seine Taten zutiefst und entschloss sich, seine künftige Regierungszeit ganz nach dem Geist der buddhistischen Lehre auszurichten. Er verzichtete nicht nur auf jegliche Gewalt, sondern errichtete Krankenhäuser und Schulen, sorgte für den Wohlstand und die Rechtssicherheit seines Volkes und vertrat eine Haltung aktiver Toleranz allen anderen Religionen gegenüber. So sehr seine Untertanen und Kriegsgegner zuvor von ihm in Blut und Tränen geschlagen worden waren, so sehr entwickelte sich Indien unter seiner späteren Herrschaft zu einem blühenden, sozialen und humanitären Land. Da Ashoka der damals mächtigste Mann Indiens war und alle Schaltstellen der Macht unter seinem Einfluss standen, konnte er die Änderung der Lehrsätze in seinem Herzen natürlich unmittelbar und zum offensichtlichen Wohle seines Volkes umsetzen. Nach seinem Tod jedoch erfuhren die von ihm geschaffene Blütezeit und seine humanitäre Staatsführung einen raschen Niedergang. Ich erinnere mich, vor Jahren dazu einmal einen Kommentar von Daisaku Ikeda gelesen zu haben, der diesen Sachverhalt folgendermaßen interpretierte: Ashokas Werk habe vermutlich deshalb keine Fortsetzung gefunden, weil er keine Nachfolger im Glauben und in seiner auf den humanitären Prinzipien des Buddhismus aufbauenden Politik gehabt bzw. erzogen habe. Die glücklichen Untertanen seiner friedlichen Regierungsperiode hätten zwar die Segnungen seiner späteren Güte und Menschlichkeit genießen können, doch nur in Abhängigkeit von ihm, dem Verantwortlichen und Urheber. Insofern sei es eine Beziehung zwischen Ungleichen geblieben. Das Meister-Schüler-Prinzip hingegen befähigt die Schüler, dem Meister über eine tiefe Identifikation mit dessen Wünschen und Zielen vollkommen ebenbürtig zu werden, ihm nachzufolgen und ihn in der Fortführung der gemeinsamen Vision sogar noch zu übertreffen.

Insofern ist es Ashoka offenbar nicht gelungen, die Leitsätze des Buddhismus, die die Kraft hatten, ihn - einen rücksichtslosen und machthungrigen Gewaltherrscher - zur Umkehr zu bewegen, so in die Herzen seiner Mitmenschen einzupflanzen, dass seine humanitäre Staatsführung auch über seinen Tod hinaus hätte weiter existieren können. Diese kritische Anmerkung soll Ashokas Verdienst und die durch seine Person bewiesene Kraft der buddhistischen Ausübung keinesfalls schmälern - sie soll jedoch die Ermahnung Nichirens verständlicher machen, weshalb er sich eben nicht nur den Mächtigen und Großen der Welt zuwandte, nicht nur die Gesetze ändern und seiner Lehre zu staatlicher Anerkennung verhelfen, sondern die Herzen der einzelnen Menschen erreichen wollte.

Nun sind wir aber alle keine Ashokas, wir besitzen kein Königreich und können auch nicht sogleich alle Hebel der Macht in Bewegung setzen, nur weil wir in eben diesem Augenblick einen tiefen Entschluss für unser Leben gefasst haben. Wir können aber auf Nichiren vertrauen, der uns ein inneres Königreich und die „Schatzreiche in den zehn Richtungen“ der Welt verspricht, als Metapher für einen Lebenszustand tiefen und unzerstörbaren Glücks. Einen solchen Zustand können wir dann in uns öffnen, wenn wir unser Leben dem „einzig Guten“ widmen, das der Buddhismus kennt, der unparteiischen Wertschätzung allen Lebens, und uns entschließen, diese Einsicht zum tiefsten Lehrsatz unserer Herzen zu machen. Wir brauchen das nicht einfach blind zu glauben, sondern können und sollen sogar die Richtigkeit von Nichirens Aussage überprüfen, indem wir sie durch konkrete Anwendung, sprich tägliche Praxis, unserer eigenen Erfahrung unterziehen. Denn die Wahrheit des „Wahren Gesetzes“, des „einen Wahren Fahrzeugs“, wovon im Text die Rede ist, ist kein absoluter, für sich allein existierender Wert. Sie wird überhaupt erst zu einem Wert in der Wechselbeziehung mit den Menschen, die dieses Gesetz in sich lebendig und wahr werden lassen, die nach seinen Lehrsätzen leben und handeln und damit tatsächlich zu Frieden und Sicherheit in ihrem Land beitragen.

Quelle: FORUM Juli/August 2003

Der Bodhisattva-Weg

Vortrag von Barbara Krausnick,\ gehalten anlässlich des Frauen-Jahrestreffens in Bingen

Nichiren Daishonin schreibt in der Gosho „Das Wahre Wesen des Lebens“ die berühmten Sätze „Wenn Sie denselben Geist wie Nichiren haben, dann müssen Sie ein Bodhisattva aus der Erde sein. (...) Wären Sie nicht Bodhisattvas aus der Erde, dann könnten Sie nicht Daimoku chanten.“

Was bedeuten diese Sätze? Ich finde es wichtig, sich das intensiv zu fragen, wenn wir die Gosho lesen und sie wirklich mit unserem Leben verstehen wollen, wie Präsident Toda es so oft gesagt hat. Daher möchte ich zunächst einmal mit der Frage beginnen, was ist überhaupt ein Bodhisattva? In der ursprünglichen Bedeutung und wörtlichen Übersetzung war der Bodhisattva ein Anwärter auf die Buddhaschaft, der nach vielen anstrengenden meditativen und praktischen Übungen eine hohe Stufe der Ausübung erreicht hatte und nun kurz davor stand, die Wirkung seiner Bemühungen in Form des Lebenszustandes der Buddhaschaft zu erfahren. Damit war der Begriff Bodhisattva also ganz an Nutzen und Wirkung der Ausübung orientiert und letztlich sehr ichbezogen. In der Weiter­entwicklung des Buddhismus (Mahayana-Schule) wurde mehr die inhaltliche Ausrichtung der Bodhisattva-Ausübung betont, nämlich das humanistische Ideal, sich für das Glück und Wohlergehen der Menschen einzusetzen und damit die Grenzen des Egoismus zu überwinden. Hier stand also die altru­istische Tat, das Setzen guter Ursachen, im Mittelpunkt des Verständnisses.

Im 15. Kapitel des Lotos-Sutras mit dem Titel Hervortreten aus der Erde, werden aber auch diese Bodhisattvas als Schüler einer vorläufigen Lehre zurückgewiesen. Statt dessen treten bzw. springen (beide Bedeutungen sind im japanischen Begriff enthalten) strahlende, kraftvolle und tatendurstige Bodhisattvas aus der Erde hervor. Nur sie werden von Shakyamuni mit der Verbreitung und Weitergabe des ewigen Gesetzes (Dharma), speziell in der schwierigen und konfliktreichen Zeit des Späten Tages des Gesetzes beauftragt.

Die Bodhisattvas des 15. Kapitels zeichnen sich aus durch ihr Hervortreten aus der Erde. Erde ist dabei zu verstehen als Symbol der Buddhaschaft, der Quelle der ursprünglichen Lebenskraft. Da sie nicht als gottähnliche Wesen vom Himmel herabsteigen, sondern aus dem Raum unter der Erde hervorkommen, wird ihre Verhaftung in der Realität der Alltagswelt hervorgehoben und die Untrennbarkeit von Buddhaschaft und den neun Welten, in denen sich unsere Alltags­angelegenheiten abspielen, betont. Wie es im Lotos-Sutra beschrieben wird, kommen sie auch nicht nur langsam, zögernd hervor, nein, sie springen, sie tanzen aus der Erde hervor, freiwillig, eigenmotiviert, voller Freude und Ausgelassenheit. Denn sie schöpfen ihre Identität aus der Gewissheit, dass ihr Leben mit Buddhaschaft bereits ausgestattet ist, sie sich diese also nicht erst langwierig erwerben müssen, sondern auf sie zurückgreifen können, weil ihr Leben selbst Buddhaschaft ist. Ihre Anstrengungen für andere Menschen gehen deshalb dahin, sie ihre eigene Buddha­natur öffnen zu lassen, sie ihnen zu zeigen, sie dazu zu erwecken und in sie eintreten zu lassen (vier Aspekte der Buddhaweisheit).

„... Du hast alles Potential in dir, um ganz glücklich zu werden, dein Leben ist mehr wert, als alle Schätze des Universums, du selbst bist der Schatzturm und trotz deiner Schwächen und Fehler vollkommen ausgestattet, du bist der Mikrokosmos im Makrokosmos, du bist Buddha und deine Lebenskraft ist unerschöpflich, grenzenlos ...“ So und ähnlich lauten die Ermutigungen der Bodhisattvas aus der Erde, die das mystische Gesetz von der Würde allen Lebens von Mensch zu Mensch weitergeben und sie befähigen, ihr Leben voller Freude und Zuversicht selbständig und selbstverant­wort­lich zu leben. Die Motivation ihres Einsatzes zeigt sich also nicht nur in einer Hilfe, die Not zwar lindert, aber die Leidtragenden in einer grundlegenden Abhängigkeit belässt, sondern sie zeigt sich - plakativ gesprochen - in Hilfe zur Selbsthilfe, durch die Menschen zum Ursprung ihres Lebens und ihrer Lebenskraft zurückfinden sollen.

In der Diskussion über Die Weisheit des Lotos-Sutras, Teil 25, erläutert Daisaku Ikeda die Beziehung zwischen den vorläufigen und den Bodhisattvas aus der Erde folgender­maßen: „Präsident Makiguchi sagte: ‘Es wird zwar gesagt, dass Staubteilchen sich ansammeln und Berge bilden, aber in Wirklichkeit gibt es keine Berge, die aus angehäuften Staubteilchen bestehen. Besten­falls können sie einen kleinen Hügel bilden. Wirkliche Berge werden durch große Bewegungen in der Erdkruste gebildet. Gleichermaßen können kleine gute Taten, egal wie viele davon Sie ansammeln, niemals großes Gut ergeben.’ Die Bodhisattvas der vorläufigen Lehre sind wie jene, die versuchen, die Buddhaschaft durch das Anhäufen kleiner guter Taten zu erlangen. Die Bodhisattvas der wesentlichen Lehre lassen im Gegensatz dazu die große Vitalität der Buddhaschaft aus der Tiefe ihres Lebens hervorströmen, aus der grundlegenden Natur des Gesetzes, das heißt aus der Quelle ihres Lebens, mit einer explosiven Kraft, wie der eines Vulkanausbruchs. Die Bodhisattvas aus der Erde sind Bodhisattvas, die ständig das Mystische Gesetz praktizieren und die jeden Augenblick in Harmonie mit dem ewigen Leben leben. In ihrer Erscheinung als Ausübende sind sie Bodhisattvas, in ihrem Lebenszustand sind sie Buddhas.“

Ich finde diesen Kommentar bemerkenswert, weil er gerade den Vorstellungen entgegen redet, die wir uns als christlich-abendländisch geprägte Menschen so leicht von altruisti­schem Einsatz machen. Die Tat des Bodhi­sattvas aus der Erde hat nichts mit Selbstauf­opferung oder irgendeiner Form des Selbst­verzichts zu tun. Sie entspringt einem tiefen und vollkommen freiwilligen Entschluss, die Lehre des Buddhas weiterzugeben, als Ausdruck der Dankbarkeit, selbst zu dem großartigen Gesetz von Myoho erwacht zu sein und täglich die eigene Buddhaschaft erfahren zu können. Es geht nicht um schweißtreibende Anstrengungen, die am Ende dazu führen können, anderen Menschen die Verantwortung für ihr eigenes Leben abnehmen zu wollen. Es geht vielmehr um eine Eruption in unserem Inneren, die Kraft der Buddhaschaft in unseren Handlungen zu offenbaren, weil wir unseren tiefen Lebens­zustand nicht nur für uns allein genießen, sondern ihn mit anderen teilen wollen.

Buddhaschaft als reiner Selbstzweck, nur zur eigenen Freude und Genügsamkeit, hat nichts mit dem Buddhismus Nichirens zu tun. Eine solche Erleuchtung wäre ohne Wert, weil sie die Begrenzung unseres kleinen Ichs verfes­tigte, statt sie zu überwinden. In der Dialektik des Buddhismus Nichirens kann Buddha­schaft sich nur in der Tat des Bodhisattvas manifestieren, in der Wechsel­beziehung zwischen den neun Welten unseres Alltagsle­bens und der zehnten Welt der Buddhaschaft. Auch hierzu möchte ich eine Erläuterung von Ikeda heranziehen: „Auch wenn wir Vermutungen anstellen, was ein perfekter Buddha sein könnte, ist das in Wirklichkeit nicht mehr als ein Ziel, mit anderen Worten - so etwas wie einen Buddha, der getrennt von den neun Welten der gewöhnlichen Person lebt, gibt es nicht. Ein buddha-ähnlicher Buddha, der die zweiund­dreißig Merkmale besitzt, existiert einfach nicht. In Wirklichkeit kann der Buddha nur im Leben und in den Aktivitäten eines Bodhisattvas gefunden werden. Es gibt keinen anderen Buddha als den Bodhisattva-Buddha“.

Darüber hinaus steht der Bodhisattva-Buddha auch für das wichtige buddhistische Prinzip der Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung. Wir neigen dazu, zu denken, dass Buddhaschaft über den anderen neun Lebenszuständen steht und als Wirkung einen höheren Stellenwert hat, als die zugrunde­liegende Ursache der Ausübung die wir niedriger einstufen. Aber das wäre eine vorläufige Lehre.

In Wirklichkeit ist die Öffnung der Buddhaschaft, als Wirkung betrachtet, bereits in der Ursache der Ausübung als Bodhisattva zu finden. Die Wirkung Buddhaschaft wohnt also bereits in der Ursache Bodhisattva-Weg und die Ursache Bodhisattva-Weg ist schon die Wirkung Buddhaschaft. Ursache und Wirkung sind eine Einheit, es gibt keine zeitliche oder räumliche Trennung zwischen ihnen - das ist die revolutionäre Neuerung im Buddhismus Nichirens. Und weil es keine Trennung gibt, kann Nichiren auch voller Überzeugung sagen - und damit komme ich auf meine Eingangszitate zurück: „Wären Sie nicht Bodhisattvas aus der Erde, dann könnten Sie nicht Daimoku chanten“, bzw. „Wenn Sie denselben Geist wie Nichiren haben, dann müssen Sie ein Bodhisattva aus der Erde sein.“

Weil wir Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten, sind wir bereits Bodhisattva-Buddhas und weil bzw. wenn wir uns mit demselben Geist wie Nichiren für das tiefe Glück und den Frieden aller Menschen einsetzen, sind wir auch bereits Bodhisattvas aus der Erde. Natürlich dürfen wir es nicht bei dieser bloßen Erkenntnis bewenden lassen, wir müssen uns auch bewegen und konkret handeln. Aber wir können darauf vertrauen, dass eigentlich alles schon da ist, wenn wir chanten und uns entschließen, anderen Menschen die Großartigkeit des Buddhismus zu vermitteln. Wir müssen nicht erst bessere Menschen werden, wir müssen nicht erst etwas Spektakuläres erreicht und offenbart haben. So wie wir sind, sind wir bereits Bodhisattva-Buddhas, sind wir auf einem Weg, der uns unzweifelhaft zu unserem tiefsten persönlichen Glück und der Erfüllung unserer Wünsche führen wird. Ohne jede Verklärung stellt Ikeda nämlich fest: „Wenn wir für andere sorgen und uns um sie kümmern, das heißt, wenn wir anderen helfen, Lebenskraft hervorzuholen, vermehrt sich unsere eigene Lebenskraft. Wenn wir Menschen helfen, ihren Lebenszustand zu erweitern, erweitert sich auch unser Leben. Das ist das Wunder beim Weg des Bodhisattvas. Handlungen zum Nutzen anderer können nicht von den Handlungen zum eigenen Nutzen getrennt werden. Nur darüber zu reden, anderen Nutzen zu bringen ist arrogant. Nur die Worte andere retten zu sagen ist scheinheilig. Nur wenn wir verste­hen, dass unsere Bemühungen für andere auch zu unserem eigenen Nutzen sind, prakti­zieren wir mit wirklicher Bescheidenheit.“

Insofern ist der Bodhisattva-Weg tatsächlich kein Weg des Selbstverzichts und der Selbst­losigkeit, denn letztere kann es nach buddhis­tischer Lehre aufgrund der Verflechtung von Ursache und Wirkung, von Selbst und Umgebung und anderer Lebensprinzipien gar nicht geben. Aber nur wenn wir uns dessen bewusst sind und ihn dennoch ohne Berechnung und Kosten-Nutzen-Statistik einschlagen, manifestieren wir ihn als Ausdruck höchsten menschlichen Handelns.

Ich selbst praktiziere nun seit 16 Jahren und bin immer mehr von Dankbarkeit erfüllt, den Buddhismus Nichirens gefunden zu haben. Ohne die hartnäckigen Bodhisattva-Bemühungen meines Shakubuku-Vaters und -Bruders, wenn ich es einmal so familiär bezeichnen darf, wäre das nicht möglich gewesen. Ich stehe jetzt vor einer großen neuen Aufgabe und muss gestehen, mich etwas beklommen dabei zu fühlen, denn die Schuhe sind groß, in die ich hineinwachsen muss. Aber da, wie ich es in den Texten zur Vorbereitung des heutigen Studiums gelesen habe, die Ursache schon die Wirkung ist und in der Bemühung bereits das Ergebnis enthalten ist, habe ich mich entschlossen, es zu wagen. Ich möchte uns alle, mich selbst eingeschlossen, dazu ermutigen, den Bodhi­sattva-Weg mit Vertrauen und Zuversicht zu beschreiten und mindestens einen der vielen Aspekte, die er hat, mit ganzer Kraft zu leben, damit er keine Theorie bleibt, sondern zu einer Glaubenserfahrung werden kann.

Literatur:

FORUM April 1999, S. 32

Daisaku Ikeda: Dialoge über das Lotos-Sutra,\ Bd. 4, S. 151 und Bd. 5, S. l32f

Quelle: Express August 2003

Der Fluss der Gedanken

Gongyo und Konzentration von Christian Jaburg

Wer mit der Praxis des Buddhismus Nichiren Daishonins beginnt, muss sich mit einer Menge neuer Fragen auseinandersetzen. Vieles bekommt man gelehrt. Vieles muss man sich erarbeiten. Eine Frage, die gerade von neu Praktizierenden immer wieder gestellt wird, ist: woran soll ich denken beim Gongyo und Daimoku?

Die Antwort ist in der Tat nicht so einfach.

Der Buddhismus lehrt, dass wir unser Karma durch drei Dinge erschaffen: unsere Taten, unsere Worte und unsere Gedanken. Bei Gongyo und Daimoku tun wir all dies. Wir sitzen aufrecht vor dem Gohonzon in der Haltung des Buddhas (die Tat), wir sprechen die Worte des Buddhas und rezitieren das Lotos-Sutra (das Wort), aber denken wir die Gedanken des Buddhas?

Wie sind die Gedanken des Buddhas? Woran denkt der Buddha?

Jeder, der sich selber beobachtet, stellt fest, wie leicht es ist, abgelenkt vor dem Gohonzon zu sitzen und zu chanten. Da ist die Verabredung nachher, der Film von gestern Abend, der noch zu schreibende Brief, der Termin beim Zahnarzt oder die Frage: was soll ich kochen, was ziehe ich an, sehe ich gut aus, was denkt er oder sie über mich, ist der Chef zufrieden, warum finde ich keinen Job? Wünsche, Ängste, Zweifel, Freude - alles mögliche schießt uns durch den Kopf. Ein Sturm von „acht Winden“.^1^

Konzentriertes Daimoku

Die Konzentration^2^ vor dem Gohonzon über längere Zeit aufrecht zu erhalten, gehört sicherlich zu den schwierigsten Dingen beim Chanten. Vielleicht aber auch zu den wichtigsten, wobei die Frage: konzentriert worauf? erst einmal zurückgestellt sei.

Nichiren Daishonin sagt über die Einstellung bei der Praxis:

„Wenn Sie die Anstrengungen von einhundert Millionen Äonen in einem einzigen Augenblick des Lebens konzentrieren, zeigen sich die drei Eigenschaften des Buddhas in jedem Ihrer Gedanken und in jeder Handlung.“^3^

Der Präsident der SGI, Daisaku Ikeda, hat dieses Zitat in einer Vorlesung folgendermaßen interpretiert:

„Buddhismus ist nicht nur Theorie, sondern soll uns in die Lage versetzen, unser Leben mit jedem Augenblick zum Glück und zur Schaffung von Werten zu lenken. Der Ausdruck 'die Anstrengungen von einhundert Millionen Äonen' steht für eine Einstellung, sich jedem unserer Probleme des Lebens mit dem ganzen Sein zu stellen, zu der Gesamtheit unseres Bewusstseins zu erwachen und keine unserer inneren Quellen versperrt zu lassen. Wenn wir uns mit ganzem Herzen und direkt den Herausforderungen des Lebens stellen, bringen wir die in uns verborgenen 'drei Eigenschaften des Buddhas' hervor. Es ist das Licht dieser inneren Weisheit, die unsere Handlungen in jedem Augenblick ermutigt und auf das Wahre und Richtige richtet.“^4^

Glaube heißt somit, sich mit seinem ganzen Wesen auf den einen einzigen Moment zu konzentrieren. Einfach ist das nicht. Es braucht Übung, eben „Ausübung“. Doch genau dies tun wir mit unserer täglichen Praxis von Gongyo und Daimoku. Die Herausforderung besteht darin, Festigkeit zu erlangen. Nichiren Daishonin schreibt:

„Jetzt sollten Sie den großen Wunsch verstärken, hier die Buddhaschaft zu verwirklichen. (...) Wenn Sie nur im geringsten zweifeln oder verleumden, dann fallen Sie in die Hölle unendlicher Leiden. Angenommen, ein Schiff segelt auf offenem Meer: auch wenn das Schiff stabil gebaut ist - sollte es nur ein kleines Leck haben, dann werden die Passagiere unweigerlich zusammen ertrinken. (...) Sie müssen das Meerwasser des Zweifels und der Verleumdung aus Ihrem Lebensschiff herausschöpfen und die Befestigung Ihres Glaubens solide machen. „^5^

Gongyo und Daimoku sind unsere Mittel, unser „Lebensschiff solide zu machen“.

Doch wie leicht wird Chanten zur Routine, zum morgendlichen und abendlichen Programm, zur Gewohnheit. Und nun stellt sich die Frage: wie weit kommen wir damit? Kann ein unkonzentriertes Gongyo und Daimoku uns auf den Weg zur Buddhaschaft bringen? Führt unkonzentriertes Daimoku in höhere Lebenszustände? Welche Anstrengung braucht es, um 'einhundert Millionen Äonen in einem einzigen Augenblick des Lebens' zu konzentrieren? Wie verbringen wir die Zeit vor dem Gohonzon?

Ohne Konzentration ist es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, überhaupt ein Ziel zu erreichen. Im Sport gilt das als selbstverständlich. Die Konzentration von Tennisspielern etwa ist sprichwörtlich. Beim Grand-Slam-Tennisturnier der Australian Open im Januar musste der Weltranglistenerste, Pete Sampras, erfahren, wie es ist, gegen einen absolut entschlossenen „Nobody“ machtlos dazustehen. Der junge Australier, Mark Philippousis, hatte sich hochmotiviert und zutiefst konzentriert in einen Zustand gespielt, in dem ihm schlicht jeder Schlag gelang. Sampras verlor das Spiel völlig unerwartet. Jeder Tennisspieler kennt diesen Zustand, stand hinterher im Berliner „Tagesspiegel“ zu lesen: „Wenn sie wie in Trance spielen, wenn nichts und niemand sie mehr aufhalten kann, dann sagen Tennisspieler, sie seien in der Zone' gewesen. Und keiner wusste besser als Sampras, 'dass dieser Bursche in der Zone war'.^6^

Der junge Mann war über sich hinausgewachsen. Er hatte Kapazitäten in sich geweckt, die immer schon latent in ihm vorhanden gewesen waren. Das Spiel, der Gegner, die Umstände, die Anfeuerungsrufe des Publikums, seine Konzentration, sein Siegeswille - all dies hatte Kräfte freigesetzt, die als Potential schon immer da waren.

Auch unsere Buddhaschaft ist als Potential bereits in uns, lehrt Nichiren Daishonin. Unsere lebenslange Herausforderung ist es, dieses Potential hervorzubringen und permanent zu etablieren.

Was ist Konzentration?

Konzentration ist „die Fähigkeit, sich zu sammeln, alle Zerstreutheit (...) abzulegen, um die Wahrnehmungen, Vorstellungen und Gedanken gebündelt auf einen Erleb­nisinhalt richten zu können. Das erfordert zusätzlich die Kraft, allen Störfaktoren - von innen und außen - Wider­stand entgegenzusetzen, um nicht ,abgelenkt’ zu werden.“^7^

Es ist häufig nicht ganz einfach, sich über längere Zeit einem einzelnen Gegenstand zuzuwenden. Doch mitunter fällt uns „konzentriert“ zu sein auch sehr leicht. Etwa bei einem spannenden Spielfilm. Wenn unsere Aufmerksam­keit gefesselt ist, erleben wir die Zeit im Kino oder vor dem Fernseher, als seien nur Minuten verstrichen. Wer sich umgekehrt langweilt, für den scheint die Zeit stehen zu bleiben.

Natürlich verhält es sich ganz ähnlich beim Daimoku. Unkonzentriertes Chanten kann die Zeit geradezu quälend langsam verstreichen lassen. Wer zum Beispiel ständig auf die Uhr sieht, ist ganz einfach unkonzentriert. Er wird sich kaum bewusst sein, weshalb er überhaupt chantet.

Doch einen Entschluss zu verwirklichen, ein Ziel zu erreichen, braucht die Bündelung von Gedanken. Am besten sogar eine genaue Vorstellung davon, wie dieses Ziel aussehen sollte.

Wer vor dem Gohonzon gähnt, vergeudet seine Zeit.

Hiroshi Hojo, der vierte Präsident der Soka Gakkai, sagte einmal: „Wenn es um Ihr Leben geht, dann kämpfen Sie mit jedem Funken Ihrer Energie. Doch der Kampf gegen Ihr eigenes Karma ist noch viel schwieriger. Das Leben und der Glaube [an den Gohonzon] sind einfach ein und dasselbe. Zu denken, man käme schon irgendwie 'auf die eine oder andere Art' durch, allein weil man an den wahren Buddhismus glaubt, hat rein gar nichts mit wirklichem Glauben zu tun. Wenn Sie sich so sehr anstrengen, dass Ihnen der Schweiß in Strömen den Körper hinunter läuft und Sie Weisheit aus sich herauspressen, von der Sie bisher noch nicht einmal ahnten, dass Sie sie besaßen - erst dann machen Sie das Unmögliche möglich. Und genau das ist der Punkt, an dem der Gohonzon Sie in jeder Form beschützen wird.“^8^

Doch nicht jeder wird die Herausforderung des Lebens jeden Tag mit dieser Intensität verspüren. Zwar wird es extreme Situation gegeben haben, die einem das Äußerste abverlangt haben. Erstaunliche buddhistische Erfahrungen erwachsen täglich daraus, und wir berichten darüber im FORUM. Aber woher nimmt man die Motivation zu konzentriertem chanten etwa dann, wenn das eigene Leben einigermaßen „im Lot“ ist? Wenn der Wunsch nach der Verwirklichung der eigenen Buddhaschaft oder nach Kosen-rufu einmal nicht oder noch nicht so brennend verspürt wird? Wenn sich keine konkret fassbare Schwierigkeit in den Weg stellt, die es zu überwinden gilt?

Dies ist eine große Herausforderung der wir uns bewusst stellen müssen. Aber Nichiren Daishonin sagt sehr genau, wie unsere Praxis aussehen sollte. In seinem „Brief an Kyo’o“ schreibt er: „Nam-Myoho-Renge-Kyo ist wie das Brüllen des Löwen.“^9^ Und: „Man sagt, dass der Löwe, der König der Tiere, drei Schritte vorwärts tut, sich dann konzentriert, um zu springen, und dabei die gleiche große Kraft entfesselt, ob er nun eine winzige Ameise fängt oder ein reißendes Tier angreift. (...) Ein Schwert wird in den Händen eines Feiglings nutzlos sein. Das mächtige Schwert des Lotos-Sutras muss geschwungen werden von jemand, der mutig im Glauben ist.“^10^

Wenn die Verwirklichung eines Ziels zunächst die Bündelung von Kräften verlangt, dann ist die Konzentration auf das höchste Lebensgesetz, auf Nam-Myoho-Renge-Kyo, vor dem Gohonzon ganz sicher der erste Schritt. Und auch unsere Augen sollten sich allein auf den Gohonzon richten. So kommen wir in Einklang: mit unserer Tat, unserem Wort und unseren Gedanken. Und wer sich dabei 'ertappt', gedanklich abzuschweifen (oft stellt man dies ja erst nach Minuten fest), der sollte versuchen, diese Gedanken fortzuwischen wie Nebeltau. Und man sollte immer wieder zum ursprünglichen Ziel zurückkehren, sich nicht entmutigen lassen. Immer wieder von vorne. Wo war ich? Egal, zurück zum Gohonzon! Es wird uns kaum gelingen, an „nichts“ zu denken. Warum auch? Hören wir uns zu. Hören wir auf das „Brüllen des Löwen“ (das sehr leise sein kann; es ist die Intensität, die gemeint ist). Es sind erstaunliche Erfahrungen, die sich so auftun. Der Gohonzon bekommt ein Strahlen und einen Glanz, wird klar, ganz deutlich und leuchtet fast. Das Gefühl für Zeit schwindet, die Minuten fliegen dahin. Der Körper wird leicht, das Daimoku fließt. Wir „verschmelzen“ mit dem Gohonzon.

Vielleicht muss es nicht die Konzentration auf Nam-Myoho-Renge-Kyo allein sein. Jeder macht eigene Erfahrungen. Wer ein klares Ziel oder eine Vorstellung davon hat, was er erreichen möchte, kann sich auch darauf konzentrieren. Wichtig ist, eine Mitte zu finden. Ein Gedanke, zu dem man stets zurückkehren kann. Den Punkt, auf den alles zuläuft. Das Zentrum.

Präsident Ikeda schreibt: „Der entscheidende Punkt ist Dein ichinen^11^ gegenüber dem Gohonzon. Mit einem aufrichtigen Morgen- und Abendgongyo kannst Du jeden Deiner Träume verwirklichen. Du kannst gesund werden, wenn Du krank bist. Das wird Dir aber kaum gelingen, wenn Du während des Gongyos wegschlummerst. Lasst uns ein Gongyo machen und Daimoku chanten, das den Rhythmus eines galoppierenden Pferdes hat!“

^1^ Nichiren Daishonin ermutigt in der Gosho „Die Acht Winde“ dazu, sich von äußeren Umständen unabhängig zu machen: Ein wirklich weiser Mensch wird sich nicht von auch nur einem der acht Winde beeinflussen lassen: Wohlstand, Verschlechterung, Schande, Ehre, Lob, Tadel, Leiden und Freude. (Dt. Gosho, Bd. I, S.78)

^2^ aus dem franz. concentrer „in einem (Mittel)punkt vereinigen“ entlehnt

^3^ Jap. Gosho, S.790

^4^ Daisaku Ikeda, Vorlesung an der Harvard Universität, Boston/USA. am

  1. September 1993. Abdruck: FORUM, 12/93,S.8

^5^ Nichiren Daishonin, Die Befestigung des Glaubens, Dt. Gosho, Bd. i,S.70

^6^ Der Tagesspiegel. 21.1.1996

^/^ Ernst Ott. Das Konzentrationsprogramm. Rowohlt, S.15

^8^ Zitiert nach: Richard Causton, Nichiren Shoshu Buddhism, S.178

^9^ Dt. Gosho, Bd. 1, S. 72

^10^ ebd.

^11^ ichi: eins, nen: Augenblick. Herz, Gedanke. Bedeutet wörtlich: gründlich nachdenken. felsenfest glauben. Oder auch: eine sehr kurze Zeit, ein Augenblick (siehe auch FORUM 10/90, Seite 7ff.)

Quelle: FORUM April 1996

Die vierzehn Verleumdungen

von Lorena Camerini

Die Vierzehn Verleumdungen sind viele, zu viele, und vor allem ist es zu schwierig, sie nicht zu begehen. Aber wenn wir genügend Geduld haben, ihrer tiefen Bedeutung auf den Grund zu gehen, werden wir feststellen, dass diese Schar von Feinden, die zum Angriff bereit vor uns hintreten, doch nicht so groß ist, wie sie auf den ersten Blick aussah. Und vor allem, dass es reicht, eine einzige, machtvolle Waffe zu ergreifen, um sie alle zu versprengen.

„In ihrem Brief schreiben Sie: ‘Seit ich an dieses [Lotos-] Sutra glaube, habe ich fortgesetzt das Junyoze und das Jigage rezitiert und chante das Daimoku ohne die geringste Nachlässigkeit. Doch wie groß ist der Unterschied zwischen den Nutzen, die ein Weiser erhält, wenn er das Daimoku chantet, und den Nutzen, die wir erhalten, wenn wir es chanten?’ Um zu antworten: Eines ist dem anderen in keiner Weise überlegen. Das Gold, das ein Narr besitzt, unterscheidet sich nicht von dem Gold, das ein Weiser besitzt; ein Feuer, das ein Narr anzündet, ist das gleiche wie das, das ein weiser Mensch entfacht.

Doch es gibt einen Unterschied, nämlich wenn man das Daimoku chantet und dabei gegen die Absicht des Sutras verstößt. Es gibt viele Arten der Verleumdung, die sich gegen die korrekte Ausübung dieses Sutras richten. (...) Ein Gelehrter zählt die Arten des Bösen wie folgt auf: Ich nenne zuerst die bösen Ursachen und dann ihre Wirkun­gen. Es gibt 14 böse Ursachen: 1. Arroganz, 2. Nachlässigkeit, 3. willkürliches, selbstsüchtiges Urteil, 4. oberflächliches, selbstzufriedenes Ver­ständnis, 5. Festhalten an irdischen Begierden, 6. Mangel an suchendem Geist, 7. Unglauben, 8. Abneigung, 9. Zweifel der Illusion, 10. Diffa­mierung, 11. Verachtung, 12. Hass, 13. Eifersucht und 14. Groll“ (dt. Gosho, Bd. 3, S. 206-207)

So beantwortete Nichiren Daishonin am 9. Dezember 1276 die Frage von Matsuno Rokuro Zaemon Nyudo, Vater von Nichiji, einem der sechs älteren Priester, und Großvater von Nanjo Tokimitsu. Ich wette, dass, wer auch immer diese Worte liest, verzweifelt die Hände ringt und denkt: „Welche von diesen 14 Verleumdungen begehe ich nicht? Praktisch keine! Aber dann, wie kann ich ein Buddha werden? Es ist unmöglich!“

Aber Halt! Fangen wir von vorne an. Und vor allem, lassen wir die Mutlosigkeit beiseite.

Fangen wir mit der Arroganz an, nicht nur, weil sie die erste der 14 Verleumdungen ist, sondern weil sie auch viele der anderen enthält. Nach­lässigkeit etwa kommt nicht nur aus Faulheit: in vielen Fällen ist Nachlässigkeit eine Äußerung von Gleichgültigkeit und entsteht genau aus einem übertriebenen Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Wir denken: „Warum in die Tiefe gehen? Ich habe das nicht nötig. Ich habe sowieso schon alles verstanden und es kann nur so sein, wie ich mir das denke.“

Diese arrogante Einstellung führt auch zu der dritten und vierten Verleumdung: gerade weil wir so überzeugt sind, schon alles verstanden zu haben und in unserer Suche nachlässig geworden sind, entwickeln wir ein „willkürliches, selbstsüchtiges Urteil“, d.h. wir halten unsere persönlichen Ideen für universell gültige Wahrheiten. Das führt wiederum dazu, dass wir ein oberflächliches, selbstzufriedenes Verständnis haben, das uns daran hindert, in das Wesen der Dinge, insbesondere der buddhistischen Lehre, einzudringen.

Was ist aber Arroganz? Nichts anderes als die Arroganz der vierten Welt, der des Ärgers. Nichiren Daishonin sagte dazu: „Der Mensch in der Welt des Ashura [eine Art grässliches über­menschliches Wesen] verspürt den unwidersteh­lichen Drang, jedermann zu besiegen. Wie der Falke, der hoch am Himmel seine Kreise zieht und nach Beute sucht, sicht er auf andere herab und respektiert nur sich selbst. Er zeigt nach außen Wohltätigkeit, Rechtschaffenheit, Anstand, Weisheit und Glauben, und möglicherweise legt er sogar eine primitive Art moralischer Integrität an den Tag, aber in seinem Inneren ist er ein grässlicher Ashura.“ (aus: Daisaku Ikeda, „Das Rätsel des Lebens“, S. 151)

In Wirklichkeit verhält es sich so, wie Daisaku Ikeda betont: „Die augenfällige Größe oder Bedeutsamkeit eines Menschen im Zustand des Ärgers ist reine Illusion. Sein wahres Selbst nimmt nur wenig Lebensraum ein, aber da er unzufrieden ist, plustert er sich mit Hilfe der Einbildungskraft zu einer riesigen Erscheinung auf. Häufig werden wir dadurch getäuscht und halten das Trugbild für die Realität. Der Mensch in diesem Zustand zwei­felt seinerseits nicht an seiner Realität und tut, was er kann, um mit seiner illusorischen Stärke soviel Unheil wie möglich anzurichten.“ (ebd., S. 154)

Aber, sobald er entlarvt wird, schrumpft der Mensch in der Welt des Ärgers zusammen, „genau wie der hochmütige Ashura, der schrumpfte und sich in einer Lotosblüte auf dem Munetchi-See versteckte, als Taishaku ihm Vorwürfe machte.“ („Der Brief von Sado“, ebd. S. 154). Ikeda erklärt auch: „Oft ist Neid oder Über­heblichkeit nur ein Abwehrmechanismus, hinter dem sich ein tief verwurzeltes Minderwertigkeits­gefühl verbirgt. Das Selbst, das zur Unsicherheit neigt, blufft oder täuscht Größe und Erhabenheit vor.“ (ebd. S. 152)

Aber warum leidet das Ich unter diesem tiefen Minderwertigkeitsgefühl und versucht, sich dagegen zu wehren, indem es sich vor sich selbst und vor den anderen riesengroß macht? Was bringt diesen Menschen dazu, die anderen zu un­terdrücken, um die Illusion zu haben, er sei allen überlegen? Da tritt die sechste Verleumdung, der Mangel an suchendem Geist, auf den Plan. Ein arroganter Mensch lebt ständig in der Illusion, sein Ich sei von allen anderen beseelten und unbeseelten Lebewesen getrennt; der arrogante Mensch ist davon überzeugt, er stünde allein dem Rest der Welt gegenüber. In der buddhistischen Philosophie ist das eines der größten Miss­verständnisse. In der Tat beruht der Buddhismus auf dem Begriff eines fundamentalen Gesetzes, Nam-Myoho-Renge-Kyo, das in allem Leben des Universums enthalten ist: Da alle Lebewesen Manifestationen des Mystischen Gesetzes sind, sind sie in ihrem Wesen untrennbar voneinander.

Ein anderes großes Missverständnis ist die Illusion, dass das Ich ewig sei. Die Angst, durch den Tod die eigene Individualität zu verlieren, ist in den Menschen tief verwurzelt. Diese Illusion, die das „kleine Ich“ – die temporäre Zusammen­setzung der Fünf Komponenten - gegenüber dem „großen Ich“ - die eigene ewige Buddhaschaft - begünstigt, gehört zu der fünften Verleumdung, dem Festhalten an irdischen Begierden. Bei genauerer Betrachtung sind alle Vierzehn Verleumdungen in drei der Vier Bösen Pfade verwurzelt; bis jetzt haben wir über den Ärger gesprochen, jetzt spielen auch Hunger und Animalität eine Rolle.

In seiner hervorragenden Erklärung der Zehn Welten schreibt Daisaku Ikeda: „Das Merkmal des Selbst im Zustand der Unersättlichkeit ist eine anscheinend endlose Gier, die sowohl den Körper als auch den Geist mit einem lodernden Feuer verzehrt.“ (ebd., S.144)

Was die Animalität angeht, sagt der Daishonin in dem „Brief von Sado“: „Es gehört zur Natur der wilden Tiere, die Schwachen zu bedrohen und die Starken zu fürchten.“ (ebd., S. 148) und „Fische wollen überleben, deshalb bedauern sie es, dass ihr Teich so seicht ist, und graben Löcher, um sich zu verstecken. Doch auch sie werden von Ködern überlistet und gehen an die Angel. Vögel auf einem Baum fürchten, zu tief zu sitzen, und setzen sich auf höhere Zweige, aber auch sie werden von Ködern angelockt und gehen ins Netz.“ (ebd., S. 149)

Daher, sagt Ikeda, „Wer nur seinen Instinkten folgt, hat keine Kontrolle über sein Schicksal.“ (ebd., S. 149) „‘Töricht’ ist ein passendes Wort für das Selbst, das so in seine instinktiven Ver­gnügen vertieft ist, dass es frohen Mutes die Basis seiner eigenen Existenz auffrisst.“ (ebd., S. 150)

Alles klar. Aber wir müssen wieder verzweifelt die Hände ringen! Welcher Mensch lebt denn nicht - mehr oder minder - ständig in der Welt des Hungers oder der Animalität? Wer kann von sich behaupten, er habe keine Wünsche und Begier­den, welcher Natur auch immer?

Aber Vorsicht! Die fünfte Verleumdung besagt nicht, dass es nicht erlaubt ist, Wünsche zu haben, sondern dass es falsch ist, daran festzuhalten. Die Lehre Nichiren Daishonins ist die einzige, die behauptet, dass die Buddhaschaft in den Neun Welten beinhaltet ist und dass der gewöhnliche Sterbliche ein Buddha ist. Daher können gerade Menschen, deren Leben voll von irdischen Begierden ist - und nur sie - die Buddhaschaft erlangen.

Der Schlüssel zu diesem scheinbaren Paradox ist in dem Wort „festhalten“. Jeder von uns ist frei, alle nur möglichen und vorstellbaren Wünschen zu hegen und sich alle Mühe zu geben. sie zu verwirklichen; wichtig ist nur, dass wir unser Leben nicht auf unsere Begierde stützen. Ein höheres Ziel zu haben, bedeutet nicht, auf die eigenen Wünsche verzichten zu müssen. Im Gegenteil, wenn wir sie in einer breiteren Perspektive betrachten, können wir sie einerseits auf das richtige Maß zurückführen - und uns dadurch der Vergänglichkeit aller Dinge bewusst werden, was immer eine gewisse gesunde Unabhängigkeit mit sich bringt - andererseits ist unsere Freude größer, wenn wir unsere Wünsche verwirklichen, weil sie dann Teile eines größeren Glücks werden. Außerdem, wenn wir ein höheres Ziel haben, werden wir nicht in die Welt der Hölle fallen, wenn wir einen von unseren Wünschen nicht verwirklichen können, weil unser Leben einen größeren Sinn bekommen hat. Es geht trotzdem weiter und ist immer noch lebenswert, auch wenn wir leiden. Die Verleumdung besteht gerade darin, sich darauf zu versteifen, weiter für etwas zu leiden, was wir nicht erreichen konnten, als ob von dem Erlangen dieser einzigen Sache unser ganzes Leben abhängig wäre. „Erare humanum est“, irren ist menschlich, doch „perse verare diabolicum“, darin zu verharren ist teuflisch. Die Verleumdung besteht darin, in dem Leiden um das Verfehlen eines Wunsches zu beharren. Weil dieses hartnäckige Leiden wegen etwas, was sowieso vergänglich ist, und nicht zu unserem tieferen Leben gehört, unsere Buddha­schaft leugnet.

Wünsche und Abhängigkeiten gibt es viele, so viele wie es Gedanken in allen Köpfen aller Menschen auf der Erde gibt, multipliziert mit allen Minuten, Stunden und Tagen ihres Lebens. Es sollte uns dann nicht wundern, dass auch die buddhistischen Lehren Abhängigkeiten erzeugen können. Als zum Beispiel Shakyamuni die von ihm bis dahin erteilte Lehre zurückwies, um eine höhere Wahrheit zu predigen, wurden viele seiner Anhänger zu seinen Verleumdern, und damit begingen sie genau die fünfte Verleumdung: Sie hielten an der Lehre fest, die sie zuerst gehört hatten. Und so begingen die Feinde des Buddhas auch die achte, die neunte und die zehnte Verleumdung - Abneigung, Zweifel und Diffa­mierung

Das japanische Wort onshitsu kann das sehr gut erklären. Es besteht aus zwei Teilen: on bedeutet „diejenigen, die das Hindernis nicht beseitigt haben, shitsu „diejenigen, die nicht hören wollen“. „In diesem Zusammenhang bedeutet Hindernis die Illusionen sind die Wünsche, die einen davon abhalten, nach der wahren Lehre zu streben, und daher bezieht sich on auf diejenigen, die die Lehren vor dem Lotos-Sutra nicht ablegen können. Das Wort shitsu hingegen bezieht sich auf diejenigen, die vorsätzlich das wahre Gesetz nicht hören wollen.“ (De Luca, DuemilaUno Nr. 34, 1992) Das Wort onshitsu wird aber normaler­weise gebraucht, wenn jemand schlechte Gefühle gegenüber den Anhängern des Lotos-Sutras hegt. Das ist kein Versehen, weil Nichiren Daishonin selbst in der Gosho „Die Person und das Gesetz“ sagt: „Da das Gesetz das höchste ist, gebührt der Person Ehre ...“ (dt. Gosho, Bd. 1, S. 32).

Onshitsu zu begehen heißt dann, die letzten vier der 14 Verleumdungen zu begehen: Verachtung, Hass, Eifersucht sind Groll.

In „Das Erbe des letztendlichen Gesetzes des Lebens“ sagt Nichiren Daishonin: „Alle Schüler und Gläubigen Nichirens sollten Nam-Myoho-Renge-Kyo in Itai doshin chanten und alle Unter­schiede zwischen sich überwinden, um so untrennbar zu werden wie Fische und das Wasser, in dem sie schwimmen. Dieses geistige Band ist die Grundlage für die universelle Weitergabe des letztendlichen Gesetztes von Leben und Tod. (...) Wenn Sie so einig sind, kann sich sogar die große Hoffnung für Kosen-rufu ganz sicher erfüllen.“ („Das Erbe des letztendlichen Gesetzes des Lebens“, dt. Gosho, Bd. 1, S. 137)

Deswegen ist es so wichtig, nicht zu verachten, nicht zu hassen, und weder Eifersucht noch Groll gegenüber den Praktizierenden des Buddhismus Nichiren Daishonins zu hegen: nicht weil sie perfekte Wesen sind, die keine Fehler machen, nicht weil sie eine Art „Unberührbare“ sind, im Gegenteil. Es ist nur, weil das letztendliche Ziel der Verbreitung des Buddhas - die Verwirk­lichung von Weltfrieden auf der Grundlage des Buddhismus - nie erreicht werden kann, wenn wir dieses spirituelle Band nicht erschaffen.

Jetzt wird jemand noch verzweifelter als früher die Hände ringen: Diese Vierzehn Verleumdungen sind wirklich etwas Schreck­liches, und wir müssen immer sehr wachsam und sehr beherrscht sein, um ihnen zu entgehen.

In Wirklichkeit ist alles viel einfacher, als es aussieht. Die wichtigste erforderliche Eigenschaft, um die Vierzehn Verleumdungen zu vermeiden, ist der suchende Geist.

Und was ist mit der siebten Verleumdung, der Unglaube? Haben wir sie auf dem Weg verloren? Nein, wir haben sie nicht vergessen, wir behandeln sie erst jetzt absichtlich, weil Mangel an Glauben in Buddhismus eben nichts anderes als Mangel an suchendem Geist ist.

Wenn wir unaufhörlich unseren suchenden Geist verstärken und vertiefen, werden wir unsere Arro­ganz besiegen und die Freude der Bescheidenheit entdecken, unsere Nachlässigkeit verbessern und mit uns selbst strenger werden; wir werden die persönlichen, oberflächlichen Interpretationen aufgeben und unser Verständnis des Buddhismus vertiefen; wir werden uns von unseren Abhängig­keiten befreien können, um unsere Wünsche zu verfolgen, ohne deren Sklave zu werden; wir werden Verachtung, Zweifel und Diffamierung gegen das Gesetz aus unseren Gedanken, Worten und Taten verbannen; wir werden lernen, großen Respekt nicht nur vor anderen Menschen, sondern auch vor allen Lebewesen in der Luft, auf der Erde sind im Meer zu haben; wir werden aus unseren Herzen jede Art von Hass, Eifersucht und Groll auslöschen.

Der Gohonzon ist die Quelle der Kraft, die wir brauchen, um das alles zu verwirklichen. Die einzige Anstrengung, die wir machen müssen, ist, uns selbst immer wieder zu überzeugen, unseren Geist darin zu trainieren, zu glauben, dass wir alles erreichen können, auch Buddha zu werden.

Und ein Buddha - wie wir alle wissen - begeht keine der 14 Verleumdungen.

erschienen in: DuemilaUno (Zeitschrift der SGI Italien) Nr.48, 1995. Übersetzung von Carolina Baratta.

Quelle: FORUM JuIi/August 1998

Shakubuku

Gedanken von Matthias Gröninger

Shakubuku^1^ ist der große Wunsch des Buddhas. Shakubuku ist der Wunsch, der aus der Tiefe des eigenen Lebens kommt. Shakubuku ist der Wunsch, die Kräfte des Guten zu mobilisieren, die die Menschen zueinander führen. Shakubuku ist der Wunsch, den Menschen mit dem gesamten Universum zu verbinden und in Einklang zu bringen. Durch Shakubuku findet der Verirrte seine Heimat und wahre Identität wieder.

Shakubuku überwindet die Isolierung und Entfremdung des Menschen vom Menschen und des Menschen vom Universum. Shakubuku ist gegen die Kräfte, die die Menschen gegeneinander hetzen und zur Gewaltanwendung führen. Durch Shakubuku wird Armut und Elend vertrieben werden. Shakubuku muss mutig gegen die Negativität geführt werden.

Shakubuku bringt das Licht in die Dunkelheit der Illusionen. Durch Shakubuku wird das Mystische Gesetz des Lebens errichtet, sowohl im eigenen wie im Leben anderer. Durch Shakubuku erscheint die Welt des Buddhas, die die Kraft besitzt, das Teuflische zu besiegen.

Shakubuku ist nicht einfach. Wäre es einfach, dann wäre es nicht Shakubuku. Man muss hartnäckig sein, bei sich selbst zuerst. Shakubuku ist Dialog mit anderen und Kampf in sich selbst gegen die eigene fundamentale Dunkelheit des Lebens. Shakubuku ist die tiefe Ent­schlossenheit, Hoffnung und Licht im eigenen Leben zu erzeugen, um sie anderen zu bringen. Mit einer Ent­schlossenheit, mit der man in der Wüste nach Wasser sucht, oder versucht, mit nassem Holz Feuer zu machen.

Shakubuku vollendet die buddhistische Ausübung von Gongyo und Daimoku und bringt den Ausübenden des Lotos-Sutras hervor. Ja, durch Shakubuku wird der Ausübende des Lotos-Sutras erst geboren. Daher ist Shakubuku die vollkommene und unübertroffene Ausübung im Späten Tag des Gesetzes.

Shakubuku entspringt dem tiefen Gebet zum Gohonzon und ist das Werk des Herzens, das eins ist mit dem großen Wunsch des Buddhas. Shakubuku ist das Erbe und Mandat des Buddhas.

Shakubuku ist für alle Leidenden und alle Verzweifelten, für alle Suchenden, für alle Freunde und die ganze Familie. Shakubuku ist für die Nachbarn und für Fremde. Ja, selbst und gerade für Feinde des Buddhismus ist Shakubuku. Shakubuku schafft neue Freunde seit der Zeit ohne Anfang und ohne Ende. So geht der Shakubuku-Dialog auch immer weiter bis hin zur Buddhaschaft - ohne Ende.

Shakubuku in einem entschlossenen Herzen findet tausend verschiedene Wege zu tausend verschiedenen Menschen. Im Shakubuku-Dialog variieren Worte und Handlungsweisen je nach Land und Zeit und Menschen, wobei die Ansichten des Gegenüber respektiert werden, weil ja der andere auch Recht haben könnte. Das wird Shoju^2\ ^genannt. Doch entscheidend allein ist das Herz für Shakubuku, andere zum Glück führen zu wollen. Außen Shoju - innen Shakubuku.

Shakubuku ist ein Appell an die innewohnende Güte in jedem Menschen. Shakubuku ist der in Handlung fließende Glaube an das Gute im Menschen.

Shakubuku stärkt die Kräfte des Guten und die Armee des Buddhas gegen die Kräfte der Negativität, des Hasses und der Gewalt. Shakubuku ist die Kraft der mitleidenden Liebe und liebenden Gewaltlosigkeit. Shakubuku ist die Verbreitung des Mitgefühls für alle Lebewesen, des Mitgefühls des Buddhas und des Universums selbst.

Durch Shakubuku wird die Absicht des Buddhas, alle Menschen zum Glück und ewigen Frieden zu führen, verwirklicht. Shakubuku ist die Tat des Bodhisattvas aus der Erde. Und - Shakubuku ist die Tat des Schülers, die der Einheit von Meister und Schüler entspringt.

Eins in diesem Geiste zu handeln, ist „das wahre Ziel“, erklärt Nichiren Daishonin, „von meiner, Nichirens, Verbreitung. Wenn Sie so einig sind, kann sich sogar die große Hoffnung für Kosen-rufu ganz sicher erfüllen.“ („Das letztendliche Gesetz von Leben und Tod“)

In dem Essay Nr. 3 vom 24. August, „Der Beginn meiner Reise der Einheit von Meister und Schüler“, schreibt Präsident Ikeda: „Was heißt es als Schüler, einen Kampf - direkt verbunden mit dem Meister - zu führen? Die ‚direkte Verbindung‘ zwischen Meister und Schüler, so wie wir von Herrn Todas Erklärung, dass die Soka Gakkai wertvoller als sein eigenes Leben sei, verstehen, ist nur darin zu finden, zusammen, als ein Teil der Soka Gakkai, zu arbeiten und sich um die Verbreitung der Kosen-rufu-Bewegung zu bemühen. Alles andere ist reine abstrakte Theorie.“

Anmerkungen:

^1^ Shakubuku: Verbreitung des Buddhismus, indem man jemandes Anhängen an falschen Ansichten zurückweist und diesen Menschen zur richtigen buddhistischen Lehre führt. Diese Methode wird gewöhnlich im Späten Tag des Gesetzes angewandt unter Menschen mit Vorurteilen oder verdrehten Ansichten über den Buddhismus.

^2^ Shoju: Verbreitung des Buddhismus, indem man eine Person stufenweise zur höchsten buddhistischen Lehre führt, ohne ihre Verbundenheit zu niedrigeren oder irreführenden Lehren zurückzuweisen. Shoju wurde vor allem im Frühen und Mittleren Tag des Gesetzes angewandt, kommt aber auch im Späten Tag des Gesetzes bei denjenigen zum Tragen, die wenig Wissen oder Vorurteile über den Buddhismus haben. Shoju, bezeichnet auch das Suchen und Ausüben, um zur buddhistischen Erleuchtung zu gelangen.

Quelle: Express Dezember 2002

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Inhalt:

Wage zu glauben Josei Toda 1

Glück in dieser Welt Gosho-Text 3

Über das Glück Daisaku Ikeda 4

Der Reichtum des Lebens Daisaku Ikeda 8

Die Buddhaschaft Daisaku Ikeda 9

Ermutigung an einen jungen Menschen Daisaku Ikeda 10

Zur Einstellung vor dem Gohonzon Eiji Yamazaki 11

Über Erfolg Vizepräsident Tsuji 12

Über den Glauben, mit dem man keine Wohltaten erhalten kann Herr Kawai 14

Wertschätzung Herr Sonada 18

Engi Sakae Takahashi 20

Verantwortung Sakae Takahashi 24

Über das Gebet Greg Martin 32

Dein Leben, deine Wahl Linda Johnson 39

Der großartige Kosmos des Menschen Barbara Cahill 44

Bodhisattwa Fukyo und die Würde einer Verbeugung Antonella Nardi 63

Das Leben, eine Gebrauchsanweisung Mitsuhiro Kaneda 66

Ermutigung und Erfahrung Tomaso Olivari 74

Soll ich ans Meer fahren oder lieber ins Gebirge? Erica Galligani 82

Einsamkeit und Verbundenheit Carola de Decker 86

Der Sinn des Lebens – eine Aufgabe? Carola de Decker 89

Die Prinzipien der Verwandlung im Buddhismus Ervin Kassai 92

Über die Lehrsätze in unseren Herzen Barbara Krausnick 94

Der Bodhisattva-Weg Barbara Krausnick 97

Der Fluss der Gedanken Christian Jaburg 100

Die vierzehn Verleumdungen Lorena Camerini 102

Shakubuku Matthias Gröninger 105

Praktizieren Sie richtig? Michel Hulin 106

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