1600041780 a:2:{s:7:"content";s:22394:"
Genug mit dem Gemetzel!
Inmitten des Bürgerkriegs fragte ein Unteroffizier der Armee eine Mutter:
„Mit welcher Partei hältst du es?“
„Ich weiß nicht.“
„Mit den Blauen (Republik)? Mit den Weißen (König)? Zu wem stehst du?“
„Ich stehe zu meinen Kindern.“
(aus „Das Jahr 1793“ von Victor Hugo)
In El Salvador mussten schon unzählige Menschen sterben.
In diesem kleinen latein-amerikanischen Land herrschte flächendeckend die Angst vor der Gewalt. Als nächster bin ich wahrscheinlich an der Reihe? Eine Handvoll Großgrundbesitzer zitterte ängstlich vor Entführung oder Ermordung durch die Guerilleros. Die Mehrheit der einfachen Bürger fürchtete sich wiederum vor der grausamen Unterdrückung durch die Armee. Die Armee kam plötzlich, tötete die Guerilleros erbarmungslos und beliebig auch die Menschen, die mit der Guerilla nichts zu tun hatten. Sie verhaftete die unschuldigen einfachen Bürger, folterte sie und ließ sie zu Vermissten werden.
Im Jahr 1980. Die Angst vor Gewalt beherrschte das ganze Land. Hinzu kam, dass 70 Prozent der Kinder unter 5 Jahren unterernährt waren. 45 Prozent der Bürger mangelte es an Trinkwasser zur Deckung des täglichen Bedarfs. Die meisten Bauern waren fast verhungert; sie durften keine eigenen Ländereien besitzen. Annähernd die Hälfte von ihnen war nicht imstande, die Schule zu besuchen und demzufolge nicht in der Lage, Schriften zu lesen. Es gab weder Strom noch Wasser. Inmitten solcher Armut starben sie.
Im Gegensatz dazu gab es die Reichen, die zwei Prozent der Bevölkerung ausmachten und etwa 60 Prozent des ganzen Landes beherrschten; sie lebten exklusiv – von den Armenvierteln weit abgeschieden – in ihren Luxusvillen.
„Der Hintergrund des Bürgerkriegs in unserem Land war kurzgesagt der, dass der Weg zur Demokratisierung versperrt war“, so erzählte mir Herr Sermeño, Rektor der technischen Hochschule Latein Amerika in El Salvador, als er Japan besuchte. (April 2000):
Der Rektor ist ein willensstarker Pädagoge; er bedauerte die traurige Lage sehr, in der den jungen Menschen die Gelegenheit, Erziehung und Ausbildung zu erfahren, genommen wurde, verursacht durch die Schließung der staatlichen Universität während des Bürgerkriegs. Aus diesem Grund stand er allein auf, um die jetzige technische Hochschule mit einigen Gleichgesinnten zusammen aufzubauen.
El Salvador ist flächenmäßig ein ganz kleines Land. Seit der Zeit der spanischen Kolonialherrschaft hielt die reiche Minderheit ununterbrochen sowohl das politische wie auch das wirtschaftliche Monopol inne. Sobald jemand um der Reform dieser widersprüchlichen Situation willen aufstand, wurde er als Kommunist gebrandmarkt und über jede Vorstellung hinaus in grauenvoller Weise gefoltert und verfolgt.
Beim Aufstand der Bürger im Jahr 1932 wurden im Zuge der Unterdrückung durch die Armee dreißigtausend Menschen massakriert. Die Zahl der Getöteten belief sich ausgehend von der damaligen Bevölkerungszahl in El Salvador auf zwei Prozent. Das heißt, dass es sich vergleichsweise zur heutigen Bevölkerungszahl Japans um 2,400,000 Menschen handeln könnte.
Seit dieser Zeit dauerte das Militärregime fast ein halbes Jahrhundert an. Unter dem ständigen Belagerungszustand ermächtigten sich Polizisten, jeden verdächtigen Bürger nach Lust und Laune ohne einen gerichtlichen Befehl zu verhaften und zu töten. Die Wahlen, die stattfanden, wurden manipuliert, Versammlungen verboten, die Zeitungen zensiert. Allerdings gab es nur wenige Menschen, die überhaupt lesen konnten.
Der Rektor fuhr fort:
„Der Prozentsatz der Analphabeten in unserem Land war sehr hoch. Ein Großteil der Machthaber war überzeugt, dass es für sie einfacher sei, zu regieren, wenn Menschen unwissend blieben. Die autoritäre Gruppe war darum bemüht, jegliche Kritik sowie den kritischen Geist der Menschen zu unterdrücken.“
Lasst die Bürger von der Wahrheit nichts wissen! Haltet sie unwissend!
Es genügt schon, wenn sie so leben, wie wir es vorgeben!
Sie brauchen nichts zu wissen!
Aus einer derartig verzweifelten Lage, die durch die strenge Unterdrückung verursacht wurde, entstand die bewaffnete Guerillabewegung und eskalierte immer heftiger, mit der Begründung: „Alle Wege und Möglichkeiten, dass wir uns behaupten können, sind völlig ausgeschlossen. Wir können uns jetzt keine andere Lösung mehr vorstellen.“
So entführten sie einflussreiche Persönlichkeiten des Landes, verlangten Lösegeld und kauften damit Waffen. Sie zerstörten das Strom- und Telephonnetz, legten Verkehrsverbindungen lahm. Autobusse wurden einer nach dem anderen gesprengt, um den Besitzer der Busgesellschaft in den Ruin zu treiben. Jedoch war dies immerhin eine gefährliche Strategie, bei der auch unschuldige Bürger mitgerissen wurden. Selbst wenn sie die Menschen warnten, um Verletzungen einfacher Bürger zu minimieren, wurden immer noch viele Opfer verlangt.
Im Laufe der Zeit verloren die Menschen, die den Guerilleros emotional nahe standen, ihre Sympathie, und ihre Kritik wurde immer lauter: „Hört auf, die Armen zu quälen.“
Die Kriegssteuer (Revolutionssteuer), die die Menschen an die Guerilleros entrichten mussten, konnte keine positive Resonanz finden.
Sicher war, dass man das „staatlich anerkannte Morden“, das durch die Armee oder Polizei verübt wurde, mit der Handlung derjenigen, die aufstanden, um die Greueltaten durch Armee und Polizei zu beenden, nicht auf derselben Ebene miteinander vergleichen konnte. Die Invasion der Nazis konnte mit Kampfhandlungen derjenigen, die die Resistenz leisteten, nicht aus demselben Aspekt betrachtet werden.
Dennoch ist keine Gewalt zulässig!
Wir können das Töten nicht zulassen!
Denn das Leben ist einzigartig und unersetzbar.
Was müssen wir tun?
Für jeden von ihnen war ganz eindeutig klar, dass, selbst wenn sie die Guerilleros beschwichtigen wollten, Unterdrückung die ungeeigneteste Methode war.
Solange wir die „extreme Differenz zwischen arm und reich“ sowie die „menschenrechts-verletzende Politik“, nämlich die Grundursache aller Probleme, nicht ändern können, wird die Guerillabewegung möglicherweise überall in der Welt, sei es in Dörfern oder Armenvierteln, neu entstehen, selbst wenn wir jetzt alle Guerillas beseitigen könnten.
Es gab auch solche Ereignisse, dass bei der „Guerillasäuberungsaktion“ der Armee selbst die Bewohner der Dörfer, in denen die Guerilleros sich versteckten, als Mittäter verurteilt und allesamt vernichtet wurden. Vor den Augen eines Jungen wurde sein Elternhaus verbrannt, der Vater hingerichtet und die Mutter vergewaltigt. I in seinem ganzen Körper kochte das Blut des Hasses gegen die Armee über. Somit wurde wieder ein zäher Kämpfer geboren.
Oder eine Mutter, die zusehen musste, wie ihre Töchter verbrannt wurden, konnte überhaupt nicht fassen, warum solch eine Greueltat notwendig war, um das Land, die Freiheit und die Ordnung vor den Guerilleros zu beschützen. Je grausamer die Unterdrückung ausgeübt wurde, desto klarer stellte sich heraus, dass die Regierung nicht bereit war, ihre Vorgehensweise zu verändern. Als die Arroganz der Machthaber deutlich erkennbar wurde, begannen die Menschen, die bis dahin noch zu den Gemäßigten gehörten, ihre Meinung zu verändern.
Der Bürgerkrieg breitete sich im ganzen Land aus, und Kampfhandlungen fanden tagtäglich statt. Unablässig konnte man von allen Richtungen her Gewehrschüsse hören. Sobald die Sonne unterging, explodierten die Bomben, die von den Guerilleros gezündet wurden, überall in der Stadt. Nachts konnte man nirgendwo hingehen. Die Reichen konnten nach Miami fliehen, aber für die Armen gab es keinen anderen Ort.
Die Zahl der Flüchtlingslager, in die die Menschen vor dem Kampffeuer flüchteten, mehrte sich ständig. Es gab Kinder, die Arme und Füße verloren hatten, und auch Kinder ohne Augen oder Ohren. Unter den unvorstellbar schlimmen Zuständen in den Flüchtlingslagern starben zuerst die jüngsten Kinder und dann die älteren nach und nach.
Selbst im Sterben: Wenn die Erwachsen sterben mussten, war es möglich, dass sie starben, während sie jemanden verdammten. Aber die Kinder glaubten bis zum Ende an die Erwachsenen, ohne sich mit einem Wort zu beklagen, und sie starben, indem sie sagten: „Liebe Mutter, danke schön!“
Gewiss ist es nicht so, dass ich hier etwas melancholisches erzählen möchte. Denn es ist keine Melancholie, dass ich laut aufrufe: „Rettet die Mütter und die Kinder!
Es ist auch nicht zutreffend, falls sie denken sollten, dass ich mich in der Realität der Weltpolitik nicht auskenne und nur etwas Idealistisches sage. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass es keine realistischere Geschichte gibt als diese. Es ist auch meine feste Überzeugung, dass wahre Politik eigentlich dafür da sein muss, alle erdenkbaren Anstrengungen zu unternehmen, um diese Realität zu verändern.
Herr Josei Toda, der zweite Präsident der Soka Gakkai, ist mein Meister. Er wurde Präsident im Jahr 1951, vor genau 50 Jahren, und es war zu der Zeit des Koreakriegs. Auf der außerordentlichen Generalversammlung der Organisation, die kurz vor seinem Amtsantritt stattfand, hielt er eine Rede:
„An dieser Stelle habe ich nicht vor, darüber zu sprechen, wie der Krieg (in Korea) ausgehen wird oder ob die Politik und die Philosophie der Kriegsführung richtig sind. Dennoch schmerzt es mich zutiefst, wenn ich daran denke, dass es durch diesen Krieg immer mehr Menschen geben wird, die ihre Ehemänner und Ehefrauen verlieren sowie ihre Kinder und Eltern suchen.“
„Es kann auch Menschen geben, die ihr Vermögen über Nacht verloren haben und auf der Straße umherirrend voller Jammer und Leiden sterben mussten. Es kann auch junge Menschen gegeben haben, die sich wütend fragten, wofür sie sterben müssten. Es kann wiederum ältere Frauen geben, die umgebracht wurden, indem sie schrieen: Ich habe nichts schlimmes getan. Oder kann es eine Schar von Kindern geben, die sich darüber wundern, dass es in dieser Welt Eltern oder Geschwister gibt.“
„Die meisten von ihnen sollten nichts davon gewusst haben, was Kommunismus ist oder warum die UNO-Truppen gekommen sind. Wenn sie gefragt werden, an welcher Seite sie sind, antworten sie überrascht aber arglos: Das Essen ist mein Verbündeter, ich stehe zu dem, der mir ein Dach über dem Kopf zur Verfügung stellt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass solche Szenen überall im ganzen Land zu sehen sind.“
Das Herz meines Meisters war stets auf der Seite der Menschen, die sich in der schwächsten Position befanden. Er war der Ansicht, dass wir immer von diesem einen Punkt ausgehen sollten, und dass alles andere blanke Theorie ist, so unsicher, als ob man in der Luft schweben würde. Er durchschaute, dass eine Debatte, bei der die Existenz der Menschen in Vergessenheit gerät, schließlich die Menschen selbst mit dem Schwert des kalten Gedankens durchschneiden und niederschmettern wird.
Alle führenden Persönlichkeiten sagen: Ich tue alles für die Menschen.
Alle Kriege werden mit dem Schlagwort geführt: Um des Friedens willen.
Aber jeder Krieg fordert unfehlbar Opfer.
„Das ist nun einmal der Krieg.“
„Ein kleines bisschen Opfer ist unvermeidbar.“
Angenommen, es gäbe eine solche Idee, auch nur ein ganz kleines bisschen!
In dieser Idee steckt eine verblüffende Verachtung gegenüber dem Leben.
In diesem Gedanken existiert ein gewaltiger Irrtum der Menschheit, das ist der Grund, warum wir Kriege nie und nimmer beenden können.
Und in diesem Gedanken sind die „Samen des Weltkriegs“ enthalten.
Es ist eine große Tragödie,
unabhängig davon
ob man durch die Guerillas
oder durch die Armee getötet wird.
Das läuft auf das gleiche hinaus.
Daher haben wir keine andere Wahl, außer aufzurufen,
Schon genug mit dem Gemetzel!
Gewalt kann Gewalt nicht auflösen!
Mit dem Vorwand, Menschenleben zu beschützen,
Menschen umzubringen, vergrößert sich nur die „Kette des Tötens“!
Wenn wir uns Früchte des Friedens wünschen,
bleibt uns nichts anders übrig, als die Samen des Friedens einzusäen!
Das Leben eines einzigen Menschen ist wertvoller
als die Sammlung aller Schätze im Universum!
Deshalb sagt nicht einfach!: „Zwei Menschen sind gestorben.“
Sondern weint!: „Jose ist gestorben, oder Maria ist verstorben.“
Schreibt nicht!: „Fünf Menschen einer Familie sind tot.“
Sondern nennt die Namen von Mutter, Vater und Kindern!
Und erzählt von ihrem täglichen Leben!
Wie die Familie die Hungersnöte überwand,
über ihr karges Essen und über ihre bescheidene Hoffnung,
über die Tage, an denen sie schwerlich zu äußernde Gefühle hinunterschluckend
zusammen Schulter an Schulter lebten
Und über den Morgen, an dem sie zuweilen das Wasser aus dem Brunnen schöpften.
Macht allen Menschen in der Welt die Tatsache bekannt,
dass alles, was sie hatten, in grausamer Art und Weise völlig zersplittert wurde.
Ich habe Herrn Sermeño gefragt:
„Der über zwölf Jahre andauernde Krieg wurde im Jahr 1992 endlich beendet. Was war der Schüssel dafür?“
Der Rektor antwortete:
„Die Grundursache, warum der Krieg beendet werden konnte, müsste darin gelegen haben, dass alle Parteien einsahen, dass es niemals möglich ist, den Gegner zu schlagen!“
Mittels Gewalt konnte kein Friede verwirklicht werden. Der Krieg dauerte an, und kein Ende war abzusehen. Die Waffenvorräte der Armee waren durch die militärische Unterstützung der amerikanischen Regierung unerschöpflich. An der Seite der Guerilleros gab es statt der veralteten Waffen grenzenlos starken Kampfgeist.
Aber alle waren des Krieges vollkommen überdrüssig. Mittlerweile zählte man 7,500 Opfer, und dazu noch weitere 8,000 Vermisste. Wozu sollten sich Landsleute gegenseitig umbringen? Sie wollten nicht noch mehr Leichen sehen.
Hört schon alle auf damit!
Denn Waffengewalt konnte gar nichts lösen.
Redet miteinander!
Macht euch über die Zukunft der Kinder Gedanken!
Wisst ihr nicht, dass es im ganzen Land Kinder gibt,
die seit ihrer Geburt nur den Krieg kennen!
Obwohl die Nachbarländer mehrfach versuchten, alle Kriegsparteien zum gemeinsamen Gespräch zu führen, konnte es ihnen nicht einfach gelingen. Es schlug mehrmals fehl. Jeder beschimpfte jeden als Dämon oder Satan. Der „Tisch“ des Dialogs stand doch sehr weit entfernt.
Nichtsdestotrotz kam endlich der Tag, den Kampf zu beenden. Mit der Hilfe des Präsidenten von Costa Rica, Oscur Arias Sánchez, stark unterstütz von den Nachbarländern El Salvadors und von der UNO unter der Leitung des Generalsekretärs Javier Pérez de Cuéllar. Außerdem verhalf ihnen die inzwischen rasch veränderte Weltlage, den Friedensprozess voranzutreiben.
Der damals amtierende Staatspräsident war Alfred Cristiani Burkard. Ein Jahr nach der Beendigung des Bürgerkriegs besuchte er die Soka Universität in Japan (1993). Er sprach:
„Wir alle litten unter dem Bürgerkrieg, dennoch haben wir das Vertrauen zu den Menschen nicht aus der Hand gegeben und schließlich den Frieden erlangt.“ Und er fuhr fort: „Ich bin zuversichtlich, dass die Menschen doch alle Probleme lösen und Harmonie schaffen können.“
Probleme mittels Gewalt zu lösen, ist kein Mut. Schöpfe den Mut, Dialoge zu führen! Gerade das ist der Beweis für den „Sieg des Menschen“.
Präsident Alfred Cristiani Burkard sprach weiter:
„Frieden ist nicht, weil man keine Gewehrschüsse hört. Ich bin der Überzeugung, dass wir gerade jetzt, wo wir keine Gewehrschüsse mehr hören, mit unserer Herausforderung zum wahren Frieden begonnen haben.“
Seine Aussage stimmt mit dem Kern der Rede des nachfolgenden Staatspräsidenten Armando Calderon Sol überein, der im Jahr 1997 ebenfalls die Soka Universität in Japan besuchte. Dabei sprach er:
„Es muss eine Kultur des Friedens sein, die wir von ganzem Herzen suchen. Es ist ein Gedanke, in dem Toleranz, Menschenrechte und kulturelle Werte hoch geschätzt werden. Was wir – die Menschheit – machen müssen, ist die Herausforderung anzunehmen, dass alle Menschen, indem sie ihre eigene menschliche Revolution vorantreiben, eine friedliche Gesellschaft aufbauen.“
Das war der Freudenschrei eines Menschen, der tief verstand, dass es keinen anderen Weg gibt, als die Kultur zu verändern, die Denkweise der Menschen zu ändern und die Menschen selbst zu revolutionieren. Es war genau so der Schrei eines Landes, in dem unzählige Menschen verzweifelt unter dem Kriegszustand litten. Diese seine Worte wiegen außerordentlich schwer.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, strahlt die Größe dieser Persönlichkeit, die inmitten der Finsternis aufstand, um das „Licht der Erziehung“ anzuzünden, umso stärker. Er ging auch an den Tagen, an denen Ausgangverbot verhängt wurde, trotz der Schießerei auf offener Straße zur Universität und hielt für die Studenten Vorlesungen. Er sagte:
„Ich habe nur an meine Studenten gedacht. Ich konnte nicht ertragen, dass die Studenten nicht studieren konnten.“
Was bedeutet Erziehung für Pädagogen, die eine derart tiefe Menschenliebe? Er antwortet:
„Erziehung bzw. Pädagogik ist ein Unterfangen, alle Menschen zu lehren, das Leben zu respektieren.“
Das ist ganz richtig. Nationalistische Erziehung ist falsch. Die Erziehung muss dazu dienen, den Intellekt zu entfalten, um alle „Gewalthandlungen“ einzusperren. Menschen müssen dahin gehend erzogen werden, dass sie in ihren Köpfen, Herzen, unter der Haut und schließlich im ganzen Körper tiefgründig erfassen, dass sowohl die Menschen als auch die Natur einander unentbehrlich sind. Solch eine Erziehung sollte meines Erachtens der „große Kampf der Zivilisation“ sein, der uns ermöglicht, die fundamentale Bahn in Richtung Frieden aufzubauen.
Dr. Sermeño spielt auch in der Umweltschutzbewegung in El Salvador eine führende Rolle. Von ihm aus gesehen dreht sich die jetzige Welt auf einer irrigen Bahn in extrem großem Ausmaß. Er sagte:
„Latein Amerika ist eigentlich ein sehr fruchtbarer Boden. Trotzdem sind die Menschen dort gezwungen, ihr Leben in außergewöhnlich armen Verhältnissen zu führen. In den meisten Fällen sind die fortgeschrittenen Länder nicht imstande, die Lage der sogenannten „dritten Welt“ exakt zu erkennen und zu verstehen. Ich glaube, die modernen Menschen sind Opfer des gefährlichsten Rauschgifts geworden, nämlich des Geldes. In der heutigen Zeit gibt es im Fundament des Sozialsystems, angefangen mit internationalen Unternehmern, weder Moral noch Religion, dort herrscht nur die Regel der Marktwirtschaft. In diesem sozialen System wird alles geopfert, um die Profitsucht vor allen anderen Dingen und Vorhaben der Menschen zu bevorzugen.“
“Diejenigen, die in diesem System arbeiten, werden zwangsläufig entweder als ein Teil der Zahnräder integriert oder als untauglich abgestempelt und ausgewiesen. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Solange die Menschen in diesem System leben, müssen sie ihre Augen schließen und ihr Herz muss verschlossen bleiben, unabhängig davon, ob die Natur zerstört wird oder anderen Menschen dadurch mehr Leid zugefügt wird.“
„In den Wäldern wird immer mehr abgeholzt, und dies bringt die Erosion mit sich, wodurch wertvolle Wasserreservoire sowie reicher Boden abnehmen. In solchen Gebieten werden Schäden durch den Regen enorm steigen, und daraus resultierende Überschwemmungen verursachen, die bei mehreren Millionen Menschen den Schaden noch vergrößern.“
„Während die armen Menschen machtlos zusehen müssen, sitzen die reichen Unternehmer in ihren Luxusbüros und frohlocken riesig über ihre Gewinne, als ob sie etwas Wunderbares getan hätten. Solange solch eine Struktur der Gesellschaft unverändert existieren wird, ist der wahre Frieden nicht realisierbar.“
Welch ungerechter Unterschied zwischen arm und reich.
Welch elendes, grausames Desinteresse an den Armen.
Jetzt sollten nach einer Einschätzung in der ganzen Welt jeden Tag 30,000 Kinder unter fünf Jahren sterben, wegen Krankheiten, denen eigentlich vorgebeugt werden kann, und aus Unterernährung. 20,000 dieser Kinder können nach der Geburt selbst kein volles Jahr lang überleben.
Auf der anderen Seite hören wir jemanden stolz erzählen, dass eine hochmoderne Rakete mehr als 100 Millionen Yen (umgerechnet: ca. zwei Millionen Mark) kostet. Was würden Lebewesen vom anderen Planeten sagen oder was würden sie denken, wenn sie die Menschen auf diesem Globus sehen könnten? Könnten sie dies als „zivilisierte Gesellschaft“ betrachten?
Die Lehre, die wir aus dem Bürgerkrieg in El Salvador ziehen können, ist unvorstellbar groß. Denn alle Kriege, die man aus vollkommen unabhängigen „Augen des Lebens“ sehen kann, sind schließlich ein „Bürgerkrieg der Menschheit“.
Blutsverwandte töten sich gegenseitig – in diesem Bürgerkrieg gibt es jedoch keinen Sieger.
(Auszugsweise: am 21. Oktober 2001)
";s:12:"content_meta";N;}