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Dr. Ungku Abdul Aziz,
Verändert man das Land, so ändert sich der Staat!
Dr. Aziz ist womöglich ein „Genie, der das Leben genießt“.
„Da die Gesellschaft von interessanten Dingen erfüllt ist und es in diesem einmaligen Leben eine ganze Menge Dinge gibt, die ich gern wissen und erleben möchte, reizt es mich, sie anzupacken.“ Solch eine Vitalität prickelt aus seinem Wesen hervor.
Wer ihn trifft, wird gleich erkennen, dass seine Augen stets lebendig und energisch strahlen; es sind Augen wie die eines mitfühlenden Vaters, der im Leben hohe Wellen und heftige Turbulenzen überstanden hat, und zugleich Augen wie die eines kleinen Jungen, in denen sich schillernde Neugierde widerspiegelt.
Obwohl er Doktor der Ökonomie ist, forderte er seine Studenten wiederholt dazu auf: „Die Wirtschaftslehre, die Sie jetzt hier an der Universität studieren, kann, wenn Sie die Universität verlassen, nicht mehr zeitgemäß sein. Deshalb sollten Sie während Ihrer Studienzeit außer ‚Wirtschaft’ auch noch andere Fächer belegen. Beschäftigen Sie sich etwas mehr mit Kultur!“
Die Themen, über die er spricht, erstrecken sich von Kunst über Geschichte bis hin zu aktuellen Ereignissen der Gesellschaft einschließlich der Fernsehprogramme und sind unerschöpflich wie eine Enzyklopädie.
Als ich ihn in Malaysia traf (Feb. 1988), überraschte er mich, indem er mir sagte: „Ich habe Ihre Abhandlung gelesen!“ Kurz davor hatte ich über den Gehirntod geschrieben. Der in England geborene Royal Prof. Dr. Aziz (geb. 1922) ist auch im Japanischen bewandert.
Beim Treffen in Tokio (Dez. 1997) bekräftigte er: „Die Wissenschaft ist heute zu detailliert gegliedert. Ich denke, wir müssen die Gesamtheit des Wissens stärker wiederbeleben wie die Renaissancemenschen!“
Mir scheint, dass er, wie er selbst beteuert, wahrhaft ein Renaissancemensch ist.
Er liebt insbesondere Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) auf dem Gebiet der Musik, Pablo Picasso (1881-1973) auf dem Gebiet der Kunst und Ernest Hemingway (1899-1961) auf dem Gebiet der Literatur.
An der Malaya Universität, dem Zentrum der Wissenschaft und Bildung in Malaysia, war er zwanzig Jahre lang als Vize-Rektor tätig. Da die Stelle des Rektors nach englischem Stil durch einen Angehörigen der königlichen Familien besetzt wird, trägt der Vize-Rektor in Wirklichkeit die größte Verantwortung. Demzufolge hatte er eine immense Anzahl von Studenten, die er persönlich unterrichtete. Im Kreise der Wirtschaft und der Politik sowohl innerhalb des Landes als auch in Übersee zeichnen sich seine vielfältigen menschlichen Beziehungen aus. Wie mir erzählt wurde, hätte er unzählige Chancen gehabt, Geld zu verdienen, wenn er gewollt hätte. Aber er besaß kein Interesse an solch unverdient gewonnenem Geld. Dr. Aziz ist ein frommer Islamit.
Aus dem Grund verachtet er einen solchen Materialismus, der zuerst nach den Preisen fragt, wenn man sich Kunstwerke anschaut. Jedoch hat er ausnahmsweise einen Lieblingsartikel, der als „Luxusgut“ bezeichnet werden kann. Das sind die „Sneakers“ von der bekannten Marke „Nike“, denn es gehört zu seinem Tagesprogramm, jeden Morgen spazieren zu gehen, und er läuft innerhalb eines halben Jahres ein Paar Schuhe kaputt, soviel ich gehört habe. Immerhin ist er jetzt 80 Jahre alt.
Es war in der Nacht zum 8. Dezember vor 61 Jahren. Dr. Aziz war neunzehn Jahre alt und Student. Donnernder Lärm über ihm riss ihn aus dem Schlaf. Es waren Flugzeuge! Durch den Nachthimmel flogen Flugzeuge der japanischen Armee.
Um 0:35 Uhr Ortszeit am selben Tag begann die japanische Armee mit der Landung ihrer Soldaten in Kota Bharu, dem Nordosten der malaiischen Halbinsel. Das ging dem Angriff des japanischen Geschwaders auf Pearl Harbor circa 100 Minuten voraus; es war der Beginn des Pazifikkriegs.
Er dachte jedoch: „Was mir zuerst durch den Kopf ging, nachdem ich die Situation umrissen hatte, war, dass die morgige Prüfung höchstwahrscheinlich ausfallen werde.“ Das passt wohl zu seinem Wesen.
Obwohl er damals gerade ein College in Singapur, die jetzige Universität Singapur, besuchte, war er für die am nächsten Tag vorgesehene Prüfung im Fach Geschichte noch nicht ausreichend vorbereitet. Er begründete dies damit: „Ich war noch jung. Und außerdem war ich mir nicht unbedingt bewusst darüber, einen historischen Augenblick zu erleben!“
Von dem Ausfall der Prüfung ganz zu schweigen, wurde die gesamte Universität einige Tage später geschlossen. Dr. Aziz’s Heimat Johore ist von seiner Universität nicht weit entfernt. Man kann sie schnell erreichen, wenn man die Straße von Johore überquert. Er entschied sich heimzukehren.
Obwohl er ein Mitglied der königlichen Familie des Landes Johore ist, musste er sich nach dem frühen Tod seines Vaters sehr viel Mühe geben, um diverse Probleme zu überwinden. Da er aber daran gewöhnt war, selbständig für sich zu sorgen, entschloss er sich, sich als Bauarbeiter am Wiederaufbau der Brücken zu beteiligen, die im Kampf zwischen den japanischen und britischen Truppen zerstört worden waren. Dort arbeitete er hart in Schweiß und Dreck. Seinen Händen kann man heute noch diese Arbeit ansehen: sie sind groß und grobknochig.
Am 15. Februar des darauffolgenden Jahres, etwa zwei Monate nach der Landung der japanischen Armee auf der malaiischen Halbinsel, kapitulierte die britische Armee in Singapur bedingungslos, wodurch das ganze Territorium „Britische Kronkolonie Malaya“ unter die militärische Verwaltung Japans gestellt wurde.
In Malaysia, erfuhr ich, kann das japanische Wort „Kenpei-tai (Militärpolizei)“ heute noch unübersetzt verstanden werden. Ihre Existenz flößte den Menschen eine unsagbar große Angst ein.
Der junge Aziz wurde im Hauptquartier der Kenpei-tai arretiert. Im Verlauf dieser Festnahme schälte sich sein guter Charakter heraus: Als er erfuhr, dass einer seiner Freunde als verdächtige Person verhaftet wurde, begab er sich zum Hauptquartier der Kenpei-tai, um klarzustellen, dass es sich um ein Missverständnis handeln müsse.
Dies hatte zur Folge, dass er in ein Zimmer eingesperrt und geschlagen wurde. Als man ihn anbrüllte, „Gestehe! Heraus damit!“, fragte er:
„Was soll ich gestehen?“
Dann wurde er wieder angeherrscht, „Stelle dich nicht dumm!“, und weiter geschlagen. Man schlug ihm so kräftig ins Gesicht, bis ihm der Kopf brummte. Es ging ohne Wenn und Aber.
Seine Familie setzte sich intensivst für seine Feilassung ein. Zum Glück bekamen sie Unterstützung von der (traditionsreichen) japanischen Familie Tokugawa, mit der die königliche Familie des Landes Johore befreundet war. Und weil man diesen „furchtlosen jungen Mann“ schätzte, wurde es dem jungen Aziz ermöglicht, mit dem „Tokugawa Stipendium“ in Japan zu studieren.
Nachdem er in die politisch-wirtschaftliche Fakultät der Universität Waseda aufgenommen worden war, vertiefte er sich voll und ganz ins Studium. Nichts bereitete ihm mehr Freude als wieder studieren zu können. Die Bibliothek der Universität war vollkommen ausgestattet, und in den Antiquariaten standen unzählige Bücher aller Fachrichtungen parat.
Er las Anton Tschechow (1860-1904); er las Machiavelli (1469-1527); er las Dostojewski (1821-1881). Er ging zum Museum; er besuchte auch das Kabuki-Theater. Er gewann eine Vorliebe für Haiku-Gedichte.
Es kam auch vor, dass ein Professor seiner Universität, der ihn in sein Zimmer bat und die Tür hinter ihm schloss, ihm insgeheim erzählte: „Japan wird den Krieg verlieren.“
Dies alles fand noch während der Kriegszeit statt, so dass er keine besonders angenehmen Lebensbedingungen in Japan hatte. Überdies war für ihn, der im warmen Süden aufgewachsen war, der Winter in Japan schwer erträglich; es gab keine Heizung. Zudem wurden im Laufe der Jahre die Luftangriffe über Tokio immer häufiger.
Trotz der Furcht vor den Luftangriffen blieb Aziz gefasst und sagte sich: „Es ist nicht schlimm. Was auch immer geschehen mag, ich studiere weiter und werde überleben!“ Denn er wollte in sein Heimatland zurückkehren und sich für sein Vaterland einsetzen.
Bevor er sein Studium in Japan aufnahm, hatte der junge Aziz in Singapur, das um die gleiche Zeit zu „Shonan-to“ umbenannt wurde, die japanische Sprache erlernt. Unter denen, die mit ihm zusammen Japanisch lernten, war einer seiner Freunde, der Syed Omar (?) hieß. Omar stammte ebenso aus der königlichen Familie des selben Landes, und sie waren von klein auf gut befreundet. Später heiratete Herr Aziz die jüngere Schwester Omars.
Der Grund, warum der junge Omar Japanisch lernte, lag darin, dass er zu einem der „Sonder-Stipendiaten im Süden“ ausgewählt wurde. Dies ging aus der Idee hervor, dass sich das Ministerium für Großasien, das aus dem Auswärtigen Amt entstand, unter der Leitung des Premierministers Hideki Tojo, der sich einen „gemeinsam wachsenden Raum Großasien“ zum Ziel machte. Die Sonderstipendien zielten darauf ab, die jungen führenden Persönlichkeiten der südostasiatischen Staaten auszubilden, Japan gegenüber kooperativ zu werden. (aus „Die Studenten aus Asien während des Kriegs“)
In den Jahren 1943 und 1944 kamen insgesamt 205 Menschen aus den sieben Ländern, Birma, Malay (Malaysia), Brunei, Indonesien, Thailand, Kambodscha und Philippinen, nach Japan. Obwohl die japanische Regierung sie einlud, wurden sie ständig von der Militärpolizei beobachtet, nur weil sie Ausländer waren. Die Nahrungssituation war für sie ebenfalls fürchterlich. Gerade für die jungen Studenten, die selbst noch schnell wuchsen, war das unerträglich. Allem zum Trotz war Herr Omar jedoch derjenige, der seiner Unzufriedenheit nie Ausdruck verlieh.
Selbst wenn man ihn jetzt auf einem Foto sieht, hat seine Erscheinung etwas adeliges an sich; er war groß und seine Haut weiß. Seine japanischen Sprachkenntnisse waren hervorragend. Seine Gewohnheit, am Ende des Satzes immer „Neh“ hinzuzufügen, war besonders liebenswürdig.
Herr Omar kam im Juni 1943 nach Japan und wohnte zuerst im Internat „Hongo-Ryo“ der „Internationalen Studentenvereinigung“ im Stadtbezirk Meguro in Tokio. Im darauffolgenden Jahr ging er in die Pädagogische Hochschule Hiroshima, und dann setzte er sein Studium an der Hochschule für Literatur und Naturwissenschaften in Hiroshima fort. Denn er wollte ganz intensiv Pädagogik studieren. [Die beiden Hochschulen wurden nach dem Krieg in die Universität Hiroshima integriert]
Von dem (ehemaligen) Vize-Rektor der Universität Malaya, Prof. Syed Hussein Alatas, hörte ich zum ersten Mal über Herrn Omar (1990 in Tokio), und er war der Nachfolger von Royal Prof. Dr. Ungku A. Aziz.
Er erzählte mir: „Offen gestanden, teile ich mit den Menschen in Japan gemeinsam die selbe Trauer. Etwa im gleichen Zeitraum studierte mein Cousin wie mein Amtsvorgänger Dr. Aziz in Japan. Am 6. August 1945 hielt er sich in Hiroshima auf. Und jetzt schläft er in Kyoto.“
Am Morgen jenen Tages, an dem das Blitzlicht (der Atombombe) Hiroshima traf, befand Herr Omar sich noch in seinem Zimmer des Internats, weil die erste Unterrichtstunde ausfallen sollte. Sein Internat hieß Konan-Ryo und lag am Fluss Motoyasu; es war vom Zentrum der Explosion knapp 900 Meter entfernt. Aus Schutt und Asche kroch er mit eigener Kraft heraus und flüchtete in einen naheliegenden Bunker. Zu seiner Verwunderung wurde er weder verletzt noch verwundet.
Zusammen mit den anderen Studenten aus Südostasien versuchte Herr Omar, den umherliegenden Studentinnen zu helfen, indem er sie auf einem Floß zum gegenüberliegenden Ufer des Flusses brachte. Er sah, dass immer mehr Schwerverletzte flussabwärts getrieben wurden; auch das wütende Feuer kam ihnen immer näher. Die ausländischen Studenten warfen sich in den Fluss, um die Verletzten daraus zu bergen, obwohl sie selbst von den Strahlen verseucht worden waren!
„Omar und die anderen ausländischen Kommilitonen setzten sich voll und ganz für die Rettungsaktion ein; sie sprachen die Menschen an, die einsam auf dem Boden saßen; sie boten den Menschen, die über die Kälte klagten, Kleidungsstücke an und brachten die Menschen, die sich nicht bewegen konnten, zu den entfernten Rettungsstationen.“ (aus „Die Studenten aus Asien während des Kriegs“)
Einige Zeit später bemerkte Herr Omar, dass sein Gesundheitszustand nicht in Ordnung war; er bekam übermäßig Schweißausbrüche. Zudem tat ihm der Hals weh. Am 25. August machten sich die Studenten aus Asien zusammen mit den Verantwortlichen, die sie abholen wollten, auf den Weg nach Tokio. Dennoch musste Herr Omar seine Fahrt in Kyoto abbrechen, weil sich sein Erschöpfungszustand als extrem schlimm herausstellte.
Seine Haare fielen aus. Er wurde in die Uni-Klinik Kyoto eingeliefert. Dr. Yoshihiro Hamajima, der Chefarzt der Station, setzte sich mit aller Kraft für dessen Behandlung ein. Jeden Tag ließ er sich sein eigenes Blut abnehmen und spendete es für die Bluttransfusion, die Herr Omar erhielt.
Als Herr Omar dies erfuhr, sagte er weinend: „Da in meinem Körper das Blut von Ihnen, Dr. Hamajima, transfundiert wurde, bin ich Ihr Bruder geworden. Weil ich Ihr jüngerer Bruder bin, werde ich gegen Japan niemals Groll hegen.“
Am 3. September verstarb er. Seine Freunde, die bei ihm blieben und ihn pflegten, trugen seinen Sarg bitterlich weinend. Das, was er mit seinen Freunden kurz vor ihrer Abfahrt in Hiroshima gemeinsam schrieb, wurden seine letzten Worte:
„Wenn von Mutter weitentfernt,
die Sterne gen Süden fliegen,
Wehmut sie (in mir) erwecken“
Sie sind im Japanischen mit geschickter Hand geschrieben. Er wurde gerade 19 Jahre alt.
Der junge Aziz, dessen Rückkehr nach Malaysia kurz bevorstand, traf mit Herrn Omar zusammen. „Omar sagte zu mir: ‚Du brauchst nicht heimzukehren, du solltest lieber in Hiroshima studieren, denn hier ist es sicher.’ In gewisser Hinsicht hatte er Recht, da man in Tokio um jene Zeit jeden Tag Luftangriffe erleiden musste. Es war eine Ironie. Wenn er am Leben geblieben wäre, wäre er bestimmt ein herausragender Gelehrter geworden, denn er war wirklich sehr intelligent. Ich sage zu meinen Enkelkindern: ‚Omar wurde weder von Japanern noch von Amerikanern getötet, sondern durch die Atombombe.’“
Dr. Aziz’s Wunsch nach Frieden ist tief. Als ich ein Manuskript des Vortrags las, den Dr. Aziz in Kyoto hielt, der Stadt, in der Herr Omar verstarb, war ich tief bewegt. Der Vortrag wurde im Jahr 1972 gehalten, während der Zeit, in der der Vietnamkrieg noch im vollen Gang war. Er äußerte sich dazu: „Sowohl die westlichen Länder als auch Japan sollten nicht ihr ‚Streben nach dem Krieg’, das lediglich dazu dient, die Welt zu verwüsten, sondern stattdessen ihr ‚Streben nach dem Frieden’ unter Beweis stellen.“
„Ich bin zwar ein Außenstehender, dennoch kommt es mir so vor, dass Eigenartiges passiert. In Asien einschließlich des Pazifiks wurden auf der koreanischen Halbinsel wie auch auf der Halbinsel Indochina große Kriege geführt. Auf den Schlachtfeldern dort kam die modernste Medizin zum Einsatz. Jedoch im Gegensatz dazu wurde überall, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Schlachtfelds, den Bauern nur minimal medizinische Unterstützung angeboten. Eine Strategie, die ganze Landschaft zu vernichten, wurde in die Tat umgesetzt. Darüber hinaus wendete man dort biochemische und elektronische Technologien an. Aber man wendete sie weder gegen die Malaria, den „wahren Feind in Südostasien“ an, noch gegen die Elefantiais oder gegen die Ausrottung schädlicher Insekten. Warum? Sie können zwar in die Körper der Männer, Frauen und Kinder auf dem Land ‚Kugeln einbringen’, aber warum können sie ihnen keine ‚Vitaminpillen’ geben!“ (aus „Frieden in Asien – Kyoto-Konferenz“)
In der Tiefe seines Herzens können womöglich viele Gesichter der Bauern in Malaysia, mit denen er im stetigen Kontakt ist, klar und deutlich erschienen sein. Dr. Aziz ist ein Pionier, der die „Armut der Bauern“ erforschte.
Er erzählte: „Ich habe das Pachtsystem der Malaien fünfzig Jahre lang erforscht. Zu Beginn meiner Forschungsarbeit hegte ich einen großen Zweifel, warum die malaiischen Bauern und Fischer derart arm sind?“ (aus dem Vortrag im Kulturzentrum der SGI-Malaysia 1999)
Damals richtete niemand, weder Politiker noch Akademiker in Malaysia, seinen Blick darauf. Es gab ohnehin keine landwirtschaftlichen Werte in der Statistik. Ihm wurde offen ins Gesicht gesagt, dass sich seine Mühe für die Verdienste der Wissenschaft nicht lohnt. Man lehnte ihn ab und legte ihm Hindernisse in den Weg. Er maß alledem keine Bedeutung zu: „Es ist nicht schlimm!“
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere Malaien, leben in ländlichen Gebieten. Ohne sie zu verstehen, ihre Wünsche zu kennen und ihren Lebensstandard verbessern zu wollen, wozu ist die Wirtschaftslehre und für wen ist die Politik?
Die Maxime von Dr. Aziz lautet: „Solange Armut herrscht, gibt es keinen Frieden.“
Es gibt einerseits Menschen, deren Leben nicht leichter wird, auch wenn sie mühevoll schaffen und hart schuften, während es andererseits Menschen gibt, die auf deren Kosten ein luxuriöses Leben genießen. Wie kann die Gesellschaft friedvoll bleiben, solange eine solche Struktur außer acht gelassen wird? Der Grund, warum sich die Menschen, die im engen Käfig der „absoluten Armut“ eingesperrt sind, voller Verzweiflung aufregen, liegt außerhalb ihrer Verantwortung.
Ich denke: Die Menschen auf dem Land können möglicherweise nicht so geschickt polemisieren, wie die Menschen in der Stadt es tun. Jedoch hegen die Menschen, die mit der guten Erde leben, unermesslich viele Gefühle, die sie schwer in Worte fassen können. Das gilt auch für Japan. Wenn wir uns bemühen, ihren „unausgesprochenen Stimmen“ ernsthaft zuzuhören, wird sich herausstellen, dass die Gesellschaft erst dann in voller Frische wiederbelebt wird und die Herzen der Menschen, die im Winde der Oberflächlichkeit und Affektiertheit andauernd versiegen, wieder frisch und frei werden können.
Dr. Aziz ging an die vorderste Front; er besuchte ein Dorf und ein weiteres und drang ganz weit und tief bis in den Dschungel hinein. Viele Jahre später suchte ein anderer Wissenschaftler ein vom Zentrum der nordwestlichen Region im Land Perak weitentferntes Dorf endlich auf und war völlig überrascht, als man ihm sagte: „Dr. Aziz kam auch schon mal hierher.“
In diesem Dorf sah Dr. Aziz Kinder, die „steinhartes Brot“ aßen. Es war so hart, dass sie für die Verdauung wahrscheinlich ein Jahr brauchen würden. Was würde es ihnen nutzen, wenn man ihnen sagt, „ihr sollt ordentlich lernen“, solange sie mit solch einer Esskultur leben müssen!
Während er sich dafür einsetzte, das reale Leben der Dorfbewohner publik zu machen, tat er für sie alles, was er konnte. Gab es keine Straße, dann blieb ihm nichts anderes übrig, als einen Weg zu bahnen. Er förderte die „Genossenschaftsbewegung für das Volksleben“, indem er für die Bauern ein zinsloses Banksystem konzipierte und es auf den Weg brachte. Genauso gründete er den „Malaiischen Wirtschaftverband“.
Parallel zur Entwicklung der gesamten Wirtschaft des Landes wirkte er auch auf die Politiker ein, Unterschiede zwischen der Stadt- und Landbevölkerung zu minimieren. Das Leben der Menschen auf dem Land zu verändern, ist sicher schwierig. Aber gerade wenn die tiefe Steinschicht des Dorflebens geändert wird, kann die Reform eines Staates dauerhaft gesichert werden.
Es gibt viele Zeugen, die die „massive Reduzierung der Armut“ in Malaysia in den letzten Jahrzehnten bestätigen, obwohl Dr. Aziz damit noch lange nicht zufrieden zu sein scheint. Es war vielen klar, dass ihn kein Mensch, wenn er einmal losging, aufhalten konnte. Selbst wenn er in seiner Umgebung auf Unverständnis stieß, sagte er zu sich:
„Nun, davon lasse ich mich nicht stören!“
Zum Angebot eines internationalen Forschungsinstituts in England, seine Forschung unter günstigeren Bedingungen fortzusetzen, sagte er einfach: „Ich gehe nicht.“
Der Grund dafür lag darin, „dass sich das reale Drama gerade jetzt inmitten des Landes in Malaysia, dort, wo er wohnte, abspielt!“
Es ist sicher unnötig extra zu erwähnen, dass er von den Politikern enttäuscht wurde und überdies unsagbare Schwierigkeiten erleben musste. Allem zum Trotz wird er, wie er es in gewöhnlicher Weise tut, lächelnd sagen: „Nein, es ist nicht schlimm.“
Und wie immer, stelle ich mir vor, wird er wohlmöglich in lautes Gelächter ausbrechen, während er sein Haupt nach hinten zurückbeugt:
„Ich mache, was ich für richtig halte. Denn das lässt sich nicht ändern, selbst wenn ich von anderen gelobt werde!“
Wie dem auch sei, mag er schließlich doch ein „Genie sein, dem das Leben Erfüllung bringt“.
(aus „Seikyo Shimbun“ vom 8. Dezember 2002)
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