1600041780 a:2:{s:7:"content";s:20642:"
Essay Nr. 32
Frau Shikri,
Ex-Vorsitzende des Verbands für indische Kulturbeziehungen
„Ich brauche weder eine Puppe noch Schokolade. Ich brauche nur Frieden und Freiheit.
Liebe Menschen in Europa! Alle Menschen auf der ganzen Welt! Gewinnen Sie bitte das
Herz der Menschen zurück und beenden Sie diesen Krieg!“
(ein Mädchen aus dem ehemaligen Jugoslawien)
An jenem Tag besuchte ich den „Raja Ghat“.
Das ist der Ort, an dem der Landesvater Mahatma Gandhi (1869-1948) eingeäschert wurde. Frau Shikri, die Vorsitzende des Verbands für indische Kulturbeziehungen (ICCR), war auch mit mir zusammen. (7.2.1992) Irgendwo zwitscherten Vögel. Unweit breitete sich ein Wald im Grün aus, und zwischen den Bäumen spielten die Eichhörnchen eilig da und dort. Der Platz ist weiträumig als ein „Heiliger Ort der Gewaltlosigkeit“ errichtet. Das ihm hier gesetzte Denkmal besteht aus schwarzem Granitstein.
Während ich davor einen Blumenkranz niederlegte, beugte ich mein Haupt und gedachte der goldenen Seele Gandhis. Ich dachte an den unbeugsamen Kampf eines Menschen, der das „Quellwasser der Menschenliebe“ in der Hand tragend unermüdlich lief, mit dem Willen, das „große Feuer des Hasses“, das die ganze Welt verbrennt, auszulöschen. Und ich dachte an seine Einsamkeit.
„Hat er gesagt, dass wir keinen Vergeltungsschlag gegen die Islamiten ausführen sollten? Warum steht Gandhi an der Seite jener Verdammten? Das können wir nicht zulassen! Meine Familie wurde umgebracht, und mein Sohn war erst fünf Jahre alt.“
„Warum sagt du, dass wir die Gewaltakte der Hindu-Gläubigen erdulden müssen? Wie sollten wir das verdammt nochmal aushalten! Weiß er überhaupt nicht, welch grausige Taten wir Islamiten lange Zeit erleiden mussten? Ganz klar, weil auch Gandhi Hindu-Gläubiger ist!“
Ein betagter Weiser, der sich zu den Orten begab, an denen Gläubige der beiden Religionen ihre blutigen Konflikte wiederholt austrugen, rief ihnen zu: „Hört auf, euch gegenseitig zu töten!“ Jedoch wollten die Menschen, die voller Hass erfüllt waren, nicht auf ihn hören.
„Geh fort, Gandhi! Wir können deine Heuchelei nicht ertragen!“ „Für welche Seite bist du überhaupt?“
Er war für keine der beiden Parteien, und er war doch für beide Seiten. Menschen sind alle Brüder. Wie konnte er stillschweigend zusehen, dass Brüder versuchten, sich gegenseitig zu töten.
„Wenn ihr wollt, könnt ihr mich zweiteilen. Aber ihr dürft niemals Indien in zwei Hälften teilen. Wozu nutzt die Streiterei unter Brüdern, die sich gegenseitig hassen? Versteht ihr nicht, dass sich euer Hass immer weiter vertiefen und ausbreiten wird, wenn ihr den Hass anderer wiederum mit Hass zu vergelten versucht?“
Falls der eine das Haus des anderen in Brand setzt, tut der andere genau das gleiche. Und wenn jeder so handeln würde, könnte schließlich die ganze Stadt nicht mehr existieren! Selbst wenn der andere als Vergeltung das Haus des einen in Brand setzen würde, könnte der andere sein Haus auch nicht mehr zurückholen. Gewalt kann nicht zur Lösung des Problems führen. Nichts bringt der Vergeltungswettstreit mit sich, außer uns selbst zu schaden.
Obwohl er laut rief und schrie, ließ sich das Feuer des Hasses nicht so einfach löschen. Denn es waren mehr Menschen, die das Hassgefühl schürten.
Es war zehn Tage vor seiner Ermordung. (20.01.1948)
Gegen Gandhi, der an einer Versammlung teilnahm, wurde eine selbstgemachte Handgranate abgeworfen.
Terror! Das war die Tat eines jungen Hindu-Gläubigen. Zum Glück konnte Gandhi der Bombe ausweichen. Der Täter wurde sofort gefasst. Einen Tag danach besuchte ein Sikh-Gläubiger Gandhi und erklärte, dass der Attentäter kein Gläubiger des Sikh sei. Gandhi schüttelte seinen Kopf und sagte:
„Was soll das heißen, ob der Angreifer nun ein Anhänger von Sikh oder Hindu ist oder gar zum Islam gehört? Unabhängig davon wünsche ich, dass der Täter glücklich werden kann. Wissen Sie, der Junge hat gelernt, dass ich ein Feind der Hindu-Gläubigen sei, und somit wurde ihm Hass eingeprägt. Er glaubt fest daran, und ist so tief verzweifelt, dass er denken müsste, es gebe keine andere Möglichkeit, das Problem zu lösen, außer mich zu töten. Wir müssen diesen Jungen bemitleiden.“
Gandhi handelte immer in gleicher Weise. Niemand anderer hasste die Gewalt stärker als er. Und es gab zugleich auch niemanden, der tiefer als er erkannte, dass Gewalttaten aufhören zu lassen, nur durch Gewaltlosigkeit möglich ist. Das Feuer wird durch das Wasser gelöscht, und der Hass kann nur durch die große barmherzige Liebe überwunden werden.
Gandhi war einsam.
Obwohl es unzählige Menschen gab, die ehrerbietig seinen Namen priesen, gab es doch wenige, die seinen Glauben teilten. Die „Gewaltlosigkeit“ war für ihn ein Ausdruck seiner tiefen Liebe allen Menschen gegenüber und eine Lebensweise, die sein ganzes Leben durchdrang. Ohne sie konnte er keinen Augenblick weiterleben.
Dieses Mal wurde gegen Amerika ein unvorstellbar grausamer Terror ausgeübt. Ein Freund, der mit uns zusammen denselben Glauben ausübte, ist auch diesem Anschlag zum Opfer gefallen.
Ein „derartiges Gemetzel wollen wir niemals wieder sehen und erleben“, so dachten alle ausnahmslos. Wie lange wird die Menschheit eine derartige Barbarei fortsetzen! Welche Schuld sollten die Bürger, die zum Opfer geworden sind, gehabt haben! Wer würde dieser Art der Handlung seine Sympathie schenken, selbst wenn man alle möglichen Begründungen aufzählen könnte! Wer könnte noch davon überzeugt werden!
Selbst wenn die Täter den Medien zufolge einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehört haben sollten, können ihre Taten niemals „Märtyrertum“ sein. Sich dem Glauben zu widmen bedeutet, dass man für das Glück anderer stirbt, und sicher nicht, andere Menschen zu töten. Märtyrertum bedeutet, Menschen zu retten. Wer die Menschen umbringt, ist nichts anderes als ein Zerstörer.
Jetzt ist die Zeit gekommen, dass sich die gesamte Menschheit zusammen schließt und für die „Ausrottung des Terrorismus“ aufsteht.
Die Frage lautet, wie wir dies realisieren können. Können wir es durch militärische Vergeltungsaktionen erreichen? Zweifelsohne wird dadurch nichts anderes möglich sein, als nur weiteren Hass zu schüren. Es wäre auch möglich, dass, wenn man Feuer auf Feuer legt, und Streitigkeiten dermaßen eskalieren würden, die ganze Welt durch das Feuer vernichtet werden könnte.
Wenn man sich darüber Gedanken macht, dass im Hintergrund der Terroraktionen ein in der ganzen arabischen Welt stark verbreitetes Anti-Amerika-Gefühl existiert, könnte die Vergeltungsaktion etwa der Handlung gleichkommen, als würde in ein mit Gas gefülltes Zimmer ein Feuer hineingeworfen. Angenommen, man könnte den gegenwärtigen Gegner überwältigen, aber würde dadurch wahrer Frieden kommen? Der lang angestaute Hass würde umso tiefer unter die Haut gehen, und man kann niemals voraussehen, wo dieser Hass schließlich ausbrechen könnte. Dadurch würde die ganze Welt noch mehr verunsichert.
Je stärker der „Nordwind“ bläst, um einem Reisenden den Mantel auszuziehen, desto fester hält der Reisende seinen Mantel. An diese Parabel von „Nordwind und Sonne“ sollten wir uns jetzt wieder erinnern.
Eigentlich ist der Frieden, den man dadurch erreicht, dass man die Stimmen der Menschen anderer Nationen mit Hilfe der „Macht“ beherrscht, der „Frieden des Todes“. Das ist der „Frieden des Friedhofs“. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschheit solches nicht wünscht.
Außerdem, wenn eine Militäraktion durchgeführt würde, könnten ihr unschuldige Menschen zum Opfer fallen. In der militärischen Terminologie nennt man ein solches Opfer „Kollateral-Schaden“. Was für ein zynischer Ausdruck das ist! Der „Kollateral-Schaden“!
Es wurde berichtet, dass die Bevölkerung in Afghanistan durch den langanhaltenden Krieg und die Dürre total verarmt ist. Nach der Warnung der FAO (Organisation der Ernährung und Agrikultur) der Vereinten Nationen hieß es, dass, wenn ein Vergeltungsschlag gegen Afghanistan durchgeführt werden würde, sich die Nahrungsmittelknappheit weiter verschlimmern werde und dadurch sechs Millionen Menschen, etwa ein Drittel der gesamten Bevölkerung, der Hungersnot ausgeliefert würden.
Wer und welche Nation hat das Recht, einen derartigen Schaden anzurichten! Möchte jemand das als „Kampf der Gerechtigkeit“ bezeichnen? Ist es wiederum möglich zu sagen, dass das auch nichts anderes ist als ein „Kollateral-Schaden“?
Ich erinnere mich an eine bewegende Episode, die Tolstoi (1828-1910) zwei Monate vor seinem
Tod in einem Brief an Gandhi schrieb. (datiert: am 7. Sept. 1910)
An einer Mädchenschule in Moskau gab es eine Prüfung im Fach Religion. Ein Bischof kam zur
Schule und stellte Fragen über die zehn Gebote, vor allem in bezug darauf, „ihr sollt nicht töten.“
Seine Frage lautete: „Ist das Töten in jedem Fall durch Gottesgebote verboten?“
Die Mädchen antworteten, wie sie von ihrer Lehrerin gelernt hatten: „Nein, nicht ‚in jedem Fall’.
Im Krieg und als Todesstrafe darf man ‚töten’.“
Der Bischof pries: „Das ist gut! Ganz korrekt!“
Aber ein Mädchen meldete sich und gab auf dieselbe Frage eine Antwort. Ihr Gesicht war vor
Aufregung rot, sie sagte jedoch klar: „Das ist in jedem Fall nicht erlaubt.“
Der Bischof geriet außer Fassung und versuchte, mit allen Mitteln zu widersprechen. Das Mädchen bestand dennoch auf ihre Antwort und erklärte: „Nein. Das Töten ist ‚in jedem Fall’ verboten. Das steht eindeutig im alten Testament. Nicht nur, dass wir nicht töten dürfen, sondern auch lehrte unser Herr Jesus, dass wir unseren Nachbarn nichts böses zufügen dürfen.“
Schließlich blieb dem Bischof nichts anderes übrig als zu schweigen.
Tolstoi schrieb voller Stolz: „Das Mädchen hat gesiegt.“
Und beim Unabhängigkeitskampf Indiens gegen England pflegte Gandhi zu sagen: „Ein Wahrer Christ, der die Lehre Christi treu ausübt, wird weder eine Kolonialherrschaft noch einen Krieg zulassen.“
Um des Kriegs willen darf man Menschen töten – „Nein!“ Diese Stimme des Mädchens wollen wir jetzt durch die Medien in die ganze Welt hinaustragen! „Nein! Wir dürfen nicht töten!“
Das zwanzigste Jahrhundert war ein „Jahrhundert der Kriege“, in dem mehrere hundert Millionen Menschenleben gefordert wurden. Was hat die Menschheit aus diesen Tragödien gelernt? In diesem neuen Jahrhundert, dem einundzwanzigsten Jahrhundert, müssen wir unbedingt das Grundprinzip von „ihr sollt nicht töten!“ zur „grundlegenden Gerechtigkeit“ der Menschheit werden lassen.
Wenn wir diese Grundidee, dass, um seine Behauptung durchzusetzen, keinesfalls Gewalt angewendet werden darf, jetzt nicht in der gesamten Welt verbreiten und wurzeln lassen können, bedeutet das, dass die Menschheit aus dem zwanzigsten Jahrhundert überhaupt keine Lehre ziehen konnte.
Wahrer Kampf im einundzwanzigsten Jahrhundert ist sicherlich weder ein Kampf zwischen der einen und der anderen Zivilisation, noch ein so genannter Kampf der einen Religion gegen die andere.
Das ist nämlich ein Kampf der „Gewaltlosigkeit“ gegen die „Gewalt“. Und das ist der Kampf der „Zivilisation“ gegen die „Barbarei“.
Vor etwa einem halben Jahrhundert erhob Gandhi angesichts der nie aufhörenden Gewaltspirale seine Stimme: „Was uns Menschen von Tieren unterscheidet, liegt in unserem ununterbrochenen Streben, in der moralischen Ebene den Tieren überlegen sein zu wollen. Heute befindet sich die Menschheit genau an einem „Scheideweg“. Wir müssen auswählen und zwar, entweder die Gewalt als ‚Gesetz des Dschungels’ oder die Gewaltlosigkeit als ‚Gesetz der Menschheit’.“
In Wirklichkeit haben wir jetzt in der gesamten Welt eine wunderbare Chance in unserer Hand. Eine Chance, eine völlig neue Geschichte anzubahnen. Es ist die beste Gelegenheit, bei der wir folgendes erklären können:
„Wir betrachten die Terroranschläge, die sich diesmal ereigneten, als Herausforderung gegen das ‚Gesetz der Menschheit’. Aus dem Grund lehnen wir entschieden ab, dem „Gesetz des Dschungels“ folgend zu handeln. Wir erklären, dass wir Probleme nicht durch die Anwendung von Gewalt zu lösen versuchen, sondern damit beginnen, intensiv Dialoge mit der arabischen Welt zu führen. Wir werden sicher nicht ins ‚große Feuer des Hasses’ noch mehr Öl gießen, sondern mit der „gewaltigen Wassermenge der Dialoge“ Feuer löschen und somit auf dem Weg zur Bereicherung der Welt voranschreiten.
Die grausame Tragödie ereignete sich zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Dieses einundzwanzigste Jahrhundert wollen wir als Erstes Jahr des „Dialogs mit der arabischen Welt“ bezeichnen. Wir glauben fest daran, dass dies die einzige und beste Wahl der Alternativen ist, um eine derartige Tragödie von Grund auf auszurotten, und der richtige Weg ist, allen Opfern aufrichtig unsere Ehre zu erweisen.“
„Sollte sich das große Übel ereignen, dann entsteht das große Gute.“
Jedoch ist es nicht der Fall, dass das große Gute von sich aus allein erscheint. Wodurch das große Gute herbeigeschafft wird, ist stets Mut. Jetzt ist die Zeit, den „Mut der Gewaltlosigkeit“, den „Mut, miteinander Dialoge zu führen“, den „Mut, zuzuhören, was man nicht hören will“ und den „Mut, das Rachegefühl zu beherrschen und der Vernunft zu folgen“ voll zu entfalten.
Und wir wünschen, dass die Vereinten Nationen die Initiative ergreifen sollten, um ein „juristisches System zu errichten, das ermöglicht, Terroristen im Rahmen der internationalen Justiz zu verurteilen“. Falls innerhalb eines Landes eine „Mordtat“ passiert, ist es juristisch geregelt, dass nach der Verhaftung des Täters ein Prozess stattfindet, der Täter verurteilt und entsprechend bestraft wird. Es ist auch verboten, dass die Angehörigen des Opfers bzw. dem Opfer nahestehende Personen den Täter direkt bestrafen. Wenn man aber den Täter aus Rache tötet, wird man wiederum selbst als Täter der Mordtat bestraft. Das ist die „Beherrschung des Gesetzes“, das die Menschheit nach langer, langer Zeit aufgebaut hat. Das muss der Beweis für den „Rechtsstaat“ sein.
Nichtsdestotrotz scheint es international immer noch erlaubt zu sein, ohne ordentliches Gerichtsverfahren plötzlich einen solchen Racheakt auszuführen; das finde ich aber paradox. Es existiert bereits eine Idee über die Errichtung eines „Internationalen Kriminalgerichts (ICC)“. Das sollte eine ständige juristische Institution sein, vor dem solche Straftaten, die der internationalen Gesellschaft erheblichen Schaden zufügen, wie beispielsweise Massenmord, Verbrechen gegen die Humanität, Kriegverbrechen einschließlich des Kriegs im eigenen Land, Straftaten wie Invasionen usw. abgehandelt werden.
Im Gegensatz zu dem bereits bestehenden „Internationalen Gerichtshof“, vor dem zwischenstaatliche Konflikte verhandelt werden sollten, hat dieses „Internationale Kriminalgericht“ die Aufgabe, Straftaten einzelner Menschen nachzugehen.
Ich habe meine Position bislang in meinen Friedensvorschlägen anlässlich des Tags der SGI sowie bei anderen Gelegenheiten mehrmals klar zum Ausdruck gebracht. Dennoch möchte ich jetzt nochmals nachdrücklich appellieren, die „sofortige Errichtung dieser Institution“ vorzunehmen. Obwohl einem Vertrag zur Errichtung der Institution im Jahr 1998 zugestimmt wurde, bedarf es weiterer Ratifizierungen von mehr als sechzig Staaten, um diesen Vertrag in Kraft treten zu lassen. Und es reicht noch weit nicht aus. In diesem Juli hat Holland als siebenunddreißigste Nation ratifiziert. Japan sowie die USA haben noch nicht ratifiziert.
Mit Hilfe von Frau Shikri, der Vorsitzenden des Verbands für indische Kulturbeziehungen, wurde die „Ausstellung von Ashoka, Gandhi und Nehru“ realisiert. (1994)
König Ashoka, der die grausamen Folgen des Kriegs direkt vor seinen Augen hatte, entschloss sich, den Glauben an den Buddhismus anzunehmen. Er hielt seine Überzeugung, „das Volk nicht mittels militärischer Gewalt, sondern aufgrund des Gesetzes zu regieren“, bis zum Ende hoch. Er war ein Weiser König aus alter Zeit. (etwa im dritten Jahrhundert v. Ch.)
Gandhi, der einmal gefragt wurde, ob ein gewaltloser Staat realisierbar sei, antwortete: „Das ist möglich. Als ein konkretes Beispiel haben wir den Staat, der von König Ashoka errichtet wurde. Und ist es für uns auch möglich, sein Beispiel zu wiederholen.“
Frau Shikri entgegnete mir: „Denn Gandhis Gewaltlosigkeit hat ihren Ursprung auch in der Lehre des Buddhismus.“ Der erste Prämierminister Indiens, Nehru, war der unmittelbare Schüler Gandhis. Als er im Jahr 1957 nach Japan kam, hielt er eine Rede, in der er die damalige Weltsituation, in der die Gewalt die Oberhand ergriff, beklagte: „Was der Wasserstoffbombe gegenüberstehen kann, ist nicht eine noch größere Bombe, sondern eine Bombe des Geistes des großen Mitgefühls.“
Das war genau ein Monat, nachdem unser zweiter Präsident der Soka Gakkai, Toda, seine „Deklaration zur Ächtung der Nuklear- und Wasserstoffbombe“ abgegeben hatte.
Denn „Gewalt“ entsteht aus der „Verwüstung“ des Herzens.
Das Herz, das aus Hochmut wie ein Feuerball aufgeblasen ist.
Das Herz, das aus Ohnmachtgefühl erzürnt und gereizt ist.
Und das Herz, das aus Minderwertigkeitskomplexen verkleinert und ausgetrocknet ist.
Das Gefühl, dass die Selbstachtung verletzt worden ist, nimmt einen Ausdruck an, dem Zorn mittels Gewalt freien Lauf zu lassen. Die Gewalt-Kultur, in der man während des Totschlagens seine Ekstase spürt, verbreitet sich, und sie wird durch die Medien weiter verstärkt.
Der Führer der Bürgerrechtbewegung Amerikas, Dr. King (1929-68), der von Gandhi lernte, sagte einmal: „Die Menschen, deren Seelen verwüstet sind, können sich nicht entschließen, gewaltlos zu handeln.“
Aus dem geheilten Herzen des Friedens entsteht „Bescheidenheit“.
Aus der Bescheidenheit entsteht ein „Herz, auf andere zu hören“.
Aus dem Herzen, auf andere zu hören, entsteht „gegenseitiges Verständnis“. Aus dem gegenseitigen Verständnis entsteht „Frieden in der Gesellschaft“.
Gewaltlosigkeit bedeutet höchste Bescheidenheit, und das ist der stärkste Mut.
Der Premier Nehru bezeugte: „Der Kern dessen, was uns Mahatma Gandhi lehrte, ist, ‚wir sollten nichts fürchten’.“ „Wer stark ist, wird nicht rächen“ und „wer Dialog führen kann, ist der Mutige“, das sind die Lehren, die Mahatma hinterließ.
Zum Schluss möchte ich den „mahnenden Rat an Japan“ vom indischen Dichter Tagore (18611941) anmerken, denn der Ursprung der Strömung des „Rats für indische Kulturangelegenheiten“ ist zum Geist Tagores zurückzuführen.
Das war eine Episode, die sich ereignete, als er im Jahr 1929 nach China reiste. Ein indischer Freund Tagores fragte einen japanischen Reisebegleiter: „Warum will Japan keine Freundschaftsbeziehung mit China herstellen?“
Der Japaner, der gefragt wurde, vermied, auf die Frage direkt zu antworten, und fragte einen Deutschen weiter, der auch mit dabei war: „Haben Sie schon daran gedacht, dass Deutschland und Frankreich sich miteinander anfreunden?“
Tagore war über das Verhalten dieses Japaners fürchterlich schockiert. „Findet er alles richtig, was
Japan tut, weil Europa es tut?“
Seine Ermahnung widerhallt jetzt erneut im Himmel: „Er (Japaner) ist gar nicht in der Lage, die eigentliche Bedeutung zu begreifen, wie fürchterlich die Feindseligkeit ist, die Deutschland und Frankreich in einer Spirale der gegenseitigen Zerstörung in rasendem Tempo zur eigenen Vernichtung treibt.“
Neun Jahre danach übernahm Hitler die politische Macht.
(Auszugsweise: am 23. September 2001)
";s:12:"content_meta";N;}