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Die Prinzipien der Verwandlung\ im Buddhismus

von Ervin Kassai

Bei der Untersuchung der Prinzipien der Verwandlung geht es im Buddhismus Nichiren Daishonins um vollkommen dynamische Ansichten des Lebens.

Man kann sogar soweit gehen, zu sagen, dass ohne die Prinzipien der dynamischen Verwand­lung dieser Buddhismus keine Berechtigung hätte.

Der erste entscheidende Aspekt dabei ist, dass jede Situation, egal wie schwierig oder aussichtslos sie erscheinen mag, in eine positive Erfahrung gewandelt werden kann.

Der zweite Aspekt ist, dass wir gerade durch diesen Kampf, unsere grundlegenden Probleme lösen zu wollen, die Erleuchtung in dieser Existenz mehr und mehr manifestieren und zu einem permanenten Bestandteil unseres Lebens machen können.

Diese zwei Aspekte sind natürlich nur im Zu­sammenwirken sinnvoll, und deshalb wollen wir ihre direkte Beziehung zueinander untersuchen.

Ohne gleich in die buddhistischen Terminolo­gien einzusteigen, könnten wir an Hand des eingängigen Beispiels aus dem Studium in der April-Ausgabe des Forums (Seite 22ff) diese Punkte anschaulich darstellen. Wir erinnern uns: Person A hat sich unsterblich in B verliebt, doch B verspürt nur wenig Interesse an A.

Person A, die anscheinend B nicht „bekom­men“ hat, würde bei Beachtung der oben aufgezeigten Aspekte über den Frust nicht in eine Art Warteschleife geraten, sondern vielleicht zuerst in einen Zustand von Wut oder Verzweiflung, um danach aber gleich wieder den Kampf aufzunehmen, um B um jeden Preis zu „bekommen“. Wenn A dann dabei auch noch unbedingt das Gebet zum Gohonzon in den Mittelpunkt gestellt hätte, wäre bei diesem Kampf eine riesige Lebens- und Glaubens-Erfahrung herausgekommen. Und wahrscheinlich nicht nur das, sondern noch zusätzlich ein tiefes Bewusst­sein darüber, dass niemand anderes als man selbst höchstpersönlich der Buddha ist. Die Kausalität zwischen der Verzweiflung und der Erkenntnis, selbst der Buddha zu sein, beschreibt das geniale Prinzip der Verwandlung aus der Sicht des Buddhismus.

Viele werden sich jetzt händeringend fragen, ob man tatsächlich mit der Rezitation der Lebens­gesetzes von Myoho-Renge-Kyo den Partner seines Lebens bekommen kann, bzw. ob A durch das Gebet zum Gohonzon B letzen Endes bekommen hätte. Dazu lässt sich folgendes sagen: Auf alle Fälle hätte A gesehen, was er in seinem Leben noch ändern sollte. Auf alle Fälle hätte er tiefe Dankbarkeit empfunden, auch gegenüber B. Und auf alle Fälle hätte sich B nur dann für ihn entschieden, wenn die Beziehung eine Perspektive gehabt hätte. Anderseits hätte A ganz sicher die Weisheit hervorgebracht zu sehen, wer tatsächlich B ist. Am Schluss hätte A nicht mehr unter einer Absage gelitten. Ganz sicher hätte A zu guter Letzt den Partner gefunden, der am besten zu ihm passt.

Es gibt so viele Komponenten in den Leben der einzelnen Menschen, wie auch Vorstellungen und Illusionen darüber, wer zu wem passt, oder Vorstellungen darüber, wer einen „glücklich machen könnte“ und wer nicht.

Die Frage bei Frustrationen oder Leiden ist immer die gleiche: Welche tiefgreifende Änderung in unserem Leben produzieren wir?

Denn aufgrund dieser tiefgreifenden Änderung, hervorgebracht durch den Einfluss des Gohonzons, werden wir in der Lage sein, zur richtigen Zeit unseren Partner zu finden und mit ihm zusammenleben können.

Somit sind wir bereits bei dem Prinzip der Verwandlung.

Welche Komponenten sind notwendig, um die eben beschriebene Änderung im Leben durch­führen zu können?

Zunächst ist es wichtig, konkrete Ziele und Wünsche zu formulieren. Diese entstehen zumeist spontan in unserem Leben und sind oft Resultate der buddhistischen Praxis selbst. Da das lang­fristige Ziel im Buddhismus die Erleuchtung selbst ist, könnte man auch denken, dass wir durch die fortgesetzte Praxis immer mehr die Erleuchtung in unserem Leben eingravieren. Somit verstärkt sich automatisch die Tendenz der Erleuchtung, bis sie zu einem Lebenselixier geworden ist. Das auf die eben beschriebene Weise zu erreichen, wäre nur allzu schön.

Die Spezialität dieses Buddhismus ist etwas anderes: Es ist die kontinuierliche Widmung zum Lebensgesetz, mit dem Ziel, aus Leiden absolutes Glück, aus Illusionen Erleuchtung und aus Unwissenheit Weisheit zu machen. Ohne Gegen­sätze gibt es keine Erleuchtung, bzw. ohne Dreck kein Gold. „(...) die Erleuchtung ist im mensch­lichen Leben zu finden und zeigt folglich, dass die gewöhnlichen Sterblichen die Buddhaschaft erlangen können und Leiden von Geburt und Tod in das Nirwana umgeformt werden können.“ (dt. Gosho, Band 1, S. 44)

Daraus resultiert, dass die Leiden aus Geburt und Tod - also alle Leiden dieser Welt - in abso­lutes Glück im Leben, nämlich Erleuchtung, verwandelt werden können. Dieses Glück wird demnach aus Leiden oder Problemen geboren. Die Ursache für unsere Erleuchtung ist das Leiden selbst. In der Erläuterung über das Juryo-Kapitel (16 Kap. des Lotos-Sutras) wird klargestellt, dass die „Wahre Ursache“ für die „Wahre Wirkung“ (Buddhaschaft) die neun Welten von der Hölle bis zum Bodhisattwa-Zustand sind, bzw. das eigene Wirken in den neun Welten. Das bedeutet, dass die Ursache für die Buddhaschaft in allen Zustän­den außerhalb des Erleuchtungs-Zustands liegt.

Wie ist das zu verstehen? Die Lehre des Buddhismus spricht von der Verwandlung der Begierden in Erleuchtung (Bonno soku bodai), oder dass der gewöhnliche Sterbliche und der Buddha eins sind (Bompu soku goku), oder davon, dass die Saha-Welt (die Welt in der wir leben) an sich bereits die Welt des ruhigen Lichts ist (Saha soku jakko).

Das sind alles Gegensätze, die nicht abgelehnt, sondern als Chance gesehen werden, einen höheren Zustand im Leben zu erreichen.

Klar ist, dass die Erleuchtung nicht leicht zu erreichen ist. Hierbei geht es um des Erwachen zu der ursprünglichen Wesenheit des Lebens. Um diese Wesenheit zu empfinden und zu einem Teil des Lebens zu machen, ist es notwendig, Erfah­rungen zu machen, oder sie machen zu wollen, die jenseits des Verstandes passieren und die uns den Ansporn geben, den tiefsten Aspekt unserer Existenz zu entdecken. „Indem wir gegen Schwie­rigkeiten kämpfen, polieren wir unsere getrübten Herzen und verschmelzen mit dem ewigen Leben.“ (Daisaku Ikeda in „Die Weisheit des Lotos-Sutras“, Teil 25, FORUM 4/99 S. 32)

Hinter den „Drei Pfaden“ - irdische Begierden, Karma und Leiden - verbergen sich das Gesetz, die Weisheit und der Respekt. Wir flüchten nicht vor dem Leiden oder dem Karma, sondern machen sie zu den Tugenden in unserem Leben.

Es ist notwendig, die Erfahrung der gesamten Palette des Lebens durchzumachen, mit allen Leiden und schmerzlichen Niederlagen. Denn nur indem wir diese ernst nehmen und sie als Antrieb für die Praxis verwenden, können wir die wahre Größe und Dimension des buddhistischen Glaubens in unserem Leben erfahren.

Im Extremfall könnte dies sogar dazu führen, wenn wir in einem Zustand des Hasses und Grolls gegen einen anderen Menschen zum Gohonzon gehen, um diesem das Schlechteste auf der Welt zu wünschen und genau dafür stark chanten, dass wir uns nach kurzer Zeit durch die Wirkung des Daimokus in einem Zustand wiederfinden, in dem wir sogar für das Glück der noch gerade eben verdammten Person chanten können. Das Prinzip der Verwandlung funktioniert dann am besten, wenn wir uns, so wie wir sind, manchmal eben böse und mit schlechten Gedanken, mit voller Kraft dem Gohonzon widmen.

Deshalb existiert der Buddhismus Nichiren Daishonins nicht außerhalb der Gesellschaft, oder außerhalb der menschlichen Existenz - auch wenn Enttäuschungen und nicht erfüllte Wünsche Leiden produzieren. Nur indem wir dieses Leiden zum Ansporn nehmen, die Wesenheit des Buddhas in unserem Leben zu sehen, nehmen wir den Enttäuschungen das Leiden. Nach und nach werden wir auch angesichts der Rückschläge stärker, bis zu einem Punkt, an dem wir uns auf sie sogar freuen können. Denn sie geben uns die Gelegenheit, unseren Glauben zu vertiefen und die Erleuchtung zu erreichen. Somit ist das Leben eine Reihe von diesen eben beschriebenen Abfolgen von Verwandlungen. Die Einstellung, alles zum Positiven zu wenden, wird zum festen Bestandteil unseres Lebens. Unser Leben wird zum grandiosen Abenteuer. Nach und nach verlieren wir die Angst vor den Problemen oder jenen Dingen, die uns eben Angst machen. Wir lernen, unsere Stärken zu schätzen und unsere Schwächen herauszufordern. Inmitten von Schwierigkeiten führen wir ein tief erfülltes Leben. Das nennt Nichiren Daishonin „Frieden und Sicherheit in dieser Existenz“. Es ist die Bereitschaft, alles mit voller Kraft anzugehen und mit großer Hoffnung zu lösen. Es ist der Mut des Buddhas.

Quelle: FORUM Mai 1999

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