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Jiang Shusheng,
Rektor der Nanking Universität in China
Der Kern der japanisch-chinesischen Freundschaft
liegt in der Frage der Moralität
Vor meinen Augen lag ein großer Fluss.
Das ist der Jangtsekiang (Yiang-zi-Jiang).
Das Ufer der anderen Seite ist weit entfernt im Dunst zu sehen.
Ich stand zusammen mit meiner Frau auf der großen Jangtsekiang-Brücke in Nanking (Nanjing). Die obere Ebene ist für den Straßenverkehr bestimmt und die untere für den Schienenverkehr; die Länge der unteren Ebene beträgt 6772 Meter. Sie ist imposant.
„Zuerst wurde der Brückenbau durch die Initiative und mit Unterstützung der Sowjetunion begonnen. Aber im Laufe der Zeit (wegen des Konflikts zwischen China und der Sowjetunion) zog die Sowjetunion ihre Ingenieure ab. Danach musste das chinesische Volk das Großprojekt ganz allein bewerkstelligen. Es wurde erst vor etwa zehn Jahren vollendet.“
So wurde mir erklärt.
Im September blieb die Hitze des Sommers in Nanking noch spürbar aus, und der Flusswind wehte angenehm. Die schwere Strömung des Flusses war der des Meeres gleich.
Einst erblickte dieser Fluss aber eine Tragödie, die der Hölle auf Erden gleichkam. Das war das große Massaker in Nanking, das die Japaner in aller Ewigkeit niemals vergessen dürfen. Jedoch kennen wir das wahre Bild des Geschehens einfach zu wenig.
Ein Ex-Soldat der japanischen Reichsarmee beschreibt aus tiefer Reue:
„Als ich dorthin kam, war das Massaker gerade in vollem Gange. Ein Soldat, der das Geschehen von Anfang an beobachtete, erzählte mir: Zuerst stellte die japanische Armee auf dem großen Marktplatz Maschinengewehre auf. Etwa 100 Chinesen wurden auf Lastwagen, woher weiß ich nicht, dorthin gebracht und in einer Reihe aufgestellt. Alle wurden auf einmal erschossen. Innerhalb von wenigen Minuten fielen sie nach und nach. Da der Jangtsekiang hinter ihrem Rücken floss, konnten sie nirgendwohin fliehen. Während sie zu entkommen versuchten, wurde weiter auf sie geschossen. Dann wurden die nächsten Hundert herangeschleppt, und sie mussten die Gefallenen in den Jangtsekiang werfen. Und wenn sie mit ihrer Aufgabe fertig waren, wurden sie selbst als die nächsten erschossen. Dies ging immer weiter, es wiederholte sich den ganzen Tag.“
„Unzählige Leichen schwammen im Jangtsekiang, sodass ich dachte, es scheint, als ob die Flussbreite deswegen verengt wäre.“ (aus „Stimmen Asiens“ Band 2)
Als ich vor einigen Jahren (12.1999) Dr. Jiang Shusheng (geb. 1940), den Rektor der Nanking Universität, und deren Delegation in Japan empfing, erklärte ich vor den aus verschiedenen Kreisen der Gesellschaft versammelten Gästen unmissverständlich:
„Im Dezember 1937 eroberte die japanische Reichsarmee die Stadt Nanking. Zwei Monate lang verübte die Armee Massaker in grausamster Weise, Vergewaltigungen in übelster Art, Folterungen, Brandstiftungen, Zerstörungen, Beraubungen usw. Untaten in höchstem Ausmaß. Das war wahrhaft eine in der Menschheitsgeschichte unvergleichbare, irrsinnige Barbarei. Japan, denke ich, muss sich als Staat offiziell aufrichtig entschuldigen.“
„Allerdings können wir diese Sünden nie wieder gut machen, wie auch immer wir uns dafür entschuldigen. Mit einem schmerzzerrissenen Gefühl habe ich erfahren, dass auch auf dem Gelände der Nanking Universität in Wahrheit die Leichen von 7000 Opfern begraben sind.“
Manche der Delegationsmitglieder hatten selbst Opfer in ihrer Familie. Es geht sicher nicht nur um das Massaker von Nanking, sondern auch um die Verheerung in ganz China.
Dr. Jiang Shusheng erzählt:
„Bei Beendigung des Zweiten Weltkriegs war ich fünf Jahre alt. Da ich noch klein war, gibt es fast nichts, was mich an den Krieg erinnert; nur ein einziges Ereignis bleibt mir noch im Gedächtnis. Es war die Zeit, in der meine Familie, um den Krieg zu meiden, im Vorort der Stadt Wusin (Wuxi) wohnte. Da wir von der japanischen Armee entdeckt wurden, gerieten wir in große Gefahr. Meine Mutter und Großmutter wurden von den japanischen Soldaten beinahe getötet. Zum Glück konnte mein Vater etwas Japanisch sprechen, er redete verzweifelt mit den Soldaten, so dass sie schließlich meine Mutter und Großmutter frei ließen.“
Von der eben genannten Stadt Wusin aus fuhren ich und meine Begleitung im Jahr 1978 mit dem Zug nach Nanking. Es war um die Stunde der Abenddämmerung. Je näher unser Zug dem Bahnhof kam, umso glänzender strahlte der Himmel wie ein purpurrot gefärbtes Seidentuch.
Am nächsten Morgen begaben wir uns zum Park „Zum Gedenken der Kämpfer von Yuhuatai“ in Nanking und legten einen Blumenkranz nieder. Über die Ereignisse in Yuhuatai im Zusammenhang mit dem Massaker in Nanking schreibt ein Bürger, der die Übeltat als zwölfjähriger Junge überlebte:
„Rund ums Yuhua-Tor lagen etwa 2000 Leichen. Nur zwei Menschen waren noch am Leben. Der eine war ein älterer Mann, der vorn in seinem Körper an sieben Stellen und hinten ebenso an sieben Stellen schwer verwundet war, dennoch blieb er am Leben. Er starb 1950. Der andere war eine betagte Frau; sie starb etwa um 1940. In der ganzen Umgebung, soweit die Augen reichten, überlebten nur diese zwei Personen.“ (aus „Stimmen Asiens“ Band 9)
Diese Worte bezeugen die Erfahrungen derer, die mit blutendem Herzen aussagten. In Yuhuatai gedachte ich den Menschen, die sich für die Revolution einsetzten, und allen Kriegsopfern und betete tief von ganzem Herzen. Absolut niemals dürfen wir eine solche Tragödie sich wiederholen lassen. Dafür machte ich einen Friedensvorschlag zur Normalisierung der japanisch-chinesischen Beziehung. Und aus demselben Wunsch heraus gab ich mir auch Mühe für den Abschluss des japanisch-chinesischen Friedens- und Freundschaftsabkommens.
Versuche, dich einmal in die Lage anderer zu versetzen!
Ich möchte, dass jeder selbst ein einziges Mal versucht, sich vorzustellen, was und wie es sein könnte, „wenn ich selbst auf der Seite der Eroberten wäre“.
Angenommen, in die Wohnung meiner Familie, die bescheiden lebt, dringt plötzlich eine Gruppe schwerbewaffneter Soldaten ein. Sobald sie eine männliche Person sehen, schießen sie sofort auf die widerstandslosen Männer. Wenn sie die Frauen entdecken, werden sie getötet, nachdem sie vergewaltigt wurden. Alles, angefangen mit Lebensmitteln usw., wird geraubt. Unter dem Vorwand, „es ist kalt, deshalb müssen wir uns wärmen“, setzen sie die Häuser in Brand. Zum Vergnügen enthaupten sie die Familienmitglieder mit ihrem Schwert.
Eine Amerikanerin, die als Lehrkraft an der „Kim Ling Frauenhochschule für Literatur und Wissenschaft“ tätig war und das Ereignis mit eigenen Augen beobachtete, schrieb:
„Von dem militärischen Standpunkt aus gesehen könnte die Eroberung Nankings für die japanische Armee als Sieg betrachtet werden. Jedoch im Licht der Moral war das eine Niederlage Japans sowie eine Schande für den Staat. ... Es wäre wünschenswert, wenn das, was sich jetzt in Nanking ereignet, den gewissenhaften Japanern vorgetragen werden könnte. .. Wie sehr sich die Frauen in Japan schämen würden, falls sie von solchen schreckenerregenden Ereignissen erfahren hätten.“
die „Rufe der blutigen Tränen“ seiner Nachbarn
Nichtsdestotrotz bemüht sich Japan, nach diesem Ereignis schon zig Jahre lang diese Grausamkeiten irgendwie abgeschwächt darzustellen, anstatt alle Menschen über die geschichtliche Tatsache klar zu unterrichten, um solche Greueltaten niemals zu wiederholen.
Darüber hinaus gewinnt die Gewalt durch Aussagen, wie zum Beispiel „Ein solches Ereignis gab es nicht“, „Es ist im großen und ganzen übertrieben erzählt“, „Inmitten des Kriegs war das unvermeidbar (obwohl Japan selbst den Krieg verursachte!)“ öffentliche Anerkennung.
Jedes Mal, wenn die Menschen in China von solchen Aktionen in der japanischen Gesellschaft erfahren, zittern sie vor Wut:
„Was erzählt ihr denn da, nachdem ihr Säuglinge und Greise umgebracht habt!“
Könnt ihr die Rufe der blutigen Tränen nicht hören!
Können sie nicht zu euren Herzen gelangen?!
Wenn das nicht der Fall ist, heißt es, dass ihr uns noch immer nicht als Menschen behandelt!
Wenn das nicht der Fall ist, dann seid ihr Japaner so wie früher unverändert geblieben!
Was hat sich denn bei euch überhaupt geändert!
Die Geschichte der Täter auszuradieren, bedeutet, die Existenz der Opfer erneut zu leugnen.
Ob wir der geschichtlichen Tatsache der Übeltaten in China ehrlich und aufrichtig gegenüberstehen können oder nicht, das ist die Kernfrage de japanisch-chinesischen Freundschaftsbeziehung. Solange wir dieses Fundament nicht stabil aufbauen und solange die Menschen in China deswegen uns Japanern gegenüber ein Gefühl hegen „den Japanern können wir nicht vertrauen!“, werden wir, wie sehr wir uns auch um einen praktischen Austausch bemühen, gar keine solide „Brücke der Freundschaft“ bauen können. Oder denken die Japaner, dass die Freundschaft unwichtig sei, solange man nur einen kurzfristigen praktischen Nutzen erzielen könnte?
Durch die Hinterlist, die Geschichte zu täuschen,
sind die Herzen der Japaner verwüstet
Vor allen anderen ist die Frage der Moralität sowohl ein Thema, das die Art und Weise der Lebensführung der Japaner gegenwärtig und künftig entscheidet, als auch ein Problem der Seele der Japaner selbst. Die Hinterlist, die Geschichte zu manipulieren, schadet unserer eigenen Menschlichkeit und führt uns schließlich zum Unglück, dass wir „in einer seelisch verödeten Gesellschaft“ leben müssen.
Wir müssen der Unart der Kultur unseres Volkes, derart grausame Missetaten begangen zu haben, tief und gründlich ins Auge schauen.
Warum konnten wir derartiges verüben?
Haben wir die Ursache dafür überwunden?
Besteht die Gefahr, dasselbe wieder zu tun, falls sie noch nicht überwunden ist?
Vor geraumer Zeit schrieb Chen Shuncheu, der in Japan lebende chinesische Schriftsteller, in seinem Essay „Die Unheimlichkeit der Japaner“:
„Die Japaner sind in ihrem Charakter stark emotional geprägt. Die Emotion kennt keinen Kurs, treibt die Menschen unerwartet zu einer Handlung. ... Ein chinesischer Student, der während seines Studiums in Japan Übergangsphänomene der Zeit von der sogenannten ‚Demokratie-Bewegung’ in der Taisho Ära (1912-1926) zur linksgerichteten Bewegung in den ersten Jahren der Showa Ära (1926-1989) direkt vor seinen Augen beobachtete, kam mit seinem gewonnenen Eindruck, Japan sei nicht zu fürchten, da die Meinungen der japanischen Bevölkerung zersplittert seien, wieder nach China zurück. Dennoch ereignete sich unmittelbar danach der „Vorfall vom 18. September“ (1937) in der Mandschurei, und innerhalb kürzester Zeit marschierte Japan vereint um China zu erobern. Aus dem Grund kann man den Japanern jetzt auch nicht vertrauen. Einerseits reden sie zwar von einer Friedensverfassung und sind andererseits zwischen Konservativen und Reformern anscheinend gespalten. Aber wenn es auf dringendes ankommt, wird Japan womöglich auf den Militarismus hin zulaufen. Nein, es hat möglicherweise schon angefangen? Der betagte, jetzt in Hongkong lebende einstige Student sagt dies aufgrund seiner eigenen Erfahrung voraus.“
„Krieg und Schuld“ von Masaaki Noda ist ein mühevolles Werk, in dem der Autor, zugleich Psychiater, durch die Untersuchung vieler Anhörungen von Soldaten der ehemaligen japanischen Armee tief in die Psyche der Menschen eindrang. Seine Untersuchung ergab als Tatsache eine Art „Gefühlslähmung“, dass fast alle interviewten Soldaten, obschon sie ein derartiges Gemetzel verübten, trotz ihrer Missetaten seelisch nicht verwundet sind.
Was hat solch eine Verunmenschlichung hervorgebracht?
Das lag zum einen wohl in der seit der Meiji-Ära (1868-1912) fortgesetzten Erziehung der Japaner, die Asiaten zu diskriminieren, und zum anderen im fanatischen Bewusstsein, den Heiligen Krieg zu führen.
Weil keine gründliche Ursachenforschung stattgefunden hat,
sind die gewalttätigen Eigenschaften immer noch vorhanden
Im obengenannten Buch wird erläutert, dass die in der japanischen Gesellschaft vorhandenen Eigenschaften wie hohe Angriffslust, hierarchiebedingte Kultur, Anpassung erzwingende autoritäre und gewaltverherrlichende Kultur und die Gefahr, dass Japaner, ohne als Individuum zu leben, sich ständig je nach der Farbe der herrschenden Gruppe verändern, selbst nach Beendigung des letzten Weltkriegs noch völlig unverändert geblieben sind.
Er hebt auch hervor, dass es selbst in der Welt der Medizin eine „Tradition, den einzelnen Menschen nicht zu respektieren“, gibt. Auf ähnliche Weise hat solch eine gefühlsdünne Elite, die sich mit ihrem Inneren nicht auseinandersetzt und dem Schmerz anderer gegenüber stumpfsinnig ist, oft hohe Stellungen in anderen Bereichen der Gesellschaft inne.
Wie im vorher zitierten Buch ausführlich dargestellt wird, gab es einst unter der Leitung Zhou Enlais (1898-1976), Ex-Premier Chinas, eine Geschichte der Wiederherstellung der Menschlichkeit, die als Wunder von Fushun bezeichnet wird.
Nach dem Krieg gab es im Nordosten Chinas eine „Verwaltungsstelle für Kriegsverbrecher von Fushun“. Hier waren die der Kriegsverbrechen Verdächtigten untergebracht. Normalerweise wäre es nicht verwunderlich, wenn die Lebensbedingungen und die Behandlung von Kriegsverbrechern schonungslos und streng wären. Jedoch wurde in dieser Verwaltungsstelle eine erstaunlich andere Richtlinie in die Praxis umgesetzt: Man soll die Gefangenen human behandeln, darf sie niemals prügeln, noch ihre Persönlichkeit durch Beschimpfungen herabsetzen. Obwohl man den Groll des Volkes nicht vergessen sollte, muss man daran denken, dass auch die Gefangenen menschliche Wesen sind, und wenn sie Menschen wie jeder andere sind, sollte man ihre Persönlichkeit schätzen.
Der Anweisung zufolge wurden saubere Zimmer vorbereitet, ferner sowohl ein Haarsalon als auch ein Badezimmer eingerichtet. Es gab auch einen Sportplatz. Im Winter gab es auch eine Heizung. Man machte sich viele Gedanken um ihre Ernährung; trotz der Versorgungsschwierigkeit konnten sie genug polierten Reis essen. Im Gegensatz zu ihnen mussten die Bediensteten der Verwaltungsstelle Hunger ertragen; sie aßen weniger und minderwertigeres.
Das Gebäude der Verwaltungsstelle war früher während der japanischen Besatzungszeit als Gefängnis benutzt worden. Die Chinesen, die damals verschleppt und dort inhaftiert wurden, waren eingesperrt in kalten und äußerst unhygienischen Zimmern, ohne Wasser und wurden geschlagen und gefoltert. Auch wenn sie krank wurden, ließ man sie einfach liegen.
Dennoch, warum!
Das Personal der Verwaltungsstelle konnte trotz der Verordnung des Premiers nicht davon überzeugt sein.
Warum müssen wir diese Verdammten gut behandeln!
Nach dem Erscheinen von „Erwachen“, einer Sammlung der Erlebnisse von Bediensteten der Verwaltungsstelle, warf sich der Wächter Wang Xing wegen seines inneren Konflikts aufs Bett und weinte qualvoll. Er hatte erlebt, dass sein Dorf durch die japanische Armee in ein Flammenmeer verwandelt wurde, und dabei sieben aus seiner achtköpfigen Familie erstochen wurden. Er allein konnte aus dem Meer des Bluts entfliehen. All seine anderen Kollegen hatten an Leib und Seele eine ähnliche Tragik erlebt.
Obwohl wir für sie soviel getan haben, bestreiten die Gefangenen alles hartnäckig und behaupten, dass sie keine Schuld gehabt hätten. Sie verunglimpfen uns, die Wächter, sogar und bewahren uns Chinesen gegenüber eine Diskriminierungshaltung!
Nichtsdestotrotz war das die Anweisung des Premiers. Alle harrten doch aus.
Frau Jiao Guizhen, die als Pflegerin tätig war, leistete einen widmungsvollen Dienst einem Kriegsverbrecher gegenüber, der wegen eines Hirnschlags halbseitig gelähmt war. Vier Jahre lang fütterte sie ihn täglich drei Mal, gab ihm Medikamente, machte ihn sauber und beseitigte auch noch seine Exkremente. Sie rasierte ihn, frisierte seine Haare, schnitt ihm die Finger- und Fußnägel. Jeden Tag änderte sie seine Körperlage, wusch seinen ganzen Körper und massierte ihn. Dank ihrer Pflege bekam der Halbgelähmte keinen Dekubitus, obwohl er vier Jahre lang im Bett lag.
Angesichts ihrer derart großen Herzlichkeit blieb dem Ex-Soldaten nichts anderes übrig, als in seinem Herzen einen starken Schock zu spüren: Wir haben Missetaten verübt, wodurch wir wohl verdient haben könnten, auch in grausamer Weise umgebracht zu werden. Dennoch, wie diese Menschen uns behandeln!
Die japanischen Soldaten, die die Chinesen nicht als Menschen, sondern nur als Dinge betrachten konnten: Das bedeutete, dass sie selbst keine Menschen mehr waren. Die Japaner, die in dieser Verwaltungsstelle mit der Menschenwürde in Berührung kamen, fingen an, sich zu verändern; das Gefühl der Menschen fing an, sich zu bewegen. Dann wurden sie von der Größe der Sünde, die sie begangen hatten, ins Schaudern versetzt. Sie schworen voller Tränen, den Rest ihres Lebens der Wiedergutmachung und dem Frieden zu widmen.
Zu den Kriegsverbrechern, die sich vor den Bauern auf die Knie fallend entschuldigten, sagte eine alte Bäuerin:
„Wenn Sie gut umgestaltet und wahre Menschen geworden sind, macht sich das chinesische Volk gar keinen Gedanken, Vergeltung zu üben.“ (aus „Erwachen“)
Auf der Grundlage der Moralität sowie der Menschlichkeit war das für Japaner eine vollständige Niederlage.
In der Nachkriegszeit versuchten Japaner, ihre Suche nach der Materie zu rechtfertigen, indem sie argumentierten: „Wir haben den Krieg wegen der überragenden Quantität der Materie Amerikas verloren.“ Aber sie wurden sich nicht darüber bewusst, dass sie „auf der Grundlage der Spiritualität der chinesischen Bevölkerung unterlegen waren“.
Zwischen diesem Unbewusstsein und der jetzigen Verödung in der Psyche von Japanern, glaube ich, gibt es möglicherweise einen Zusammenhang.
Jangtsekiang floss ruhig.
Wie oft dieser Fluss Aufblühen und Niedergang verschiedener Herrscher gesehen hat, selbst nur seit der Zeit, in der die Stadt Nanking vor 1800 Jahren zur Hauptstadt des durch Sun Quan (182-252) gründeten Reichs Wu, eines der Drei Königreiche, wurde.
Im Jahr 1968, in dem die große Jangtsekiang Brücke fertig gestellt wurde, machte ich einen „Vorschlag zur Normalisierung der diplomatischen Beziehung zwischen Japan und China“ (8.September). Die Normalisierung kam vier Jahre später (1972) zustande. Seither sind jetzt genau 30 Jahre vergangen. Ist die „goldene Brücke“ der Freundschaft unerschütterlich erbaut worden?
Hier möchte ich einen Teil der Rede wiedergeben, die Premier Zhou Enlai unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und China hielt:
„Vor kurzem haben der japanische Premierminister Tanaka und ich ein Kommunique zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen bekannt gegeben. Das ist ein auf Papier festgehaltenes Versprechen der beiden Premiers, die auf unterschiedlichen wirtschaftlichen Fundamenten stehen. Die wahre Wiederherstellung dieser diplomatischen Beziehung bzw. der Freundschaftsbeziehung, denke ich, kann erst dann abgeschlossen werden, wenn die beiden Völker – Japan und China – von Herzen einander verstehen und schließlich ein tiefes Vertrauensverhältnis schaffen, in dem unsere Kinder und Kindeskinder eine herzliche Freundschaftsbeziehung fördern. Dafür braucht man viele Jahre.“ (aus „Zhou Enlai im Herzen der Japaner“)
Die Probleme bezüglich der historischen Darlegung sind nicht mit dem Abkommen zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen abgeschlossen worden, sondern sie sind neu gestartet. Japan versprach der chinesischen Bevölkerung und der gesamten Welt, uns über unsere Kinder und Kindeskinder hinaus in aller Ewigkeit die Lehren aus der vergangenen Geschichte ins Leben einzuprägen und uns darum zu bemühen. Dieses Versprechen muss man einhalten.
Insbesondere möchte ich das mutige Aufstehen der Jugend einfordern. Sicherlich hat die Nachkriegsgeneration keine Schuld an der Kriegsführung. Dennoch hat sie immerhin eine Verantwortung, genau zu kontrollieren, ob die japanische Gesellschaft in die falsche Richtung geht, und danach zu streben, dass sie auf dem korrekten Weg voranschreitet. Überdies hat sie eine Aufgabe, sich zu „neuen Japanern“ zu entwickeln, die den schlechten Aspekt der herkömmlichen japanischen Kultur überwunden haben.
Rektor Jiang sprach bei seinem Besuch die Schüler der Soka Schule in Tokio an:
„Was ist der Menschentyp, nach dem im 21. Jahrhundert gesucht wird?
Das ist ein „Ganzheitsmensch“, der nebst dem Wissen einen erhabenen Charakter, sich um der Gerechtigkeit der gesamten Menschheit willen einzusetzen, besitzt.
Meine lieben jungen Freunde in Japan!
Bitte gehen Sie mit der Jugend in China Hand in Hand und
Bauen Sie diese „goldene Brücke“ umso stärker und umso vorzüglicher!
Ich bitte Sie herzlichst!
Das ist um des Friedens willen!
Es gibt Menschen, die mit tiefem Gebet auf den Frieden und die Freundschaft warten!
Sie sind überall in ganz China da!“
(aus „Seikyo Shimbun“ vom 8. September 2002)
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