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Barbara Cahills Vorlesung über Senseis Vortrag vom 17. Mai 1994,
gehalten in Trets, im Oktober 1994 (Vorläufige Übersetzung)
Anm. der Übers.: Barbara Cahill praktiziert über 30 Jahre und ist Verantwortliche der SGI-UK. Ich habe mir die Mühe genommen, diese Vorlesung zu übersetzen, weil Barbara Cahill ausführlich auf unsere westliche Problematik mit der buddhistischen Ausübung eingeht. Bitte bedenkt, dass der Orginaltext Wiedergabe einer mündlichen Vorlesung ist. Ich habe, da wir uns in der Soka Gakkai üblicherweise duzen, beim Übersetzen von „you” die Du-Form gewählt.
Ruth und Bettina haben die Rohfassung korrigiert und anschließend haben wir, z.T. gemeinsam, die jetzige Form erarbeitet.
Der Vortrag von Sensei ist in der Forum-Sonderausgabe vom August/September 94 abgedruckt. Die Abschnittsbezeichnungen in dieser Übersetzung sind identisch mit denjenigen im Forum. Nun wünschen wir euch viel Freude, Erleichterung und viele „Ahas” beim Lesen. Esther.
Vortrag SGI-Präsident Ikedas am 17. Mai 1994 im Kulturpalast der Staatlichen Universität von Moskau
Verehrte Professoren und Studenten der Moskauer Staatsuniversität. Heute wurde mir die Möglichkeit gewährt, wieder in diesem geliebten Kulturpalast einen Vortrag zu halten, genau wie vor 20 Jahren. Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass ich dies als meine höchste Ehre ansehe.
Ich würde gerne Rektor Viktor Sadownitschy und allen Mitgliedern der Universität meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Treffen zustande kam. Nichts macht mich glücklicher, als vor jungen Studenten zu reden.
Im Januar dieses Jahres beteiligten sich Studenten der Moskauer Staatsuniversität sehr rege an einer Diskussion anlässlich eines informellen Treffens zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Bill Clinton, und Moskauer Bürgern. Ihre engagierte Teilnahme wurde sogar im japanischen Fernsehen übertragen. Eine Studentin Ihrer Universität erläuterte Präsident Clinton in perfektem, flüssigem Englisch, dass Russland große Reserven an spiritueller Energie habe und dass sie überzeugt davon sei, dass ihre Nation in naher Zukunft zu einem kulturellen Zentrum von internationaler Bedeutung werden würde. Es war wahrhaft ein ermutigender Auftritt, der die ernsthafte Begeisterung der Jugend deutlich machte.
Das Glaubensbekenntnis des Gründers der Moskauer Staatsuniversität
Der würdige Gründer Ihrer Universität, Michael Lomonossow (1711 - 1765) verfasste diese edlen Verse unmittelbar vor seinem Tode:
,,Wenn unser wunderbares und weites Land\ von Unglück heimgesucht wird,\ ist das die Zeit,\ in der Russland mutige und hervorragende Jugendliche\ hervorbringen wird, meine Nachkommenschaft,\ die sich den Weg zum Vorbild nehmen werden, den ich\ hinterlassen habe.“
240 Jahre sind vergangen, seit Ihre Universität gegründet wurde, und Sie haben in vollem Umfang dieser edlen Aufforderung Ihres Gründers Folge geleistet. Welch ein ruhmreiches und prächtiges Beispiel von Erziehung.
Ein Abschnitt aus den buddhistischen Schriften sagt uns: ,,Wenn Sie verstehen wollen, welche Ergebnisse die Zukunft zeigen wird, betrachten Sie die Ursachen, die in der Gegenwart entstehen.”
Ich bin ganz und gar und zutiefst überzeugt, dass Sie, die Jugendlichen, die grenzenlose Hoffnung Ihrer Nation und der ganzen Welt sind.
Ich habe den Punkt jetzt erreicht, wo ich eifrig alle großen Reden von Sensei mit Erstaunen und großem Vergnügen lese. Ich sage, ich habe diesen Punkt jetzt erreicht, denn ich war nicht immer fähig, es auf diese Art zu schätzen. Ich musste daran arbeiten, Sensei zu verstehen und zu schätzen, aber die Belohnung, es zu tun, ist immens. Ich fühle jetzt, und ich bin nicht allein damit, dass Sensei ein großer Philosoph ist, wenn nicht der größte dieses Zeitalters. Solange wir, vielleicht wegen vorgefassten Meinungen in unserem Denken, diese Wichtigkeit nicht erkennen, glaube ich, dass uns das wirklich bemerkenswerte Verständnis und die Weisheit eines großen Philosophen des 20. Jahrhunderts entgeht.
Mit dem im Geist - vielleicht lesen oder schätzen wir nicht immer, was er uns zu sagen hat - möchte ich heute über einige wichtige Punkte aus der Rede sprechen, die Sensei an der Moskauer Staatsuniversität hielt. Diese ist auch im Oktober UK-Express publiziert: bitte versucht es, öffnet euren Geist, und wenn es nur für einen der zehn Punkte ist, und ich bin sicher, es wird euch ermutigen, eure Buddhaschaft noch mehr zum Leuchten zu bringen.
Was ich in den großen Reden Senseis bemerkt habe, ist, dass er an Orten über Buddhismus spricht, wo wir es nicht erwarten würden: zu AkademikerInnen, Geschäftsleuten, WissenschaftlerInnen, und wir mögen denken: „Was hat Sensei diesen Leuten, die an der Spitze ihres jeweiligen Gebietes sind, zu sagen?“ Aber ich denke, gerade in der Tatsache, dass sie so spezialisiert sind und Sensei diese sehr weite Vision hat - liegt das, was er ihnen zu sagen hat, weil sie im Prozess der Spezialisierung etwas verloren haben, etwas, was er in seinem Leben hat hervorbringen können. Gestern sprachen wir von all den Doktortiteln und allem, was er erhalten hat; das ist die Anerkennung dieses Wertes, den Sensei uns zu geben hat. In diesem Vortrag stellt sich Sensei zuerst vor und macht sich mit dem russischen Volk bekannt, dann kommt er zum Thema des Vortrags, nämlich, was es heißt, ein Mensch zu sein.
,,Weil es dort Menschen gibt...”
Wenn ich zurückdenke, erinnere ich mich wieder daran, wie ich 1974 die Einladung an Ihre Universität annahm und wie viel Menschen in Japan meine Entscheidung kritisierten, als ich mich auf meinen ersten Besuch Ihres Landes vorbereitete. „Warum reist ein buddhistischer Führer in eine Nation, dessen Ideologie ja gerade jede Religion ablehnt?”, fragten sie. Meine Antwort war, dass ich gehen würde, ,,weil es dort Menschen gibt.”
Jetzt sind über zwei Jahrzehnte vergangen, und in unserer heutigen nachideologischen Welt bewahrheitet es sich mehr und mehr, dass im Zentrum die Menschlichkeit selbst steht und die zentrale Frage lautet, wie man leben sollte.
Der berühmte zeitgenössische russische Schriftsteller Alexander Solschenizyn bestätigt eindrucksvoll diese Wahrheit:
,,Die Struktur eines Staates ist zweitrangig, bezogen auf den Geist zwischenmenschlicher Beziehungen. Dort, wo es menschliche Aufrichtigkeit gibt, kann jedes ehrliche System akzeptiert werden; gibt es aber Gehässigkeit und Selbstsucht unter den Menschen, wird selbst die weitreichendste Demokratie unerträglich. Wenn es den Menschen an Gerechtigkeit und Ehrlichkeit fehlt, wird dies unter jedem System an die Oberfläche treten.”
Alles beginnt und endet mit den Menschen. Die Menschen bleiben das größte aller Rätsel, wie Tolstoi erkannte. Seit dem Altertum wurde der Frage enorme Aufmerksamkeit gewidmet, was es heißt, Mensch zu sein. Dennoch können wir nicht behaupten, dieses Rätsel gelöst zu haben. Wir wissen, dass der Geist und die Gefühle nicht allein in wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Begriffen erfasst werden können. Und obwohl die Menschheit aus ihrer Vergangenheit ein großartiges Vermächtnis ererbt hat, ist es doch fraglich, ob davon in unserer gegenwärtigen Gesellschaft wirklich Gebrauch gemacht wird, in der wir offensichtlich von den drohend aufragenden Wolken der letzten Jahre dieses Jahrhunderts eingehüllt sind. Wenn wir in diesen Zeiten den menschlichen Zustand klarer erkennen wollen, bedarf es einer wirklich erhellenden Philosophie.
Ausgehend von diesen Vorgaben würde ich gern meine eigenen Vorstellungen zu diesem Thema entwickeln, indem ich versuche, den großartigen ,,Kosmos des Menschen” zu erkunden.
,,Bleib' Deinem Leben treu!” - mit diesem ermutigenden Ausruf wandte sich mein Meister Josei Toda, der 2. Präsident der Soka Gakkai, an die jungen Menschen. Herr Toda überlebte im 2. Weltkrieg eine zweijährige Haft und blieb in seiner Widmung an den Frieden unbesiegt und unerschüttert. In der Hoffnungslosigkeit, die auf die Kapitulation Japans folgte, als alle bestehenden Werte zerstört oder auf den Kopf gestellt wurden, ging er in seinen Überlegungen auf den eigentlichen Ausgangspunkt ein - den Lebenszustand des Menschen - und ermutigte uns, wieder mit unserer eigenen, inneren menschlichen Entwicklung zu beginnen. Die Lehre Josei Todas war eine Wiederbelebung der Lehre Shakyamuni Buddhas, die besagte, dass wir unser eigener Meister sind, so wie es niemand anderes je sein könnte, und dass wir uns ein eigener unnachahmlicher Meister sind, wenn wir starke Selbstdisziplin besitzen.
Das erinnert mich an das von dem großen russischen Schriftsteller Dimitri Mereschkowski (1865-1941) angebotene Motto: ,,Gott hat den Menschen dazu bestimmt, sein eigener Meister zu sein.”1 Diese Worte werden zu Beginn seines ,,Peter und Alexis. Die Romanze Peters des Großen”2 dreimal wiederholt. Meiner Ansicht nach ist diese ewige Frage ,,wie kann man sein eigener Meister sein?” die Frage, die sich durch die gesamte Geistesgeschichte Ihres Landes zieht. Ich glaube, dass dies die Frage ist, welche die Herzen der Menschen in Russland in der vormodernen Zeit bewegt, vielleicht noch leidenschaftlicher als zu irgend einer anderen Zeit in der Weltgeschichte.
Wir können dieses Anliegen im Leben Peters des Großen (1672-1725) weitreichend belegt wiederfinden. Eins der schwierigsten Probleme der vormodernen russischen Geschichte besteht zweifellos darin, zu einem wohlbegründeten und ausgewogenem Urteil über Peter den Großen zu kommen, der oft rücksichtslose Reformen in Kraft setzte, die auf der Grundlage von westlichen Ideen und Technologien Russland modernisieren und entwickeln sollten. Dies zeigt sich in der fortwährenden Rivalität zwischen den europäischen und slawischen Schulen. Doch von zumindest einem Standpunkt aus betrachtet war Peter der Große ein Gigant, der sein Leben der Suche nach einer Antwort auf jene Frage gewidmet hatte: ,,wie kann man Meister seiner selbst sein?”
Alexander Puschkin (1799-1837) pries Peter den Großen als ,,Herrscher des Schicksals”, und Alexander Herzen (1812-1870) beschrieb ihn als das erste, befreite Individuum in der Geschichte Russlands. Peter der Große trug sein eigenes Schicksal auf der einen Schulter und das Schicksal ,,aller Reußen” auf der anderen, wie Atlas in der griechischen Mythologie die Pfeiler stützte, die Himmel und Erde auseinander hielten.
Russland hat seit der Zeit Peters des Großen immer wieder versucht, mit dem überall vorhandenen Einfluss der modernen westlichen Zivilisation zurechtzukommen. Und das ist nicht allein ein Problem Russlands. Während die westlichen Einflüsse sich zuerst in der Veränderung der Militärtechnologie und des wirtschaftlichen Systems zeigen, gehen sie schließlich auf die Kultur selbst über und bewirken, dass sie ihre eigentliche Identität verlieren und die Wertschätzung der Menschen für ihr eigenes Selbst ins Schwanken bringen, was letztlich dazu führen kann, dass sie sich von sich selbst entfremden.
Diese Sorge reflektieren auch die Schriften Natsume Nosekis (1867-1916)3, einer führenden Persönlichkeit der modernen japanischen Literatur, der - nachdem Japan seine Tore den Einflüssen der westlichen Kulturen geöffnet hatte - versuchte, eine japanische Identität zu entwickeln. Über seine Jugend in dieser Zeit bemerkte er: ,,Ich fühlte mich, als wäre ich in einem Sack verschnürt gewesen, unfähig, zu entkommen.”
Sensei sagt hier wie auch später in der Vorlesung, dass wir unsere eigenen Meister sind. Er beginnt, die Idee vorzustellen, dass man sein eigenes Leben meistern muss, um wirklich Mensch zu sein. Dieses Meistern unseres Lebens heißt in anderen Worten, dass wir unsere menschliche Revolution machen sollten. Bevor er dieses Konzept ausarbeitet, fährt Sensei fort mit der Darstellung des Zustandes der Mehrheit der heutigen Menschen, indem er die japanische Jugend beschreibt.
Obwohl Japan sich in dem einen Jahrhundert, da Soseki jene Worte schrieb, in einem unvorstellbaren Ausmaß verändert hat, muss ich doch bezweifeln, dass die heutige Jugend Japans wirklich mit ihrer Lage glücklich und zufrieden sind. Ebenso falsch ist die Vermutung, dass die Japaner glücklich sind, nur weil sie in materiellem Überfluss leben können. Solches ,,Glück” ist immer relativ und kurzlebig.
Im heutigen Japan scheinen die meisten jungen Menschen sich selbst entfremdet zu sein und kaum Ehrgeiz zu besitzen. Sicherlich haben sie mehr Freiheit als jemals zuvor, doch andererseits mangelt es ihnen an einem klaren Gefühl für den Sinn ihres Daseins, und viele junge Menschen sind verwirrt und unsicher. Viele von ihnen leben nur für den Augenblick oder ihr unmittelbares Vergnügen. Aktuelle Erhebungen bei Hochschulstudenten in aller Welt belegen eine besonders starke Tendenz bei japanischen Studenten: erstens haben sie geringe Hoffnung auf die Zukunft, und zweitens sind sie zufrieden, solange ihre gegenwärtige Lage bequem genug ist.
Es besteht kein Zweifel, dass Japans spirituelle Kraft stagniert, obwohl das Land - zumindest vorübergehend - beispiellosen ökonomischen Überfluss durchlebt. Junge Menschen stellen sich nicht mehr die Frage: ,,Wie soll ich mein eigener Meister sein?”, und sie versuchen auch nicht mehr, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen.
Natürlich gibt es auch Jugendliche, die versuchen, über ihre eigene Lebenssituation hinaus zu denken und nach einer friedvollen neuen Weltordnung und einer klaren Vorstellung von der Rolle der Gesellschaft zu suchen. Auch in ihrem persönlichen Leben versuchen sie, die Fähigkeit zu entwickeln, Entschlüsse zu fassen. Es gibt auch junge Menschen, die sich direkt mit der Frage konfrontieren, an welchen Werten sich die Menschen in ihrem Leben orientieren sollten. Diese jungen Menschen, die sich so sehr von ihren vielen apathischen Altersgenossen unterscheiden, geben mir Hoffnung auf eine neue Lebensphilosophie, eine neue Religion, die den Menschen das Gute, das Ermutigende, das Kreative näher bringen wird.
Der dauerhafte Herzschlag des russischen Humanismus
Wie also werden wir unser eigener Meister? Die Suche nach einer klaren Antwort auf diese Frage führte mich zu dem großen Philosophen Nikolai Berdjajew (l874-l948)4 und den Gedanken, die er in seinem ,,Dream and Reality: An Essay in Autobiography” zum Ausdruck brachte:
,,Ich habe niemals versucht, absichtlich oder unabsichtlich, mich in einer eigenen privaten Welt abzuschließen. Vielmehr strebte ich danach, einen Weg hinaus ins Freie zu finden, in der Welt anwesend zu sein und in mir selbst diese Welt gegenwärtig zu machen und dennoch gefährlich und frei präsent zu sein. Der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist es, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen.”
Diese Worte bekunden die spürbare Zufriedenheit, sein eigener Meister zu werden wie auch ein uneingeschränktes umfassendes Eins sein mit dem Universum, ein großartiges Verständnis vom Kosmos.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese brillanten Worte
Dieses Zitat von Nikolai Berdjajew, welches Sensei anführt, ist schön, und vielleicht überrascht es, dass Sensei mit Sich-Selbst-Meistern genau das meint. Wir tendieren zu denken, dass dieses Sicht-Selbst-Meistern bedeutet, gegen Instinkte und Gefühle anzukämpfen und zu versuchen, sie zu meistern. Falls wir es auf diese Art verstehen, ist die Ursache dafür, so glaube ich, unser starker christlich-jüdischer Hintergrund. Senseis Beschreibung des Sich-Selbst-Meisterns könnte nicht weiter davon entfernt sein, er spricht weder von unterdrückenden, noch von verleugnenden oder verneinenden Aspekten unserer selbst. Er beschreibt das Sich-Selbst-Meistern als einen umfassenden Zustand des Einsseins mit dem Universum - und er führt dazu Berdjajews Beschreibung des Sich-Selbst-Meisterns an:
„Der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen.”
Das sind großartig klingende Worte, aber es ist typisch für Sensei, dass er uns nicht mit diesen von weit her strahlenden Zielen allein lässt - er sagt uns genau, wie wir dorthin gelangen können. Im letzten Abschnitt spricht er von drei Sichtweisen der Veränderung im Leben eines Individuums und bei der Entwicklung des menschlichen Charakters: Erwachen, perfekte Ausstattung und Wiederbelebung. Diese drei Sichtweisen sind, wie ihr vielleicht wisst, Definitionen des Wortes „Myo”, wie es in Nam-Myoho-Renge-Kyo vorkommt. Wenn wir das, was Sensei darüber sagt, näher betrachten, können wir unser Verständnis von dem, was wir durch unsere Praxis zu erreichen versuchen, vertiefen.
Als erstes bezieht sich ,,erwachen” auf die individuelle Entwicklung eines Bewusstseins von der fundamentalen Ordnung des Lebens. Der Buddhismus lehrt, dass jeder von uns die Buddhanatur besitzt, das Potential, sich zu einem ideellen Menschen zu entwickeln. Entwickelt man dieses Potential, wird diese Buddhanatur zum Kern unseres Lebens und wir gewinnen die Fähigkeit, uns selbst zu meistern. In unserem alltäglichen Leben ist diese Buddhanatur jedoch tief unter unseren Illusionen vergraben - den verschiedenen falschen, vorein-genommenen und irrigen Ansichten. Deshalb müssen wir die vielen dicken Schichten unserer Illusionen durchbrechen und eine Tür zu dieser uns innewohnenden Buddhanatur öffnen und sie zur vollen Blüte bringen. Diese Illusionen abzulegen bedeutet, zu der jedem Menschen innewohnenden fundamentalen Ordnung des Lebens zu erwachen. Die höchste Lehre des Mahayana-Buddhismus, das Lotos-Sutra, verwendet eine Vielzahl von Parabeln für diejenigen, die überzeugt sind, dass der Buddha eine Art transzendentes, mythisches Wesen ist und nicht akzeptieren können, dass sie selbst diese Buddhanatur besitzen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen kurz eine davon mitteilen.
Einst war ein armer Mann bei einem wohlhabenden Freunde zu Gast. Während sie miteinander redeten und es sich gut gehen ließen, schlief der arme Mann ein. Während er schlief, nähte der Freund aus Sorge um sein Wohlergehen heimlich einen wertvollen Edelstein in sein Gewand ein. Als der arme Mann am nächsten Morgen erwachte und sich verabschiedete, hatte er keine Ahnung, dass ein Juwel in sein Gewand eingenäht worden war. In den nächsten Jahren lebte er weiterhin in Armut. Einige Jahre später traf der wohlhabende Mann seinen Freund wieder und war erstaunt, zu sehen, dass dieser immer noch in ärmlichen Umständen lebte. Da erzählte er ihm von dem Edelstein, den er in dessen Gewand eingenäht hatte, und der arme Mann freute sich über die Maßen.
Der Edelstein ist die Buddhanatur, die wir alle besitzen, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Diese Buddhanatur ist die fundamentale Ordnung der menschlichen Existenz, ein so unerschütterlicher Stützpunkt wie der, auf den der griechische Mathematiker Archimedes (290-211 v.Chr.) sich bezog, als er ausrief: „Gebt mir einen festen Standpunkt, und ich werde die Erde aus den Angeln heben.” 5 Niemand ist stärker als der Mensch, der zu dieser fundamentalen Ordnung allen Lebens erwacht ist.
Leben für das Innere
Das erinnert mich an ein Meisterwerk eines meiner Lieblingsautoren, Leo Tolstoi (1828-1910), ,,Anna Karenina”. In einer berühmten Szene der Novelle sucht Levin, hinter dessen Person sich der Autor selbst verbirgt, nach der Antwort auf die Frage ,,Was ist der Sinn des Lebens?”. Mit anderen Worten sucht er nach der fundamentalen Ordnung der Existenz, und er wird vor den Worten eines Bauern aufgeklärt:
,,Ein Mann lebt für seine eigenen Bedürfnissen und nichts sonst - z.B. Mityuka, der nur daran denkt, seinen Bauch voll zu stopfen. Folkanitsch dagegen ist ein aufrechter alter Mann. Er denkt an seine Seele: Er vergisst Gott nicht.” 6
Diese Worte eines einfachen Bauern trafen Levins Herz wie ein Blitzstrahl. Dies ist eine der bewegendsten und erinnerungswürdigsten Szenen der Weltliteratur vom Erwecken des Bewusstseins durch einen anderen. Wie wahr ist es doch: wenn jemand zur fundamentalen Ordnung erwacht - hier umschrieben mit ,,an seine Seele denken” - , dann öffnet er in sich eine vollkommen neue und unerwartete Welt in all ihrer Vitalität und Herrlichkeit.
Das Drama der Verwandlung von Dunkelheit in Licht, von der Illusion zum Erwachen, taucht in Tolstois Werk häufig auf. In einer rauen und ursprünglichen Form wird es in seinen frühen Werken geschildert, wie z.B. in ,,Die Kosaken” (1863), und entwickelt sich hin zur reflektierenden Haltung des Pierre in ,,Krieg und Frieden” (1865-1869) und des Levin in ,,Anna Karenina” (1875-1877). Dieses großartige menschliche Gefühl, das plötzlich in diesen Protagonisten nach langem Leiden und vielen harten Prüfungen aufbricht, hat ohne Zweifel solch starken Widerhall in den Herzen junger Menschen ausgelöst, insbesondere weil es ursprünglich und rein ist.
Tolstoi war auch mit den Lehren des Buddhismus vertraut, und die Lebensdynamik, die er in seiner Genialität in seinen Schriften beschreibt, hat vieles gemeinsam mit der dynamischen Lebenseinstellung, wie sie das Lotos-Sutra lehrt. Tolstois Werk ist auch eine Hymne der Dankbarkeit an die fundamentale Herrlichkeit des Lebens.
Letztendlich sind wir ,,denkende Gräser”, wie der französische Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) es ausdrückte. Der Beweis unserer Menschlichkeit zeigt sich im Erschaffen eigener fester Ansichten über das Leben, über die Gesellschaft und über das Universum. Wenn wir unsere eigenen Ziele festlegen und dann alles tun, um sie zu unserer eigenen Zufriedenheit zu realisieren und ein Leben ohne Reue führen, dann erscheint das Glück. ,,Vollkommene Ausstattung” bedeutet, unser Leben zu erweitern und den Kosmos zu umschließen.
Als nächstes will ich über das buddhistische Prinzip ,,Vollkommene Ausstattung” sprechen, welches gewährleistet, dass die fundamentale Ordnung, zu der wir erwachen, nicht parteiisch oder voreingenommen ist. Mit anderen Worten: die fundamentale Ordnung muss vollkommen und allumfassend sein und nicht nur alle Menschen, sondern ebenso die Natur Lind das Universum gleichermaßen einschließen.
,,Vollkommene Ausstattung bezieht sich also auf die Allgemeingültigkeit und die zugrunde liegende Harmonie des Lebens, da wir unseren Blickwinkel von der Ebene dieses Planeten weg auf die Ebene des Kosmos hin richten. Diese Allgemeingültigkeit hat eine andere Dimension als die der Wissenschaft oder der Vernunft. Wissenschaft und Vernunft sind abstrakt und unterscheiden sich in der Realität darin, dass in sich abgeschlossen und strukturiert sind. Innerhalb ihres jeweiligen Bereichs üben sie eine unermessliche Macht aus. Gewiss haben in der ganzen Welt Wissenschaft und Technologie unsere Lebensart mit erstaunlicher Geschwindigkeit verwandelt. Doch nachdem wir in diesem Jahrhundert die Tragödie des ,,Megatodes” erfahren haben, darf sich die Menschheit nicht länger damit abfinden, Wissenschaft und Vernunft unkontrolliert zu lassen.
Die Allgemeingültigkeit, von der ich spreche, ist eine symbiotische Ordnung, in der die Menschen, die Natur und der Kosmos zusammen existieren und wo Mikrokosmos und Makrokosmos zu einer einzigen lebendigen Einheit verschmolzen sind. Symbiose wird im Buddhismus ,,abhängiger Ursprung” (jap. ,,Engi”) genannt. Das bedeutet, dass sowohl im Bereich der menschlichen Gesellschaft als auch in der Natur nichts isoliert existiert. Alle Erscheinungen bedingen sich gegenseitig und bilden einen lebenden Kosmos. Aus dem Verständnis heraus, dass alle Erscheinungen sich gegenseitig bedingen und ein einziges Ganzes sind, ist es eine bedeutsame Aufgabe, der Vernunft die ihr entsprechende Rolle zu geben.
Im ersten Satz sagt Sensei, „Erwachen” beziehe sich auf die individuelle Entwicklung eines Bewusstseins von der fundamentalen Ordnung des Lebens. In anderen Worten spricht er über die Buddhaschaft. Er nennt die Buddhaschaft hier die fundamentale Ordnung des Lebens. Das ist eigentlich eine tiefgründige Offenbarung, welche der ganzen buddhistischen Philosophie zugrunde liegt. Wir sind es gewohnt, die Buddhaschaft als Weisheit, Mitgefühl und Mut zu beschreiben. Dies hier ist eine andere Art der Wahrnehmung. Die Buddhaschaft ist das, was dem Leben als Ganzem zugrunde liegt, es ist der grundlegende oder fundamentale Aspekt der Existenz.
In westlichen Religionen - und diese beeinflussen uns sehr stark, ob uns dies passt oder nicht - könnte die fundamentale Ordnung des Lebens als ein perfektes Etwas abseits von uns gesehen werden, wie Gott oder Christus - etwas, was wir nicht sind. Dies ist die fundamentale Ordnung des Lebens oder die Perfektion des Lebens. Und sie kann nur „dort” existieren: Wir können nie wirklich daran teilhaben. Da ist wenig von diesem Konzept eines höheren Lebenszustandes vorhanden, der in uns hier und jetzt existiert. Aus dem Blickwinkel der westlichen Religionen würden wir uns als unwürdig erachten, diesen höheren Zustand in uns zu haben. Und es würde sogar als löblich betrachtet, über uns selbst auf diese verunglimpfende Art zu denken.
Wenn wir in westlichen Lehren also die fundamentale Ordnung des Lebens als etwas von uns Getrenntes ansehen, haben wir keine Möglichkeit, sie jemals zu kennen oder zu verstehen. Damit sind wir aufgewachsen. Das kann eine Haltung sein, die wir in unsere buddhistische Praxis einbringen. Falls das so ist, denke ich, hindert es uns sehr beim Versuch, zu glauben, dass wir selbst die Buddhaschaft besitzen.
Wenn wir uns selbst als unwürdig erachten, ist dies etwas, was uns bremst und was wir herausfordern müssen. Das zweite ist, dass wir die Verantwortung für unsere Erleuchtung nicht übernehmen wollen. Gemäß den westlichen Religionen erreicht man zwar den höchsten Zustand - Gnade oder Seligkeit - aber man erreicht ihn nur durch jemand anderen, indem Gott oder wer auch immer darüber entscheidet, was du bist, nicht indem du selbst es entscheidest. Wenn du beschlossen hättest, du seiest im Zustand der Gnade, der Heiligkeit oder was auch immer, würde man von dir denken, du seiest in Wirklichkeit prahlerisch und dessen unwürdig, wäre es nicht so?
Es ist ganz, ganz anders zu denken, dass wir Buddha sind, den Buddhazustand besitzen, welcher der höchste, tiefste, größte, großartigste Zustand ist, den es überhaupt gibt. Wir betrachten das nicht als prahlerisch. Aber wir kommen von Religionen her, gemäß derer es sehr eingebildet wäre, von uns selbst zu glauben, wir hätten den höchsten Zustand in uns - wie ein Gott -, nicht wahr? Sehr anmaßend. Damit sehen wir, wogegen wir ankämpfen, wenn wir zu glauben versuchen, dass die Buddhaschaft jetzt in unserem Leben existiert. Wir glauben, wir seien ihrer unwürdig und überdies, es sei anmaßend von uns, über uns selbst auf irgendeine andere Art zu denken. Das verursacht ein großes Ringen in uns, wenn wir chanten und an uns selbst glauben; es ist fast, als ob wir programmiert worden wären, uns selbst nicht gern zu haben. Gewiss, die vorherrschende Kultur lehrt uns dies. Zusätzlich lehrten uns fast sicherlich auch unsere Eltern, uns selbst zu missachten. In der Bemühung, das kindliche Ego zu zügeln, in welchem das Kind sich als Zentrum von allem sieht, haben unsere Eltern vielleicht in der besten Absicht gesagt, dass alle und alles außerhalb von uns gleichviel oder mehr zu sagen hat, als wir selbst. Man pflegte uns dies zu sagen, und es war gut gemeint, aber es hat Leute hervorgebracht, die es sehr schwierig finden, einen Sinn für Identität zu bekommen. Instinktiv finden wir es sehr schwierig, uns vorzustellen, dass wir etwas sein können, unabhängig, was andere Leute von uns halten. Paradox genug ist, dass wir um so mehr leiden, je mehr wir uns selbst heruntermachen und uns weigern, unsere Buddhaschaft zu sehen. Das kommt daher, dass sich unser Leben danach sehnt, anzuerkennen, was schon immer existiert hat. Die Buddhaschaft ist die fundamentale Ordnung seit der Zeit ohne Anfang, und unser Leben weiß dies intuitiv und hat es immer gewusst. Nur hat man uns dies in diesem Leben nicht so gelehrt, bis wir angefangen haben, Buddhismus zu praktizieren. Somit ist klar, dass es dieses Ringen gibt, gerade weil wir es wissen. Tief in unserem Herzen fühlen wir es. Aber wir erlauben uns nicht, so zu denken, aufgrund dieser vorherrschenden Kultur, in der wir leben, und in der unsere Eltern und unsere Religionen uns sagten: denke von dir nicht, du seiest etwas Großartiges.
So kann es sehr wohl sein, dass wir uns nicht nur der Buddhaschaft unwürdig fühlen, sondern auch, dass wir sehr negative, hasserfüllte Bilder von uns selbst gebildet haben, welche aus verschiedenen Arten von Missbrauch, den wir als Kinder erlitten haben, entstanden sind. Genau genommen ist Missbrauch jede Handlungsweise, die nicht auf Respekt beruht. Der Missbrauch kann sexuell sein oder auch nicht. Ebenso kann er emotional oder körperlich sein. Wenn wir daran denken, wie schwierig es ist, alles, was wir tun, auf Respekt vor dem Leben zu basieren, dann sehen wir, wie leicht wir vielleicht von anderen Leuten beeinflusst worden sind, die ihre Handlungen oder ihre Gefühle uns gegenüber nicht darauf basieren konnten ... (Hoffentlich ist das nicht zu schwierig zu verstehen). So gab es vielleicht eine Menge Ablehnung in unserer Kindheit, was wiederum uns dazu gebracht hat, uns selbst abzulehnen. Vielleicht sogar, uns zu hassen. Es wäre nur natürlich.
In der Vergangenheit habe ich dieses Thema des Ablehnens oder des Selbsthasses oft in meinen Vorlesungen, Artikeln und bei Führungen eingeflochten. Aber aus irgendwelchen Gründen will niemand von uns wirklich sehen, wie wichtig es ist. Ich würde sagen, unser Gefühl uns selbst gegenüber entspricht unserem Gefühl dem Leben gegenüber. Was wir uns selbst gegenüber für ein Gefühl haben ist unbewusst das, was uns am stärksten bestimmt. Und es bestimmt, wie das Leben für uns ist. Mit anderen Worten, was für ein Gefühl wir von uns selbst haben, ist unsere Identität. Unsere Identität und eigentlich das Leben im allgemeinen ist deshalb nur dadurch begrenzt, was wir über uns selbst denken und was für ein Gefühl wir uns gegenüber haben. Wir schaffen unsere eigene Identität aus allem, was wir bis anhin erhalten haben, und wir haben eine (meistens) ziemlich negative Identität geschaffen. Während wir nun chanten, kommen wir mit unserer wahren Identität, nämlich der Buddhaschaft, in Einklang. Mit dem, was immer existiert hat und was wir intuitiv kennen, kommen wir in Einklang, während wir chanten. Wenn unser Konzept von uns selbst aber so sehr mit Unwürde oder Selbsthass, mit Angst, Zweifel, Schuldgefühlen überladen ist, kommen wir uns nicht als in Buddhas verwandelt vor, während wir chanten. Unser Geist hängt noch immer am alten Selbst, an der alten Identität. Das ist es, was wir mit dem Sich-Selbst-Meistern meinen. Wir lernen, jene alte Identität zu meistern, und wir lernen, wie wir das tun können. Bis jetzt haben wir sie beherrscht; nun lernen wir, sie zu meistern. Wir meistern die alte Identität und bauen eine neue auf, nämlich die Buddha-Identität. Aber dazu braucht es Herausforderung. Fordere die alte heraus und erlaube der neuen, hervorzukommen.
All dies wurde vielleicht durch viel Schmerz in der Vergangenheit verursacht. Warum nicht den Schmerz nochmals anschauen und neu beurteilen? Wir wollen ihn nicht anschauen, weil wir grundsätzlich Angst haben davor. Aber Angst kommt immer von etwas, was wir nicht kennen, etwas Verstecktem, etwas, was wir nur erahnen. Sensei hat das „die Schlange im Schatten” genannt. Eine Schlange im Schatten ist immer furchterregender als eine Schlange im Sonnenlicht vor deinen Augen, nicht wahr?
Mit Anschauen meine ich nicht ein Analysieren beim Chanten: „Was könnte es sein? Wovor habe ich Angst? Den besten Zugang schaffen wir uns, wenn wir uns dafür vor dem Gohonzon entschuldigen, uns dafür entschuldigen, Angst zu haben, z.B.:
„Es tut mir leid Gohonzon, ich habe Angst vor etwas.”
„Ich habe Angst, mein Leben anzuschauen.”
„Ich habe Angst, mein Leben zu schätzen”,
oder so ähnlich, einfach, was dir in den Sinn kommt. Die Hauptsache ist, du sagst zum Gohonzon: „Es tut mir leid, dass ich auf diese Weise fühle.” Sobald du das sagst, realisierst du, dass du auch anders, als auf diese Weise fühlen könntest, nicht wahr? Sobald du gesagt hast: „Es tut mir leid, dass ich auf diese Weise fühle” schließt du dem eine Entschlossenheit an:
„Aber ich bin entschlossen, es zu überwinden”, oder:
„Ich werde mutig sein”, oder:
„Ich werde der Angst begegnen”, oder was immer es auch sei.
Und dann beginnst du vor dem Gohonzon das Gefühl von Kraft zu bekommen - es ist dir überlassen, was du denkst, weil du die Identität kreierst. Indem wir uns entschuldigen, anerkennen - wir, dass da etwas ist, was unser Leben beeinflusst, was außerhalb unserer Kontrolle liegt; wir können es weder kontrollieren noch definieren. Wenn wir anfangen, uns dafür zu entschuldigen - und falls wir das tun -, werden wir uns nach und nach oder manchmal sogar ganz plötzlich über etwas bewusst und können es dann mit unserem Daimoku anpacken. Es geht also darum herauszufinden, wodurch wir unsere Identität ständig einschränken, und wir wollen uns dessen entledigen. Wir entschuldigen uns für dieses Einschränken, wir entschuldigen uns für das Festhalten daran - wie immer wir es nennen wollen. Nochmals, ich meine nicht, dass wir uns während des Chantens da hindurcharbeiten, indem wir uns fragen: „Was könnte es nur sein?” oder so ähnlich. Es wird geschehen, wenn wir uns entschuldigen. Es wird vielleicht vor dem Gohonzon, vielleicht auch nachher geschehen, aber beginne zu sehen: „Ja, das ist es, was mich beherrscht, aber ich bin entschlossen, die Buddhaschaft herrschen zu lassen”, falls wir überhaupt dieses Wort gebrauchen wollen. Ich glaube nicht, dass „herrschen” das passende Wort ist, aber du kannst darüber nachdenken.
Alles geht auf einen grundlegenden Punkt zurück - was für ein Gefühl wir uns gegenüber haben. Im Buddhismus werden wir gelehrt, wir seien das Zentrum von allem. Das ist, was der Buddhismus lehrt: du bist das Zentrum von allem. Das ist eine so radikale, noch nie da gewesene Lehre für uns im Westen. Das Selbst wurde für eine sehr lange Zeit unterdrückt. Wenn wir die Wiederbelebung des Selbst, das Sich-Selbst-Meistern als den Schlüssel zu jeder Veränderung sowohl in uns selbst, als auch in unserer Umgebung nicht sehen, können wir Jahr um Jahr blind verbringen, ohne an die fundamentale Ordnung zu glauben, welche der Schlüssel zu allem ist.
Es wurde uns in unserem Leben so oft gesagt, dass wir die Buddhaschaft besitzen. Wenn wir dies noch immer nicht glauben können, würde ich vorschlagen, dass wir untersuchen, ob wir uns selbst ablehnen oder hassen. Falls wir das tun, versuchen wir bewusst, diese Einstellung herauszufordern. In der Kindheit lernen wir gewisse Fertigkeiten, und ich möchte vorschlagen, sich zu mögen ist eine Fertigkeit, die lernbar ist, wie jede andere auch. Wir sind es zwar nicht gewohnt, über Gefühle auf diese Art zu denken. Wir sehen nicht ein, dass ein Gefühl wie „das Gefühl sich selbst gegenüber” gelernt werden kann, und dass man daran arbeiten kann, bis wir schließlich aufrichtig fühlen, dass wir uns mögen. Aber das Trainingsfeld liegt direkt vor dem Gohonzon und auch in unseren buddhistischen Aktivitäten.
In Zusammenhang mit der Kraft des Gohonzons steht eine sehr reale Kraft in unserem eigenen Geist: unsere eigene Entschlossenheit. Wie ihr wisst, bezieht sich das Ichinen auf einen Lebensmoment - auf unser Leben in jedem gegebenen Moment. Unser ganzes Leben besteht aus diesen einzelnen Momenten. Somit besteht unser ganzes Leben aus diesen einzelnen Richtungen, welche unser Leben zu jedem gegebenen Zeitpunkt einschlägt. Wenn wir also vor dem Gohonzon über eine Tendenz, z.B. „Ich werde mich nie gerne haben” entscheiden, beginnen wir diese Lebensmomente oder unser Ichinen zu verändern - genau das ist es, was wir tun, wenn wir vor dem Gohonzon chanten. Es geht nicht so sehr darum, Wohltaten zu erhalten oder Probleme zu lösen, denn das geschieht ohnehin, gerade weil wir die Erfahrung eines inneren Wandels in Bezug auf unser Selbstgefühl machen. Also beginnen wir. Wir fordern erst einmal nur einen Moment vor dem Gohonzon heraus. Dann den nächsten. Das ist, was wir tun.
Nehmen wir z.B. an, es sei da eine Frau, deren Gatte sie verlassen hat. Sie kann von sich denken, sie sei ein Mensch, der verlassen wurde - und das sei alles, was sie ist. Ich bin solchem schon begegnet, die Menschen fühlen auf diese Art. Das ist alles, was sie sind, und sie sehen sich nur als das. „Ich bin die Person, die verlassen wurde” oder „Ich bin die Person, die keine Mutter hatte” oder „Ich bin die Person, die mein Vater hasste.” Aber nur wir denken so, niemand sonst weiß überhaupt davon, wisst ihr, was ich meine? Falls sie es tatsächlich wissen, ist es für sie nur eine von vielen Tatsachen über uns. Aber für uns ist es das, was uns ausmacht.
Das Ziel des Buddhismus ist, uns zu ermöglichen, über diese mächtige Identität hinaus zu gelangen, die durch unser Karma in der Vergangenheit geformt wurde. Er tut das auf viele Arten, aber alles dreht sich darum, dass wir uns selbst anders sehen. Der Buddhismus macht es uns möglich, unsere Buddhanatur als unsere wahre Identität aufzubauen. Das geschieht, wenn wir chanten. Wenn wir aber diese neugegründete Identität nicht anerkennen, wenn wir weiterhin denken, wir seien jemand anders, dann seht ihr jetzt ein, was daran falsch ist, was das eigentliche Problem ist.
Dr. Yamazaki (Anm. d. Übers.: ehemaliger Leiter Europas) sagte uns einmal: „Verehrt Euch selbst beim Chanten”. Das ist eine andere Art zu sagen, dass wir Mitgefühl für uns selbst haben sollen. Herr Makiguchi sagte einmal: „Die Kraft des Glaubens ist eine Medizin zur Heilung der Dummen.” Präsident Ikeda meinte dazu: „Wir können unsere Weisheit hervorbringen und so unsere dumme Natur heilen, indem wir Mitgefühl für uns selbst haben. Er nannte als Beispiel eine Mutter: „Wenn eine Mutter Mitgefühl für ihr Kind hat, dann weiß sie intuitiv, instinktiv, was ihr Kind braucht. Wenn aber jemand von uns zum Kind gehen würde, wenn ich hingehen würde, hätte ich nicht die leiseste Ahnung, was zu tun wäre. Aber sie hat Mitgefühl für das Kind, und dies gibt ihr die Weisheit zu wissen, was sie tun muss. Hätte sie dieses Mitgefühl nicht, wüsste sie nicht, was zu tun ist, sie stünde verloren da. Durch dieses Beispiel können wir sehen, wie wichtig es ist, Mitgefühl für uns zu haben, damit wir wissen, was wir für unser Leben tun müssen.
Versuche, während des Chantens - und solltest du auch keinen einzigen Grund an dir finden, den du magst - daran festzuhalten, dass dein Leben Wert hat, wie es Nichiren Daishonin in so vielen Goshos tut, versuche dein Leben zu ehren. Halte weiterhin an diesem Gefühl fest, anstatt immerzu den Monolog des Selbstzweifels zu führen und dich selbst fertig zu machen; las Selbstbejahung dein Ichinen, dein Lebensmoment sein, fahre jeden Tag damit fort, sooft du kannst.
Schließlich möchte ich bemerken, was ich als den Schlüssel zur Verehrung des Lebens erachte. Vielleicht sind wir uns alle unseres Leidens in unserer Kindheit und später nur allzu bewusst. Die meisten von uns haben etwas in dieser Richtung erlebt, vielleicht sind wir uns dessen bewusst oder auch nicht. Wie auch immer, dieses zugefügte Leid ist Ursache für das geschädigte Selbstbild, das wir jetzt haben.
Nun etwas sehr Wichtiges betreffend all diesen Leidens. Solange wir die Menschen dafür beschuldigen, welche es verursacht haben, können wir es nicht verändern. Wir können nicht ändern, was wir erlitten haben. Ich spreche über fundamentale Veränderung, tiefe Veränderung. Diese kann nie vollbracht werden, außer, wir bringen es fertig, zu verzeihen, die Person voll zu akzeptieren, die uns den Schmerz zugefügt hat. Indern wir dies tun, werden wir des Leides mächtig.
Ich sah dies sehr deutlich in einer Situation dieses Jahr, ich bin sicher, ihr erinnert euch gut daran. Als die Schwarzen in Südafrika zum erstenmal wählen durften, war der Pass der Gegenstand, der sie zur Wahl berechtigte, der Pass, den sie immer bei sich tragen mussten. Für fast fünfzig Jahre mussten sie ihn immer bei sich haben, für sie war er ihre Identität, der sie als Zweite-Klasse-Bürgerinnen und Nichtakzeptierte in ihrem eigenen Land auswies. Sie mussten den Pass haben, nicht aber die Weißen, aber was sie zur Abstimmung berechtigte, war der Pass. Sie mussten den Pass nehmen und ihn abgeben, und so erhielten sie ihr Stimmrecht. Damit haben sie dieses verhasste Ding zu etwas verwandelt, was ihnen ein Recht erteilte.
Irgend jemand, vielleicht Mandela, hatte dieses unglaubliche Verständnis, dass der Pass auf diese Weise benutzt werden sollte; dass man ihn nicht einfach in Stücke zerreißen und wegwerfen, sondern fürs Stimmrecht gebrauchen sollte. So, meine ich, müssen wir mit einem oder auch mehreren Menschen umgehen, ob sie nun noch leben oder nicht; unsere Gefühle ihnen gegenüber müssen wir irgendwie umformen. Solange wir ihnen Vorwürfe machen und sie hassen, jemand anderem die Schuld zuschieben, dass wir so geworden sind - solange ordnen wir unser Leben dem unter, was sie uns angetan haben. Benutzen wir das jedoch, schätzen wir es sogar, denn es ist wahrscheinlich, dass wir - indirekt - gerade deshalb zu praktizieren begonnen haben, obwohl es uns damals nicht bewusst war. Gewöhnlich ist es dieses Leiden oder die Wirkung davon, was uns zum Chanten bringt.
Wir können also tatsächlich für diese Person, diese Leute, diese Situationen chanten und versuchen, sie zu schätzen - ich weiß, es ist sehr, sehr schwierig, vor allem wenn wir schwer gelitten haben - aber versuche, diese Person oder Situation irgendwie zu akzeptieren oder zu respektieren. Behalte sie nicht außerhalb von dir versteckt, denn gerade dadurch gibst du ihnen Macht. Bringe sie direkt vor den Gohonzon und beginne irgendwie, damit umzugehen, ich würde sagen, versuche, sie zu respektieren.
Habe diesen Gedanken, auch wenn du es nur einmal kannst - ich kenne diese Situation aus eigener Erfahrung. Du versuchst zu sagen: „Ich respektiere” - und du kannst es nur dies eine Mal sagen, aber das ist der Anfang der Veränderung, ist es nicht so? Am nächsten Tag machst du es wieder, vielleicht sogar zweimal, und auf diese Weise schlägst du eine neue Richtung ein.
Das ist also mein Vorschlag, wie wir mit dem Leiden in unserem Leben umgehen können; indem wir diesen Lebensbereich, den wir doch so gerne umgehen möchten, einbeziehen, befreien wir uns von dessen Dominanz, der Macht, die er über uns ausübt.
Wenn wir nicht mehr von diesem Schmerz dominiert werden, müssen wir unser Leben nicht mehr auf dieser Art und Weise gründen, in welcher uns dieser Schmerz das Leben hat sehen und damit umgehen lassen. Wir verwandeln den Schmerz in Buddhaschaft. Wir vollziehen diese Veränderung.
Es ist unser dringendes Bedürfnis die Frage beantworten zu können: „Wer bin ich?” Damit hat Sensei seine Rede begonnen: „Was heißt es, ein Mensch zu sein?”
Wir sind bestimmt nicht nur die Summe des Schmerzes in unserem Leben. Das ist nicht, was wir sind. Und sicherlich sind wir nicht nur eine Ansammlung von Ängsten, Verdruss und destruktiven Impulsen.
Sensei sagt hier, dass unser Leben die fundamentale Ordnung ist, dieselbe fundamentale Ordnung, die im ganzen Universum existiert. Wir sind kein bisschen verschieden davon. Er sagt: „Wie wahr ist es doch, dass, wenn jemand zu der fundamentalen Ordnung erwacht - hier umschrieben als „an seine Seele denken” - er/sie in sich eine vollständig neue und unerwartete Welt öffnet in all ihrer Vitalität und Herrlichkeit.” Mit seinen Reden und Führungen versucht Sensei uns schmackhaft zu machen, an diese Welt der fundamentalen Ordnung zu glauben. An anderer Stelle sagt er: „Niemand ist stärker als eine Person, die zu dieser fundamentalen Ordnung allen Lebens erwacht ist.”
Von diesem Standpunkt aus ist Levins Sensibilität, so wie sie Tolstoi schildert, wahrlich einzigartig. Während er an einem heißen Sommertag mitten im Wald im Gras auf dem Rücken liegt und zum wolkenlosen Himmel hinaufschaut, denkt er für sich:
,,Weiß ich denn nicht, dass das Weltall unendlich ist und kein gerundetes Gewölbe? Doch wie sehr ich auch meine Augen aufreiße und meinen Blick anstrenge - ich kann es nur als rund und begrenzt sehen; und trotz meines Wissens von der Unendlichkeit des Weltalls habe ich unwiderlegbar recht, wenn ich ein tiefblaues Gewölbe sehe, weitaus mehr recht, als wenn ich meine Augen anstrenge, um darüber hinaus zu schauen.”7
Levins Eingeständnis bedeutet keineswegs eine Rückkehr zur primitiven Astronomie. Es ist eine weitsichtige Kritik der Moderne durch einen ausgereiften und scharfsinnigen Geist. Und heute, mehr als ein Jahrhundert nach diesen Worten, hat selbst die fortschrittlichste und wissenschaftlichste Erkenntnis die Unendlichkeit des Universums noch immer nicht eindeutig bewiesen.
Levin stellt sich das Universale nicht als öden Bereich vor, der von reiner Rationalität beherrscht wird. Für ihn ist das Universale das lebendige, bewegende Pulsieren des Lebens mit all der menschlichen Wärme von Freude und Geborgenheit, von Liebe und Hingabe, von Mitgefühl und Sympathie.
Die Universalität, die Tolstois Schriften ausstrahlen, ist auch für diejenigen Geschehnisse von Bedeutung, denen sich der Mensch heutzutage gegenüber sieht. Sie ist eine Herausforderung für das Inselbewusstsein, das typisch ist für ethnische Probleme - damals wie heute eine der stärksten Ursachen für internationale und interne Konflikte. Levin dämpft diese selbstzerstörerische ethnische Leidenschaft, die dazu geführt hatte, die Teilnahme am Serbo-Türkischen Krieg als heroische Tat zu betrachten:
,,Dabei geht es doch nicht nur darum, sich selbst zu opfern, sondern es geht um das Töten der Türken. Die Menschen opfern sich und sind immer bereit, dies für ihr eigenes Seelenheil auch weiter zu tun, doch nicht zum Zwecke des Mordens.” 8
Ohne solche Universalität werden wir niemals den Horizont der Humanität und des Globalismus erreichen.
Der ,,russische Geist” von dem Fedor Dostojewski (1821 - 1881) sprach in seiner mitfühlenden Wahrnehmungs-fähigkeit für alle humanistischen Bemühungen und Erwartungen, in seinem tiefen Entschluss zur Harmonie mit der gesamten Menschheit, hat vieles gemein mit jener Universalität.
Solche Geisteshaltung ist ebenfalls grundlegend für die Sehn sucht und das Streben nach dem Glück. Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderer liegt, wobei man sein eigenes Leben vom in der Falle des Egoismus gefangenen „kleinen Selbst” zum mit dem universeller Leben verschmolzenen „großen Selbst” erweitert.
,,Wiederbelebung” bedeutet,\ die innewohnende, schöpferische Dynamik zu kultivieren.
Abschließend möchte ich mich gerne dem Aspekt des ,,Wiederbelebens” zuwenden. ,,Wiederbeleben” heißt, die schöpferische Dynamik des Lebens zu pflegen, die es uns ermöglicht, täglich neu geboren zu werden, und die uns vor Stagnation und Inflexibilität bewahrt.
Der altgriechische Denker Heraklit (540-480 v.Chr.) sagte, dass alles im Wandel begriffen sei. 9 Der Buddhismus lehrt gleichfalls, dass nichts auch nur einen Augenblick im selben Zustand verharrt. Der härteste Stein wird schließlich zu Staub zermahlen sein, und nichts kann dem Schicksal der Zerstörung entkommen Insbesondere die menschliche Gesellschaft ist einem beständigen Wandel unterworfen. Das Geheimnis der Wiederbelebung aller Dinge liegt darin, das Schneckenhaus der Trägheit zu zerstören, in welchem wir bequem in der Gegenwart verharren wollen und statt dessen sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung zu lauschen, der in allem schlägt.
Die buddhistische Philosophie Nichiren Daishonins lehrt, dass man ,,den ewigen Kreislauf von Geburt und Tod auf der großen Erde des Buddhazustands wiederholt”.10 Dies bedeutet, dass die grundlegende Kraft uns Menschen innewohnt, für alle Ewigkeit beständig verjüngt zu werden. Solche ,,Wiederbelebung” heißt man auch ,,Selbsterneuerung”.
Hier also führt Sensei das Konzept des Selbst sogar noch weiter, und ich bin sicher, es beruhigt viele von uns, die vielleicht besorgt waren, dass das Selbst, das wahre Selbst, von dem er spricht, zu einem Freipass für Egozentrik und Egoismus werden könnte.
Wir sprachen vom Weg, wie wir erwachen können zu unserem wahren Selbst oder zur fundamentalen Ordnung. In diesem Teil anerkennen wir, dass die fundamentale Ordnung nicht begrenzt, speziell uns vorbehalten oder individuell ist, sondern es ist genau die Sache, die dem gesamten Leben unterliegt, genau der Lebensaspekt, den wir mit allen lebenden Wesen teilen. Ich bin sicher, dass jeder von uns die mystische Verbundenheit schon erfahren hat, die wir zu einem andern Mitglied fühlen, obwohl man sich kaum kennt. Ich bin auch sicher, dass wir mit dem Fortschreiten im Glauben fähig sind, sogar von Leuten, die nicht praktizieren, spontanen Schutz, Hilfe und Verbundenheit herauszuholen, was wirklich erstaunlich ist. Das kommt daher, dass diese Menschen eine Verbindung zu unserer Buddhaschaft herstellen und uns beschützen oder sonst wie helfen. Diese Verbundenheit kann man wahrhaft immer als subjektiv bezeichnen. Hier möchte ich kurz über Subjektivität sprechen. Sensei hat für eine lange Zeit über Subjektivität gesprochen. Objektivität trennt den Beobachter von seiner Umgebung, und er basiert seine Folgerungen auf dem, was er emotionslos beobachtet. Diese Objektivität war ursprünglich eine Reaktion auf die verwirrende Wirkung der Emotionalität, die einen verschlingen kann, wenn man all sein Denken nur darauf aufbaut, was man eben gerade fühlt. Aber, wie gewöhnlich im Westen, sind wir anscheinend nur einseitig ans Problem herangetreten. Wir verwerfen emotionale Subjektivität und machen statt dessen Gebrauch von kalter, rationaler Objektivität. Aber das führte zu einem gestörten Gleichgewicht in unserer Wahrnehmung. Aufgrund der Dominanz von Wissenschaft und Objektivität in unserem Denken, befinden wir uns in einer Situation, wo wir unsere Welt, unsere Umgebung und andere Menschen in einer ernsthaft verdrehten Weise sehen. Wir fühlen und würdigen die Rolle der Subjektivität in unserem Leben nicht. Wir laufen Gefahr, isoliert, gleichgültig und gefühllos zu werden. Als Resultat fühlen wir uns vom Leben abgetrennt. Und was noch wichtiger ist: auf diese Weise verlieren wir das Gefühl, dass unser eigenes Leben Einfluss haben kann, dass unser eigenes Leben fähig ist, auf Situationen außerhalb von uns zu wirken. Es scheint, dass es wichtig ist zu prüfen, was die wirkliche Beziehung zwischen innerem und äußerem Leben ist, Subjekt und Objekt - aus buddhistischer Sicht erläutert. Der Buddhismus lehrt, dass, auch wenn wir Subjekt und Objekt als zwei und dazu unterschiedliche Dinge wahrnehmen, dies nicht der Realität entspricht. Es gibt kein wirkliches Getrenntsein. Wie ihr wisst, wird dieses Prinzip „Esho funi” genannt, welches aus folgendem besteht:
EHO = Umgebung SHOHO = Person FUNI = zwei, aber nicht zwei (wörtlich) = Ungetrenntheit oder Einheit.
Um das zu beschreiben, wird das Beispiel von Körper und Schatten gebraucht: Wenn auch der Schatten getrennt vom Körper zu sein scheint, so kann er nicht anders als völlig mit dem Körper verbunden sein und genau die Bewegung des Körpers reflektieren. Diese gegenseitige Verbindung von Objekt und Subjekt wird Symbiose genannt. Es bedeutet: „Gemeinschaft von unähnlichen Organismen zu ihrem gegenseitigen Vorteil.” Eine andere Definition von gegenseitigen Verbindungen wird im Japanischen „ENGI” oder abhängiger Ursprung genannt. Sensei sagt dazu: „Buddhismus gebraucht den Begriff „ENGI”, um symbiotische Beziehungen zu beschreiben. Nichts und niemand existiert in Isolation.”
Alle Erscheinungen bedingen sich gegenseitig und bilden einen lebenden Kosmos.
Wie verschieden doch die buddhistische Lehre ist von dem, was uns Menschen in diesem Jahrhundert beigebracht wurde. Wir haben gelernt, dass unser Bewusstsein unabhängig von der äußeren Welt ist. und sie nur beobachtet. Außerdem wird uns oft gesagt, dass unsere Beobachtung sowieso falsch ist und die wirkliche Realität des Lebens uns gezeigt oder für uns von Spezialisten und Experten interpretiert werden muss. Und das auf verschiedenen Gebieten. Die Realität ist komplex und unser eigener Beitrag minimal. Subjektiv zu sein wird als übermütig und verantwortungslos betrachtet. Die Wörterbuch-Definition von Subjektivität ist: „Subjektivität entspringt dem eigenen Denken und Fühlen und entspricht nicht der äußeren Realität oder wird von ihr hervorgerufen.” Ist das nicht unglaublich? Sie machen diese totale Kluft zwischen Subjektivität und dem, was außerhalb von uns beobachtbar ist. Es gibt eindeutig eine große Kluft zwischen der Art, wie die Zivilisation des 20. Jahrhunderts das Leben sieht und der Art, wie der Buddhismus glaubt, dass das Leben ist.
Wie können wir wissen, was das Leben ist? Wie können wir uns und andere (er)kennen? Indem wir objektiv beobachten, würde die Wissenschaft sagen. Buddhismus würde sagen: „Wir lernen das Leben kennen, indem wir unsere Buddhaschaft aufbauen, zur fundamentalen Ordnung erwachen. So erwachen wir zur Universalität der Buddhaschaft - zur Tatsache, dass sie in jedem einzelnen Wesen - Stein und Baum, allem überhaupt existiert.”
Inwiefern hilft uns diese Einsicht? Wie hilft uns das Erwachen zu unserer Buddhaschaft? Buddhaschaft ist keine Emotion und wird auch nicht durch Emotionen behindert, und doch ist sie auf einer fundamentalen Ebene der Subjektivität und Objektivität des Lebens, der Ganzheit des Lebens tief bewusst, das nur scheinbar in diese zwei Aspekte des Lebens geteilt ist. Was ich sagen möchte ist, dass das Erlangen der Buddhaschaft bedeutet, dass wir, als unser subjektiver Bereich, zur Einsicht in die Ganzheit des Lebens gelangen und fähig werden, das Leben zu verstehen und mit anderen Leben auf der Basis von Mitgefühl, Weisheit und Vertrauen integrieren.
Erinnert ihr Euch an den ersten Teil, wo der russische Philosoph sagt, der Mensch ist als Mikrokosmos geschaffen, und seine Berufung ist es, den Kosmos in ihm selbst neu zu erschaffen. Sensei sagt in diesem Teil: „Die Allgemeingültigkeit, von der ich spreche, ist eine symbiotische Ordnung, in der die Menschen, die Natur und der Kosmos zusammen existieren und wo Mikrokosmos und Makrokosmos zu einer einzigen lebendigen Einheit verschmolzen sind.” In diesem Abschnitt (Anm. „Leben für das Innere") spricht Sensei von der Buddhaschaft wieder als der fundamentalen Ordnung. Er sagt, dass die Buddhaschaft, zu der wir erwachen, nicht parteiisch oder voreingenommen ist. Und: „Mit andern Worten: die fundamentale Ordnung muss vollkommen und allumfassend sein und nicht nur alle Menschen, sondern ebenso die Natur und das Universum gleichermaßen einschließen.” Dann sagt er: „Vollkommene Ausstattung bezieht sich also auf die Allgemeingültigkeit und die zugrunde liegende Harmonie des Lebens.” Er vergleicht diese Allgemeingültigkeit mit derjenigen der Wissenschaft und Vernunft und sagt: „Wissenschaft und Vernunft sind abstrakt und unterscheiden sich in der Realität darin, dass sie in sich abgeschlossen und strukturiert sind.”
Es ist sehr wichtig, das zu begreifen. Man machte uns glauben, dass gerade die Sache, mit der sich Wissenschaft und Vernunft befasst, die Realität ist, oder nicht? Aber Sensei sagt, dass Wissenschaft und Vernunft die Realität nicht in ihrer Ganzheit erfassen können, da sie ihrem Wesen nach in sich abgeschlossene Bereiche sind, unpersönlich und strukturiert. Im nächsten Abschnitt macht er klar, dass Realität eine gegenseitige Verbundenheit, Ganzheit ist, nichts in Isolation existiert und dass alle Phänomene sich gegenseitig unterstützen und in Wechselbeziehung stehen. Seltsamerweise haben gerade die am meisten fortgeschrittenen Bereiche der Wissenschaft, die Physik und Biologie, diese gegenseitige Verbundenheit erkannt. Aber was uns in der Schule und an der Uni in Physik gelehrt wurde, ist - ich habe kürzlich jemanden darüber befragt, und es ist anscheinend noch immer so -, dass alles fragmentiert und getrennt voneinander ist. Mit andern Worten: mechanistisch. Und das beeinflusst uns wirklich. Wenn man auf diese Weise im ganzen Land und in der Kultur gelehrt wird, dann ist zu erwarten, dass wir davon auf viele verschiedene Arten beeinflusst werden: TV, Artikel, das Reden der Leute und wie wir das Leben wahrnehmen. Und doch werden wir vom Buddhismus gelehrt, dass das Leben ein Ganzes ist, nicht alles fragmentiert, zerschnitten und reduziert ist in kleinste Partikel. Das ist es, was es für uns so schwierig macht, zu erkennen, wie wichtig unsere eigenen Leben sind, weil wir uns nur als winziges Fragment des Lebens sehen und nicht realisieren, dass wir eigentlich das ganze Leben sind. Die Ganzheit des Lebens existiert in uns. All dieses Leben existiert im Leben eines Individuums. Wir sind nicht nichts - beobachtet und weggetan oder fallengelassen. Sensei versucht uns wirklich zu ermutigen unsere Subjektivität hervorzubringen, unsere Buddhaschaft hervorzuholen, die subjektive Buddhaschaft, die in uns ist, und die uns lehren wird oder uns ermöglicht zu erkennen, dass wir nicht getrennt, isoliert und abgeschnitten sind von der Großartigkeit des Lebens. Es ist sehr schwierig zum Beschreiben. Ich versuche wirklich, zu beschreiben, was der buddhistische Blickwinkel ist, und es ist so schwer diesen Sprung zu machen, weil wir am Denken festhalten, nur kleine, isolierte Partikel zu sein, die nichts ausmachen; wir sehen nicht, dass unsere Leben die Umgebung beeinflussen können.
Als Resultat dieser enormen Gewichtung der Effektivität, Wissenschaft, Spezialisten und Experten, die uns das Leben interpretieren, beginnen wir zu denken: „Wie kann ich je etwas beeinflussen? Was für ein Effekt kann mein Leben haben?” Und doch, im Buddhismus werden wir gelehrt, dass du dich änderst, und dann kannst du die Umgebung ändern. Aber wir glauben es nicht! Wir glauben es nicht!
Das ist eine der größtmöglichen. Änderungen, ein wesentlicher Teil der Philosophie - du veränderst dich und du beeinflusst deine Umgebung. Aber wir glauben es nicht. Wir müssen uns dessen bewusst werden und aufhören zu verneinen, wer wir sind, aufhören zu negieren, was wir in einer bestimmten Situation machen können. Denn wenn wir zu unserer Buddhaschaft erwachen, aber noch immer denken: „Oh, ich kann nichts bewegen”, dann ist das nicht wirklich „zur Buddhaschaft erwachen”! Wir müssen wirklich erwachen zur Tatsache: Ja, ich habe Kraft in meinem Leben, ich kann die Ganzheit des Lebens damit bewegen, jede Situation.
Nehme einmal an, du wirst dir der Wichtigkeit deines eigenen, subjektiven Lebens bewusst, aber was du siehst, wenn du es anschaust, ist eine Art Hohlheit, eine Leere. Du nimmst zwar die Idee auf, dass dein Leben die Buddhaschaft hat, aber wenn du zu chanten beginnst oder wenn du über dein Leben nachdenkst, fühlst du dich vielleicht sehr leer. Und weil du auf diese Art fühlst, kannst du den starken Kern der Buddhaschaft nicht spüren in deinem Leben und du willst andauernd, dass andere Leuten deinem Leben einen Sinn geben.
In dieser Situation bist du wie ein Vakuum, das nur die Unterstützung von der Außenwelt aufsaugt, und graduell wird dieser Versuch, dieser aufsaugende Versuch misslingen, weil alles, was dir je gegeben wird, auf einen unfruchtbaren Boden fällt, weil du deinen eigenen Wert nicht anerkennst. Diese Art „Vakuumding” wie: „Ich muss mehr, mehr, mehr, bekommen" oder „Hilf mir, dass ich mich mir gegenüber gut fühle", funktioniert nicht. Die Arbeit muss in unserem eigenen Leben gemacht werden, dann bekommen wir Unterstützung, und wir können es auch akzeptieren bzw. aufnehmen. Was Sensei also will, was Buddhismus will, ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Wir können Unterstützung annehmen, und wir können sie auch geben. Annehmen können wir sie nur, weil wir für uns selbst Sorge tragen.
Wenn wir sehr schwach sind, worüber ich im ersten Teil gesprochen habe, kann man sich nicht wirklich um die Außenwelt kümmern, man nimmt alles sehr persönlich. Alles ist die ganze Zeit ein persönlicher Affront. Entweder ist er unterstützend oder bedrohlich, jedenfalls siehst du alles auf dieser Ebene. Vielleicht haben wir deshalb so Schwierigkeiten zu glauben, dass wir in unseren Leben überhaupt Einfluss oder Kraft haben, denn, egal, wie viel wir auch von außen bekommen haben, haben wir ein Problem: wir konnten nie etwas damit anfangen, wir haben uns selbst zuviel abgewertet. Also, anstatt dieses typische Sich-Heruntermachen, das sagt: meine innere Welt ist wertlos, hohl und nichts, und auch: ich will sie nicht anschauen, weil ich Angst habe, es sei sowieso nichts drin, müssen wir versuchen, einen starken inneren Kern aufzubauen, so wie ich es im ersten Teil besprochen habe. Damit können wir gleichzeitig die Wichtigkeit unseres eigenen Lebens erkennen, als auch die von der Außenwelt. Ich sage nicht, die Außenwelt ist nicht wichtig, beide sind sehr wichtig für uns. Aber wir neigen zum Heruntermachen der äußeren und inneren Welt, wenn wir nicht stark sind. Wenn wir versuchen, der äußeren Welt zu entfliehen, da sie destruktiv ist, dann kann unsere innere Welt sich nicht entwickeln. Wir versuchen ja das Verständnis dieser ganzheitlichen und reziproken Sache zu entwickeln, die zwischen uns und allem abläuft. Wir können uns also nicht entwickeln, wenn wir uns selbst isolieren.
Ohne die Wissenschaft oder Vernunft anzuschwärzen, müssen wir doch sehen, dass die Realität, die sie uns präsentieren, nur teilchenhaft ist, und sie brauchen dringend den Wirkungskreis und die Breite der Universalität, die wir als Buddhas zu bringen fähig sind. Das Herausfordern dieser Beschränktheit, die Sensei hier erwähnt, ist einer der Schlüssel zu einer friedlichen Welt und kann von uns erreicht werden, wenn wir aufhören, unseren eigenen potentiellen Beitrag zu schmälern. Sensei beendet diesen Teil, indem er sagt, diese Universalität ist grundlegend für die Sehnsucht und das Streben nach dem wahren Glück. „Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderen liegt, wobei man sein eigenes Leben vom in der Falle des Egoismus gefangenen „kleinen Selbst” zum mit dem universellen Leben verschmolzenen „großen Selbst” erweitert.”
Das „große Selbst” ist wirklich unser eigenes Erwachtsein zu unserer Buddhaschaft, Erwachtsein zum großen Potential im Leben. Jetzt kommen wir zum letzten Aspekt von „Myo”, Sensei nennt ihn Erneuerung.
Dieser Aspekt der Selbsterneuerung ist eins der grundlegendsten Elemente für die Religion, die sonst nur allzu anfällig für Dogmen ist.
Levin - der für Tolstoi spricht - reflektiert über seine eigene Erkenntnis von der Offenbarung des Göttlichen, das er in sich fühlt. Levin versteht dies als höchstes Glück - ein Bewusstsein, das unwidersprochen seine innere Eingebung war. Steht dieses Glück nur Christen zu? Wie ist das mit den Anhängern anderer Religionen, wie z.B. ,,den Juden, den Mohammedanern, den Konfuzionisten, den Buddhisten...?” Levin sprach von diesen Zweifeln als einem ,,Dilemma, das ihn bereits zuvor bedroht hatte.” 11 Diese Frage kann man doch nicht unbeantwortet lassen, sonst würde Religion in Dogma oder Fanatismus abgleiten. Zweifel dieser Art, wie sie Levin erfährt, sind Ausdruck einer von innen heraus motivierten Kraft, in der Tag um Tag das Selbst durch den Prozess der Selbstreflexion erneuert wird. Hieraus wird die Bescheidenheit und Großzügigkeit des Geistes geboren, die seit alter Zeit ethischer Ausgangspunkt der Charakterbildung waren. Wenn die Religion gerade solche Selbsterneuerung ignoriert, nehmen Gewaltherrschaft und Arroganz überhand, und dann wird die Religion zum wiederholten Male Ursache dafür, dass die Menschen einander Schaden zufügen.
Die fundamentale Ordnung des Lebens, die wir zuvor erörtert haben, wird von einer inneren Zuversicht begleitet, da man durch sie die Basis begreift, auf der man steht. Genau genommen ist es die fortwährende Innenschau, die Levin erkennen lässt, dass eine solche Ordnung nicht verknöchert, sondern lebendig bleibt und weiterhin als kreative Kraft wirkt, was ihn nochmals die Gültigkeit seiner fundamentalen Ordnung bestätigt.
Demgegenüber muss eine fundamentale Ordnung als falsch und irreführend angesehen werden, die keine solchen im Inneren erzeugten ethischen Werte des menschlichen Charakters wie Bescheidenheit und Großzügigkeit hervorbringt. Ein hervorragender menschlicher Charakter entsteht nur dann, wenn fundamentale Ordnung und Selbsterneuerung Hand in Hand gehen. Daher: je stärker ein Mensch ist, desto bescheidener ist er; je sicherer sich jemand seiner Überzeugung ist, desto großzügiger kann er/sie sein. Es ist meine Überzeugung, dass es der wahre Auftrag der Religion ist, die Entwicklung eines solchen Verständnisses zu unterstützen und uns zu ermutigen, unser eigener Meister zu werden. Und so legen buddhistische Schriften größtmöglichen Wert auf die Selbstreflexion und dringen in uns, uns selbst zu motivieren.
Es war das Hauptlebensziel des Buddhas Shakyamuni, die Kultivierung und Verbesserung des Menschlichen Charakters zu erreichen, und diesem Ziel hat er seine buddhistische Ausübung gewidmet.
In den vorangehenden zwei Kapiteln sprach Sensei zuerst von der Wichtigkeit zu der fundamentalen Ordnung zu erwachen, und dass diese fundamentale Ordnung universell und allumfassend ist. Hier sagt er, dass diese zwei Dinge an und für sich gut sind, aber wenn sie nicht begleitet sind von ständiger Selbsterneuerung, so erstarren sie und werden nutzlos. Sie werden lediglich zu Dogmen. Er betont, dass wir den Hang haben, in der Trägheit des Schneckenhauses zu verweilen, in welchem wir bequem in der Gegenwart verharren. Das kennen wir alle, oder nicht? Aber innerhalb allen Lebens ist Veränderung. Leben verändert sich konstant in jeder Minute. Diese Veränderung ist genauso ein Teil von unserem eigenen Leben, als auch im Leben des Universums. Um in Harmonie mit unserem eigenen Leben zu sein, müssen wir „sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung lauschen, der in allem schlägt”.
Ich habe bis jetzt nie wirklich darüber nachgedacht, aber was Sensei hier sagt, ist: die Realität des Lebens ist, dass sich alles verändert und dass wir Unglück kreieren, wenn wir versuchen, auf der Stelle zu treten und uns nicht entwickeln. Anstatt dieser Trägheit, die uns so anzieht, in die Falle zu gehen, müssen wir sie als Quelle großen Unglücks erkennen. Sensei sagt, dass wir sorgfältig dem Rhythmus der Veränderung zuhören sollen. Wir erfüllen das, indem wir über uns reflektieren, eine fortdauernde Innenschau machen. Diese beiden Dinge tun wir, wenn wir Gongyo rezitieren und Daimoku chanten. Das ist unsere Gelegenheit unser Leben zu erneuern, indem wir über uns reflektieren und dabei unser eigener Meister werden. Das hat damit zu tun, was ich zuerst gesagt habe, dass wir tief und ganz stark glücklich werden, wenn wir lernen, unserem Karma die Stirn zu bieten und an uns und in unsere innewohnende Buddhaschaft zu glauben. Sensei sagt hier: „Es ist meine Überzeugung, dass es der wahre Auftrag der Religion ist, die Entwicklung eines solchen Verständnisses zu unterstützen und uns zu ermutigen, unser eigener Meister zu werden. Und so legen buddhistische Schriften größtmöglichen Wert auf die Selbstreflexion und dringen in uns, uns selbst zu motivieren.”
Es ist schrecklich wichtig, dass wir realisieren, dass unser Gongyo und unsere Daimoku, die Zeit, die wir mit uns auf diese Art zweimal täglich verbringen, der Schlüssel ist zu unserem Glück und zu dem, was auch immer wir erreichen wollen. Auch unsere buddhistischen Aktivitäten sind wesentlich. Aber nur durch Aktivitäten ohne tägliche Ausübung zur Selbsterneuerung, kann die Wiederbelebung, welche uns zu einem neuen Leben führt, nicht verwirklicht werden. Du wirst feststellen, dass Selbsterneuerung und Wiederbelebung nicht daher kommt für gewisse Dinge oder sogar für Problemlösungen zu chanten. Dies kann eine andere Art sein, uns und was wir mit der Praxis erzielen können zu limitieren. Wenn wir unsere Praxis vor allem als „Problemlöser” sehen, verfehlen wir das Ziel. Sensei hat hier von unserer Identität als Buddhas gesprochen, und dass wir diese Identität auf einer sehr tiefen Ebene mit allen anderen Lebewesen teilen. Im letzten Kapitel sagt er:
„Solche Geisteshaltung ist ebenfalls grundlegend für die Sehnsucht und das Streben nach dem wahren Glück. Ich gehöre zu denen, die davon überzeugt sind, dass absolutes und unzerstörbares Glück im Leben nur im selbstlosen Einsatz für das Glück der anderen liegt.”
Für andere selbstlos zu arbeiten ist nicht möglich, es sei denn, wir machen zwei Dinge: unserer Buddhaschaft gewahr werden und dann täglich diese Überzeugung mittels Selbstreflexion und stetiger Innenschau erneuern. Dann meistern wir das „kleine Ego”, das von der Vergangenheit dominiert ist und geben unserem Leben eine neue Richtung.
Im ersten Kapitel ist eine Passage von Tolstoi, wo er von einem alten Mann schreibt, der „an seine Seele denkt”. Das meint Sensei wenn er von Selbstreflexion spricht.
Oft haben wir ein großes Problem, welches unser Denken beherrscht, und das wir vor den Gohonzon bringen. Aber weil wir so besorgt sind, scheint es, als könnten wir das Problem nicht loslassen und es endet damit, dass wir zum Problem chanten anstatt zum Gohonzon. Versuchen wir uns zu erinnern, dass der Grund für unser Chanten „an unsere Seele denken” ist. Mit anderen Worten, wir sollten die Zeit nutzen, uns unserer inneren Stärke, die wir besitzen, bewusst zu werden. Das ist es, was unser Problem lösen wird. Wir sehen das Problem immer außerhalb von uns: eine bestimmte Person, die ökonomische Situation, jemand bei der Arbeit etc. Die äußere Welt scheint so stark und die innere Welt so schwach zu sein. Doch die äußere Welt braucht dringend Führung, sie hat anscheinend jeglichen Sinn vom im Leben innewohnenden Wert verloren. Ist das nicht unsere Aufgabe? Wir haben das Mittel unsere innere Welt zu stärken und wirksam zu machen - dann können wir für die Außenwelt richtungsweisend sein. Wir sollten das als unsere Aufgabe ansehen. Ich versuche nicht, euch eine Aufgabe zu geben, aber, beginnt zu verstehen, dass euer Leben viel mehr sein kann als nur kleine oder große Probleme zu lösen; wenn sie auftauchen.
Kürzlich sprach Sensei über die Wichtigkeit, eine Aufgabe zu haben. Er zitierte Tolstoi: „Eine wirklich zivilisierte Person ist eine Person, die sich ihrer Aufgabe im Leben bewusst ist”. Sensei fährt fort: „Tolstoi sagt, wenn auch Gelehrte viel Wissen aus Büchern besitzen und kultivierte Leute vielleicht viel Wissen haben und gut unterrichtet sind über Kultur und Bräuche der Zeit, fehlt ihnen doch eine grundlegende Zutat. Und das ist ein Bewusstsein wofür wir leben, ein Sinn des Lebens. Um also wirklich zivilisiert zu sein, müssen wir uns bewusst sein, wozu wir leben, den Grund zu leben. Auf Japanisch ist das Wort für Mission shime (me = Leben; shi = Gebrauch machen von (etwas)). Was wir meinen, wenn wir das Wort Mission gebrauchen, ist nicht etwas, was dir irgend jemand sagt, dass du es tun sollst oder erwartet, dass du es tust. Es ist auch nicht vorbestimmt, es kommt aus deinem eigenen Herzen. Du entscheidest dich aus deiner in dir drinnen entwickelten Buddhaschaft, wie du dein Leben gebrauchen willst. Das Wichtigste ist, diese Entscheidung zu treffen.
Im Versuch, die Wichtigkeit, eine Mission zu haben, zu zeigen, gebrauche ich oft eine Geschichte aus dein zweiten Weltkrieg, wo viele Gefangene beauftragt wurden, eine Mauer zu bauen. Sie arbeiteten also eifrig für einige Tage an dieser Mauer bis sie sehr schön war. Dann wurde ihnen befohlen, sie niederzureißen. Daraufhin wurden sie wieder beauftragt, die Mauer aufzubauen, und alsbald wieder niederzureißen. Das hat die Gefangenen völlig demoralisiert, weil ihre Bemühungen zu nichts wirklich konkret Handgreiflichem, diese Arbeiten sie nirgends hinführten, weil sie die Mauer immer wieder abbrechen mussten, alles also keine Bedeutung hatte. Das Bauen der Mauer hatte keine Bedeutung. Das Niederreißen der Mauer hatte keine Bedeutung.
Jeder von uns will also den Sinn in seinem/ihrem Tun finden - das wollen wir unbedingt. Danach suchen wir verzweifelt. Wir wollen etwas aufbauen. Wir werden oft unser ganzes Leben geben, um etwas aufzubauen oder zu kreieren. Wenn wir das nicht dürfen, deprimiert uns das. Aber oft hindern wir uns selbst daran - wir halten so wenig von uns selbst, dass wir uns nicht mal erlauben Ideen zu haben, was wir tun könnten. Wir wollen also etwas Wichtiges für uns finden, dem wir unser Leben widmen können. Ich meine nicht im Sinn von: du musst herausfinden, wofür du dein Leben bis 60 widmest, oder so ähnlich. Nein. Dein Leben Widmen bedeutet - genau jetzt. Es könnte auch nur für ein Jahr sein. Es ist sehr wichtig herauszufinden: was willst du mit deinem Leben anfangen dieses Jahr? Was ist deine Mission dieses Jahr? Was ist deine Mission für die nächsten 5 Jahre oder was auch immer.
Unsere Vorstellung von Mission stammt aus unserer inneren Motivation und Sensei spricht immer und immer wieder von der Wichtigkeit der Selbstmotivation. Solange wir die Praxis auf der „Problemlöser”-Ebene halten, und wir sie dann, wenn ein Problem gelöst ist, auf die einfache Schulter nehmen, verkaufen wir uns billig, was Buddhismus betrifft. Diese Praxis ist viel mehr als das. Wir erniedrigen die Praxis und unsere eigenen Leben, wenn wir die Wiederbelebung nicht jeden Tag suchen. Wir sollten also sehen, dass es das ist, wofür unsere Praxis da ist. Wie erneuern wir uns selbst? Indem wir uns Zeit nehmen für die innere Welt. Indem wir für uns einen Zweck, ein Ziel im Leben aufbauen. Indem wir beginnen, anders von uns zu denken.
Damit schauen wir uns den letzten Teil dieser Rede an.
Weil wir den Wunsch hegen, ein Jahrhundert globaler Eintracht zu verwirklichen, ist es nur natürlich, dass Dialoge für Frieden und Erziehung und kulturellen Austausch immer wichtiger werden, die die Grenzen von Religion, Rasse und Nationalität überschreiten. Ich glaube, dass es dabei für jede Nation erfolgversprechend wäre wenn sie mit anderen Nationen darin wetteiferte, ausgezeichnete Weltbürger heranwachsen zu lassen.
Tsunesaburo Makiguchi (1871-1944), Gründer der ,,werteschaffenden Pädagogik” und 1. Präsident der Soka Gakkai, kämpfte gegen den japanischen Militarismus und starb dafür dreiundsiebzigjährig im Gefängnis. Seit den frühen Jahren unseres Jahrhunderts betonte er nachdrücklich, dass die Menschheit sich nicht länger in militärischen, politischen oder wirtschaftliche Wettkampf verwickeln lassen sondern sich auf ein Zeitalter einrichten sollte, in welchem sie auf dem Boden der Humanität miteinander wetteifert.
Es ist mein sehnlichster, höchster Wunsch, dass die Studentinnen und Studenten der Moskauer Staatsuniversität Leitfiguren für den humanistischen Wettkampf im 21. Jahrhundert sein und mit ihrer ganzen Kraft und Stärke an der ständigen Weiterentwicklung teilnehmen werden.
Auf der Basis buddhistischer Weisheit und unter Einbeziehung der Werke Tolstois habe ich Ihnen aus den Sichtweisen der grundlegenden Ordnung, der Universalität und der Selbsterneuerung erläutert, wie wir unser eigener Meister werden und unseren eigenen Charakter so entwickeln können, dass er so wird wie der Kosmos.
Der Große Weg, die Menschheit wiederzubeleben
Angesichts des bevorstehende neuen Jahrhunderts bin ich der Überzeugung, dass die Humanität bei der Umwandlung des Chaos in Harmonie die Hauptrolle spielen wird. Im kommenden Zeitalter müssen Religion und Philosophie, Kultur und Regierung wie auch die Wirtschaft sich auf diesen einen Punkt konzentrieren. Ich bin fest entschlossen, mit all meiner Kraft zusammen mit Ihnen diesen Weg zur Wiederbelebung zu beschreiten.
Ich würde gerne meinen Vortrag mit einem wunderschönen Gedicht aus Ihrem Lande Russland beschließen, dem Land der Dichtkunst:
Unter freiem Himmel, sei selbstbewusst!
Aus Freude, erwache zu Deiner Aufgabe
Schau! Die Stahlen der Sonne
Färben den Himmel golden für einen Moment
Und die nächsten sind im Irrlicht der Wolken verborgen
Der silberne Mond lässt sich treiben
Die Schönheit des Frühlings schießt heraus in den Weiden
Die Rosenblüten duften
Ein klarer Bach fließt im Tal
Die Weinstöcke leuchten auf den Hügeln
Und goldener Weizen neigt sich in den Feldern
In der Stille das Seufzen eines Windhauchs
All das gehört Dir
Pflücke freudig die Blume des Lebens
nehme friedlich die Wohltaten des Himmels an
Unsere Welt ist kein Jammertal
Mein Freund! Sei glücklich
Verliere nicht Deinen Weg
Vergesse niemals die Quelle
der täglichen Freuden des Lebens
Respektiere Wahrheit und Gesetz
Tue das Beste für andere
Dann wirst Du alle Unbeständigkeit
ohne Angst hinter Dir lassen
Und dann, in der Dunkelheit,
wirst Du auf das Erwachen vertrauen.
Wie uns dieses Gedicht von Puschkin mitteilt, ist das Erwachen um so näher, je tiefer die Dunkelheit ist. Solange es Hoffnung gibt, wird das Glück strahlen. Zusammen mit Ihnen allen schaue ich vertrauensvoll dem hoffnungsvollen Erwachen einer neuen Zivilisation zu.
Durch die ganze Rede hindurch hat Sensei sein Augenmerk auf das Sich-Selbst-Meistern gerichtet, das es zu entwickeln gilt, um fähig zu werden, das Chaos in Harmonie umzuwandeln. Ich bin sicher, dass wir uns des Chaos um uns herum sehr bewusst sind und dass wir fähig sein wollen, dieses in Harmonie zu verwandeln. Wir müssen also zu unserer Buddhaschaft erwachen, erkennen, dass wir unsere Umgebung beeinflussen können, und wir müssen unsere Leben jeden Tag erneuern. Ich will euch noch ein Beispiel geben, denn wir tendieren zu denken: „mein Leben ist so ein nichtiges Leben”, und halten an diesem Zurückfallen fest. Ich erzähle euch die am Radio ausgestrahlte Geschichte eines französischen Bauern. Dieser Bauer war ein Schäfer und er beschloss, hier, in der Umgebung der Provence, Bäume anzupflanzen, weil es keine gab. Dieser Mann, der vielleicht überhaupt keine Bildung hatte, bestimmt aber keine Stellung in der Gesellschaft und keine Unterstützung, ging also hinaus mit diesen Samen und pflanzte Hunderte davon ein. Dann fuhr er fort auch andere Baumarten zu setzen und schließlich war da eine Baumzeile, wo auch ein Lindenbaum wuchs. Das wäre unmöglich gewesen, wäre da nicht viel Wasser vorhanden gewesen. Diese Arbeit hat er mit seinen eigenen Händen seit seinem 50. Lebensjahr bis er 57-jährig war gemacht. Er kultivierte diese Gegend, wo heute - wie man sagt - 10.000 Menschen leben können, was vorher nicht möglich war. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was eine Person tun kann, glaube ich ist das eine sehr inspirierende Geschichte. Der Erzähler sprach über seine Ausdauer und seine Großzügigkeit, und Sensei spricht in diesem Teil auch von Großzügigkeit und Bescheidenheit als wirklich sehr wichtige Aspekte, die es in unseren Leben zu entwickeln gilt.
Ich möchte, als Abschluss, nochmals über Identität sprechen. Als ich mich damit befasste: „Was ist Identität?” kam mir Folgendes in den Sinn: ihr alle habt schon die Erfahrung gemacht, jemand Unbekanntem oder einer Firma anrufen zu müssen, wo niemand einen kennt und man gefragt wird: „Hallo, wer ist am Apparat? Wen soll ich bitte verbinden?” und du möchtest am liebsten deinen Namen gar nicht sagen, weil es sowieso keine Rolle spielt - es sowieso keine Wirkung zeigen wird, oder nicht? Wenn ich „Barbara Cahill” sage, erwidern sie: ... oh! ... Danke. Du willst deinen Namen lieber gar nicht sagen, es ist als ob du nicht existieren würdest. Wenn du aber Bekannte anrufst, erkennen sie deine Stimme, du brauchst nicht mal deinen Namen zu nennen.
Ich glaube, ein Identitätsgefühl zu haben, ist, unserer Buddhaschaft bewusst zu werden, und was daraus entsteht, ist, dass es uns gelingt, an jedem Ort bekannt zu sein. Wir werden nie mehr bezweifeln, dass die Person uns kennt oder die Leute wissen, wer wir sind, oder dass die Leute auch wissen wollen, wer wir sind, weil wir die Barriere „oh, ich bin niemand”, durchbrochen haben werden. Ich hoffe, dahin werden wir kommen, zu dieser Art Behaglichkeit mit unserer Umgebung. Ich glaube, das können wir bei Sensei sehen. Er ist völlig ungezwungen. Wenn er mit uns ist, ist er so, wenn er mit Prinz Charles ist, ist er ungezwungen, wenn er Größen aus akademischen Kreisen, Staatsoberhäupter oder wer auch immer trifft, ist er ungezwungen mit ihnen, oder nicht? Ich glaube, wir können dieselbe Ungezwungenheit mit dem Leben empfinden, so dass wir uns nie mehr davon abgeschnitten fühlen. Und so kommen wir mit dem Leben in Einklang. Das bedingt, unsere schlechte Meinung von uns selbst herauszufordern, immer und immer wieder, tagtäglich, und das sehe ich wirklich als entscheidend an, um fähig zu sein, unsere negative Identität unser negatives Karma zu meistern. „Sei deinem eigenen Leben treu und lebe / handle danach”, was das Thema unseres Kurses ist und bedeutet: las niemanden oder keinen Aspekt deines negativen Karmas dein Meister sein. Du lässt deine Buddhaschaft dein Meister sein. Wir tendieren dazu, wenn wir das Wort „Glaube” gebrauchen, zu denken, dass es Glaube in etwas außerhalb von uns bedeutet: Glaube an Gott (dem begegnen wir zuerst), Glaube an den Gohonzon (wir glauben immer noch, Gohonzon ist außerhalb von uns). Wir glauben nicht, dass es bedeutet, Glaube in das, was in uns ist, zu haben.
Nun werde ich diese Vorlesung mit folgendem Zitat, das Sensei uns an einem Kurs vor 20 Jahren gab, beenden:
„Sie dürfen nicht für eine Sekunde ihre Bemühungen aufgeben, für Sie selbst ein neues Leben aufzubauen. Kreativität bedeutet, das schwere, ächzende Tor zum Leben zu öffnen. Das ist kein einfaches Unterfangen. Es könnte wahrhaftig die schwierigst Aufgabe der Welt sein. Das Tor zum eigenen Leben öffnen ist am Ende schwieriger, als das Tor zu den Mysterien im Universum öffnen. Aber das zu tun sichert Ihre Existenz als menschliches Wesen. Zugleich macht es das Leben lebenswert für Sie. Ich sage zu Ihnen, es gibt niemand einsameren oder unglücklicheren als die Person, die die reine Freude, ein Leben für sich zu kreieren, nicht kennt. Ein Mensch zu sein bedeutet nicht bloß, aufrecht zu stehen und Intelligenz und Wissen hervorzubringen. Ein Mensch zu sein bedeutet, im wahrsten Sinn des Wortes, ein kreatives Leben zu führen.”
Herzlichen Dank.
1) ,,Tentative Proposals” (Vorläufige Vorschläge), übersetzt von Alexis Klimoff (New York: Farrar, Strauß und Girouz, 1991), S. 49
2) Dimitri Mereschkowski ,,Peter and Alexis: The Romance of Peter the Great” (New York und London: G.P.Putnam's Sons, 1095), S. 11
3) Natsume Soseki, ,,Kokoro: A Novel and Selected Essays, übersetzt von Jay Rubin (New York: Pacific Basin Institute, 1992), S. 294
4) Nikolai Berdjajew, „Dream and Reality: An Essay in Autobiography”, übersetzt von Katharina Lampert (New York: Collier Books, 1962) S. 296
5) Cf. Archimedes ,,Pappus von Alexandria”
6) Leo N. Tolstoi, ,,Anna Karenina”, übersetzt von Rosemary Edmonds (London: Penguin Books, 1978) S. 829
7) Ebd., S. 835.
8) Leo Tolstoi, a.a.O.
9) Cf. Platos ,,Cratylus”
10) Nichiko Hon, Herausgeber ,,Nichiren Daishonis Gosho Zenshu (Tokio: Soka Gakkai, 1952) S. 724
11) Leo N. Tolstoi, ,,Anna Karenina” (s.o.), S. 829
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