Essay Nr. 15 ------------- „Das Leben ist wunderschön“ von SGI-Präsident Ikeda ==================================================== **Kenneth D. Kaunda, ** **der erste Staatspräsident der Republik Sambia ** **„Ich kämpfe! Ich führe einen gewaltfreien Krieg!“ ** Es war das Antlitz desjenigen, der hart gekämpft hatte. Es war das Lächeln desjenigen, der sich im Leben durchgekämpft hatte. Zugegeben, Dr. Kenneth David Kaunda (geb. 1924), der erste Staatspräsident der Republik Sambia, setzte viele Jahrzehnte lang seinen Kampf unbeirrt fort, den er selbst „gewaltfreien Krieg“ nennt. Obwohl er mehrmals erpresst und ins Gefängnis geworfen wurde, kämpfte er gegen die Kolonialherrschaft unbeugsam weiter, indem er darauf bestand: „Meine Waffe ist die Sprache.“ Auch nachdem er die Unabhängigkeit des Landes errungen hatte, unterstützte er fortwährend Befreiungsbewegungen, die in seinen Nachbarländern durchgeführt wurden. „Rettet Mandela!“ „Befreit Südrhodesien (heutiges Simbabwe)!“ Als Folge davon wurde sein Land durch die unterdrückenden Regimes wirtschaftlich öfters sanktioniert. Sie gaben ihm stillschweigend zu verstehen: „Habt ihr kapiert? Ihr müsst damit aufhören, den Befreiungskampf durchzuführen. Hört endlich zu, was wir sagen!“ Staatspräsident Kaunda sagte jedoch: „Nein!“ „Es gibt etwas, das man nicht mit Geld kaufen kann.“ So war auch das Volk bereit, vieles zu erdulden, und unterstützte seinen Staatspräsidenten. Die Republik Sambia ist ein Land, das sich im Süden Afrikas befindet und an kein Meer angrenzt. Es ist das Land, das bei den Olympischen Spielen in Tokio (1964) als Teilnehmernation für Aufsehen sorgte, weil sein Name bei der Eröffnungs- und Abschlusszeremonie unterschiedlich aufgerufen wurde. Bei der Eröffnungszeremonie und dem Einzug seiner Sportler noch Nordrhodesien, errang das Land kurz vor Ende der Spiele, also am 24. Oktober, seine langersehnte Unabhängigkeit. Dann kam der Tag der Abschlusszeremonie. Den Sportlern, die als Teilnehmer aus der neugegründeten „Republik Sambia“ stolz marschierten, schickte alle Welt zusammen mit den Zuschauern im Station zum Glückwunsch großen Applaus. Der Vater dieser „Unabhängigkeit“ ist der erste Staatspräsident Kaunda (Amtszeit: 10.1964-11.1991). Er ist Vegetarier. Wie er zu diesem Entschluss, kein Fleisch zu essen, kam, geht aus einer seiner Erfahrungen hervor: „Heute noch kann ich mich deutlich an jenen Tag erinnern. Eine Gruppe von armen Afrikanerinnen wurde in einer Metzgerei, die einem Weißen gehörte, grob behandelt und vertrieben. Die Frauen protestierten gegen die Qualität und den Preis des ‚faulen Fleisches’, das der Metzger ihnen aufdrängen wollte. Als ich diese Szene sah, schwor ich, dass ich nur das essen werde, was meine Landsleute in Afrika, wiewohl die ärmsten, kaufen können.“ Das erste Unterfangen, das der Staatspräsident nach der Unabhängigkeit des Landes durchführte, war, die Gehälter der Beschäftigten seiner eigenen Regierung zu reduzieren. Er war der Ansicht: „Das ist viel zuviel.“ Das Besoldungssystem, das in der Kolonialzeit entstanden war, veränderte sich drastisch. #### Jener Zorn ist heute noch lebendig Im Herbst 1990, als Staatspräsident Kaunda nach Japan kam, stattete ich ihm einen Besuch ab (am 12. Nov.). Seine Hand, die ich drückte, übertrug mir seine Wärme. Der Staatspräsident, der in vier Bücher jeweils seine Widmung sorgfältig geschrieben und somit meinen Besuch vorbereitet hatte, wartete auf mich. Er war von stattlicher Gestalt und sensibler Fürsorge. Ich sprach von seinen Erfahrungen, die er während seiner Kindheit erlebt und später als Erinnerung niedergeschrieben hatte: „Ich habe sie mit Rührung gelesen.“ Herr Kaunda, das jüngste von acht Kindern, verlor seinen Vater, als er erst acht Jahre alt war. Seine Mutter war Lehrerin, was in der damaligen Zeit ganz selten war. Trotz der Armut ermöglichte sie ihm, Schulen zu besuchen. Er schrieb: „Die Schulgebühr betrug jährlich zwei Shilling sechs Pence – damit kann man heute eine Flasche Bier kaufen, dennoch galt das damals als eine erhebliche Summe. Wie viele zukunftsreiche Kinder in ihrem Leben Chancen verpassten? Nur deswegen, weil ihre Eltern keine Münze besaßen. In meiner Jugendzeit konnten meine Freunde nicht zur Schule gehen, weil ihre Eltern arm waren. Jedes Mal, wenn ich daran denke, entflammt der Zorn immer noch in meinem Herzen.“ Vor der Unabhängigkeit ließ die Kolonialregierung Bildung und medizinische Behandlung vollkommen außer acht. Als das Land nach über 70jähriger Herrschaft unabhängig wurde, zählte man im ganzen Land weniger als ein Hundert Menschen, die ein Studium an Hochschulen abgeschlossen hatten; es gab drei Ärzte, einen Juristen und ebenfalls einen Ingenieur. Die Situation anderer afrikanischer Länder war ähnlich. Wie sehr alle lernen wollten! Aus innigstem Wunsch, ihre Söhne in eine Schule schicken zukönnen, arbeiteten viele Mütter von früh am Morgen bis spät in die Nacht, indem sie sich darum bemühten, Aufträge, Wäsche zu waschen, zu bekommen. Und selbst wenn ihre Kinder, was äußerst selten der Fall war, eine Chance zur Weiterbildung bekamen, wurde diese stets von Diskriminierungen begleitet. Ein Zwischenfall, der sich ereignete, als Staatspräsident Kaunda eine Lehrtätigkeit ausübte: „Damals war uns Afrikanern nicht erlaubt, ein Geschäft für europäische Kunden durch den Haupteingang zu betreten.“ Wenn sie vom Durchgang aus laut zu erkennen gaben, was sie wünschten, wurden die Waren durch ein schmales Loch herausgeschoben. Sie hatten keinerlei Möglichkeit, die Waren auszusuchen oder sie sogar genauer zu prüfen. Es war an einem Augusttag. Herr Kaunda ging in eine Apotheke, in der man neben Arzneimitteln Spielzeuge und Bücher verkaufte. „Ich ging hinein und bestellte höflichst ein Buch. ... Der Apotheker aber sagte mir grob, während er auf die Tür, durch die ich gerade hereinkam, hinwies: ‚Raus!’ Ich sagte ihm nochmals: ‚Ich brauche nur ein Buch, denn ich kann es sonst nirgends in der Stadt bekommen.’ Darauf antwortete er mir: ‚Bleib dort bis zu Weihnachten stehen! Dennoch werde ich dir kein einziges Buch verkaufen.’“ Und Herr Kaunda wurde aus dem Laden hinausgeworfen. Bald danach wurde er Kämpfer für die Unabhängigkeitsbewegung. Das war ein unweigerlicher Prozess. „Erziehung muss unbedingt dazu dienen, Menschen vor allen möglichen Kräften zu beschützen, die sie enthumanisieren.“ Diese Überzeugung des Staatspräsidenten zitierend, erlaubte ich mir, zu ihm zu sagen: „Im Wesen der Erziehung existiert Humanismus. Erziehung bedeutet eine Tätigkeit, bei der versucht wird, Menschen am menschlichsten aufblühen zu lassen. Daher wird man am Ende einer ernsthaften pädagogischen Tätigkeit unweigerlich zu einem Kampf gegen Autorität sowie Macht, Menschen zu enthumanisieren, gelangen. Der erste und der zweite Präsident der Soka Gakkai schritten genau auf diesem Weg voran.“ #### „Der beraubte Kontinent“ Ein Beispiel für die Macht, Menschen enthumanisieren zu wollen: Vom 16. Jahrhundert an wurde Afrika vierhundert Jahre lang mit Gewalt fortwährend geplündert; Sklavenhandel und darauffolgende Kolonialherrschaft – ein Kontinent wurde völlig ausgeraubt. Darauf basierend wurde in Europa ein Zeichen zum „Ende des Mittelalters“ gesetzt und zugleich die „Industrierevolution“ in die Wege geleitet. Das bedeutet, die „Entwicklung in der Neuzeit Europas“ war ein luxuriöses Bauwerk, das auf Kosten der jetzigen dritten Welt wie Afrika aufgebaut wurde. Über diese veritable Geschichte fingen die Europäer jetzt an, offen zu sprechen und an ihrer historischen Tatsache scharfe Kritik zu üben. Diese Geschichte zu sehen, sollte für uns Japaner auch dazu dienen, uns unserer Schuld, die wir während der Kolonialherrschaft in Asien angehäuft haben, nach dem Muster der europäischen Großmächte, bewusst zu werden. Staatspräsident Kaunda schreibt: „Furchterregende Vergehen gegen die Humanität, die durch Tyrannen in der Geschichte begangen wurden, versuchte man immer zu rechtfertigen. Selbst in der Zeit, als die Welt erobert wurde, versuchten sie alle Beweise für ihre grausamen Taten zu kaschieren und die Annalen abzuändern.“ So wurde in Gummiplantagen, weil die Arbeiter nicht die geforderte Menge an Gummi liefern konnten, den Arbeitern Hände und Füße abgeschnitten, um die fehlende Menge zu ersetzen. Auch sieben oder acht jährige Kinder, an den Füßen gefesselt, wurden zu Arbeit gezwungen. Es wurde jedoch behauptet: „Wir herrschen, um Afrika zu dienen.“ Jahre zuvor fühlten selbst „Sklavenhändler“ kein schlechtes Gewissen. Sie waren sogar der Ansicht, „dass, wenn die Afrikaner von den Europäern gekauft werden, ihnen eine Möglichkeit gegeben wird, die Zivilisation kennen zu lernen, und sie davor verschont bleiben, in Kriege verwickelt zu werden, die in Afrika öfters ausbrechen.“ Das heißt, sie behaupteten, dass die Sklavenjagd um der Befreiung und des Friedens willen notwendig sei! #### Gewalt ist mit Lügen geschmückt Und als sich die Industrierevolution, gestützt auf das Sklavensystem, realisieren ließ, war das Sklavensystem dank der Maschinen nicht mehr erforderlich. Demnach erkannten sie, „dass die Schwarzen in Afrika arbeiten zu lassen und mit ihnen Handel zu treiben, gewinnträchtiger ist“, als sie als Sklaven nach Europa zu verschleppen und dort arbeiten zu lassen. Dann kamen plötzlich Stimmen hoch, dass das Sklavensystem unmenschlich sei, und dadurch wurde das Sklavensystem abgeschafft, dem die Kolonialherrschaft folgte. Um die Kolonialherrschaft zu rechtfertigen, wurde die „Wissenschaft“ wie zum Beispiel die soziale Evolutionstheorie angewendet. Aufgrund der vorweg festgelegten Art und Weise von Forschungen, der eigennützlichen Verallgemeinerung und voreingenommenen Schlussfolgerungen wurde eine „Zurückentwicklung“ der Schwarzen „bewiesen“. „Gewalttaten der Afrikaner sind auf die Struktur ihrer Großhirne zurückzuführen, sogar ihre Trägheit, Dummheit und impulsive Natur ebenfalls.“ Auch solch eine wissenschaftliche These wurde bekannt gegeben. Gewalt ist mit Lügen geschmückt. „Durchschaut diese Lügen!“, so der Staatspräsident. Das gilt nicht nur für diejenigen, die unterdrückt werden, sondern auch dafür, die Menschlichkeit derjenigen, die andere unterdrücken, wiederzubeleben. „Wer die Kolonialisierung vorantreibt, macht es sich zur Gewohnheit, im Inneren anderer eine Animalität zu sehen, um sich selbst einen Ablassbrief zu erteilen, man trainiert sich, andere als ‚Tiere’ zu behandeln, und verwandelt sich schließlich, objektiv gesehen, selbst in ein Tier.“ Auch Japaner erlitten eine solche „psychische Krankheit“, die Menschen in Asien zu verachten. #### „Verödung im Namen des Friedens“ Der 25jährige Kaunda begann, sich für die Unabhängigkeitsbewegung einzusetzen. Eine Gitarre in der Hand, fuhr er mit dem Fahrrad im ganzen Land herum, sang seine selbst komponierten Lieder für Befreiung und organisierte Befreiungsbewegungen. Das war eine wirkungsvolle Methode, da viele Menschen im Lande kaum lesen noch schreiben konnten. Wegen seiner Aktivitäten konnte er zusehends seltener heimkehren. Gefahren, denen er ausgesetzt war, lauerten überall. Dennoch war er darauf gefasst, wenn er sagt: „Sucht man Bienenhonig, dann muss man auch damit rechnen, von Bienen gestochen zu werden.“ Was ihn innerlich schmerzte, war, dass dadurch seine Frau Betty und seine Familienmitglieder Opfer bringen mussten. Weil sie so arm waren, konnten sie weder Lebensmittel noch Kleider, weder Medizin noch andere Bedarfsgüter fürs tägliche Leben kaufen. Der Staatspräsident pflegt, zu sagen: „Ich bin meiner Frau wirklich dankbar. Dank ihrer Stärke konnte ich weiter kämpfen.“ Sambia, das einstige Nordrhodesien, begann, für Aufsehen zu sorgen, seit im Land reiche Kupferminen entdeckt wurden. Das war einige Jahre, nachdem Kenneth Kaunda geboren worden war. Es war die Zeit, in der die Nachfrage nach Kupfer weltweit stieg. Demzufolge kamen Kolonialisten dichtgedrängt in sein Land hinein. Das fruchtbare Land wurde ihnen völlig weggenommen, und hohe Steuern wurden ihnen auferlegt. Um sie zu bezahlen, benötigten die Menschen Bargeld. Zum Schluss blieb ihnen nichts anderes übrig, als in Bergwerke zu gehen und dort für niedrige Löhne schwer zu arbeiten. Sie hatten jedoch keinen anderen Ausweg. Bis die Kolonialisten ins Land kamen, konnten sich die Menschen in Afrika selbst versorgen. Aber im Laufe der Zeit verschwanden die Männer, die auf den Äckern gearbeitet hatten, und Dörfer verödeten. Die Menschen wurden dazu gezwungen, nur solches Getreide anzubauen, das verkauft werden konnte. Die Wälder wurden auch zerstört, und so entstanden Hungersnöte. Selbst wenn Menschen es wagten, gegen die Kolonialherren zu protestieren, gab es einen überwältigenden Unterschied im Machtverhältnis, und die Häuptlinge der Dorfgemeinschaften waren auch nicht zuverlässig. Die Eindringlinge versuchten seit jeher, Konflikte zwischen den starken Reichen zu schüren, und unterstützten dabei die Schwächeren, die ihnen im Kampf gegen die Stärkeren lediglich als Werkzeug dienten. Somit gingen die Stärkeren schließlich ebenfalls zugrunde. Sie kamen als Beschützer ins Land hinein und wurden unbemerkt Herrscher. Unter den Häuptlingen in Afrika gab es Tyrannen wie auch Nicht-Tyrannen. Die Regel, worauf die führenden Staaten Wert legten, war jedoch daran zu messen, „ob sie uns gehorchen oder nicht“. Falls gehorsam, waren sie bereit, auch solchen Herrschern, wiewohl Tyrannen, nachzusehen. Und falls nicht gehorsam, eroberten sie sie unter dem Vorwand, die Einheimischen vor Tyrannen zu schützen. Es war zu recht eine Regierung, die, indem sie eine Verwüstung verursachte, dies als Akt im Namen der Befriedung bezeichnete. #### „Rede mit klaren Worten!“ Der junge Kaunda zerbrach sich den Kopf darüber, wie sein Land unabhängig werden könnte. Die unerschütterliche Wand, die Kolonialsystem hieß, ragte vor ihm. Wie könnte man gegen solche Menschen vorgehen, die sich nicht davor scheuten, Menschen aus zum Beispiel dem geringen Anlass, einmal gestreikt zu haben, einfach zu erschießen? Was den jungen Kenneth Kaunda am meisten leiden ließ, war die Auseinandersetzung mit der schwierigen Frage: „Als Christ kann ich keinen Menschen verletzen. Aber ist es überhaupt möglich, einen Unabhängigkeitskampf zu führen, ohne jemanden zu verletzen?“ Er befand sich in einer Konfliktsituation zwischen dem Humanisten und dem realen Politiker. Das war die innere Auseinandersetzung, die ihn auch nach der Unabhängigkeit fortgesetzt leiden ließ. Für den jungen leidenden Kaunda stellte sich Mahatma Gandhis (1869-1948) Philosophie, der er begegnete, als Juwel, den er im schlammigen Fluss fand, dar. Das Licht begann, in den tiefen dunklen Wald einzudringen. Gandhi, wiewohl der „Heilige“, konnte die Unabhängigkeit, den Erfolg eines „Politikers“, erringen! „Wir haben uns bewaffnet, zwar nicht mit Gewehren, sondern mit Worten, ja, mit tausend und abertausend Worten. Wir haben geschrieben und geredet, um die Menschen zusammenzuführen, unsere Forderung der britischen Regierung und der ganzen Welt mitzuteilen und den Zorn und die Unzufriedenheit von uns, denen das Recht geraubt wurde, zum Ausdruck zu bringen!“, so der junge Kaunda. Er gründete die „Sambia afrikanische Volkskonferenz“. Jedoch wurde seine Partei sogleich unterdrückt und als illegal abgestempelt. Als Folge davon wurde er neun Monate lang inhaftiert. Währenddessen brach seine Tuberkulose wieder aus. Trotzdem fuhr er fort, aus dem Gefängnis an seine Genossen zu schreiben: „Sie haben uns untersagt, den großartigen Namen Sambia zu benutzen. Aber sie können nicht den noch großartigeren Namen, die Freiheit, verbieten. Sie sind nicht imstande, uns die Freiheit zu rauben. Afrika, Mutter Afrika wird bestimmt frei, und wir auch! Seid nicht entmutigt, werdet munter! Denn wir haben gerade angefangen, den ersten Schritt zu machen.“ (datiert am 28.4.1959) Nach seiner Freilassung trat er das Amt des Vorsitzenden der neugegründeten „United National Independence Party (UNIP)“ an und erklärte, dass er die Philosophie Gandhis zur offiziellen, politischen Richtlinie seiner Partei nahm. „Lasst uns Dialoge, Dialoge und nochmals Dialoge führen!“ Sprachen, die bei Dialogen verwendet werden, müssen ebenso klar und deutlich sein. „Sprachen sind Waffen. Sollten sie undeutlich sein, dann sind sie unnütz.“ Die Menschen in Afrika ließen sich von den „Lügen der Beamtensprachen“, die im Gegensatz zur Klarheit stehen, lange Zeit beirren und leiden. Sie waren satt von der weitschweifigen, täuschenden Anwendung der Sprachen. Sie wünschten sich: „Vertreibt Hinterlistige, Erdichter von Ausreden, betrügerische Spekulanten und alle, die sich schwerverständlich ausdrücken!“ Dr. Kenneth Kaunda erzählte: „Wir müssen von Gandhis Schreibstücken lernen, sowohl von ihrem Inhalt als auch von seiner wunderschönen Ausdrucksweise. Seine Schreiben sind schlicht und unkompliziert, genau wie er sein Leben führte. Er wusste genau, was er sagen wollte. Und er teilte dies ohne Umschweife kurz und präzise mit.“ Dadurch, dass er an die „öffentliche Meinung“ in England und der ganzen Welt effektvoll appellierte, konnte er die Unabhängigkeit auf der Basis der Antigewalt erringen. Der Staatspräsident hielt eine Rückschau: „Wenn wir einen Kurs ‚Kraft gegen Kraft’ genommen hätten, wäre die Geschichte der Wende zur Unabhängigkeit mit Blut geschrieben worden.“ Der 23. Oktober 1964 war ein Freitag. Aus dem Unabhängigkeitsstadion in Lusaka, der sambischen Hauptstadt, stieg die Hitze der Menschen, die zusammen kamen, hoch in den nächtlichen Himmel empor. Der Strom wurde abgeschaltet. Eine Minute vor Mitternacht ertönten die Fanfaren. Die Scheinwerfer warfen Licht auf die neugeborene Nationalflagge der „Republik Sambia“. Das ist unser Land ... das ist unsere Nationalflagge! Während eine Musik zum Glückwunsch gespielt wurde, stieg die Fahne langsam am Pfahl empor. #### „Macht euch Gedanken aus der Sicht der Kinder!“ Der neue Staatspräsident arbeitete hart, jeden Tag 18 bis 20 Stunden. Er hisste den „Humanismus“ zur „Nationalphilosophie“. Daraus entstanden die Ideen: „Allen eine kostenlose Erziehung und eine kostenlose medizinische Behandlung.“ Das Kupfer, das Nationalerzeugnis Sambias, behielt seinen hohen Preis bei, und die Volkswirtschaft befand sich stabil in hohem Flug. Jedoch als in der Mitte der 70ziger Jahre der Kupferpreis drastisch fiel, geriet die Finanzlage des Landes in die Krise. Die sozialistische Politik, die Stammindustrie des Landes zu verstaatlichen, konnte keinen effizienten Erfolg erzielen, wodurch der Staat unter der Rückzahlung der Schulden fortan lange leiden musste. Nichtsdestotrotz setzten der Staatspräsident und sein Volk fort, seine Nachbarländer zu unterstützen. Sie verhalfen den Menschen in Südafrika, in dem die Herrschaft der Weißen lange andauerte, in Rhodesien (dem heutigen Simbabwe) und in Südwestafrika (dem jetzigen Namibia), den Befreiungskampf zu führen. Als nach Nelson Mandela (geb. 1918), der spätere Staatpräsident Südafrikas, international gefahndet wurde, gewährte ihm Sambia Unterschlupf. Die Entschädigung, die Sambia für den Kampf zur Freiheit bezahlen musste, war beträchtlich. Zur Vergeltung versperrten die Staaten, die unter dem Regime der Weißen standen, ihre Landesgrenzen zu Sambia, und die Eisenbahnverbindungen zu Sambia wurden ebenso abgesperrt. Für Sambia, das sich im Landesinneren des afrikanischen Kontinents befindet und daher über keinen Hafen zur See verfügt, bedeutete das eine existenzielle Frage, wenn Transportkosten eskalierten. Es wurde ein Plan „Kaunda nieder!“ konzipiert. Zudem startete eine internationale Kampagne „Keine Investition mehr für Sambia!“. Jedoch hielten die Menschen in Sambia durch und sie nahmen weiter Flüchtlinge auf, die schließlich mehr als zwei Prozent der Bevölkerung ausmachten. Heute im nachhinein preist die ganze Welt die Widmung des sambischen Volkes und die weite Voraussicht des Staatspräsidenten Kaunda. Dennoch bewahrt Herr Kaunda seine Bescheidenheit, wenn er sagt: „Angenommen, ich hätte eine weitere Voraussicht gehabt als andere, dann wäre das darauf zurückzuführen, dass ich auf den Schultern eines Kolosses getragen wurde. Dieser Koloss war mein sambisches Volk.“ Das reale Bild der Welt kann, nur wenn man es von der Seite von Misshandelten sieht, noch besser und schärfer betrachtet werden. „Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute und jede Sekunde leiden und sterben Kinder, obwohl die Ursache dafür nicht an ihnen selbst liegt. Trotzdem Erdbeben, Dürre und Krieg Kinder zum Leid führen, scheint es mir kaum Menschen zu geben, die sich darum Sorgen machen. Heute leiden mehr als drei Viertel aller Kinder auf der gesamten Welt. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: ‚Wenn zwei Elefanten streiten, sind es Gräser, die darunter leiden.’ Ich frage mich, ob Elefanten dessen bewusst sind, dass Gräser leiden.“ Das ist ein Abschnitt eines Briefes, den ein 15jähriges Mädchen aus Sambia schrieb. Frieden, vor allen Dingen Frieden! Dr. Kenneth David Kaunda, der erste Staatspräsident Sambias, setzt sich, selbst nachdem er von der politischen Welt zurücktrat, unermüdlich dafür ein, an alle zu appellieren und inständig davor zu warnen, dass das Prinzip „Der Schwache fällt dem Starken zum Opfer“ die ganze Welt wieder überschatten könnte. Er fordert alle dazu auf, mit den Augen der Menschen, die im ärmsten Land leben und sich auf dem schwächsten Stand befinden, die Welt anzuschauen und sich darüber Gedanken zu machen. Im letzten Jahr begab er sich zum Kulturzentrum der SGI-Sambia und hielt einen Vortrag über den Humanismus. (11.8.2002) „Präsident Ikeda, Sie und wir haben eine gemeinsame Vision für die Menschheit. Die Menschheit – die Menschen im Westen und die im Osten, sowie die Menschen im Norden und die im Süden. Lassen Sie uns in dieser vereinten Welt gemeinsam den Humanismus aufbauen!“ Diese Worte, die er mir an jenem Tag unserer Zusammenkunft widmete, sind jetzt noch rührend in meinem Herzen bewahrt. Und heute noch, im Alter von 79 Jahren, steht er an der vordersten Front des Kampfes und führt einen „gewaltfreien Krieg“. (aus „Seikyo Shimbun“ vom 28. Juni 2003)