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Essay Nr. 23

„Das Leben ist wunderschön“ von SGI-Präsident Ikeda

Dr. Monkombu S. Swaminathan,

Vater der „Grünen Revolution“

„Die neue grüne Revolution“

– wir schaffen es, wenn wir uns alle ernsthaft bemühen!

Es wird berichtet, dass gegenwärtig in der ganzen Welt im Schnitt täglich 24.000 Menschen wegen Hungersnöten ums Leben kommen.

Das bedeutet in jeder Stunde 1.000 Menschen!

Wenn zum Beispiel ein Jumbojet mit 500 Passagieren abgestürzt wäre, hätte dies für riesige Schlagzeilen gesorgt. Jedoch rein rechnerisch gesehen, ist die Realität der Hungersnot damit zu vergleichen, dass sich alle 30 Minuten ein Jumbojet Absturz ereignen würde. Dreiviertel der Opfer sind Kinder unter fünf Jahren.

Ein Mann, der 70 Millionen Menschen rettete

„Es ist unmöglich!“, sagten alle.

Dennoch war der Entschluss eines jungen Mannes felsenfest.

„Es ist bestimmt zu schaffen! Wir müssen es unbedingt schaffen!“

Es war ein „Krieg“, gegen den just ein Mensch allein aufstand.

Es war ein Krieg gegen die Hungersnöte – ein Kampf aus Mitgefühl, allen Menschen in Indien zu ermöglichen, genug zu essen.

In den Augen des jungen Mannes hatten sich die Szenen tief eingeprägt, dass seine Landleute, abgemagert bis auf Haut und Knochen, zusammenbrachen. Die Gesichter der Kinder, die mit schmalem Hals und dickem Bauch sich ausdruckslos niederkauerten, blieben ihm unauslöschlich.

Es war zu Beginn der 1960-ger Jahre.

„Indien hat seit jeher Lebensmittel importiert. Die Autarkie von Lebensmitteln ist unmöglich durchführbar.“ Selbst die Beamten des Agrarministeriums waren resigniert.

Nichtsdestotrotz war der ganze Körper des jungen Swaminathan (geb. am 7.8.1925) durchdrungen, von den Worten, die ihn sein Vater wiederholt lehrte, nämlich dass nichts unmöglich ist. Er pflegte zu sagen: „Das Wort ‚unmöglich’ befindet sich nur im Herzen desjenigen, der es für unmöglich hält. Es geht nur darum, dass man es innerlich für unmöglich erklärt.”

Von dieser Philosophie wurde das ganze Leben Dr. Monkombu Sambasivan Swaminathans beherrscht.

Der junge Monkombu studierte hart, reiste zwecks Forschung in die Niederlande, nach England und in die USA. In Amerika wurde ihm als Forscher eine glänzende Zukunft versprochen. Jedoch schüttelte er diese Verführung ab, indem er zu sich sagte: „Ich habe Genetik studiert, um den Armen zu dienen und in Indien genügend Lebensmittel zu erzeugen. Ich kehre doch nach Indien zurück!“

Mit einer temporären Anstellung in einem Forschungsinstitut angefangen, setzte er sich mit blutendem Herzen für die Forschung ein und führte seine Experimente mit aller Kraft durch. Unter der sengenden Sonne arbeitete er, wie in Schweiß gebadet, mit Bauern zusammen und verbesserte seine Arbeit immer mehr. So gelang es ihm, einen sensationellen Erntenzuwachs von Weizen und Reis zu verzeichnen, und im Jahr 1971 machte er das „Unmögliche“ zur Realität, nämlich dass Indien zum Selbstversorgerland wurde.

Aufgrund dessen, sagt man, konnten allein in Indien mindestens 70 Millionen Menschen vor dem Hungerstod gerettet werden. Unzählige Menschen der asiatischen Länder, in denen sich die Bevölkerungszahl explosiv vermehrte, konnten sich vor der Lebensmittelkrise retten.

Das ist die so genannte „Grüne Revolution“. Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Leistungen und vieler daraus gezogenen Lehren ist Dr. Swaminathan nun im Begriff, sich an der Spitze der „nachhaltigen Grünen Revolution“ herauszufordern, um alle Menschen ohne Umweltverschmutzung zum Gedeihen zu bringen.

Das 1999 erschienene US-amerikanische Magazin „Times“ wählte die einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Asien aus. Zu den aus Indien erwählten drei Personen zählen Mahatma Gandhi (1869-1948), Rabindranath Tagore (1861-1941) und Dr. Swaminathan.

Jedoch jedes Mal, wenn er gelobt wird, sagt er: „Die Produktionssteigerung ist den Bauern zu verdanken. Das ist darauf zurückzuführen, dass sie in der glühenden Hitze der Sonne und in heftigem Regen hart gearbeitet haben.“

Und er fuhr fort: „Stadtbewohner werden sich selten dessen bewusst, dass wir dank der Agrarprodukte und dank der Bauern, die sie erzeugen, am Leben bleiben können. Und unglücklicherweise machen sich diejenigen, die sich mit Essen voll stopfen, über die Hungernden kaum Gedanken. Die meisten Menschen machen sich Sorgen darum, dass, falls sie anderen etwas abgeben sollten, ihr Anteil ihnen nicht mehr ausreichen würde. Sie fürchten sich davor, Kräfte und Ressourcen miteinander zu teilen. Das ist falsch. Den Schwachen zu helfen, stark zu werden, bedeutet, die Gesellschaft insgesamt zu stärken. Eine Welt ohne Hunger zu schaffen ist möglich. Wir haben gute Aussichten, dies zu realisieren. Und das zu realisieren, ist die Aufgabe, auf die die Menschheit die höchste Priorität setzen muss.“

Übersättigung im „Meer der Hungersnöte“

Wenn man von Hunger spricht, könnte es möglicherweise viele Menschen geben, die ihn im Gedanken mit einer Dürre verbinden. Aber etwa 90 Prozent der aus Hunger Gestorbenen rührt nicht von der Dürre, sondern von „chronischen Ernähungsmängeln“ her. Das sind die in der Stille fortschreitenden Hungersnöte.

Die Zahl beträgt 84 Millionen Menschen. Jeder siebte der Menschheit ist nicht imstande, so viele Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, um das Leben erhalten zu können.

Mangelt es an Nahrungsmitteln?

“Nein!”

Für die ganze Welt gibt es genügend Nahrungsmittel. Und nicht nur das, sondern es ist auch nicht selten, dass selbst aus solchen Ländern, in denen viele Menschen unter Hunger leiden, Lebensmittel in andere Länder exportiert werden. Warum geschieht so etwas? Die grundlegende Ursache liegt in der Armut. Obwohl es vor ihren Augen Essen gibt, können es die Menschen nicht kaufen.

Die Stirne von Dr. Swaminathan bewölkte sich, als er sprach: „78 Prozent der Menschheit leidet unter der Armut, und 70 Prozent von ihnen sind Frauen in Entwicklungsländern. … Laut einer Statistik der Weltbank führt die Hälfte der Menschheit, also drei Milliarden Menschen, das Leben mit weniger als zwei Dollar pro Tag, und 1,2 Milliarden Menschen unter ihnen mit weniger als ein Dollar pro Tag . . .“

Sie können nicht essen, daraus resultieren Ernährungskrankheiten, Verlust an körperlicher sowie seelischer Kraft; sie werden immer anfälliger für Krankheiten. Wenn ihnen die Kraft zur Arbeit zusehends ausgeht, heißt es, dass der Hunger die Armut bewirkt und die Armut vom Hunger herbeigeführt wird.

Zudem, sagt er, „kommt ein Drittel der Neugeborenen in Indien, Bangladesh usw. (mangels Ernährung) mit weniger als 2.500 Gramm Körpergewicht auf die Welt. Manche von ihnen bringen von Geburt an Behinderungen mit sich.“

Wenn Dr. Swaminathan, die Sanftmut in Person, anfängt, von unvorstellbarer, maßloser Ungerechtigkeit zu sprechen, werden seine Worte hitzig.

„Die Hälfte der Weltbevölkerung kann aus Gründen mangelnder Hygiene auch kein sauberes Wasser trinken. Auf der anderen Seite wird in fortschrittlichen Staaten überflüssiges Essen rücksichtslos weggeworfen.“

Das ist in jeder Hinsicht ganz und gar unverständlich!

Er setzt seine Worte fort: „In der Welt existiert eine große Ungleichheit. Nur fünf Staaten, eine Handvoll Nationen, erwerben mehr Einkommen als die Summe von fünfzig Ländern. Die Menschen, die sozial ausgeschlossen sind, spüren die Ungerechtigkeit. Das Leiden verursacht schließlich die Gewalt.“

Ist allein Gelderwerb genug für uns?

Wo Hunger herrscht, gibt es keinen Frieden. Darum lässt sich der Friede ohne eine gemeinsame Anstrengung, auf die „gerechte Gesellschaft“ hinzuarbeiten, nicht realisieren.

Noch in der Zeit, als er klein war, traf er Mahatma Gandhi zweimal zu Hause, erzählte mir Dr. Swaminathan. Eines Tages sprach Gandhi einige wohlhabende Menschen in der Region an, goldene Halsketten und andere Schmucksachen darzubringen. Er gab sie zur Versteigerung, und den daraus erzielten Erlös benutzte er als Fonds für seine Unabhängigkeitsbewegung und setzte ihn dafür ein, arme Menschen zu unterstützen.

Das bedeutete meines Erachtens kein „Almosen an Arme“. Vielmehr denke ich, dass seine Handlung aus seiner tiefen Einsicht stammte, dass der Luxus der Reichen letzten Endes darin besteht, den Armen ihren Lebensunterhalt zu entziehen.

Dr. Swaminathan plädiert: „Wenn wir uns über das Nahrungsproblem immer weiter Gedanken machen, stellt es sich klar heraus, dass die gerechte Verteilung wichtiger ist als ‚Quantität’, betreffend die Bevölkerung sowie Nahrungsmittel, und es sich schließlich um die ‚Qualität’ handelt, wie die Menschen leben sollten. Wir müssen die ‚Wirtschaft um des Gewinnerwerbs willen’ zur ‚Wirtschaft für die menschliche Würde’ wenden.“

Wie geizig sie sind!

Dies scheint mir Dr. Swaminathan im Laufe der Zeit, seine „Grüne Revolution“ voranzutreiben, zu Herzen gegangen zu sein. Er hob diesen Punkt von Anfang unseres Gesprächs an stark hervor, indem er sagte: „Die Veränderung muss zuerst ausgehend von den armen Bauern begonnen werden. Denn selbst wenn es den reichen Landwirten gelingen sollte, würden die armen Bauern dies so betrachten: ‚Das trifft auf uns nicht zu.’ Aber wenn die Felder der armen Bauern mehr Ernte erbringen, werden alle Bauern darauf aufmerksam werden. Das kommt allen zugute.“

Nichtsdestotrotz scheint die Revolution, die langsam begann, allein zu laufen, entgegen seiner Absicht, dahingehend getrieben worden zu sein, dass die reichen Landwirte hauptsächlich den Nutzen davon zogen.

Einschließlich solcher Beispiele, die in anderen Ländern durchgeführt wurden, könnte man alles in allem zusammenfassen, dass die revolutionären neuen Reis- und Weizensorten, die mehr Ernte erbrachten, chemische Düngemittel, Bewässerungsanlagen, Schädlingsbekämpfungsmittel usw. benötigten, sodass es sich zur „kostenträchtigen Agrarwirtschaft“ entwickelte.

Durch mehr finanzielle Investition steigen zwangsläufig die Preise der Erzeugnisse. Sie zu kaufen, war nur für solche Menschen möglich, die zur wohlhabenden Klasse gehören, und für reiche Länder!

Obwohl Erzeugnisse zu hohen Preisen exportiert werden, kommen die Bauern, die sie ernteten, nicht dazu, sie selbst zu essen. Und die Menschen, die bis dahin das, was sie aßen, für sich selbst irgendwie besorgen konnten, können es sich auch nicht mehr leisten. Die Landwirtschaft entwickelte sich, sodass man sie auf weiten Feldern nur mit Maschinen betreiben kann. Dadurch steigt die Zahl der Bauern an, die über keine eigenen Felder verfügen. Immer mehr Bauern sind darauf angewiesen, auf Feldern, die anderen gehören, nur exporttaugliche wertvolle Erzeugnisse zu kultivieren.

Welch eine Tragödie, dass die Bauern, die selbst Nahrungsmittel erzeugen, zuerst verhungern!

Die Reichen wurden immer reicher, und die Armen immer ärmer. Große Unternehmer, die ein weitreichendes Geschäft für Düngemittel, Bewässerungsanlagen, technisches Knowhow und Traktoren betreiben, fingen an, viele Gewinne zu erwirtschaften. Es ist die Zeit gekommen, dass die Landwirtschaft zum „Bigbusiness“ wird.

Ebenso davor, wie sich die übermäßige Benutzung von Düngemitteln auf die Erde und das Wasser auswirken, schlug Dr. Swaminathan schon früh öffentlich Alarm. Dennoch fand seine Stimme kein Gehör.

Der Anlass, dass Dr. Swaminathan sich den Weg zur Landwirtschaft auswählte, lag in der „Dürre in Bengalen“ (1943), der drei Millionen Menschen zum Opfer fielen. Auch zu dieser Zeit verbreitete sich das Ausmaß der Dürre, weil der Preis für Reis maßlos hochkletterte, bedingt dadurch, dass viele diese günstige Gelegenheit ausnutzten, um sich mit Spekulationen zu befassen, während sie Verkäufe der Waren zurückhielten oder Güter zurücklegten.

Und jetzt wieder ist das so genannte „Agribusiness“ darauf ausgerichtet, aus voller Kraft Preise auf alle Fälle in die Höhe zu treiben, ganz egal, was aus den Armen werden könnte. Hinzu kommen die fortschrittlichen Staaten, die Waren ungeachtet der Preise massenweise kaufen und das, was übrig geblieben ist, unüberlegt wegwerfen. Aus diesen Gründen baute sich ein Mechanismus auf, in dem sich der Hunger ausbreitet, obwohl es an Nahrungsmitteln nicht mangelt.

Hierzu erläutert Nichiren Daishonin folgendes: „Aufgrund der massiv zunehmenden Habgier wird die Hungersnot herbeigeführt.“ (aus „Aufzeichnung der Vorlesungen über das Lotos-Sutra“, JG, Seite 718)

Heute ist die Hungersnot keine Naturkatastrophe.

Sie ist zweifelsohne eine durch Menschen verursachte Katastrophe.

Gerade aus dem Grund sagt Dr. Swaminathan: „Sicher schaffen wir es! Alle Probleme, die von Menschen hervorgebracht worden sind, müssen auch von Menschen selbst gelöst werden können!“

Ausbreitung des „Biodorfs“

Dr. Swaminathan überlegte sich immer weiter, wie er den armen Bauern helfen könnte, und was er machen sollte, um jedem einzelnen zu ermöglichen, sich selbst zu helfen. Dabei kam er auf die Idee: „Es muss vermieden werden, dass eine Entwicklung Verlierer hervorbringt. … Es muss solch eine Entwicklung in die Wege geleitet werden, dass alle Sieger werden können.“

Er engagierte sich dafür, mit Vertretern aus verschiedenen Kreisen wie aus der Geschäftswelt, der politischen Welt, der Nicht-Regierungsorganisation, der Verbraucherorganisation usw. zu sprechen und für die Wichtigkeit ihrer Vereinigung zu plädieren. Unterdessen schlug er auch vor, eine „Regionale Nahrungsmittelbank“ für den Ernstfall sowie eine „Internationale Ernährungsbank für alle Menschen“ einzurichten.

Darüber hinaus traf er eine Entscheidung.

Die Politik ist auch wichtig, und die öffentliche Meinung für die gerechte Verteilung auf internationaler Ebene zu schaffen und zu erhöhen, ist ebenso von großer Bedeutung. „Parallel dazu“, dachte er, „werde ich von einem Dorf, der vordersten Front, aus anfangen. Sowohl von oben nach unten als auch von unten nach oben. Die wechselseitige Wirkung werde ich herbeischaffen. ... Lass mich zusammen mit den ärmsten Menschen wieder anfangen! Und lass mich jeden einzelnen von den Menschen, die am meisten leiden, ermutigen! Es gibt keinen anderen Weg.“

1988 gründete er eine „M. S. Swaminathan Forschungsstiftung“, und als Hauptsäule ihrer Aktivitäten hat sie in vielen Orten die Errichtung des „Biodorfs“ vorangetrieben. Das zu erreichende Ziel ist folgendes: „In den indischen Dörfern ist die Armut weit fortgeschritten. Darunter leiden insbesondere Frauen sehr. Eines der Ziele dieser Forschungsstiftung liegt darin, ihnen die Leiden abzunehmen. Sie sind wegen Kindererziehung, Hausarbeit und Arbeit außerhalb von zu Hause doppelt oder dreifach belastet. Sie müssen jeden Tag 18 bis 19 Stunden arbeiten, dabei können sie kaum genügend Essen zu sich nehmen; sie sind völlig erschöpft.“

Die Stiftung ist darum bemüht, die Natur erhaltend auch wirtschaftlich machbare Projekte zu entwerfen und sie mit dem jeweiligen „Biodorf“ gemeinsam durchzuführen. Das bedeutet für sie quasi eine Herausforderung zur „Anstellungsrevolution“, die eine neue Einnahmemöglichkeit erbringen soll.

Zum Beispiel war hier eine Frau, die Analphabetin war. Zwei von ihren vier Kindern hatten eine Behinderung. Die Frau war zwar mit ihrem Mann auf einer Farm beschäftigt, konnte aber nichts anderes leisten, als für ihre Familie minimal zu sorgen. Und dann: Diese Frau bekam von der Stiftung eine Anleitung für die Molkerei, und dadurch konnte sie einen kleinen Kredit aufnehmen, um eine Milchkuh zu kaufen. Kurz danach konnte sie anfangen, Milch zu verkaufen. Mit der Zeit konnte sie mehr Kühe züchten. Bald gründete sie mit ihren neuen Freundinnen eine Gruppe, die Molkereitechnik zu erlernen. Jetzt hat sie sich soweit verändert, dass sie von ihrem Traum stolz erzählt: „In der Zukunft möchte ich eine Molkerei betreiben!“

Eine andere Frau hatte einen alkoholabhängigen Mann und drei schulpflichtige Kinder. Sie war kaum in der Lage, ihre Familie über Wasser zu halten. So erhielt sie von der Stiftung den Rat, Blumen zu züchten. Sie kultivierte eine kleine Fläche Land und züchtete dort nach intensiver Überlegung Blumen, damit Frauen ihre Haare schmücken konnten. Die gelb-orange farbigen Blumen ließen sich gut absetzen.

Hierzu sagt Dr. Swaminathan: „Fragen Sie mich, warum es uns gelungen ist, ihr Leben zu verbessern? Es ist, weil wir ‚mit den ärmsten der Armen’ gemeinsam angefangen haben. Sie sind ernsthaft. Wenn sie sich davon überzeugen, dass das für sie nützlich ist, dann nehmen sie es sofort an. Und wenn sie die Möglichkeit haben, die Theorie nicht durch eine Vorlesung, sondern während ihrer praktischen Umsetzung zu erlernen, können sie sich selbst die neue Technologie zu eignen machen. Es ist wie ein Fisch, der nach dem Wasser sucht! Das ist ein beeindruckender Anblick.“

Das sind Frauen, die schon lange für unfähig und lustlos gehalten wurden. Das entspricht nicht der Tatsache. Sie sind bereit, mit ganzer Kraft zu kämpfen, nur vorausgesetzt, sie bekommen die Chance, gegen die Armut zu kämpfen. Sie stehen auf, sich um der Kinder willen mit Freude zu widmen, nur wenn es jemanden gibt, der ihnen hilft, selbständig zu werden. Und weil man sie von vorneherein als nichttauglich festlegt, macht man ihre seltene Chance auch zunichte.

„Ihr könnt es sicher schaffen! Lasst uns es zusammen schaffen!”

Dr. Swaminathan gab ihnen Selbstvertrauen und zog aus ihnen das in ihrem Leben verborgene Potenzial heraus. Alle erhoben ihre Gesichter voller Entschlossenheit.

Es gab zwei Frauen; die eine war körperlich behindert, und die andere war einer unglücklichen Ehe entflohen. Die beiden konnten durch die Züchtung von Speisepilzen wieder aufleben. Eine andere Frau, die kinderlos war und sich deswegen ständig beklagte, wurde zu einer Gruppe eingeladen, in der man aus den Fasern der Kokosnuss Schnur herstellte. Mit ihr änderte sich auch viel; sie stellt jetzt Leute ein und lässt eine Maschine aufstellen, sodass sie fortan keine Zeit mehr hat, zu weinen. Auf ihrem Gesicht erstrahlte wieder ein Lächeln.

Wie sich ein Mensch dermaßen ändern kann!

Ein „böser Junge“ entwickelte sich, bis er als führende Persönlichkeit in seinem Dorf eine Verantwortung für die Pilzzüchtung übernehmen konnte. Die größten Ressourcen, um die Armut von Grund auszurotten, sind die Menschen selbst.

Dr. Swaminathan fährt fort: „Auch im Zusammenhang mit dem Computer habe ich selbst gesehen, dass viele Frauen, die nur wenige Jahre in die Schule gingen, innerhalb von ein paar Wochen anfangen konnten, ihn zu bedienen. Natürlich ist die Bedienungsanleitung nicht ins Englische, sondern in die tamilische Sprache übersetzt. Wir können erahnen, dass ein immenses, noch ungetastetes Potenzial in Indien vorhanden ist. Es ist durchaus falsch, wenn wir die Armen als diejenigen, denen geholfen werden muss, betrachten würden! Sie sind unsere ‚Partner’ so wie ‚Weggefährten’, mit denen wir alle respektvoll zusammen voranschreiten. Daher müssen wir die Basis unserer Denkweise gründlich ändern!“

Sein Projekt wurde zuerst in neunzehn Dörfern in die Tat umgesetzt und entwickelte sich in mehr als einhundert Dörfern. Mittlerweile, erfuhr ich, weitet sich das Echo dieses Projekts bis in viele Länder außerhalb von Indien aus.

Mit der Erinnerung an Leiden und Mühen seiner Mutter

Als Dr. Swaminathan elf Jahre alt wurde, verlor er seinen Vater. Es war ein plötzlicher Tod.

„Das war ein Schock. Auch für meine Mutter was es ein großer Schlag. Meine Mutter war erst 29 Jahre alt . . .“

Sein Vater, ein Arzt, war ein Verehrer Gandhis. Sein Vater war jemand, der von armen Patienten nie Behandlungsgebühren entgegennahm. Auch wenn er mitten in der Nacht gerufen wurde, machte er sich sofort auf den Weg.

Er war ein großartiger Vater, der, obwohl er der brahmanischen Kaste angehörte, eine Bewegung, die Pforten zum Tempel gleichermaßen für die Menschen in der meistdiskriminierten Sozialschicht zu öffnen, mutig anführte und deswegen vom Tempel exkommuniziert wurde.

Er erzählte: „Nach dem Tod meines Vaters bekamen wir von unseren Onkeln Unterstützung, trotzdem verschlechterte sich unser Leben rapid. Wir verkauften unser Auto und sparten alle möglichen Ausgaben. Meine Mutter hat alle vier Kinder, mich einschließlich, aus ganzer Kraft großgezogen.“

Wenn die Mutter am Spinnrad arbeitete, setzten sich alle Kinder in ihre Nähe.

„Heute noch kann ich mich gut daran erinnern, dass wir unserer Mutter, die weinte, versprachen: ‚Trauere bitte nicht darum! Denn wir alle strengen uns hart an!’ Und dieses Versprechen haben wir alle konsequent beibehalten.“

Gerade weil er groß wurde, während er die Leiden und Mühen seiner Mutter sah, kann Dr. Swaminathan möglicherweise so einfühlsam sein, wie sehr die weiblichen Wesen leiden. Und gerade deswegen kann er die Habgier jener, die in der Führungsschicht der Gesellschaft keine Rücksicht auf die Armen nehmen, nicht entschuldigen.

„Selbst wenn wir über die Bedeutung der ‚ökologischen Erziehung’ für unsere Kinder sprechen, handelt es sich doch darum, dass sie sich die ‚nachhaltige Lebensweise’, die Ressourcen nicht optimal zu benutzen, zu eigen machen lernen. Obwohl man sie in Klassenzimmern lehrt, dass sie die Ökologie schützen sollten, macht man in TV und anderen Medien viel Reklame, um die Kauflust zu fördern und den Verbrauch zu erhöhen. Außerdem, dass die Regierung in die militärische Rüstung soviel investiert, bedeutet im Grund genommen die Strömung gegen die ‚nachhaltige Entwicklung’. Falls die Kinder diese Realität gesehen haben, würden sie wohl denken, dass das Thema Ökologie lediglich für die Prüfung in der Schule wichtig sei. Was bei der ökologischen Erziehung am wichtigsten ist, die Kinder die ‚gewaltfreie Lebensweise’ zu lehren“, so Dr. Swaminathan.

Im August 2002 trat er das Amt des Präsidenten der „Pugwash-Konferenzen über Wissenschaft und Angelegenheiten der Welt“ an, die die Vernichtung der Nuklearwaffen zum Ziel machen. Über sein Vorhaben sprach er folgendes: „Die politischen Führer der Welt haben aus der Geschichte keine Lehre gezogen. Sie haben nicht gelernt, dass von Gewalt lediglich wiederum Gewalt hervorgeht. Was die Sicherheit angeht, sollten wir sie nicht nur aus dem militärischen Aspekt betrachten, sondern wir müssen auch auf der Basis der ‚Sicherheit der Menschen’ stehend davon ausgehen, die dem Herzen der Menschen innewohnende Gewalt zu überwinden. Wir müssen unseren Blick auf das ‚Herz der Menschen’, das grundlegende Problem, werfen!“

Vergiss ihr Gesicht nicht!”

Das Nahrungsmittelproblem ist auch, so wie die beiden Seiten einer Medaille, eins mit dem grundsätzlichen Problem, wie die Menschen leben sollten. Ich erzählte Dr. Swaminathan eine Geschichte „König Goldene Farbe“, die in einem Sutra erwähnt ist.

„König Goldene Farbe“, eine der vergangenen Emanationen Shakyamunis, setzte sich voll und ganz ein, um die Menschen in seinem Land, die unter der Dürre litten, zu retten, bis dass er sein letztes Korn Reis ausgab. Dennoch hörte die Hungersnot nicht auf. Der König streckte seine beiden Hände zum Himmel empor und betete: „Ich werde den Hunger aller Lebewesen übernehmen und an ihrer Stelle verhungern!“

Sein herzlicher Aufschrei wurde vom Himmel erwidert, sodass ein Nektarregen fiel, damit alle Menschen wieder belebt werden konnten. Diese Geschichte mag märchenhaft klingen, trotzdem drückt sie einen außergewöhnlichen Einfluss der Führungspersönlichkeiten, die durch die „menschliche Revolution“ ihre Grundeinstellung des Lebens geändert haben, klar und wohl verständlich aus.

In der Gegenwart beträgt die Zahl der Weltbevölkerung 6,2 Milliarden, und es ist prognostiziert, dass sie im Jahr 2050 auf 9,3 Milliarden ansteigen wird. Diese Bevölkerung zu ernähren, sagt Dr. Swaminathan, ist technisch möglich. Sogar meint er, die Hungersnot aus der Welt zu schaffen sei „durchaus möglich!“.

Jedoch unter der Bedingung: Wenn die wohlhabenden Menschen und die Führungspersönlichkeiten vor allen anderen die folgenden Worte Gandhis in die Tat umsetzen, dann ist es „möglich!“

„Sie sollten sich an die Gesichter der Menschen, von denen Sie meinen, sie seien am ärmsten und gesellschaftlich am schwächsten, erinnern. Und fragen Sie sich selbst: ‚Ist das, was ich jetzt vorhabe, zu tun, wirklich für jene Person nützlich? Kann jene Person durch meine Handlung irgendetwas erwirtschaften? Kann ich dabei behilflich sein, dass jene Person ihr eigenes Leben und ihr Schicksal zum besseren wenden kann?’“

Gerade diese Worte, die seinem tiefen Mitgefühl entspringende Flamme, sind eine Fackel, die das Leben Dr. Swaminathans bis jetzt angeführt hat.

(aus „Seikyo Shimbun“ vom 7. März 2004)

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