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Gosho-Studium für April 1999

Über die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben

1) Trotz allem, selbst wenn Sie Myoho-Renge-Kyo chanten und daran glauben, und doch gleichzeitig denken, daß das Gesetz außerhalb Ihrer selbst liegt, dann nehmen Sie nicht das Mystische Gesetz an, sondern eine unterlegene Lehre. „Unterlegene Lehre" heißt alle anderen Sutras außer diesem, die alle nur vorübergehend und vorläufig sind. Keine vorläufige Lehre führt direkt zur Erleuchtung, und ohne den direkten Weg zur Erleuchtung können Sie nicht die Buddhaschaft verwirklichen, selbst wenn Sie für zahllose Äonen Leben um Leben praktizieren. Dann ist die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben unmöglich. Wenn Sie also das Mystische Gesetz chanten und das Lotos-Sutra rezitieren, dann müssen Sie die tiefe Überzeugung aufbringen, daß Myoho-Renge-Kyo Ihr Leben selbst ist.

(Gosho Band 1, Seite 43)

2) Das Meistern der buddhistischen Lehren wird Sie nicht im geringsten von Ihren irdischen Leiden erlösen, solange Sie nicht das Wesen Ihres eigenen Lebens erkennen. Wenn Sie die Erleuchtung außerhalb Ihrer selbst suchen, dann bleibt jede Anstrengung oder jede gute Tat sinnlos. Zum Beispiel kann ein armer Mann keinen einzigen Pfennig gewinnen, wenn er nur den Reichtum seines Nachbarn zählt, auch wenn er Tag und Nacht nichts anderes täte. (Seite 43)

3) Ob Sie den Namen des Buddhas chanten, das Sutra rezitieren oder auch nur Blumen und Räucherstäbchen darbringen, alle Ihre tugendhaften Handlungen pflanzen den Nutzen und das dauerhafte Glück in Ihr Leben hinein. Mit dieser Überzeugung sollten Sie Ihren Glauben in die Tat umsetzen. (Seite 44)

4) Es besagt weiterhin, wenn die Herzen der Menschen unrein sind, so ist auch Ihr Land unrein, sind aber Ihre Herzen rein, so ist auch Ihr Land. Es gibt nicht zwei Arten Länder, reine und unreine. Der Unterschied liegt einzig im Guten und Bösen unserer Herzen.

Das gleiche gilt für einen Buddha und einen gewöhnlichen Sterblichen. Solange jemand in Illusionen lebt, nennt man ihn einen gewöhnlichen Sterblichen, doch erst erleuchtet, nennt man ihn einen Buddha. Auch ein blinder Metallspiegel wird wie ein Juwel glänzen, wenn er poliert ist. Ein Herz, das gegenwärtig von Illusionen verdunkelt wird, die aus der eingeborenen Dunkelheit des Lebens stammen, gleicht dem blinden Metallspiegel, aber ist er erst poliert, so wird er klar und zeigt die Erleuchtung der unveränderlichen Wahrheit. Rufen Sie tiefen Glauben in sich hervor und polieren Sie Ihren Spiegel Tag und Nacht. Wie sollten Sie ihn polieren? Nur durch das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo. (Seite 44)

Hintergrund und Zusammenfassung

1. Der vorliegende Brief wurde im Jahre 1255 in der damaligen Hauptstadt Kamakura geschrieben, als Nichiren Daishonin 33 Jahre alt war. Der Empfänger des Briefes ist nicht überliefert, es wird aber vermutet, daß es sich um Toki Jonin handelte, der in der Stadt Wakamiya des Landes Shimousa (in der heutigen Präfektur Chiba) lebte.

2. Zwei Jahre zuvor, am 28. April 1253, hatte Nichiren Daishonin im Seichoji-Tempel in Awa (im Süden der heutigen Präfektur Chiba) zum ersten mal seine Lehre, nämlich Nam-Myoho-Renge-Kyo verkündet und war dann in das Zentrum der damaligen politischen Macht, nach Kamakura gegangen. Im August ließ er sich in Matsubagayatsu nieder und begann mit der Verbreitung von Nam-Myoho-Renge-Kyo. In jenen ersten zwei, drei Jahren nahmen Menschen den Glauben an, die später als Zentralfigur der Verbreitung der Lehre Nichirens stehen sollten: zum Beispiel Toki Jonin, Shijo Kingo, Ikegami Munenaka (der ältere der beiden Ikegami-Brüder) und Kudo Yoshitaka. Es wird vermutet, daß von diesen Toki Jonin als erster im Jahre 1254 ein Anhänger des Daishonin wurde.

3. Er diente dem Graf Chiba, Lehnsherrn von Shimousa und hatte die Position eines Geschäftsführers der Sippe Chiba inne. Er war sehr gebildet und erhielt zahlreiche Briefe von Nichiren Daishonin. Als während der Matsubagayatsu-Verfolgung Nembutsu-Priester zusammen mit ihren Anhängern die Hütte des Daishonin angriffen - etwa einen Monat, nachdem dieser seine Abhandlung Rissho Ankoku Ron („Über die Befriedung der Landes durch die Errichtung des Wahren Gesetzes.“) an den Herrscher geschickt hatte - , da gewährte Toki Jonin ihm Zuflucht in seinem Haus.

4. Da dieser Brief in der Anfangsphase der Verbreitung der Lehre des Daishonin geschrieben wurde, selbstverständlich zu einer Zeit, in der der Gohonzon noch nicht eingeschrieben war, schrieb der Daishonin ihn mit Konzentration auf das Daimoku. Zu Beginn erläutert Nichiren Daishonin, daß, wer im ewigen Kreislauf von Geburt und Tod Unglück und Leiden durchlebt und dafür betet, die Buddhaschaft zu verwirklichen, das mystische Wesen allen Lebens erkennen muß. Das bedeutet, man muß erkennen, daß alles Leben von Natur aus mit der mystischen Wahrheit (= Nam-Myoho-Renge-Kyo) ausgestattet ist, und daß auch im eigenen Leben die Welt der Buddhaschaft existiert. Der Mensch selbst ist das Wesen von Nam-Myoho-Renge-Kyo. Wenn man mit diesem Glauben Nam-Myoho-Renge-Kyo rezitiert, kann man ohne Zweifel in diesem Leben die Buddhaschaft verwirklichen.

Sucht man aber umgekehrt diese mystische Wahrheit des eigenen Lebens außerhalb seiner selbst, so praktiziert man im Grunde genommen eine vorläufige Lehre oder gar eine nicht-buddhistische Lehre und kann die Buddhaschaft niemals verwirklichen - so warnt Nichiren Daishonin.

Der Buddha oder der gewöhnliche Sterbliche, das reine oder das unreine Land, diese Unterschiede liegen lediglich darin, ob wir in unseren Herzen das Gute oder Böse, Erleuchtung oder Illusion wahrnehmen, so schreibt der Daishonin. Selbst das von Illusionen erfüllte Leben des gewöhnlichen Sterblichen kann durch das aufrichtige und kontinuierliche Rezitieren des Daimoku gereinigt und zum erleuchteten Leben des Buddhas werden. Im Folgenden wollen wir anhand ausgewählter Texte dieses Briefes die wichtigsten Punkte studieren.

Über das Prinzip „die Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben.“

1. Der Buddhismus Nichiren Daishonins lehrt, daß im Leben aller Lebewesen die Buddhanatur existiert, und daß die Menschen, die Nam-Myoho-Renge-Kyo rezitieren, unweigerlich diese Buddhaschaft in ihrem Leben manifestieren können. Das nennt man „Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben“.

Die Buddhaschaft zu verwirklichen bedeutet jedoch nicht, eine besondere Gestalt anzunehmen oder ein gänzlich anderer Mensch zu werden. Vielmehr bedeutet es die Buddhaschaft zu verwirklichen „so wie man ist“ – also ohne eine Veränderung der äußerlichen Erscheinung. Die Buddhaschaft zeigt sich im eigenen Leben, in den Aktivitäten und Handlungen und im täglichen Gesellschaftsleben. Dies bedeutet „die Verwirklichung der Buddhaschaft in der gegenwärtigen Gestalt“, so wie man ist. (Sokushin Jobutsu)

Man kann sagen, daß sich das Prinzip der „Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben“ (issho-jobutsu) auf die Zeit bezieht, in der wir uns unserer Ausübung widmen, und das Prinzip der „Verwirklichung der Buddhaschaft in der gegenwärtigen Gestalt“ verweist auf die Art und Weise, in der sich unser Buddhazustand manifestiert. Letztendlich bedeuten beide Prinzipien dasselbe.

2. Diese Lehre steht im krassen Gegensatz zu jenen Lehren, die vor dem Lotos-Sutra gelehrt wurden. Gemäß diesen Vor-Lotos-Sutra-Lehren konnte man erst nach einer unermeßlich langen, [sich über viele Leben erstreckende] Zeit der buddhistischen Ausübung die Buddhaschaft „erlangen“ (ryakko-shugyo). Oder aber man mußte nach dem Tod in einem anderen von dieser realen Welt getrennt existierenden Ort, in einem paradiesischen reinen Land, wiedergeboren werden, um dort endlich die Buddhaschaft verwirklichen zu können. Auch konnten gemäß diesen Lehren Frauen sowie böse Menschen die Buddhaschaft nicht verwirklichen. Sie mußten erst als Männer bzw. gute Menschen wiedergeboren werden. Demgegenüber erklärt das Lotos-Sutra, daß wir in diesem unseren Körper und innerhalb dieses einen Lebens die Buddhaschaft verwirklichen können. Gibt es eine vergleichbare bahnbrechende Lehre?

Erläuterung zum Text 1)

1. In dem vorhergehenden Abschnitt dieses Briefes verkündet der Daishonin das Prinzip, daß alle Lebewesen ursprünglich die Buddhanatur besitzen und deshalb in diesem einen Leben die Buddhaschaft verwirklichen können. In diesem Abschnitt erläutert er die grundlegende Einstellung, mit der wir Nam-Myoho-Renge-Kyo rezitieren und den Buddhismus ausüben sollen.

2. Zuallererst ist es von entscheidender Bedeutung, die Überzeugung zu entwickeln, daß alle Gesetzmäßigkeiten in unserem Herzen, in unserem Leben existierten. „Das Gesetz außerhalb seiner selbst zu suchen“ (d.h. das Lebensgesetz als etwas zu sehen, das außerhalb unseres Lebens existiert) entspricht zum Beispiel der Denkweise der vorläufigen Lehren wie etwa der Nembutsu-Schule, die die Wiedergeburt in einem Reinen Land lehrt. Im Gegensatz dazu ist das Lotos-Sutra eine Lehre, die verkündet, daß der Buddha in unserem Leben existiert, und daß jeder einzelne sein Potential als Mensch vollständig entwickeln und manifestieren kann.

3. Ferner lehrt uns dieser Abschnitt, daß, wenn wir nur äußerlich, formell Daimoku rezitieren, wir die Buddhaschaft nicht verwirklichen können, wenn wir dabei denken und glauben, daß das Lebensgesetz außerhalb unseres Lebens existiere. Eine solche Auffassung ist eine grundlegende Zuwiderhandlung gegen das Mystische Gesetz“.

Konkret bedeutet dies: selbst wenn wir Daimoku zum Gohonzon chanten - wenn wir aber die Ursachen für unser eigenes Glück oder Unglück anderen Menschen oder unserer Umgebung zuschreiben und wir nicht nach Selbsterkenntnis streben, dann ist diese Einstellung mit der Tat gleichzusetzen, das Gesetz außerhalb unserer selbst zu suchen. Eine solche Ausübung entspricht nicht der Ausübung des Mystischen Gesetzes, sondern der einer vorläufigen Lehre. Und wenn wir die vorläufigen Lehren ausüben, können wir sicher niemals die Buddhaschaft verwirklichen, gleichgültig wie lange wir auch Daimoku rezitieren.

4. Der zweite Präsident Toda hob diesen Punkt hervor und gab eine Führung in seinem Essay „Lebt euer eigenes Leben“ folgendes: „Schließlich muß man erkennen, daß man sein eigenes Leben leben muß, ja und sogar, daß es gar keinen anderen Weg gibt als dieses. Wenn jemand anderer nur dieses oder jenes für mich täte, oder wenn die Welt doch nur anders wäre, dann könnte ich glücklich sein. Es ist ein großer Fehler, sein Leben solcherart von anderen Menschen oder der Umgebung abhängig zu machen.“

5. Ob wir uns um unsere eigene Entwicklung und unsere innere Veränderung bemühen und dann unsere Umgebung verändern wollen, oder ob wir die Verantwortung für alles anderen Menschen und der Gesellschaft zuschieben und schließlich von allen anderen Menschen und der Gesellschaft in die Irre geführt werden - genau vor dieser Zweigung des Lebens stehen wir stets. Sich nicht mit anderen Menschen sinnlos zu vergleichen oder sich nicht von Beliebtheit und Wohlstand anderer blenden zu lassen, sondern immer nach Selbsterkenntnis zu streben und sich dafür zu bemühen, den eigenen Lebenszustand immer mehr zu erhöhen - das ist der Kern des Glaubens und die Quintessenz dieses Abschnitts.

Erläuterung zum Text 2)

Der entscheidende Grund, warum wir uns gewöhnlichen Sterblichen vom ewigen Kreislauf aus Geburt und Tod und den daraus entstehenden Leiden nicht befreien können, liegt darin, daß wir nicht in der Lage sind, zu begreifen, daß unser Leben sowie unser Herz das Mystische Gesetz selbst ist. Deswegen können wir unsere innewohnende Buddhaschaft nicht öffnen. Aber genau diesen Punkt zu erkennen führt uns zur Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben.

Deshalb: Solange wir einen Weg außerhalb unseres eigenen Lebens suchen, ist es völlig gleichgültig, unabhängig davon wie intensiv wir tagtäglich praktizieren oder wieviele gute Taten wir tun wollen. Wie eine Parabel des Kegon-Sutras eine Sinnlosigkeit der Handlung klar darstellt, wird es uns genauso ergehen wie dem armen Mann, der Tag und Nacht den Reichtum seines Nachbarn zählt und dennoch nicht einen Pfennig dadurch für sich gewinnen kann.

Erläuterung zum Text 3)

1. Nichiren Daishonin erklärt, daß es für den Glauben von größter Bedeutung ist, ob man sich bewußt ist und aufrichtig annehmen kann, daß alle Wohltaten und guten Ursachen, die wir durch Gaben an den Buddha ansammeln, in unserem Leben gespeichert werden. Nämlich ob man Daimoku chantet und das Hoben- und Juryo-Kapitel des Lotos-Sutras rezitiert, oder ob man dem Gohonzon Räucherstäbchen und grüne Pflanzen darbietet – all diese Gaben an den Buddha (den Gohonzon) sammeln sich als Ursachen für absolutes Glück in unserem Leben an. Der Daishonin fordert uns auf, diese Überzeugung zu haben.

Selbstverständlich werden auch die täglichen Aktivitäten in der SGI, das Bemühen andere über diesen Buddhismus zu lehren, Spenden und andere Handlungen um des Weltfrieden / Kosen-rufu willens allesamt zu Ursachen für unser Glück und als solche in unserem Leben „eingraviert“.

2. In einem anderen Brief, der an seinen Anhänger Abutsubo gerichtet war und der den Namen „Der Schatzturm“ trägt, erklärt Nichiren Daishonin, daß Abutsubo so, wie er ist, der Schatzturm (das mystische Gesetz) ist. „Sie mögen denken, daß Sie dem Schatzturm Taho-Buddhas ( Gohonzon) Geschenke darbringen, aber das ist nicht so. Sie geben sich selbst.“ (Gosho Band 1, Seite 62) Die Bedeutung dieses Abschnitts entspricht genau dem oben gesagten.

3. SGI-Präsident Ikeda hat in einer Vorlesung über diese Schrift folgendes gesagt: „Alle Handlungen, die wir um den Gohonzon und um Kosen-rufu willen unternehmen, werden als unser fuku’ un (angesammeltes Glück) zu uns zurückkommen, egal wie bescheiden sie (unsere Handlungen) auch sein mögen - sofern sie voller Dankbarkeit und mit Aufrichtigkeit gegeben wurden. Umgekehrt müssen wir sehr leiden, wenn unser ichinen auch nur ein bißchen schwankend ist und sich auch nur ein kleines bißchen vom Prinzip der Verwirklichung der Buddhaschaft in diesem Leben abweicht. Dann werden wir dazu neigen, uns schnell zu beklagen und egoistisch zu werden. Ein solches ichinen löscht alle Wohltaten vollständig aus!“

Erläuterung zum Text 4)

Der gewöhnliche Sterbliche und der Buddha sind keinesfalls zwei verschiedene Wesen, sondern unterscheiden sich lediglich in der Manifestation ihres inneren Lebenszustandes. Einen verunreinigten, von Zweifeln und Illusionen erfüllten Lebenszustand nennt man einen „gewöhnlichen Sterblichen“. Ein reiner, erleuchteter, guter Lebenszustand wird „Buddha“ genannt. Ebenso sind das reine und unreine Land keinesfalls zwei verschiedene Orte, sondern eine Widerspiegelung des Lebens der jeweiligen Menschen. Gemäß dem Prinzip von der Einheit von Person und Umgebung (Esho Funi) ist die Umgebung eines Menschen bzw. aller Lebewesen eine Widerspiegelung ihres Lebenszustandes und manifestiert sich in den relativ verschiedenen Phänomenen eines reinen und eines unreinen Landes.

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